TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/4 W196 2148032-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2019
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Entscheidungsdatum

04.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 2148033-2/3E

W196 2148038-3/4E

W196 2148036-2/3E

W196 2148034-2/3E

W196 2148032-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX (BF1), geb. XXXX ; 2.) XXXX (BF2), geb. XXXX ; 3.) XXXX (BF3), geb. XXXX ; 4.) XXXX (BF4), geb. XXXX , 5.) XXXX (BF5), geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 18.08.2018, Zl. 1083662405-180519965 (ad 1.), Zl. 1083669710-180540417 (ad 2.), Zl. 1083670003-180520165 (ad. 3.), Zl. 1083669906-180520135 (ad. 4.), Zl. 1083669808-180520050 (ad 5.), zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden gemäß § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten, die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sind deren gemeinsame minderjährige Kinder. Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer, Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum muslimischen Glaubens. Die Beschwerdeführer reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten allesamt am 21.08.2015 deren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.08.2015 gab der Erstbeschwerdeführer zum Grund für das Verlassen seines Herkunftslandes an, dass er sein Herkunftsland wegen seines Bruders, der in Österreich lebe, verlassen haben. Seiner Familie wäre Blutrache erklärt worden und berief er sich auf einen Vorfall, wonach im Jahr 2011 Widerstandskämpfer zu seinem Bruder gekommen wären und ihn aufgefordert hätten Lebensmittel zu einem Wald zu bringen. Dies habe sein Bruder am nächsten Tag getan und wäre sein Bruder in eine Schießerei verwickelt worden. Im Anschluss dürfte der Taxifahrer dies der Polizei mitgeteilt haben. Die Polizei hätte dies überprüft und es wäre zu einer Schießerei gekommen und dabei ein Kämpfer und ein Polizist getötet worden. Der Bruder des getöteten Kämpfers hätte daraufhin seiner Familie Blutrache erklärt. Sein Bruder wäre daraufhin geflohen. Am 05.03.2015 wären diese Kämpfer in ihr Haus gekommen. Sie sagten, wenn mein Bruder Zaur nicht innerhalb von zwei Wochen kommen sollte, dass sie den Erstbeschwerdeführer an seiner Stelle töten würden. Dies wären seine Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr befürchten er, dass er an Stelle seines Bruders getötet werden könnte. Die Zweitbeschwerdeführerin stütze sich auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers und erklärte, dass sie mit den Kindern nicht alleine in Tschetschenien habe bleiben wollen. Für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden durch die gesetzliche Vertretung keine eigenen Fluchtgründe vorgebacht.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2017, zu den Zlen.: 1083669405-151150658, 1083669710-151150739, 1083670003-151150763, 1083669906-151150771, 1083669808-151150780, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Zudem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist; unter einem wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Gegen die Bescheide des Bundesamtes erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Auch zum Thema Blutrache würde sich im Bescheid nur eine Information aus dem Jahr 2008 finden. Zur allgemeinen Menschenrechtslage werde daher auf einen Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2017 sowie auf einen Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe aus dem Jahr 2016 verwiesen, wonach Menschenrechtsverletzungen durch Kadyrow bzw. seine Sicherheitskräfte in Tschetschenien zum Alltag gehören würden und solche Übergriffe nicht strafrechtlich verfolgt werden würden. Bezüglich der entscheidungsrelevanten Blutrache bzw. Sippenhaftung sei bekannt, dass im Falle der Tötung eines Polizisten die ganze Familie des Täters zur Rechenschaft gezogen werde. Da es in Tschetschenien häufig zu Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen, rechtswidriger Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen sowie zu außergerichtlichen Hinrichtungen kommen würde, sei davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger der Russischen Föderation einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, dass die Beschwerdeführer über Unterkunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten in Tschetschenien verfügen würden. Die Landwirtschaft sei bereits 2011 zerstört worden und könne auch die Frage, ob das Haus, wo die Beschwerdeführer gelebt hätten, noch bewohnbar sei, nicht beantwortet werden. Dem Erstbeschwerdeführer sei der aktuelle Zustand des Hauses nicht bekannt. Die Beschwerdeführer wären bei einer Rückkehr somit mit einer unmenschlichen Situation iSd Art. 3 EMRK konfrontiert. Auch ihre wirtschaftlichen Verhältnisse seien nicht gesichert. Hinsichtlich der vergangen Zeit zwischen dem Vorfall 2011 und 2013 wurde ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass hinsichtlich der Rache an erster Stelle der Bruder des Erstbeschwerdeführers gestanden sei und zuerst nach ihm gesucht worden sei. Als dies nicht gelungen sei, seien dann die Beschwerdeführer gequält worden. Zum Vorhalt der Behörde, dass der Erstbeschwerdeführer sein Vorbringen in der Einvernahme gesteigert habe und erst hier eine Verfolgung wegen der Brüder der Zweitbeschwerdeführerin ins Treffen geführt habe, wird angemerkt, dass die Behörde das Verbot der näheren Befragung zu den Fluchtgründen bei der Erstbefragung außer Acht gelassen habe. Zudem habe die Zweitbeschwerdeführerin in der Einvernahme dann sofort ihre Brüder erwähnt, Beweismittel dazu vorgelegt und ausgeführt, dass sie bei der Erstbefragung Angst gehabt hätte. Die Behörde hätte die Zweitbeschwerdeführerin genauer befragen müssen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe dann konkret und detailreich den Ablauf des Verhörs beschrieben. Die Beschwerdeführer würden wegen der Zugehörigkeit des Erstbeschwerdeführers zur sozialen Gruppe einer Familie verfolgt werden und wäre ihnen daher Asyl zu gewähren gewesen. Aufgrund der schlechten Sicherheits- und Menschenrechtslage in Tschetschenien sei wäre ihnen subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen. Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass die Behörde eine falsche Interessensabwägung durchgeführt habe. Die Beschwerdeführer würden sich bemühen sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren und sich ein Leben in Österreich aufzubauen. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen würden die Volksschule besuchen, die Zweitbeschwerdeführerin spreche sehr gut Deutsch. Die Beschwerdeführer seien strafrechtlich unbescholten. Es hätte ihnen somit ein Aufenthaltstitel gewährt werden müssen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.01.2018 wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes vom 31.01.2017 mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2018, Zlen.: W226 2148033-1/10E, W226 2148038-1/12E, W226 2148036-1/9E W226 2148034-1/9E, W226 2148032-1/10E, gemäß §§ 3 Abs. 1 AsylG 2005, § 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Absatz 9 FPG § 46 FPG, § 55 Absatz 1 bis 3 FPG, als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nicht festgestellt werden habe können, dass den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht habe bzw. aktuell drohe. Nicht festgestellt werden konnte, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet wären, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären. Ferner habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Es wurde angemerkt, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich bei verschiedenen Ärzten vorstellig gewesen sei. Im Jahr 2015 sei bei ihm ein Leistenbruch diagnostiziert worden. Die Zweitbeschwerdeführerin sei in Österreich in den Jahren 2015 und 2016 mehrmals bei einem Allgemeinmediziner vorstellig geworden, wobei eine "Belastungsreaktion, Bauchbeschwerden, Schlafstörungen, viraler Infekt der Atemwege" diagnostiziert worden und ihr handelsübliche Medikamente verschrieben worden seien. Aktuellere Befunde der Erst- bis Zweitbeschwerdeführer seien nicht in Vorlage gebracht worden. Eine chronische Laryngitis (Kehlkopfentzündung) des Fünftbeschwerdeführers habe mangels entsprechender Befunde ebenfalls nicht festgestellt werden können. In der Beschwerdeverhandlung hätten die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer angegeben, dass es allen Beschwerdeführern gesundheitlich gut gehe. Daher habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würden, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Die Beschwerdeführer wären in der Russischen Föderation in der Lage sich ihren Lebensunterhalt - zuletzt durch die berufliche Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Landwirt - zu sichern. In der Russischen Föderation würden sich Verwandte des Erstbeschwerdeführers (unter anderem seine Mutter und Tante) sowie Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin aufhalten. Die unbescholtenen Beschwerdeführer seien seit etwa zwei Jahren und acht Monaten in Österreich aufhältig. Der Erstbeschwerdeführer verfüge über Deutschkenntnisse auf A1 Niveau, die Zweitbeschwerdeführerin auf A2 Niveau. Die Drittbeschwerdeführerin habe zuletzt die dritte Klasse, die Viertbeschwerdeführerin die zweite Klasse der Volksschule besucht. Der Fünftbeschwerdeführer besuche in Österreich einen Kindergarten. Der Erstbeschwerdeführer habe von November 2015 bis Mai 2017 gemeinnützige Tätigkeiten für eine Gemeinde verrichtet. Die Beschwerdeführer würden laufend Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und wären in einer Unterkunft des Vereines Menschen Leben untergebracht. Die Beschwerdeführer wären nicht selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführer würden keinem Verein, keiner religiösen Verbindung und keiner sonstigen Gruppierung angehören. Seit dem Jahr 2011 sei ein volljähriger Bruder des Erstbeschwerdeführers ( XXXX ) in Österreich aufhältig. Dieser lebe in Salzburg und sei in Besitz eines österreichischen Aufenthaltstitels (Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus, gültig bis 01.02.2019)

Ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis der Beschwerdeführer zum Bruder des Erstbeschwerdeführers oder ein gemeinsamer Haushalt bestehe nicht. Zu den Feststellungen wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass die Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführer aufgrund ihrer Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft erschienen. An ihrer Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit habe sich aufgrund ihrer durchgehend gleichbleibenden Angaben vor dem BFA keine Zweifel ergeben. Ihre Identität habe aufgrund der vorgelegten Geburtsurkunden festgestellt werden können. Die Feststellungen über die allgemeine Lebenssituation der Beschwerdeführer in Österreich und den in Österreich lebenden Familienangehörigen (volljähriger Bruder des Zweitbeschwerdeführers) würden auf den Angaben der Beschwerdeführer im Verfahren, den vorgelegten Unterlagen sowie den eingeholten aktuellen IZR, GVS und ZMR-Auszügen beruhen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten seien, ergebe sich aus den amtswegig eingeholten Strafregisterauszügen. Hinsichtlich der Fluchtgründe wurde angeführt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach sie von den tschetschenischen Behörden bedroht worden seien, bzw. sie auch in Zukunft eine Verfolgung durch tschetschenische Behörden zu befürchten hätten, nicht glaubwürdig sei. Die Beschwerdeführer hätten dabei auf die Verfolgung des Bruders des Erstbeschwerdeführers ( XXXX ), also auf einen Vorfall vom 01.06.2011 auf ihrer Landwirtschaft in XXXX , wo es zu seiner Schießerei zwischen Widerstandskämpfern und den tschetschenischen Behörden gekommen sei und Polizisten sowie Kämpfer getötet worden seien, Bezug genommen. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers sei aufgrund dieses Vorfalles geflohen. Auffallend war, dass der Erstbeschwerdeführers den Vorfall im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gänzlich anders schilderte und sein Vorbringen steigerte. Folglich wurden die Steigerungen und Widersprüche gegenübergestellt und gefolgert, dass auch das Vorbringen betreffend die Blutrache nicht glaubwürdig sei. Diesbezüglich sei nicht nachvollziehbar, dass der ausschlaggebende Vorfall (abermals die Schießerei auf der Farm in XXXX , bei dem ein Kämpfer getötet worden wäre) am 01.06.2011 gewesen sein solle, die Blutracheerklärung allerdings erst im Jahr 2013 - sohin zwei Jahre später - durch den Bruder des getöteten Kämpfers, gegenüber dem Bruder des Erstbeschwerdeführers ausgesprochen worden sein soll und erst am 05.03.2015 - somit weitere zwei Jahre später - Leute vom Bruder des getöteten Kämpfers zu den Beschwerdeführer nach Hause gekommen wären und die Beschwerdeführer deshalb bedroht hätten. Es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, dass eine Blutracheerklärung erst zwei Jahre nach dem eigentlichen Vorfall ausgesprochen werde und die Beschwerdeführer selbst nach Erklärung der Blutrache noch weitere zwei Jahre ein normales Leben in ihrem Haus führen hätten können. Zudem hätten weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin ein genaues Datum, an welchem die Blutracheerklärung gegenüber dem Bruder des Erstbeschwerdeführers ausgesprochen worden wäre, angeben können. Der Erstbeschwerdeführer gab in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dazu dann noch an, dass er sich an den Monat nicht mehr erinnern könne. Auch hätten sich zahlreiche Widersprüche bezüglich ihrer Reisepässe ergeben und hätten sich in zahlreiche Ungereimtheiten verstrickt. Aufgrund der ständigen und massiven Abweichungen in den Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin zu ihren Reisepässen, gehe auch das Bundesverwaltungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Bundesamt - davon aus, dass die Beschwerdeführer die Ausstellung der russischen Reisepässe verheimlichen wollten. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer über Familienangehörige in der Russischen Föderation verfügen, ergebe sich aus ihren eigenen Angaben im Asylverfahren. Soweit der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung angab, keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter zu haben und er auch nicht wisse, was mit seinen anderen Angehörigen passiert sei, so können diese Aussagen aufgrund der aufgetretenen Ungereimtheiten als nicht glaubwürdig angesehen werden. Vielmehr seien sie als reine Schutzbehauptungen zu werten. Auch die Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin, wonach diese auch nicht wisse, wo sich ihre Verwandten aufhalten würden bzw. sie auch keine Nummer von ihrer Mutter habe würden als nicht glaubwürdig und als reine Schutzbehauptungen angesehen, zumal diese doch die Ladungen von ihrer Tante nach Österreich geschickt bekommen habe und sie somit jedenfalls intensiven Kontakt zu ihren Verwandten hatte. Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass ein Behandlungsbedarf, der nur in Österreich, nicht aber in der Russischen Föderation gedeckt werden könnte, nicht erkennbar sei. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführer, einem Ehepaar mit drei minderjährigen Kindern, infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts sei in der Russischen Föderation nicht anzunehmen. Rechtlich wurde ausgeführt, dass eine konkrete, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Gefährdung iSd GFK für die BEschwerdeführer in der Russischen Föderation nicht feststellbar wäre. Weder aus den Angaben der Beschwerdeführer zu den Gründen, warum ein Leben in der Russischen Föderation unmöglich sein soll, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens sei im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen. Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat habe somit schlichtweg nicht erkannt werden können Sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin hätten im Herkunftsland die Grundschule besucht. Die Zweitbeschwerdeführerin habe von 2009 bis 2013 ein Fernstudium Buchhaltung gemacht. Der Erstbeschwerdeführer habe in der Landwirtschaft gearbeitet und kenne sich gut mit landwirtschaftlichen Maschinen aus. Aufgrund der Arbeitswilligkeit und -fähigkeit, dem Bildungsgrad des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und der Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers sei davon auszugehen, dass sie in der Russischen Föderation - wie in der Vergangenheit - den Lebensunterhalt für die Angehörigen ihrer Kernfamilie durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten können werden. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten würden dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- oder Nischenwirtschaft stattfinden, gehören. Hier sei auch noch zu berücksichtigen, dass sich Verwandte der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation aufhalten. So lebe jedenfalls die Mutter sowie eine Tante des Erstbeschwerdeführers, sowie Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin nach wie vor im Herkunftsstaat. Die behauptete Ausreise bzw. der Tod naher Angehöriger wäre nicht glaubhaft. Die Beschwerdeführer würden sohin über ein familiäres und soziales Auffangnetz an Familienangehörigen im Herkunftsstaat verfügen, auf deren (finanzielle) Unterstützung die Beschwerdeführer zudem zusätzlich zurückgreifen könnten. Abgesehen davon hätten die Beschwerdeführer auch vorgebracht in der Russischen Föderation wirtschaftlich unabhängig gelebt zu haben. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung und der diesbezüglichen Abwägung des Privat- und Familienleben und deren Integration wurde drauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer im Bundesgebiet mit weniger als drei Jahren als kurz zu bezeichnen sei und der Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet allein keine hervorgehobene Bedeutung für den Verbleib im Bundesgebiet zugemessen werden könne. Der Erstbeschwerdeführer habe eine Bestätigung vorgelegt, wonach er von November 2015 bis Mai 2017 gemeinnützige Tätigkeiten für eine Gemeinde verrichtet habe. Aus einem Schreiben des Kindergartens gehe hervor, dass die Zweitbeschwerdeführerin beim Brotbacken im Kindergarten geholfen habe. Hingegen habe, dass die Zweitbeschwerdeführerin - wie in einer Stellungnahme behauptet - auch in der Kirche helfe, nicht durch vorgelegte Unterlagen verifiziert werden können. Abgesehen davon, würden die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung nachgehen und hätten auch keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt, wonach sie eine legale Beschäftigung in Aussicht hätten. Daraus lasse sich jedenfalls nicht ableiten, wie die Beschwerdeführer den Unterhalt für eine fünfköpfige Familie dauerhaft sichern wollen, zumal die Beschwerdeführer während der gesamten Dauer ihres Aufenthaltes in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hätten, in einer Einrichtung des Vereins Menschen Leben gewohnt und somit während der gesamten Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig gewesen wären. Auch wenn die Beschwerdeführer behaupteten in Österreich bereits Freunde gefunden zu haben, so habe offenbar niemand für die Beschwerdeführer eine Verpflichtungserklärung abgegeben. Auch sonst sei nicht vorgetragen, dass sich der Erstbeschwerdeführer oder die Zweitbeschwerdeführerin (bis auf Deutschkurse) aus-, fort- oder weiterbilden würden. Selbst unter Berücksichtigung, dass die Dritt- bis Viertbeschwerdeführerin in Österreich bereits (im Rahmen der Schulpflicht) eine Schule und der Fünftbeschwerdeführer einen Kindergarten besuchen würden, könne keinesfalls angenommen werden, dass die Familie bei einem Umzug in die Russische Föderation vor unüberwindbare Hindernisse gestellt wäre. Im Gegenteil, die Erfahrung des Erstbeschwerdeführers als Landwirt und das Fernstudium "Buchhaltung" der Zweitbeschwerdeführerin würden eindeutig dafür sprechen, dass den Beschwerdeführern der Umzug in einen Landesteil der Russischen Föderation bei einem entsprechenden Jobangebot möglich sein werde. Den minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern sei es unzweifelhaft zumutbar, den Schul- bzw. Kindergartenbesuch auch in der Russischen Föderation fortzusetzen, zumal sie sich noch in einem anpassungsfähigen Alter befänden, in der Russischen Föderation aufgewachsen seien und dort in etwa bis zu ihrem 7., 5. und 2. Lebensjahr gelebt hätten. Die Beschwerdeführer würden auch über entsprechende Sprachkenntnisse im Herkunftsstaat verfügen und hätten die Erst- bis Viertbeschwerdeführer den Großteil ihres Lebens in der Russischen Föderation verbracht, der Fünftbeschwerdeführer sei noch ein Kleinkind und befinde sich in einem anpassungsfähigen Alter. Vor diesem Hintergrund und der damit relativ kurzen Ortsabwesenheit von nicht einmal drei Jahren könne auch nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführer ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würden. Es sei hier auch zu berücksichtigen, dass aufgrund des noch sehr jungen, mit einer hohen Anpassungsfähigkeit verbundenen Alters der Drittbis Fünftbeschwerdeführer davon ausgegangen werden könne, dass für diese der Übergang zu einem Leben im Herkunftsstaat - nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - nicht mit unzumutbaren Härten verbunden wäre. Die Tatsache, dass den Eltern der unsichere Aufenthalt bekannt sein haben müssen, schlage sich auch auf die Kinder durch, wenngleich diesen für fremdenrechtliches Verhalten kein Vorwurf zu machen sei. Hinzu komme, dass sich im Herkunftsstaat unverändert Verwandte der Erstbis Zweibeschwerdeführer aufhalten würden, womit zumindest vorübergehend von einer finanziellen Unterstützung auszugehen sei. Zusammengefasst sei deshalb in Übereinstimmung mit dem BFA davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht hätten und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukomme, jedenfalls in den Hintergrund treten.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2018 wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer am 03.05.2018 rechtswirksam zugestellt. Dieses Erkenntnis erwuchs am 03.05.2018 in Rechtskraft.

