TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/4 W264 2152381-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.03.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W264 2152381-2/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des

Mag. XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , vertreten durch den KOBV - Der Behindertenverband, gegen den Bescheid des Sozialministerium Service Landesstelle Niederösterreich vom 20.11.2017, OB: 71113733600068, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass der Beschwerdeführerin ist vorzunehmen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer Mag. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer bzw BF) beantragte beim Sozialministerium Service Landesstelle Niederösterreich die Ausstellung eines Behindertenpasses und langte dieser Antrag bei der Behörde am 27.12.2016 ein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Sozialministerium Service Landesstelle Niederösterreich vom 24.2.2017 abgewiesen und wurde seiner dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.9.2017, Zahl: XXXX , stattgegeben.

In seinem bei der Behörde am 27.12.2016 eingelangten Antrag - idF Formularversion 06/2014 - begehrte er nicht bloß die Ausstellung eines Behindertenpasses, sondern beantragte der BF unter dem Punkt 3. für den Fall, dass die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertigt, handschriftlich "Parkausweis § 29b StVO". Unter "Gesundheitsschädigungen" führte der Beschwerdeführer Prostatakarzinom, Gesundheitsschädigungen am rechten Sprunggelenk sowie an der Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule und an der linken Schulter sowie jeweils den behandelnden Arzt an.

2. Am 12.10.2017 wurde vom Rechtsvertreter des BF die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" urgiert.

3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 12.10.2017 wurde sein Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung, der in einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass umgedeutet wurde, mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde auf das im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 16.11.2017 und übermittelte dieses dem Beschwerdeführer zusammen mit dem Bescheid vom 20.11.2017.

4. Mit Eingabe vom 20.12.2017 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, stellte darin Anträge auf Beiziehung von medizinischen Sachverständigen aus den Fachgebieten Psychiatrie, Orthopädie/Chirurgie und Urologie und übermittelte darin näher bezeichnete Beweismittel:

* Befund Dris. XXXX vom 25.7.2017

* MRT-Befund rechtes Sprunggelenk vom 17.7.2017

* MRT des rechten Sprunggelenks vom 14.1.2016

Er brachte vor, an einer schweren Entleerungsstörung der Harnblase bei einem Zustand nach entferntem Prostatakarzinom zu leiden. Er habe eine Belastungsinkontinenz in Kombination mit einer Dranginkontinenz und verwende er ein Kondomurinal. Bei Belastungen komme es oft dazu, dass sich der gesamte Blaseninhalt zur Gänze entleere und müsse der Harnauffangsack dann sofort gewechselt werden, da dieser sonst übergehen würde oder durch zu viele Gehbewegungen lecken würde.

Aufgrund der radikalen Prostataektomie nach Prostatakarzinom habe er Probleme bei der Fixierung des Kondomteils des Urinals, das Klebemittel alleine halte eine Fixierung des Kondoms nicht aus und daher komme es häufig zum gesamten Harnaustritt in Kleidung und Schuhe, so der BF. Darüber hinaus leide er an einem nekrotischen Sprunggelenk rechts mit Zustand nach mehrfacher Ruptur. Er habe starke, unzumutbare Schmerzen bei Belastung.

5. Die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langten am 28.12.2017 ein.

6. Mit Erledigung vom 23.1.2018 wurde der BF vom Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, dem Gericht folgende Beweismittel vorzulegen:

* Betreffend Kondomurinal:

Unterlagen über das vom Beschwerdeführer verwendete Kondomurinal (Hersteller, Marke und Type)

(Kopie einer ärztlichen Verschreibung;

Beipackzettel/Gebrauchsinformation; Rechnung über Kauf oder sonst einen geeigneten Nachweis über den Bezug der Marke und Type des verwendeten Kondomurinals)

* Betreffend Kleber:

Nähere Angaben dazu bzw taugliche Beweismittel darüber, ob die vom Beschwerdeführer verwendete Type des Kondomurinals selbstklebend ist oder hierfür ein gesondertes Klebemittel (Angabe von Hersteller, Marke, Type) verwendet wird.

7. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 20.2.2018 übermittelte der BF dem Gericht folgende Beweismittel:

* Verordnungen für Kondomurinal

* Rechnungen für Kondomurinal

* Gebrauchsinformation des Kondomurinal InView

* Gebrauchsinformation des Kondomurinal Conveen

* Gebrauchsinformation des Kondomurinal Mascuflex

* Schreiben Dris. XXXX vom 13.2.2018

8. Mit Auftrag vom 28.5.2018 wurde Dr. XXXX , FA für Unfallchirurgie, vom Bundesverwaltungsgericht beauftragt und wurde er darauf hingewiesen, dass beim BF laut behördlich eingeholtem Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 16.11.2017 folgende Gesundheitsschädigungen vorliegen:

? Entleerungsstörung der Harnblase schweren Grades

? Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

? Funktionsbehinderung am rechten Sprunggelenk nach Osteonekrose am Sprungbein

? Leichte Hypertonie

? Rad. entferntes Prostatakarzinom nach Abschluss der Heilungsbewährung

Der Sachverständige wurde in Kenntnis gesetzt, dass der BF in der Beschwerde vorbrachte, an einer schweren Entleerungsstörung der Harnblase bei einem Zustand nach entferntem Prostatakarzinom zu leiden. Er habe eine Belastungsinkontinenz in Kombination mit einer Dranginkontinenz und verwende er ein Kondomurinal. Bei Belastungen komme es oft dazu, dass sich der gesamte Blaseninhalt zur Gänze entleere und müsse der Harnauffangsack dann sofort gewechselt werden, da dieser sonst übergehen würde oder durch zu viele Gehbewegungen lecken würde.

Aufgrund der radikalen Prostataektomie nach Prostatakarzinom habe der Beschwerdeführer Probleme bei der Fixierung des Kondomteils des Urinals. Das Klebemittel alleine halte eine Fixierung des Kondoms nicht aus und daher komme es häufig zum gesamten Harnaustritt in Kleidung und Schuhe. Darüber hinaus leide der Beschwerdeführer an einem nekrotischen Sprunggelenk rechts mit Zustand nach mehrfacher Ruptur. Er habe starke, unzumutbare Schmerzen bei Belastung.