Eine eingebrachte Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28.06.2018, Ra 2018/18/0358 zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 04.06.2018 stellte die Zweitbeschwerdeführerin durch ihren gewillkürten Vertreter einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2018 zu W226 2148038-1/12E rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens. Dieser wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Zweitbeschwerdeführerin ihrem Rechtsvertreter am 01.06.2018 in Anwesenheit einer namentlich genannten Dolmetscherin mitgeteilt habe, dass sie vergewaltigt worden sei. Sie halte sich derzeit in der psychiatrischen Abteilung eines Landeskrankenhauses auf. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihre Vergewaltigung bis jetzt verschwiegen. Diese Umstände hätten in Verbindung mit den anderen Verfahrensergebnissen gem. § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe dem Rechtsvertreter in einem Telefonat mitgeteilt, dass sie die Vergewaltigung auch schon ihrem Ehemann mitgeteilt habe. Dieser sei geschockt gewesen und habe unmittelbar somatische Reaktionen, wie Fieber, gezeigt. Eine vergewaltigte Frau und mit ihr ihre Familie hätten in Tschetschenien ihre Ehre verloren. Die Ehre könnte sie durch ihren selbst gewählten Tod wiedererlangen bzw. gewinne die Familie die Ehre, indem die Frau aus der Familie ausgestoßen, von den Kindern getrennt und auf vielerlei andere Weise gedemütigt und unmenschlich behandelt werde, zurück. Die Angst vor diesen Folgen habe die Zweitbeschwerdeführerin bis jetzt davon abgehalten, von ihrer Vergewaltigung zu erzählen. Erst als die Abschiebung drohte und auf Nachfragen der Dolmetscherin habe die Zweitbeschwerdeführerin der Dolmetscherin von der Vergewaltigung erzählt. Vermutlich hätte sie sie nie erzählt, wäre sie nicht darauf angesprochen worden. Als Frau, die in der tschetschenischen patriarchalen Gesellschaft aufgewachsen sei, habe sie auch nicht geahnt, dass es im Asylverfahren von Bedeutung sei, die Vergewaltigung und deren Folgen in Tschetschenien zu erwähnen. Die Zweitbeschwerdeführerin treffe kein Verschulden, dass sie erst jetzt von ihrer Vergewaltigung berichtet habe.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.07.2018, Zl. W226 2148038-2/4E, wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2018, GZ: W226 2148038-1/12E rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens abgewiesen.

Dabei wurde ausgeführt, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Laufe des ersten Verfahrens insgesamt drei Mal einvernommen worden sei. Bei diesem Wiederaufnahmegrund würde es sich jedenfalls um einen Umstand handeln, welcher der Zweitbeschwerdeführerin bereits zu einem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, in dem ihr Asylverfahren noch unerledigt war. Der Umstand, dass die "neuen Tatsachen oder Beweismittel" im früheren Verfahren nicht berücksichtigt werden konnten, dürfe bei der Wiederaufnahme nicht auf ein Verschulden der Partei zurückzuführen sein. Dies treffe aber gegenständlich nicht zu, da die Zweitbeschwerdeführerin den Vorfall der behaupteten Vergewaltigung nicht vorgebracht habe, obwohl ihr dies - gleich dem nunmehr erstatteten Vorbringen unter Berücksichtigung ihrer psychischen Verfassung - möglich gewesen wäre: So sei sie am 09.02.2016 nicht nur von einer Frau befragt, sondern wären in der Einvernahme gleich zwei Frauen - die Dolmetscherin und die auszubildende Dolmetscherin - anwesend gewesen, die der Sprache der Zweitbeschwerdeführerin mächtig waren und an die sie sich wenden hätte können. Auch hätte die Zweitbeschwerdeführerin sich an ihren Rechtsbeistand wenden können und spätestens in der Beschwerde ausreichend Möglichkeit gehabt, den Vorfall der Vergewaltigung zu schildern. Darüber hinaus wären auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung eine Rechtsvertreterin sowie eine Dolmetscherin zugegen, also eine Frau, welche sie im Verfahren vertritt und eine Frau, welche die Sprache der Zweitbeschwerdeführerin spreche. Sowohl in der Einvernahme vom 09.02.2016, in der drei andere Frauen zugegen waren, sei die Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich gefragt worden, ob sie noch weitere Angaben machen möchte, ob sie noch etwas zu ihrem Vorbringen ergänzen möchte und ob sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen habe können. Projiziert auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass sich der Zweitbeschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren spätestens in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Gelegenheit geboten habe, den neuen Fluchtgrund der behaupteten Vergewaltigung zu schildern, ohne dass ihr Mann oder ihre Kinder davon etwas erfahren hätten und ohne dass überhaupt ein Mann zugegen gewesen wäre. Es werde nicht verkannt, dass im Kulturkreis, dem die Zweitbeschwerdeführerin entstamme, Vergewaltigung mit Ehrenverletzung und Schande behaftet seien. Auch an dieser Tatsache habe sich jedoch seit dem Erkenntnis im ersten Verfahren nichts geändert. Wie ausgeführt, habe sich ihr schon im ersten Verfahren die Gelegenheit geboten, den Fluchtgrund zu äußern, ohne dass jemand aus ihrem unmittelbaren - insbesondere familiären - Umfeld davon erfahren hätte. Aus diesen Gründen liege ein der Zweitbeschwerdeführerin zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließe.