Der Sachverständige wurde darüber informiert, dass der BF betreffend die Problematik einer postoperativen Stress-Inkontinenz im gesamten Verfahren folgende medizinische Beweismittel in Vorlage brachte:

? urologischer Befund vom 13.12.2016

? Beschreibung/Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 über das operations- bzw. stressbedingte Abrutschen des Kondomurinals beim Beschwerdeführer

Der Sachverständige wurde darüber informiert, dass der BF betreffend die Problematik mit dem rechten Sprunggelenk folgende medizinische Unterlagen vorbrachte:

? MRT des rechten Sprunggelenks vom 14.1.2016 sowie vom 16.3.2015

? Arztbrief Dris. XXXX vom 25.7.2017

? MR-Tomographie des rechten Sprunggelenks vom 17.7.2017

Der Sachverständige wurde daher ersucht unter Berücksichtigung aller genannten vorgelegten medizinischen Beweismittel zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1. Liegt beim Beschwerdeführer ein imperativer Harndrang vor?

2. Ist es dem Beschwerdeführer möglich den Harndrang für den entsprechenden Zeitraum zurückzuhalten, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen? Beim Zeitraum, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen, ist auf die Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes Bedacht zu nehmen.

3. Wie häufig und zu welchen Tageszeiten verspürt der Beschwerdeführer einen Harndrang?

4. Welche Inkontinenzprodukte (Hersteller, Marke, Spezifikation) verwendet der Beschwerdeführer?

5. Ist es im Zusammenhang mit sämtlichen vom Beschwerdeführer vorgebrachten medizinischen Beweismitteln (insbesondere wird auf die vorgelegte Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 verwiesen) plausibel bzw. nachvollziehbar, dass die Verwendung des/der unter Frage 4. genannten Produkts/e die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Unbill bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verursacht?

In der Beschwerde werden auch "unzumutbare Schmerzen" vorgebracht.

6. Es möge bitte erhoben werden, ob damit etwa Schmerzen vorgebracht werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers oder durch Beeinflussung seiner cardiopulmonalen Belastbarkeit erheblich erschweren und somit die "unzumutbaren Schmerzen", verursacht durch ein "nekrotisches Sprunggelenk rechts mit Zustand nach mehrfacher Ruptur" auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Einfluss haben. Es ist hierbei auf die Entscheidung des VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032, hinzuweisen, wo das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist.

7. Es möge mitgeteilt werden, ob der Beschwerdeführer Schmerzmittel einnimmt und gegen welches seiner Leiden diese Linderung verschaffen sollen.

8. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.

a) Ist es dem Beschwerdeführer möglich, Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden?

b) Sind aufgrund der beim Beschwerdeführer festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten?

Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Therapiefraktion - das heißt, keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes ist nicht ausreichend.

Zur Zumutbarkeit eventueller therapeutischer Maßnahmen ist ausführlich Stellung zu nehmen.

c) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

d) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?

e) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wurde der Sachverständige Dr. XXXX ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht mit einer kurzen Begründung umgehend mitzuteilen.

Dr. XXXX wurde auf die Neuerungsbeschränkung hingewiesen, wonach ab dem 28.12.2017

(Einlangen der Beschwerdevorlage im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Daher wurde ersucht, Unterlagen welche allenfalls im Zuge der persönlichen Untersuchung nachgereicht werden, dem Akt zwar anzuschließen, aber in der gutachterlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen und als "bei der Untersuchung am XX.XX.XX vorgelegt" zu kennzeichnen.

9. Dr. XXXX übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht gemeinsam mit seinem Sachverständigengutachten vom 28.8.2018, fertiggestellt am 1.9.2018, den vom BF vorgelegten CT-Befund vom 29.6.2018 betreffend Computertomographie des rechten Sprunggelenks.

Auszug aus dem Unfallchirurgisch-orthopädischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 28.8.2018, fertiggestellt am 1.9.2018:

Bilder könnennicht dargestellt werden

9. Nachdem keiner der für das Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung gestellten Sachverständigen aus dem Fachgebiet Urologie verfügbar war, war beabsichtigt Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX zum Sachverständigen für das medizinische Fachgebiet Urologie zu bestellen und wurde der BF im Rahmen des Parteigehörs vom 24.10.2018 zum Zwecke der Erhebung allfälliger Ablehnungsgründe zur Stellungnahme aufgefordert.

10. Mit Schriftsatz seines Vertreters vom 7.11.2018 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass seitens des BF keine Einwendungen gegen die Bestellung des Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX bestehen.

11. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2018 wurde Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX zum Sachverständigen für das medizinische Fachgebiet Urologie bestellt. Darin wurde dem Sachverständige für Urologie zur Kenntnis gebracht, dass der BF in der Beschwerde vorbrachte, an einer schweren Entleerungsstörung der Harnblase bei einem Zustand nach entferntem Prostatakarzinom zu leiden. Er habe eine Belastungsinkontinenz in Kombination mit einer Dranginkontinenz und verwende er ein Kondomurinal. Bei Belastungen komme es oft dazu, dass sich der gesamte Blaseninhalt zur Gänze entleere und müsse der Harnauffangsack dann sofort gewechselt werden, da dieser sonst übergehen würde oder durch zu viele Gehbewegungen lecken würde. Aufgrund der radikalen Prostataektomie nach Prostatakarzinom habe er Probleme bei der Fixierung des Kondomteils des Urinals. Das Klebemittel alleine halte eine Fixierung des Kondoms nicht aus und daher komme es häufig zum gesamten Harnaustritt in Kleidung und Schuhe. Darüber hinaus leide er an einem nekrotischen Sprunggelenk rechts mit Zustand nach mehrfacher Ruptur. Er habe starke, unzumutbare Schmerzen bei Belastung, so der BF im Beschwerdeschriftsatz.