Gegenständliches Verfahren:

Am 04.06.2018 stellten die Beschwerdeführe die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Einvernahme am 05.06.2018 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass einer der damaligen Fluchtgründe, die er nicht angegeben habe, jener sei, dass seine Frau in Russland vergewaltigt worden sei. Ansonsten wären seine Fluchtgründe gleichgeblieben.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte am 11.06.2018 im Zuge ihrer Erstbefragung auf die Frage, was sich seit Rechtskraft der letzten Entscheidung konkret gegenüber ihren bereits entschiedenen Verfahren in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat verändert habe vor, kurz vor Ihrer Flucht aus der Heimat, am 12.01.2015 von tschetschenischen Polizisten im Zuge einer Einvernahme vergewaltigt worden zu sein. Sie hätte darüber bis vor kurzem mit niemanden gesprochen. Ihr Ehemann hätte erst am 02.06.2018 im Landesklinikum XXXX von der Vergewaltigung erfahren und wäre schockiert gewesen. Sie würden sich Sorgen machen, dass ihr Ehemann sie vielleicht verlasse. Nach ihrer Tradition müsste er dies im Falle einer Rückkehr nach Tschetschenien tun. Er hätte auch gesagt, dass er ihr dann die Kinder wegnehmen würde. Sie würden sich um ihre beiden Töchter Sorgen machen, dass ihnen das Gleiche passieren würde. Sie wären mit 16 Jahren zwangsverheiratet worden und hätte deshalb keine Ausbildung machen können. Sie wolle Ihren Mann dennoch nicht verlieren. Sie würden ihren Mann lieben und er sei kein schlechter Mensch. Seit diesem Vorfall hätte sie starke psychische Probleme und befinde sich in ärztlicher Behandlung. Sie hätte auch immer wieder Suizidgedanken.

Am 30.07.2018 wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch bestehen würden und aufrecht seien. Neu sei, dass er erst jetzt am 02.06.2018 erfahren habe, dass seine Frau damals, als sie bei der Polizei zum Verhör gewesen wären, vergewaltigt worden sei. Sie habe es die ganze Zeit vor ihm verheimlicht. Wenn sie nach Hause zurückkehren würden, müsste er ihr nach deren Gesetzen die Kinder wegnehmen. Er müsste sich von ihr scheiden lassen und würden deren Gesetze auch vorschreiben, dass ihre Brüder oder Cousins sie töten. Das wäre notwendig, um die Schande wieder gut zu machen. Seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, habe dies nicht bereits im Erstverfahren angegeben, da sie Angst habe, dass er seiner Frau die Kinder wegnehmen würde. Es wäre für sie gefährlich, in die Russische Föderation zu fahren. Wenn er jetzt zurückfahre, würden ihn diese Leute umbringen oder man würde ihn einsperren. Nachgefragt, wenn er sage, diese Leute, meine er damit diese Männer, die seine Frau vergewaltigt hätten. Er habe dem Gesagten nichts mehr hinzuzufügen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Zug der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen vor, dass sie seit ihrer Einreise nach Österreich am 22.08.2015 durchgehend in Österreich aufhältig gewesen sei. Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren würden noch bestehen und habe sie auch neue Fluchtgründe. Im Erstverfahren habe sie nicht alle Fluchtgründe angegeben. Als ihr Mann und sie damals am 12.01.2015 wegen ihrer Brüder zum Verhör geholt worden seien, wäre sie vergewaltigt worden. Sie habe das niemanden gesagt. Erst jetzt, als ihr keine andere Wahl bliebe, habe sie es am 02.06.2018 ihrem Mann erzählt. Sie hätten jetzt eine große Krise, seien aber wegen der Kinder noch zusammen. Ihr Mann habe sie zunächst verlassen wollen und mit den Kindern in die Heimat zurückkehren. Wenn sie in die Heimat zurückkehre, könnte es sein, dass sie wegen dieser Vergewaltigung getötet werde, wenn sie nicht von ihrem Mann wegen dieser Sache verlassen würde. Sie könne aber ohne ihre Kinder nicht leben. Es gebe keinen anderen Ausweg. Sie wolle nicht sterben. Sie sei schon mit 16 Jahren von ihrer Familie verheiratet worden. Sie habe dies damals noch nicht gewollt und wäre noch lieber zur Schule gegangen. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat, befürchte sie, dass ihren Töchtern das gleiche Schicksal erleiden würden. Hier in Österreich hätten die Kinder viel mehr Rechte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheiden wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Unter den Spruchpunkten III. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte V.). Ferner wurde unter den Spruchpunkten VI. ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass das erste Asylverfahren der Beschwerdeführer am 03.05.2018 rechtskräftig abgeschlossen worden sei und seien in diesem Verfahren alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden. Vom Bundesamt könne insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reiche nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich erstrecke sich über einen Zeitraum 2013 bis in die Gegenwart, wobei ihre Einreise nach Österreich illegal erfolgt sei. Sie würden auf muttersprachlich Tschetschenisch und Russisch sprechen und darüber hinaus über beginnende Deutschkenntnisse verfügen. In Österreich seien sie weder Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. Sie seien in Österreich auch nicht berufstätig. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass sie im Zuge des Ermittlungsverfahrens weitere medizinische Befunde in Vorlage gebracht habe. Demnach leide sie an PTSD, depressive Episode, mittelgradig bis schwer und sei ein chronisches, depressives Zustandsbild mit schwerer Angststörung diagnostiziert worden. Betreffend ihren Gesundheitszustand sei bereits im Erstverfahren rechtskräftig abgesprochen worden. Seit Rechtskraft ihres Erstverfahrens habe sich ihr Gesundheitszustand nicht wesentlich geändert. Ihre psychischen Probleme seien, wie in den Feststellungen der russischen Föderation ausgeführt, auch dort behandelbar. Die Feststellung, dass im gegenständlichen Verfahren keine nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen und asylrelevanten Sachverhalte vorgebracht worden seien, ergebe sich aus den Angaben bei der Erstbefragung und der Einvernahmen am 30.07.2018 zum gegenständlichen Verfahren. Im gegenständlichen Verfahren hätten sich die Beschwerdeführer auf Rückkehrhindernisse bezogen, welche bereits im Kern in ihrem Vorverfahren zur Sprache gebracht worden seien. Der Erstbeschwerdeführer habe sein Vorbringen gesteigert und angegeben, dass er erst im Juni 2018 erfahren hätte, dass seine Frau im Jänner 2015 in Tschetschenien vergewaltigt worden wäre. Seine Ehefrau hätte dies im Erstverfahren nicht angegeben, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wäre. Sie habe keinen Sachverhalt vorgebracht, welcher nach Rechtskraft ihres Erstverfahrens am 03.05.2018 neu entstanden wäre. Die Zweitbeschwerdeführerin begründete ihren gegenständlichen Asylantrag damit, dass sie und ihr Mann am 12.01.2015 eine Vorladung zur Polizei bekommen hätten. Sie wären getrennt befragt und dabei vergewaltigt worden. Sie hätte sich erst jetzt, nach Erhalt des negativen Bescheides dazu entschlossen alle Fluchtgründe anzugeben. Auch hätte sie erst jetzt ihrem Mann von der Vergewaltigung erzählt. Einerseits sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Zweibeschwerdeführerin dies nicht bereist im Vorverfahren vorgebracht habe und wären ihre nun gemachten Angaben nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und könne darin auch kein neuer, entscheidungsrelevanter festgestellt werden. Sämtliche vorgebrachten Fluchtgründe, bzw. Rückkehrhindernisse wären bereits während des letzten Asylverfahrens vorgelegen, welches wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war. Das gegenständliche Vorbringen sei als unglaubwürdige Steigerung zu werten. Die Zweitbeschwerdeführerin habe versucht ihrem Vorbingen mehr Asylrelevanz zu verleihen, und so wie bereits offensichtlich durch ihre erste Antragseinbringung, so durch Missbrauch des Asylwesens unter Umgehung von fremdenrechtlichen Vorschriften ihren weiteren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren und sicherzustellen. Ihr Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, mit dem sie den rechtskräftig als unglaubwürdig erachteten Sachverhalt ergänzt habe, werde als unglaubwürdige Erweiterung desselben erkannt. Sämtliche im gegenständlichen Verfahren getätigten Aussagen seien als Fortführung der bereits im Vorverfahren getätigten Angaben zu werten. Das Vorliegen einer geänderten Sachlage in der Russische Föderation sei im gegenständlichen Verfahren somit nicht vorgebracht worden. Zudem wurde in den Bescheiden der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer ausgeführt, dass das neuerliche Vorbringen deren gesetzlichen Vertretung bereits bei der Erstantragstellung bestanden und von ihnen schuldhaft nicht vorgebracht worden sei. Ihre gesetzliche Vertretung würde sich im gegenständlichen Verfahren somit auf dieselben Fluchtgründe wie im bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren beziehen, welche es ihnen nicht möglich machen würde, in die Russische Föderation zurückzukehren. Ihre nunmehrigen Angaben, welche sich auf ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe stützten, wären somit bereits von der Rechtskraft des Erstverfahrens umfasst.