Dem Sachverständigen für Urologie wurden zu der Problematik einer postoperativen Stress-Inkontinenz mitgeteilt, dass der BF im gesamten Verfahren folgende medizinische Beweismittel vorlegte:

? urologischer Befund vom 13.12.2016

? Beschreibung/Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 über das operations- bzw. stressbedingte Abrutschen des Kondomurinals beim Beschwerdeführer

Es wird erbeten unter Berücksichtigung aller genannten vorgelegten medizinischen Beweismittel zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1. Liegt beim Beschwerdeführer ein imperativer Harndrang vor?

2. Ist es dem Beschwerdeführer möglich den Harndrang für den entsprechenden Zeitraum zurückzuhalten, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen? Beim Zeitraum, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen, ist auf die Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes Bedacht zu nehmen, welches laut Gutachten Dris. XXXX vom 1.9.2018 eine "mäßige Beweglichkeitseinschränkung und Belastungsminderung" aufweist (siehe Gutachten Seite 7, Punkt 8c.).

3. Wie häufig und zu welchen Tageszeiten verspürt der Beschwerdeführer einen Harndrang?

4. Welche Inkontinenzprodukte (Hersteller, Marke, Spezifikation) verwendet der Beschwerdeführer?

5. Ist es im Zusammenhang mit sämtlichen vom Beschwerdeführer vorgebrachten medizinischen Beweismitteln (insbesondere wird auf die vorgelegte Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 verwiesen) plausibel bzw. nachvollziehbar, dass die Verwendung des/der unter Frage 4. genannten Produkts/e die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Unbill bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verursacht?

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wurde der Sachverständige Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX ersucht, dies dem Bundesverwaltungsgericht mit einer kurzen Begründung umgehend mitzuteilen. Ebenso wurde er auf die Neuerungsbeschränkung hingewiesen, wonach ab dem 28.12.2017 (Einlangen der Beschwerdevorlage im Bundesverwaltungsgericht) keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Daher wird ersucht, Unterlagen welche allenfalls im Zuge der persönlichen Untersuchung nachgereicht werden nur dann zu berücksichtigen, wenn diese die bereits im gegenständlichen Verfahren bekannt gewordenen Leiden betreffen. Andernfalls möge der Sachverständige die bei Untersuchung übergebenen Beweismittel dem Akt zwar anzuschließen, aber in der gutachterlichen Beurteilung nicht berücksichtigen und als "bei der Untersuchung am .XX vorgelegt" kennzeichnen.

12. Der Sachverständige für Urologie, Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX , trug dem BF mit Schreiben vom 27.1.2019 auf:

Bild kann nicht dargestellt werden

13. Der BF übermittelte dem Sachverständigen auf Aufforderung ein Miktionskalenderblatt betreffend den 5.2.2019 sowie eines betreffend den 4.2.2019. Der BF übermittelte dem Sachverständigen urologische Befunde des Ordensklinikum XXXX vom 16.12.2011, 24.4.2012, 12.12.2013, 11.6.2014, 9.12.2015, 13.12.2016 und vom 11.1.2018, den MRT-Befund betreffend rechtes Sprunggelenk vom 30.5.2018 und vom 29.6.2018 und wurden diese Beweismittel gemeinsam mit dem Urologischen Sachverständigengutachten vom 16.2.2019 dem Gericht vorgelegt.

14. In dem Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 16.2.2019 wurden die vom Bundesverwaltungsgericht an den Sachverständigen herangetragenen Fragen nach persönlicher Untersuchung des BF am 10.12.2018 abgehandelt und wird dieses auszugsweise wiedergegeben:

"Grundlage beziehungsweise Sachverhalt des Gutachtens:

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses und beträgt sein Grad der Behinderung 50 v.H.

Mit Bescheid vom 20.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27.12.2016 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers abgewiesen. Dieser Bescheid fußt auf dem allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten der Dris. XXXX vom 16.11.2017. Diesem zufolgende liegen beim Beschwerdeführer folgende Gesundheitsschädigungen vor:

• Entleerungsstörung der Harnblase schweren Grades

• Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

• Funktionsbehinderung im rechten Sprunggelenk nach Osteonekrose am Sprungbein

• Leichte Hypertonie

• Radikal entferntes Prostatakarzinom nach Abschluss der Heilungsbewährung

Dem vorangehend wurde bereits im Verfahren betreffend den Grad der Behinderung ein Gutachten aus dem Fachbereich der Urologie vom 26.5.2017 sowie ein orthopädisches Sachverständigengutachten vom 11.7.2017 seitens des Bundesverwaltungsgericht eingeholt.

Der Beschwerdeführer brachte mit Datum vom 20.12.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde ein und brachte vor, an einer schweren Entleerungsstörung der Harnblase bei einem Zustand nach entferntem Prostatakarzinom zu leiden. Er habe eine Belastungsinkontinenz in Kombination mit einer Dranginkontinenz und verwende er ein Kondomurinal. Bei Belastungen komme es oft dazu, dass sich der gesamte Blaseninhalt zur Gänze entleere und müsse der Harnauffangsack dann sofort gewechselt werden, da dieser sonst übergehen würde oder durch zu viele Gehbewegungen lecken würde.

Aufgrund der radikalen Prostatektomie nach Prostatakarzinom habe der Beschwerdeführer Probleme bei der Fixierung des Kondomteils des Urinals. Das

Klebemittel alleine halte eine Fixierung des Kondoms nicht aus und daher komme es häufig zum gesamten Harnaustritt in Kleidung und Schuhe. Darüber hinaus leide der Beschwerdeführer an einem nekrotischen Sprunggelenk rechts mit Zustand nach mehrfacher Ruptur. Er habe starke, unzumutbare Schmerzen bei Belastung.

Die Problematik einer postoperativen Stressinkontinenz anbelangend lege der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren folgende medizinische Beweismittel vor:

• Urologischer Befund vom 13.12.2016

• Beschreibung/Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 über das operations- bzw stressbedingte Abrutschen des Kondomurinals beim Beschwerdeführer

Ergänzende Unterlagen:

Laut Aufzeichnungen der urologischen Abteilung des Ordensklinikum XXXX bzw. des Krankenhauses der XXXX , wo Herr Mag. XXXX sich im September 2011 wegen eines Prostatakarzinoms im Stadium pT2c mit einem Gleason-Score 6(3+3) einer radikalen Prostatektomie unterziehen musste, litt er bei der ersten Kontrolle 3 Monate postoperativ noch an einer ausgeprägten Stressinkontinenz, wobei die Einlagen bzw. Vorlagen alle VA Stunden gewechselt werden mussten. Damals bestand auch ein vermindertes Blasenfüllungsgefühl, welches eventuell in Zusammenhang mit einem Zustand nach Subduralhämatom gebracht wurde. Im Rahmen einer onkologischen Rehabilitation besserte sich die Situation deutlich, wobei noch eine ausgeprägte erektile Dysfunktion vorlag. Eine bereits eingeleitete Elektrostimulation der Beckenbodenmuskulatur bzw. des Schließmuskels wurde fortgesetzt.

Bei der nächsten Kontrolle im April 2012 also etwas über Vz Jahr postoperativ, bestand weiter eine ausgeprägte Beckenbodeninsuffizienz mit Stressinkontinenz, wobei ein forciertes Beckenbodentraining eine deutliche Besserung brachte. Trotzdem benötigte der Patient noch 6-7 Einlagen pro 24 Stunden. Mit medikamentöser Unterstützung erlangte der Patient recht und schlecht Erektionen.

Im Dezember 2013 war mit medikamentöser Unterstützung bereits ein Geschlechtsverkehr möglich, vereinzelt kam es auch zu spontanen Erektionen. Vom Patienten selbst auf die psychische Stresssituation nach Trennung von seiner Partnerin zurückgeführt, kam es zu einer Verschlechterung der Inkontinenzsymptomatik mit einem Vorlagenverbrauch von 3-4 Stück täglich, wobei nachmittags und abends die Belastungsinkontinenz zunahm. Eine neuerliche Elektrostimulation wurde vereinbart.

Im Juni 2014 gab der Patient noch eine geringe Stressinkontinenz an, mit medikamentöser Unterstützung kam es zu einer ausreichenden erektilen Funktion. Der inzwischen langsam von 0 auf 0,06 ng/ml gestiegene PSA-Wert wurde auf minimale gutartige Drüsenreste der Prostata am Absetzungsrand der Harnröhre zurückgeführt.

Im Dezember 2015 wurde von Herrn Mag. XXXX eine mäßige Stressinkontinenz angegeben, wobei an schlechten Tagen 3 Einlagen der Klasse 3 innerhalb von 24 Stunden benötigt wurden. Neuerlich wurde die Wiederaufnahme des Beckenbodentrainings mit Elektrostimulation vereinbart. Auch eine mögliche Implantation eines funktionellen Harnröhrenbandes zur Besserung der Belastungsinkontinenz wurde Herrn Mag. XXXX vorgeschlagen.

Im dem den Akten beiliegenden urologischen Befund vom Dezember 2016 wurde die Stressinkontinenz als im letzten Jahr deutlich verschlechtert angegeben. Herr Mag. XXXX benötigte zu diesem Zeitpunkt 4 Einlagen täglich, bei körperlicher Arbeit oder sportlicher Belastung sogar Einlagen der Klasse 3. Zusätzlich wurde ein imperativer Harndrang mit milder Harninkontinenz angegeben. Der PSA-Wert stieg im Juni 2016 auf maximal 0,1 ng/ml, im Rahmen regelmäßige Kontrollen fänden sich undullierende Werte zwischen 0,07 und 0,1 ng/ml.

Im letzten vorliegenden Kontrollbefund vom Jänner 2018 wurde die nun wieder verschlechterte Belastungsinkontinenz als subjektiv stark störend angegeben. Bei körperlicher Tätigkeit benötigte Herr Mag. XXXX bis zu 4 Einlagen der Klasse 3, wobei nächtens im Liegen kein Harnverlust auftritt. Im Rahmen der Ultraschalluntersuchung der Blase fand sich ein Inhalt von 150ml. Eine Urethrozystoskopie, also Spiegelung von Harnröhre und Blase zeigte eine gute willkürliche Kontraktion des Beckenbodens, hierbei einen symmetrischen kräftigen Verschluss der Harnröhre mit einer funktionellen Länge der Harnröhre von über 2cm, allerdings bei persistierender Belastungsinkontinenz von bis zu 4 Einlagen täglich. Im Rahmen der Harnuntersuchung fand sich ein Glucoseverlust von 300 mg/dl, weshalb Herrn Mag. XXXX die weitere Abklärung hinsichtlich eines Diabetes mellitus mit einer Nüchtern-Blutzucker-Bestimmung im Blut vorgeschlagen wurde.

Im abschlägigen Bescheid vom 29.9.2017 wird angeführt, dass der medizinische Sachverständige aus dem Fachgebiet der Urologie, Herr Dr. XXXX , in seinem Gutachten vom 26.5.2017 die Festsetzung des Grades der Behinderung durch die Entleerungsstörung der Blase mit einer massiven Belastungsinkontinenz in Kombination mit Dranginkontinenz begründete, wobei die Anwendung eines Kondomurinals als problematisch angesehen wurde, aber keine wesentlichen Begleiterscheinungen durch zusätzliche Versorgung mit Inkontinenzprodukten vorlag.

Die Allgemeinmedizinerin Frau Dr. XXXX hielt in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 15.11.2017 fest, dass das Vorliegen einer Harnstressinkontinenz, da gut versorgbar, die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel nicht in hohem Maße erschwert.

In seiner Beschwerde vom 20.12.2017 führt der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er aufgrund der radikalen Prostatektomie nach Prostatakarzinom Probleme bei der Fixierung des Kondomteils des Originals hat, weil das Klebemittel alleine die Fixierung nicht hält und es somit sehr häufig zum gesamten Harnaustritt in die Kleidung und die Schuhe des Beschwerdeführers kommt, wenn das Kondomteil abrutscht. Zusätzlich führte er an, dass die Situation, dass in einem öffentlichen Verkehrsmittel ein Unfall mit dem Kondomurinal passieren könnte, zu einer erheblichen psychischen Belastung, Scham und Angstzuständen führt. Gerade dieser Stress führt wiederum dazu, dass die Dranginkontinenz des Beschwerdeführers vermehrt auftritt und sich deshalb der gesamte Blaseninhalt zur Gänze und plötzlich entleert, was wiederum zur Folge hat, dass ein sofortiger Wechsel des Harnauffangsacks notwendig wird.