Gegen die oben angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 30.08.2018 fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde beim Erstbeschwerdeführer moniert, dass der Erstbeschwerdeführer mit der Tatsache der Vergewaltigung seiner Ehefrau psychisch überfordert sei. Er sei zerrissen zwischen starken in Tschetschenien geltenden Traditionen und dem Umstand, dass er mit seiner Ehefrau viele Ehejahre gemeinsam verbracht und drei aus dieser Ehe entstammenden Kinder habe. Er sei getrieben von den alten Traditionen, die auch in Österreich, jedoch nicht mit jener extremen Härte wie in Tschetschenien, wirksam seien. Nur in Österreich könne es vermutlich gelingen, dass die Ehe des Erstbeschwerdeführers mit seiner Ehefrau aufrecht bleibe, auch wenn sie schwer erschüttert sei. Nur in Österreich könne die Zweitbeschwerdeführerin die psychische Kraft und Stärke gewinnen, dass sie ihren Ehemann davon abbringen könne, gemäß den tschetschenischen Traditionen zu handeln. Seitens der Zweitbeschwerdeführerin wurde im Wesentlichen auf diverse Berichte verwiesen und gefolgert, dass die Zweitbeschwerdeführerin in der Russischen Föderation nicht entsprechende Behandlung erhalten würde und wurde darauf verwiesen, dass psychische Erkrankungen mittels fragwürdiger Methoden - wie dem Vorlesen von Koranversen - behandelt würden. Zudem wurde ausgeführt, dass eine vergewaltigte Frau in Tschetschenien Schande auf sich und auf die Familie geladen habe. Die Zweitbeschwerdeführerin sei in einer Familie aufgewachsen, die traditionell denke. Sie müsse bei Bekanntwerden der Vergewaltigung mit willkürlichen Übergriffen rechnen, sei es Tod oder Ausschluss aus der Familie und verliere sie ihre Rechte auf die Kinder. Sie gelte sodann als alleinstehende Frau ohne Schutz eines Mannes oder einer Familie und sei Übergriffen schutzlos ausgeliefert. Die Angst vor den Folgen habe die Zweitbeschwerdeführerin bis jetzt davon abgehalten, ihre Vergewaltigung zu erzählen. Ferner wurde betreffend die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer auf die Kinderrechtskonvention und auf deren Verfassungsrang und Bedeutung hingewiesen. Demnach bestehe bei einer Ausweisung die Gefahr von ihrer Mutter getrennt zu werden. Demnach seien die öffentlichen Interessen für die Ausweisung nicht so gewichtig, wie jene der Kinder. Die drei Kinder seien gut integriert. Die Kinder würden von der Mutter getrennt werden, weil sich ihr Vater von der Mutter im Falle einer Abschiebung scheiden lassen wolle und würden die Kinder sodann dem Vater übergeben. Die Mutter werde der Schande ausgeliefert. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer würden dadurch mit einem Trauma belastet und auch in der Familie des Vaters nicht geschätzt werden.