Herr Dr. XXXX erwähnt in seiner Stellungnahme vom 13.2.2018, dass das Problem, welches Herr Mag. XXXX mit einem Kondomurinal - egal welcher Marke - hat, darin besteht, dass sich nach dem Anlegen operations- und stressbedingt der vordere Teil des Gliedes samt Eichel dergestalt nach innen zurückzieht und erschlafft, dass das Kondomurinal nunmehr auf der leeren Vorhaut haften bleiben soll und es somit leicht zu einem Abrutschen kommt, sodass die Kondomfunktion nicht mehr gegeben ist. Im vorliegenden Akt sind Gebrauchsinformationen der Kondomurinale InView(r) (Fa. Hollister), Conveen Optima(r) (Fa. Coloplast) und MascuFlex(r) (Fa. Allomed Medizintechnik) beigelegt.

Im unfallchirurgisch-orthopädischen Sachverständigengutachten des Herrn Dr. XXXX vom 28.8.2018 gibt Herr Mag. XXXX als medikamentöse Therapie Parkemed(r), Blopress(r), Nomexor(r), Zanitip(r) und diverse Salben an. Bei einer Körpergröße von 173cm wird ein Gewicht von 83kg angegeben. Bei der Untersuchung am 30.1.2018 wird im Harnsackerl kein Harn festgestellt, das System als ungebraucht wirkend beschrieben.

Persönliche Befundaufnahme am 10.12.2018 in der Ordination des Unterzeichnenden:

Anamnese:

Trotz Beckenbodentraining und Elektrostimulation und zweimaligem Rehabilitationsaufenthalt weiterbestehende Inkontinenz seit der Prostataoperation 2011. 2013 Trennung von seiner Ehefrau mit Scheidung und Verletzung mit anschließender Nekrose der Talusrolle rechtes Sprunggelenks und dadurch stark eingeschränkte Mobilität.

Vorerkrankungen & Operationen:

Z.n. radikaler Prostatektomie 2011 im Krankenhaus der XXXX .

Urologische Anamnese:

Herr Mag. XXXX braucht wegen starker Inkontinenz ein Kondomurinal, das sich häufig spontan löst und von der Vorhaut abrutscht - ist vollkommen imkontinent; trägt ein Beinsackerl zum Urinal - der Harn rinnt ungebremst durch. Herr Mag. weiss nichts von einem Angebot betreffend einer Inkontinenzoperation. Er betont die Gefahr der Lösung des Systems v.a. beim Stiegensteigen; bei Aufregung etc. entsteht zusätzlich ein Dranggefühl trotz nie ganz voller Blase. Es bestehen keine Probleme mit Harnwegsinfekten, auch keine wesentlichen Hautreizungen.

Uroloqischer Status:

173cm - 83kg = BMI 27,7 = leichtes Übergewicht.

Klinisch: Kondomurinal an der Penisspitze bzw. Vorhaut - im Stehen beim Husten Harnverlust im Strahl bei 80ml Blaseninhalt, auch geringe Undichtigkeit des Urinals am Skrotum.

Ultraschall: Blase mit 80ml Füllung unauffällig, die rechte Niere ohne pathologischen Befund, die linke Niere mit peripherer Hyperdensität von 5mm ohne Schallschatten sowie einer 8cm großen blanden exophytischen Cyste am Unterpol.

Äußeres Genitale: kleiner Penis, schlaffe Vorhaut mit Kondomurinal, sonst ohne pathologischen Befund.

PSA: laut Angabe immer rund um 0,1 ng/ml.

Zusätzlich angefordertes Miktions-/lnkontinenzprotokoll:

Bei Trinkmengen von knapp über 2 Liter pro 24 Stunden (2170 bzw. 2550ml) erfolgte über den Tag in den zwei durch Messung erfassten Tagen über das Kondomurinal zwischen 9 und 19 Uhr eine Harnentleerung von 1200 bzw. 1490ml, danach und über Nacht wurde 4x eine nasse Vorlage dokumentiert.

Herr Mag. XXXX gibt an, im Schnitt 3 Stück Inkontinenzvorlagen Tena for Men(r) der Stärke Level 2 pro 24 Stunden zur Absicherung zu verwenden falls das Kondomurinal von der Vorhaut abrutscht sowie 5-6 Stück Level 3 Einlagen (saugstärkste Einlagen - nächststärkere sind die Windelhosen) morgens und abends zu Hause und in der Nacht. Bei stärkerer Aktivität und damit praktisch kontinuierlichem Harnverlust verwendet Herr Mag. XXXX die Kondomurinale Conveen(r) der Fa. Coloplast mit einem 750ml fassenden Beinbeutel - in der Regel 1 Garnitur pro Tag sowie gelegentlich 2 Kondomteile falls einer abrutscht.

Therapieempfehlung:

Eventuell weitere Abklärung mittels urodynamischer Untersuchung (Blasendruckmessung) zur Feststellung der Blasenkapazität, der Detrusorstabilität und -compliance und danach Therapie des unwillkürlichen belastungsabhängigen Harnverlusts mittels Implantation eines ATOMS-Sytems (anpassbare, suburethrale Schlinge) oder eines AMS-Sphinkter (künstlicher Schließmuskel).

Kommentar:

Herr Mag. XXXX gibt eine ausgeprägte Angst vor Krankenhäusern an !?

Als Folge einer radikalen Prostatektomie kommt es zu einer vorübergehenden oder bleibenden Schädigung der für die Auslösung einer Erektion verantwortlichen Nerven. Werden Erektionen im Anschluss einer derartigen Operation nicht regelmäßig medikamentös stimuliert bzw. initiert, folgt insbesondere auch durch die fehlenden nächtlichen Erektionen die wiederholte Versorgung mit sauerstoffreichem Blut, wodurch es zu einem vermehrten Umbau funktionellen Muskelgewebes in den Schwellkörpern des Penis in bindegewebige Strukturen und damit letztendlich zu einer Schrumpfung des Gliedes kommt.

Ungewöhnlich erscheint im gegenständlichen Fall lediglich die Tatsache, dass es den ambulanten Befunden im Rahmen der regelmäßigen Nachkontrollen entsprechend anfangs anscheinend zu einer deutlichen Besserung der Inkontinenz gekommen ist, ab 2016 aber wieder zu einer kontinuierlichen und letztendlich deutlichen Verschlechterung der

Inkontinenzsituation ... und dass Herr Mag. XXXX auf die ihm

angebotene operative Therapie der Inkontinenz nicht reagiert bzw. diese gar nicht wahrgenommen hat.

Die Fragen des hohen Gerichts können somit wie folgend beantwortet werden:

1. Liegt beim Beschwerdeführer ein imperativer Harndrang vor?

Beim Beschwerdeführer liegt in erster Linie eine ausgeprägte Belastungsharninkontinenz ll° - IIP vor, d.h. bereits unkontrollierbarer Harnverlust bei leichten körperlichen Belastungen bzw. Tätigkeiten oder bereits beim Stehen. Nur selten wird ein Harnverlust nach Auftreten eines plötzlichen und unkontrollierbaren, also eines imperativen Harndrangs angegeben. Eine Objektivierung bzw. weitere Differenzierung wäre nur durch eine zusätzliche Durchführung einer urodynamischen Untersuchung möglich. Da die Belastungskomponente klinisch

eindeutig vorherrschend ist, hätte dies im gegenständlichen Fall keine entscheidende Konsequenz für die zu beurteilenden Umstände.

3. Ist es dem Beschwerdeführer möglich, den Harndrang für den entsprechenden Zeitraum zurückzuhalten, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen? Beim Zeitraum, den er benötigt, um eine Toilette aufzusuchen, ist auf die Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenkes Bedacht zu nehmen, welches laut Gutachten Dris. XXXX vom 1.9.2018 (Seite 7, Punkt 8c) eine mäßige Beweglichkeitseinschränkung und Belastungsminderung aufweist.

Nein, da der Harnverlust in erster Linie belastungsabhängig auftritt, weil augenscheinlich eine Schädigung des Kontinenzmechanismus der Harnblase vorliegt, was durch die Vorgeschichte mit dem eindeutigen Zusammenhang mit der 2011 erfolgten radikalen Prostatektomie erklärt werden kann. Im gegenständlichen Fall tritt der unwillkürliche Harnverlust bereits durch die Bewegung in aufrechter Körperposition auf, wobei anzunehmen ist, dass die im oben genannten Gutachten festgestellte Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenks zu einer zusätzlichen körperlichen Belastung führt, wodurch der Harnverlust wiederum gefördert wird.

4. Wie häufig und zu welchen Tageszeiten verspürt der Beschwerdeführer einen Harndrang?

Ein starker Harndrang wird von Herrn Mag. XXXX im Rahmen der zweitägigen Dokumentation lediglich einmal gegen 12 Uhr mittags angegeben.

5. Welche Inkontinenzprodukte (Hersteller, Marke, Spezifikation) verwendet der Beschwerdeführer?

Herr Mag. XXXX verwendet nach eigenen Angaben als Inkontinenzvorlagen Tena for Men(r) Vorlagen der Stärke Level 2 (im Schnitt 3 Stück pro 24 Stunden zur Absicherung, falls das Köndomurinal von der Vorhaut abrutscht) und 5-6 Stück Level 3 Einlagen morgens und abends zu Hause und in der Nacht.

Untertags zwischen etwa 9 und 19 Uhr verwendet Herr Mag. XXXX die Kondomurinale Conveen(r) der Fa. Coloplast mit einem 750ml fassenden Beinbeutel und 3-4maliger Entleerung bei in dieser Zeit ausgeschiedenen Harnmengen von 1200 bzw. 1490ml - in der Regel 1 Garnitur pro Tag sowie gelegentlich 2 Kondomteile falls einer abrutscht.

6. Ist es im Zusammenhang mit sämtlichen vom Beschwerdeführer vorgebrachten medizinischen Beweismitteln (insbesondere wird auf die vorgelegte Bestätigung Dris. XXXX vom 13.2.2018 verwiesen) plausibel bzw. nachvollziehbar, dass die Verwendung des/der unter Frage 4. genannten Produkts/e vom Beschwerdeführer vorgebrachte Unbill bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verursacht?

Aufgrund des Ausmaßes des im Rahmen der Befundaufnahme beobachteten und vom Beschwerdeführer glaubhaft dokumentierten Harnverlusts ist bei körperlicher Aktivität insbesondere in aufrechter Körperposition eine Versorgung mittels Kondomurinal erforderlich. Die Problematik der Befestigung des Kondomteiles am Penisschaft besteht nun darin, dass sich im gegenständlichen Fall mitbedingt durch die geringfügige Adipositas, vor allem aber als Operationsfolge der vordere Teil des Gliedes samt Eichel dergestalt nach innen zurückzieht und erschlafft, dass das Kondomurinal nunmehr auf der leeren Vorhaut keine ausreichende Haftung mehr findet und es somit leicht zu einem Abrutschen kommt. Dieses Risiko besteht insbesondere bei besonderen Bewegungen im Schritt, wie z.B. beim Stiegensteigen auf höheren Stufen, und kann jederzeit und völlig unerwartet auftreten.

Daher ist es durchaus plausibel bzw. nachvollziehbar, dass die Verwendung des unter Frage 4. genannten Produkts zu dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Unbill bei der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel führt."

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen

1.1. Die gegenständliche Beschwerdesache wurde beim Bundesverwaltungsgericht am 28.12.2017 - somit nach dem 1.7.2015 - anhängig.

Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter anderem die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) und wurde dieser Antrag durch die belangte Behörde somit nicht bloß als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gesehen, sondern auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass aufgrund des diesbezüglichen Hinweises im Antragsformular 03/2017 gedeutet.