Folgende Unterlagen wurden im Zuge des gegenständlichen Verfahrens in Vorlage gebracht:

Den Erstbeschwerdeführer betreffend:

* Bereits im Zuge des Erstverfahrens vorgelegtes ÖSD-Zertifikat Deutsch A1 vom 10.01.2018

Die Zweitbeschwerdeführerin betreffend:

* Ambulanzbericht des Uniklinikums Salzburg vom 01.06.2018;

* Anwesenheitsbestätigung des Uniklinikums Salzburg vom 01.06.2018;

* Ärztlicher Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX vom 12.06.2018;

* Ambulanzbefund des Landesklinikums XXXX vom 19.06.2018;

* Vorbringen in schriftlicher Form;

* ÖSD - Zertifikat über die Absolvierung des Deutschkurses A2 vom 29.06.2017;

* Schriftliche Stellungnahme der Vertretung;

* Unterstützungserklärungen;

* Handschriftliches Schreiben der Zweitbeschwerdeführerin, datiert mit 06.09.2018

Die Drittbeschwerdeführerin betreffend:

* Schulbesuchsbestätigung vom 01.06.2018;

* Bereits im Zuge des Erstverfahrens vorgelegte Schulnachricht, ausgestellt am 02.02.2018;

* Jahreszeugnis über das Schuljahr 2017/18, ausgestellt am 29.06.2018

Die Viertbeschwerdeführerin betreffend:

* Schulbesuchsbestätigung vom 01.06.2018;

* Bereits im Zuge des Erstverfahrens vorgelegte Schulnachricht, ausgestellt am 02.02.2018;

* Jahreszeugnis über das Schuljahr 2017/18, ausgestellt am 29.06.2018

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe und dem moslemischen Glauben zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer lebten bis vor ihrer Ausreise im Herkunftsstaat. Die Beschwerdeführer reisten illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am 21.08.2015 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Ihre Identität steht infolge der vorgelegten Dokumente (Geburtsurkunden) fest. Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist untrennbar miteinander verknüpft bzw. beziehen sich die Beschwerdeführer auf dieselben Verfolgungsgründe, weshalb die Entscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens aller Beschwerdeführer abzuhandeln war.

Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer illegalen Einreise nach Österreich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.

Die nach illegaler Einreise gestellten ersten Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und wurde betreffend die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde im Familienverfahren wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2018 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen und erwuchs am 03.05.2018 in Rechtskraft.

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 04.06.2018 einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2018 zu W226 2148038-1/12E rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens, der mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.07.2018 abgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführer reisten trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung vom 03.05.2018 nicht aus, sondern verblieben unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet und stellte am 04.06.2018 ihren zweiten - gegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens (Mai 2018) über die ersten Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer kann nicht festgestellt werden.

Das Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer betreffend ihre Folgeanträge weist - auch im Hinblick auf die minderjährigen Dritt-bis Fünftbeschwerdeführer - keinen glaubwürdigen Kern auf. Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung (sohin seit 03.05.2018) über ihre Anträge auf internationalen Schutz ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten.

Nicht festgestellt werden kann ferner, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder, dass ihnen im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Für die Zweitbeschwerdeführerin wurden medizinische Unterlagen vorgelegt. Festgestellt wird, dass aus den aktuellen Befundbericht vom 19.06.2018 hervor geht, dass die Zweitbeschwerdeführerin an einer depressiven Episode leide, wobei hierzu anzumerken ist, dass jedoch nicht festgestellt werden kann, dass die Zweitbeschwerdeführerin oder der Erstbeschwerdeführer oder die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Zweitbeschwerdeführerin suizidgefährdet ist.

Die unbescholtenen Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Antragstellung am 21.08.2015 durchgehend in Österreich auf. Sie verfügten nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens und mussten sich ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst sein. Sie beziehen seit ihrer Einreise im Bundesgebiet Leistungen aus der Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer sind in Österreich bislang keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und haben nie versucht, ihre Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Die Beschwerdeführer gehören keinem Verein und keiner sonstigen Verbindung an. Eine nachhaltige Integration der Beschwerdeführer im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Es liegen keine Hinweise auf eine ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer, insbesondere in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Die Dritt- bis Viertbeschwerdeführerinnen besuchen die Volksschule.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation wurde in den angefochtenen Bescheiden umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für das gegenständliche Erkenntnis herangezogen werden. Diesen Feststellungen ist insbesondere zu entnehmen, dass in der Russischen Föderation nicht eine solche Situation herrscht, in der praktisch jedermann ein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK oder nach dem 6. oder 13. ZPEMRK droht. Insbesondere ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation nicht jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, die die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine in die Russische Föderation abgeschobene Person durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt und herrscht jedenfalls nicht eine solche Situation, die praktisch für jede Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Sofern der Erstbeschwerdeführer vorbrachte, dass er den Gesetzen in seinem Herkunftsland zufolge, seine Frau verlassen, ihr die Kinder wegnehmen und sich scheiden lassen müsste, gibt es ebensowenig Anhaltspunkte in den gegenständlichen Länderberichten, wie für sein Vorbringen, dass deren Gesetze auch vorschrieben, dass die Brüder und Cousins der Zweitbeschwerdeführerin sie töten müssten, was notwendig wäre, um die Schande wieder gut zu machen (vgl. S 295 Akt des Erstbeschwerdeführers). Neben dem Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer sein nicht glaubhaftes Vorbringen steigerte und demnach - wie das Bundesamt feststellte - die Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens wie bereits im ersten Verfahren fortsetzte, ist darauf zu verweisen, dass in der Russischen Föderation ein Rechtsschutz- und Justizwesen vorhanden ist; es gibt in der Russischen Föderation Gerichte bezüglich Verfassung, Zivil, Administrativ und Strafrecht. Es gibt den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, föderale Gerichtshöfe und die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich für Strafverfolgung und hat die Aufsicht über die Rechtmäßigkeit der Handlungen von Regierungsbeamten. Strafrechtliche Ermittlungen werden vom Ermittlungskomitee geleitet. Die Strafen in der Russischen Föderation sind generell erheblich höher, besonders im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität. Es gibt Bestrebungen zu einer weiteren Entkriminalisierung leichterer Straftaten, bislang allerdings ohne konkrete Ergebnisse. Bemerkenswert ist die unverändert extrem hohe Verurteilungsquote im Strafprozess. Das russische föderale Recht gilt für die gesamte Russische Föderation einschließlich Tschetscheniens. Vor diesem Hintergrund gibt es keinen einzigen Anhaltspunkt, wonach der Mord oder eine Scheidung von Gesetzes wegen vorgeschrieben sei. Ferner ist den Länderberichten zu entnehmen, dass es in der Russischen Föderation ein reguläres Sozialversicherungs-, Wohlfahrts- und Rentensystem gibt. Im Rahmen der Krankenpflichtversicherung (OMS) können russische Staatsbürger eine kostenlose medizinische Grundversorgung in Anspruch nehmen, die durch staatliche Finanzmittel, Versicherungsbeiträge und andere Quellen finanziert wird. Zudem ist das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger in der Verfassung verankert. Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Auch in Tschetschenien ist die primäre als auch spezialisierte Gesundheitsversorgung verfügbar. Aufgrund der Bewegungsfreiheit im Land ist es - wie für alle Bürger der Russischen Föderation - auch für Tschetschenen möglich, bei Krankheiten, die in Tschetschenien [oder anderen Teilrepubliken] nicht behandelbar sind, zur Behandlung in andere Teile der Russischen Föderation zu reisen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer (Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit) und ihren persönlichen Verhältnissen (Familienstand) steht auf Grund der im Erstverfahren vorgelegten Dokumente fest und haben sich auf Grund der diesbezüglich durchgehend gleichbleibenden Angaben vor dem BFA keine Zweifel ergeben.

Die Feststellungen zu dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren der Beschwerdeführer, einschließlich zu den darin vorgebrachten Fluchtgründen, ergeben sich aus der Einsicht in den diesbezüglichen Verwaltungsakten, insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2018, zu den Zlen.: W226 2148033-1/10E, W226 2148038-1/12E, W226 2148036-1/9E, W226 2148034-1/9E, W226 2148032-1/10E. Die Feststellung zur Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.04.2018, GZ: W226 2148038-1/12E.

Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur illegalen Einreise nach Österreich, zur Stellung der Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer, zu ihren Aufenthaltsorten zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und wurden diese Umstände auch von Seiten der Beschwerdeführer nicht bestritten. Die Rechtskraft der letztinstanzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der dem Akteninhalt sowie aus den Auszügen des IZR vom 27.02.2019..

Hinsichtlich der Feststellung, dass die Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung am 03.05.2018 kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten, sondern ihren neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz auf dieselben Fluchtgründe stützten, die sie bereits in ihrem ersten Verfahren geltend gemacht haben, ist Folgendes auszuführen: Wie bereits das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat, hat der Erstbeschwerdeführer betreffend die Begründung seines Folgeantrags keinen neuen maßgeblichen Sachverhalt vorgebracht. So gab er an: "Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestehen noch und sind aufrecht" (vgl. S 295 Akt des Erstbeschwerdeführers). Auch die Zweitbeschwerdeführerin brachte vor: "Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestehen noch" (vgl. S 359 Akt der Zweitbeschwerdeführerin). Darüber hinaus brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass sie neue Fluchtgründe habe und erklärte sie erstmals, dass sie am 12.01.2015 vergewaltigt worden sei. Wie sich auch dem angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, bezieht sich das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführers ausschließlich auf Ereignisse, die bereits zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung am 21.08.2015 und im ersten Asylverfahren bestanden haben, sodass auch darin kein neues, einer neuerlichen Prüfung unterliegendes Sachverhaltselement erkannt werden kann. Hierzu ist darauf - wie das Bundesamt bereits feststellte - hinzuweisen, dass die Erst-bis Zweitbeschwerdeführer ihr - dem Kern nach - unglaubwürdiges im Zuge des Vor- und Erstverfahren vorgebrachten Vorbringens im nunmehrigen Verfahren fortführten. So beruht ihr Vorbringen auf Sachverhaltselemente, die zum einen bereits vorgebracht wurden - und ergaben sich Widersprüche, die die Ansicht des Bundesamtes untermauern. So erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass einer seiner Fluchtgründe, die er damals nicht vorgebracht habe, jener sei, dass seine Frau vergewaltigt worden sei (vgl. S 295 Akt des Erstbeschwerdeführers), wobei dies in massivem Widerspruch zum Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin steht, zumal diese im Zuge ihrer Antragstellung auf Wiederaufnahme als auch im gegenständlichen Verfahren davon spricht, dass sie ihrem Mann nichts von der Vergewaltigung erzählt habe. Hinzu kommt, dass der Erstbeschwerdeführer davon sprach, dass er im Falle einer Rückkehr Angst um sein und das Leben seiner Kinder und seiner Frau habe, wobei die Zweitbeschwerdeführerin wiederum angab: "Mein Mann wollte mich zunächst verlassen und mit den Kindern in die Heimat zurückkehren" (S 359 Akt des Zweitbeschwerdeführerin). So ging das Bundesverwaltungsgericht bereits im damaligen Erkenntnis von der Unglaubwürdigkeit der Erst- bis Zweitbeschwerdeführer aus. Wenngleich sich im vorhergehenden Verfahren die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers bezogen habe, so beziehen sich nunmehr alle Beschwerdeführer auf das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin. Zudem konnte das Bundesamt im bekämpften Bescheid nachvollziehbar und im Einklang mit den Einvernahmeprotokolle aufzeigen, dass das sich festgestellte Unglaubwürdigkeit im gegenständlichen Verfahren fortsetzt. Auffallend ist, dass bereit in der Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2017 moniert wurde, dass die Behörde die Zweitbeschwerdeführerin genauer hätte befragen müssen und wurde darauf hingewiesen, dass die Zweitbeschwerdeführerin dann konkret und detailreich den Ablauf des Verhörs beschrieben habe; demnach hätte sie bereits in der Einvernahme im Vorverfahren ihre Fluchtgründe vorbringen können. Zudem ist es nicht schlüssig, wenn im Schriftsatz vom 04.06.2018 im Rahmen der Antragstellung auf Wiederaufnahme angegeben wird, dass die Zweitbeschwerdeführerin am 01.06.2018 ihrem Rechtsvertreter in Anwesenheit einer Dolmetscherin von der Vergewaltigung erzählt habe - dies jedoch erst auf Nachfragen der Dolmetscherin, was insofern nicht plausibel ist, zumal die behauptete Vergewaltigung der Zweitbeschwerdeführerin die Begründung für den Antrag auf Wiederaufnahme dargestellt hat. Nur am Rande ist zu erwähnen, dass sofern die Zweitbeschwerdeführerin angab, dass sie keine Ausbildung habe machen können, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Aspekt ebenfalls bereits im Zuge des am 03.05.2018 rechtskräftig gewordenen Erkanntnisses gewürdigt und festgestellt wurde, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Schule besucht und einen Buchhaltungskurs abschlossen hat. Zudem schilderte die Zweitbeschwerdeführerin einen Vorfall der sich im Jänner 2015 ereignet haben will, demnach mehrere Monate bevor sie ihr Herkunftsland verlassen habe. Wie das BFA ric

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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