1.2. Der Beschwerdeführer ist nunmehr aufgrund seines Gesamtgrades der Behinderung in Höhe von 50 vH im Besitz eines Behindertenpasses.

1.3. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung

Die unter II.1.1. getroffenen Feststellungen gründen auf dem Inhalt des Gerichtsaktes sowie auf dem Inhalt des vorgelegten Fremdaktes.

Die unter II.1.2. getroffene Feststellung basiert auf dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.9.2017, Zahl: W264 XXXX .

Die unter II.1.3. getroffene Feststellung fußt auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten nach persönlicher Objektivierung des Beschwerdeführers erstellten urologischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 16.2.2019.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach stRsp des VwGH nicht, dass der in der Begründung des Bescheids niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist, nicht aus.

Die vorliegenden Beweismittel und der vorgelegte Fremdakt der belangten Behörde - in welchem die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel (oben näher bezeichnete Dokumente) einliegen - ermöglichen dem erkennenden Gericht, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, welcher den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.9.1978, 1013, 1015/76).

Die Würdigung der Beweise ist zufolge § 45 Abs 2 AVG keinen gesetzlichen Regeln unterworfen. Davon ist jedoch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht ausgeschlossen. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie ua den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen.

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führt beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.2.1987, 13 Os 17/87, aus:

"Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Richter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu den nach dem Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht vom Beschwerdeführer dem medizinischen Sachverständigen Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX überlassenen Beweismitteln (oben unter I.13. wiedergegeben) ist Folgendes zu sagen:

Der BF legte dem vom Gericht bestellten medizinischen Sachverständigen Urologische Befunde des Ordensklinikum XXXX aus den Jahren 2011 bis 2016 und 2018 vor und ist deren Anamnese bzw Diagnose zu entnehmen (auszugsweise):

Befund vom 16.12.2011: Inkontinenz

Befund vom 24.4.2012: in Besserung begriffene Stress-Inkontinenz

Befund vom 12.12.2013: Verschlechterung der Inkontinenzsymptomatik, gegen Nachmittag und Abends Zunahme der Stressinkontinenz; Diagnose:

wiederum Zunahme der Stressinkontinenz bei Zustand nach lap. Rad. Prostataektomie im September 2011

Befund vom 11.6.2014: noch geringe Stress-Inkontinenz

Befund vom 9.12.2015: mässige Stress-Inkontinenz; Procedere:

bezüglich Stress-Inkontinenz Wiederaufnahme des Beckenbodentrainings mit Elektrostimulation

Befund vom 13.12.2016: postoperative Stress-Inkontinenz ist im letzten Jahr deutlich schlechter geworden; Diagnose: zunehmende Stress-Inkontinenz (Patient kommt mit der bisher bewilligten Anzahl der Einlagen nicht mehr aus)

Befund vom 11.1.2018: nach zwischenzeitlicher dtl. Besserung nun wieder bestehende Belastungsinkontinenz; Diagnose: perisistierende Belastungsinkontinenz

Der BF legte dem vom Gericht bestellten medizinischen Sachverständigen ebenso zwei MRT-Befunde des XXXX betreffend das rechte Sprunggelenk aus 2018 vor.

Die vom BF dem vom Gericht bestellten medizinischen Sachverständigen bei der Untersuchung vorgelegten Befunde haben als Grundlage solche Leiden, welche bereits im gegenständlichen Verfahren bekannt gewesene Leiden betrafen und in dem die Grundlage des bekämpften Bescheids bildenden Sachverständigengutachten der Allgemeinmedizinerin Dr. XXXX vom 16.11.2017 geführt werden (Auszug): unter Anamnese unter anderen "Entleerungsstörung der Harnblase schweren Grades 50%; Funktionsbehinderung am rechten Sprunggelenk". Auch in dem im Auftrag der belangten Behörde im Februar 2017 erstellten Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 20.2.2017 fanden diese Leiden Berücksichtigung: darin wird bei dem BF im Leiden 1 in der Begründung des angewendeten Rahmensatzes "Inkontinenz" genannt und die Funktionsbehinderung am rechten Sprunggelenk als Leiden 3 in das Ergebnis der durchgeführten persönlichen Begutachtung aufgenommen. Es handelt sich daher aus Sicht des erkennenden Senats somit hinsichtlich die bei der Untersuchung dem Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX Befunde nicht um ein neues Tatsachenvorbringen:

Mit der Novelle BGBl. I 57/2015 wurde in § 46 BBG eine Neuerungsbeschränkung eingeführt. Dieser Intention des Gesetzgebers ging voran, dass die Praxis ergab, dass neu vorgelegte medizinische Befunde häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschwert haben. Daher wurde eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen (siehe Vorblatt der RV 527 BlgNR 25. GP).

Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 46 BBG: ab dem 1.7.2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Bei der Auslegung von Verwaltungsgesetzen ist zunächst der Wortsinn zu erfragen. Auch im öffentlichen Recht ist bei einer Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Dafür müssen die objektiven, jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses statt des subjektiven Verständnishorizonts der einzelnen Beteiligten im Vordergrund stehen (vgl. dazu Bydlinski in Rummel, ABGB I Rz 1 zu § 6). IdS vertreten auch Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S. 101 f, 1996, die Auffassung, dass aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art. 18 B-VG einen Vorrang des Gesetzeswortlautes bewirke und den dem Gesetz unterworfenen Organen die Disposition über das Verständnis möglichst zu entziehen sei. Dies bedeute bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter "korrigierender Auslegungsmethoden". Daher ist zunächst nach dem Wortsinn zu fragen. Hier stellt die Heranziehung einer gängigen Enzyklopädie zur Auslegung - sofern eine Legaldefinition wie im vorliegenden Fall fehlt - eine zulässige Methode zur Ermittlung des Begriffsinhaltes dar (VwGH 23.2.2010, 2009/05/0080).

In Anwendung der Wortinterpretation ist eindeutig erkennbar, dass die "Neuerungsbeschränkung" von einem "Neuerungsverbot" verschieden ist. Das Neuerungsverbot untersagt, neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Während das "Neuerungsverbot" das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel untersagt, begrenzt die "Neuerungsbeschränkung" aus Sicht des erkennenden Senats die Möglichkeit neue Tatsachen und Beweismittel in das Verfahren einzubringen. Der Wille des Gesetzgebers war es, mit dieser Neuerungsbeschränkung einen zeitnahen Abschluss des Beschwerdeverfahrens nicht durch neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung weiterer Sachverständiger wesentlich zu erschweren (siehe Vorblatt der RV 527 BlgNR 25. GP). Der Gesetzgeber hatte also verfahrensökonomische Beweggründe für die Einführung der Neuerungsbeschränkung.

Gemäß Art 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen ist oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht grundsätzlich kein Neuerungsverbot, sodass grundsätzlich sowohl ein neues Tatsachenvorbringen, als auch ein ergänzendes Beweisanbot in der Beschwerde vorgebracht werden darf. Die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst lässt es sinnvoll erscheinen, Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigen (Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit2013, Anm 14 zu Art 130 B-VG).

Der erkennende Senat versteht die Neuerungsbeschränkung dahingehend, dass die allenfalls bei einer Untersuchung übergebenen oder dem Gericht während des Beschwerdeverfahrens übermittelten Beweismittel dahingehend zu prüfen sind, ob diese ein Tatsachenvorbringen und / oder ein ergänzendes Beweisanbot den bisher bekannten Sachverhalt (somit die im bisherigen Verfahren objektivierten Leiden) betreffend beinhalten.

Im vor der belangten Behörde dem bekämpften Bescheid vorangegangenen Verfahren wurde vom Beschwerdeführer in der Anamnese am 14.2.2017 angegeben: "Ich habe eine Stress-Inkontinenz, muss Einlagen verwenden. Ich habe Schmerzen am rechten Sprunggelenk. [...]". Da diese Leiden seitens des BF bereits durch seine Angaben in das gegenständliche Verfahren eingebracht wurden, handelt es sich bei den dem Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX übergebenen Befunde über (Stress-)Inkontinenz und das rechte Sprunggelenk aus Sicht des erkennenden Senats nicht um neue Tatsachenvorbringen.

Vor dem Hintergrund, dass sogar eine verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage (nämlich

Art 130 Abs 4 B-VG; gleichlautend der einfachgesetzliche § 28 Abs 2 VwGVG) dem Verwaltungsgericht auferlegt, im Bescheidbeschwerdeverfahren in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit liegt, erscheint es dem erkennenden Senat geboten, in casu iSd § 28 Abs 2 Z 2 VwGVG im Interesse der Raschheit die nach dem 28.12.2017 eingelangten bloß die bereits bekannten Funktionseinschränkungen betreffenden Beweismittel zu berücksichtigen. Nämlich aus dem Grunde, dass der Gesetzgeber im BBG ein Absehen von der Ein-Jahres-Frist für einen (neuerlichen) Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, eine Vornahme von Zusatzeintragungen oder eine Einschätzung des Grades der Behinderung vorsieht, wenn es sich um eine glaubhaft geltend gemachte offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung handelt (§ 41 Abs 2 BBG). § 41 Abs 2 BBG wurde mit

BGBl 26/1994 eingeführt und geht aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervor, dass diese Norm eingeführt wurde, um Härten zu vermeiden: in jenen Fällen, wo es innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr ab der letzten rechtskräftigen Entscheidung zu einer Verschlechterung des Leidenszustands kam, führte die alten Rechtslage - welche bei Anträgen innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung in jedem Falle die Zurückweisung vorsah - zu Härten (siehe Vorblatt der RV 1358 BlgNR 18. GP).

Somit würde eine anderslautende Interpretation der "Neuerungsbeschränkung" dazu führen, dass die nach dem Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (28.12.2018) am 10.12.2018 dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Prim. Univ.-Doz. Dr. XXXX übergebenen medizinischen Beweismittel im Beschwerdeverfahren - welches nach dem 1.7.2015 beim Gericht anhängig wurde - als "neue Beweismittel" keine Berücksichtigung finden würden. Da der Beschwerdeführer sodann eine Abweisung der Beschwerde hinnehmen müsste und sodann der Behörde Sozialministeriumservice im Rahmen eines Neuantrags anhand der nach dem 28.12.2017 erlangten Beweismittel (Urologischer Befund des Ordensklinikum XXXX vom 11.1.2018 und MRT-Befunde vom 30.5.2018 und vom 29.5.2018 eine offenkundige Änderung des Leidenszustands glaubhaft geltend machen müsste, würde es sich sodann um eine Härte handeln.

In Ausübung der freien Beweiswürdigung ist Folgendes festzuhalten:

Der BF hat am rechten Sprunggelenk eine mäßige Beweglichkeitseinschränkung und Belastungsminderung und verwendet das nichtstereoidale Antirheumatika Parkemed gegen Schmerzen am rechten Sprunggelenk. Diese Schmerzen betreffend wurde vom BF weder auf Befragen des Sachverständigen Dr. XXXX , noch bei der Untersuchung am 28.8.2018 angegeben und zeigten sich bei der klinischen Untersuchung am 28.8.2018 keine Anzeichen hierfür. Der Sachverständige für Unfallchirurgie und Orthopädie (Dr. XXXX ) kommt trotz mäßiger Beweglichkeitseinschränkung und Belastungsminderung am rechten Sprunggelenk im Gutachten zu dem Schluss, dass bei den unteren Extremitäten keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen vorliegen und dass sich keine Zeichen einer höhergradigen Gebrauchsminderung des rechten Beines finden, sodass dem BF auch längeres Stehen und Gehen möglich und zumutbar ist.

Der Sachverständige für Unfallchirurgie und Orthopädie (Dr. XXXX ) befundete eine unwesentliche Beweglichkeitseinschränkung an der linken Schulter und hielt in seinem Gutachten fest, dass der BF geringe Beschwerden angab. Dennoch kam der Sachverständige im Gutachten zu dem Schluss, dass bei den oberen Extremitäten keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen vorliegen.

Die cardiopulmonale Belastbarkeit des BF anbelangend führt der Sachverständige für Unfall

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten