Entscheidungsdatum
06.03.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W182 2005938-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch RA Dr. Manfred Leimer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zl. 1002037507 - 180949255, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid
behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, reiste im Februar 2014 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 20.02.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 25.02.2014, Zl. 1002037507/14114444, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China abgewiesen. Der BF wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei. Weiters wurde bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2014, Zl. W117 20005938-1/2E, in allen Spruchpunkten abgewiesen.
Im April 2016 wurde die BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit einem total gefälschten österreichischen Aufenthaltstitel in einem Rotlichtlokal betreten.
Am 13.08.2016 erfolgte die freiwillige Ausreise der BF ins Herkunftsland.
2. Im März 2018 heiratete die BF in China einen österreichischen Staatsbürger. Im August 2018 wurde der BF von einem österreichischen Generalkonsulat in China ein Visum D für den Zeitraum vom 15.08.2018 bis 11.02.2019 ausgestellt. Am 16.08.2018 reiste die BF legal ins Bundesgebiet ein.
Mit Urteil eines Landesgerichts vom Oktober 2018 wurde die BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingten Haftstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass sich die BF im April 2016 im Zuge einer Polizeikontrolle mit einem gefälschten österreichischen Aufenthaltstitel ausgewiesen hat, wobei sie diesen Aufenthaltstitel im März 2015 zu Erlangung eines Gesundheitsbuches (für die Tätigkeit als Prostituierte) verwendet hat.
3. Mit Schreiben vom 09.10.2018 wurde der BF mitgeteilt, dass gegen sie die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme beabsichtigt sei. Dazu wurde auf ihre rechtskräftige Verurteilung hingewiesen und ausgeführt, dass aus diesem Grund vom Bundesamt ein Verfahren zur aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu führen und der Sachverhalt zu prüfen sei. Dazu wurde der BF zur Beantwortung ein Fragenkatalog von 27 Fragen insbesondere zu ihren persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen in Österreich und im Herkunftsland übermittelt. Der BF wurde zur Möglichkeit einer Stellungnahme sowie zur Beantwortung des Fragenkatalogs eine Frist von sieben Tagen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.
In einer Stellungnahme vom 23.10.2018 brachte die BF im Beantwortung des Fragenkataloges u.a. vor, dass ihr österreichischer Gatte für ihren Unterhalt aufkomme, wobei dieser eine Alterspension von €
2.289,30 netto sowie ein monatliches Gehalt von € 435,- aus einer Teilzeit-Nebenbeschäftigung beziehe. Die BF führe den Haushalt und besuche einen Deutschkurs. Sie sei als Ehegattin bei ihrem Gatten mitversichert. Sie sei gesund und arbeitsfähig. Der Hauptzweck ihrer Einreise sei die Ehe mit ihrem Gatten. Sie habe diesen im Dezember 2015 in Österreich kennengelernt, wobei in der Folgezeit eine Freundschaft und danach eine Liebesbeziehung entstanden sei. Der Stellungnahme waren u.a. in Kopie ein Reisepass mit Visum. D, ein Auszug aus beglaubigten Heiratsurkunden, zwei Meldebestätigungen sowie ein Pensionsbescheid und eine Einkommensbestätigung des Gatten der BF beigefügt.
Laut Einvernahmeprotokoll vom 14.01.2019 wurde der Gatte der BF beim Bundesamt als Zeuge einvernommen. Der Zeuge bestätigte im Wesentlichen die Angaben der BF in der schriftlichen Stellungnahme vom 23.10.2018. Die BF habe gerade die Prüfung A1.1 abgeschlossen. Der Zeuge würde sich mit seiner Gattin in gebrochenem Deutsch und ein wenig Englisch verständigen. Auf die Frage, woher die BF Englisch könne, gab der Zeuge an: "Es ist äußerst gebrochen, in der Schule nehme ich an. Sie kann sich nicht wirklich unterhalten, sie kann nur das wichtigste, damit sie durchkommt." Er würde in Österreich mit seiner Gattin zusammenleben, wobei sie den Haushalt führe und koche. Sie würden versuchen, dass die BF nach dem Sprachkurs ein Bleiberecht erhalte und danach einen Job finde. Die BF habe in China einen erwachsenen Sohn. Wie dieser heiße, wisse der Zeuge nicht.
Die BF selbst wurde vom Bundesamt nicht einvernommen.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde gegen die BF gemäß § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt V.).
Zur Person der BF wurde u.a. festgestellt, dass ihre Identität feststehe und sie chinesische Staatsangehörige sei. Sie habe sich das erste Mal von Februar 2014 bis August 2016 im Bundesgebiet aufgehalten. Dabei habe sie gegen das Prostitutionsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verstoßen und ungerechtfertigt einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie habe ein bis zum 11.02.2019 gültiges Visum D für den Aufenthalt in Österreich erhalten. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom Oktober 2018 sei sie wegen des Vergehens der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingten Haftstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Darüber hinaus versuche sie durch die Schließung einer Aufenthaltsehe mit einem österreichischen Staatsbürger ein Aufenthaltsrecht zu erwirken. Die Ehe werde von der Behörde als Aufenthaltsehe gewertet. Die BF wohne in Österreich seit August 2018 mit ihrem Gatten in einem gemeinsamen Haushalt. Sie sei dabei, einen Deutschkurs auf dem Sprachlevel Deutsch A1-1 zu absolvieren. Auch die englische Sprache beherrsche sie kaum. Die BF habe die österreichische Rechtsordnung wiederholt missachtet. Sie zeige kein Interesse, sich an gesetzliche Bestimmungen zu halten, und stelle aufgrund ihres Verhaltens eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet dar.
Begründend wurde im Wesentlichen dazu ausgeführt, dass sich die Feststellungen hinsichtlich des Privat-und Familienlebens der BF aus ihrer Stellungnahme vom 23.10.2018 sowie den Angaben ihres Ehegatten in der Einvernahme am 14.1.2019 ergeben würden. Die BF habe ihren Gatten vom Tag, an dem sie ihn im Dezember 2015 kenngelernt habe, bis zu ihrer Ausreise im April 2016 nur wenige Wochen lang gekannt. Zwischen ihrer Ausreise und ihrer erneuten Eheschließung habe sie ihren jetzigen Gatten nur ein einziges Mal, während eines Kurzaufenthaltes in China, persönlich getroffen. Bis zum Tag der Eheschließung habe ihr Gatte im österreichischen Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt mit der BF zusammengewohnt. Im April 2016 habe die BF in der Einvernahme beim Bundesamt vorgebracht, dass sie mit einem Chinesen verheiratet wäre und ihr Sohn sowie ihr (damaliger) Gatte bei ihren Schwiegereltern leben würde. Ihr jetziger Gatte habe in der Einvernahme den Namen ihres Sohnes nicht nennen können. Darüber hinaus habe er angegeben, dass eine Kommunikation mit der BF nur äußerst schwer möglich sei, da die BF praktisch kein Deutsch verstehe und nur ein wenig Englisch könne. Zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten habe er angegeben: "Eigentlich nichts Besonderes. Vielleicht, dass wir am Wochenende mal rausfahren, nichts Besonderes." Er habe zudem angegeben, dass die BF in China einen Beruf als Kellnerin in einem Hotel gelernt habe bzw. gearbeitet hätte, wobei die BF in ihrem Asylverfahren jedoch vorgebracht habe, zu keinem Zeitpunkt gearbeitet zu haben. Aufgrund der beschriebenen Angaben (Anm. kein gemeinsamer Haushalt bis zur Eheschließung, nur wenige Wochen lang persönlicher Kontakt im Bundesgebiet, keine gemeinsame verständliche Sprache, keine gemeinsamen Familienaktivitäten, ein bestehendes Eheleben mit einem Chinesen während der Kennenlernphase im Bundesgebiet, Beschäftigung als Prostituierte, mit falschem Namen und gefälschtem Aufenthaltstitel ohne Wohnsitz während der Kennenlernphase, lediglich ein einziges Treffen zwischen der Ausreise der BF aus dem Bundesgebiet und ihrer Heirat, der Gatte behaupte, dass die BF in China als Kellnerin in einem Hotel tätig gewesen wäre, was die BF jedoch dementierte, etc.) müsse die Behörde von einer Aufenthaltsehe ausgehen. Erschwerend komme die geringe Glaubwürdigkeit der Angaben der BF zu ihrem Familienleben und ihrem Aufenthaltsstatus hinzu. Dazu wurde auf Angaben der BF in ihrem Asylverfahren im Jahr 2014 und 2015 sowie auf Angaben in einem "EAM Verfahren" am 07.04.2016 verwiesen. Aufgrund der bewussten falschen Angaben in den unterschiedlichen Verfahren leide die Glaubwürdigkeit der Angaben der BF zum Privat-und Familienleben. Die Feststellung, dass die BF nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren sowie die gesetzlichen Bestimmungen des Strafrechts missachte und die Feststellung, dass die BF eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, ergebe sich aus dem Umstand, dass sie gegen mehrere Gesetze ua. Meldegesetz, Prostitutionsgesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, Strafgesetz verstoßen habe und nachweislich die Behörden mit falschen Angaben versucht habe zu täuschen sowie eine Aufenthaltsehe eingegangen sei. Im Fall der BF widerstreite ihr Aufenthalt im Bundesgebiet dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG. Die Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen werde von der Behörde als Aufenthaltsehe betrachtet. Darüber hinaus würden sich keine Familienangehörigen im Bundesgebiet aufhalten. Nach Prüfung des laut Aktenlage und laut der Angaben der BF bestehenden Privatlebens in Bezug auf Österreich könne davon ausgegangen werden, dass eine aufenthaltsbeende Maßnahme gegen die BF keinen widerrechtlichen Eingriff im Sinne des Art. 8 der EMRK darstelle. Im Fall der BF seien auch die Ziffern 3, 5, 7 und 8 des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt. So sei die BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer bedingten Haftstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Aufgrund dieser Verurteilung (Ausübung der Tätigkeit als Prostituierte mit gefälschtem Aufenthaltstitel) habe die BF gegen das Oö. Sexualdienstleistungsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 Z 2, wonach sie verpflichtet gewesen wäre, einen gültigen Aufenthaltstitel zu besitzen sowie gegen die Vorschrift des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (kein gültigen Aufenthaltstitel) verstoßen. Darüber hinaus habe sie eine Aufenthaltsehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen geschlossen, um sich ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet anzueignen. Durch ihre Handlungen ergebe sich ein Persönlichkeitsbild, welches hinsichtlich ihres fehlenden Rechtsverständnisses nicht mit dem österreichischen rechtsstaatlichen Grundverständnis in Einklang stehe. Die beeinträchtigten öffentlichen Interessen seien maßgeblich für das Wohlergehen und Wohlbefinden der Bevölkerung und können daher als erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung bezeichnet werden. Mildernd ergebe sich der Umstand, dass die BF zuletzt nicht mehr mit einem Schlepper, sondern legal mit einem Visum D in das Bundesgebiet eingereist sei. Sie habe auch versucht, sich legal einen Aufenthaltstitel bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu beschaffen, was positiv bewertet werde. Darüber hinaus habe sich die BF und ihr Gatte dem Bundesamt kooperativ gezeigt und haben das Parteiengehör wahrgenommen. Negativ beurteilt werde die Tatsache, dass die BF nach ihrem negativen Verfahren zum internationalen Schutz nicht freiwillig ausgereist sei, sich illegal im Bundesgebiet befunden habe und einer illegalen Tätigkeit nachgegangen sei. Sie sei darüber hinaus wegen der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde verurteilt worden, habe gegen das Meldegesetz und gegen das Oö. Sexualdienstleistungsgesetz verstoßen und habe eine Aufenthaltsehe geschlossen, um sich eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zu verschaffen. Daher werde gegen die BF ein zweijähriges Einreiseverbot verhängt.
Mit Verfahrensordnung vom 21.01.2019 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
5. Binnen offener Frist wurde gegen den Bescheid des Bundesamtes seinem gesamten Inhalt nach Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid des Bundesamts sich auf die Wertung der Ehe der BF mit einem österreichischen Staatsangehörigen als Aufenthaltsehe stütze. Diese Wertung sei eine sachlich nicht begründete bloße Unterstellung, die u.a. auch in deutlichem Widerspruch zu den Angaben ihres Gatten stehe. Der Hinweis, dass die BF ihren Gatten vom Tag ihres Kennenlernens (im Dezember 2015) bis hin zur Ausreise nur wenige Wochen lang gekannt habe, sei unrichtig, da es sich um vier Monate, sprich also rund 18 Wochen, gehandelt habe. Im Übrigen sollte bekannt sein, dass sich manche Menschen sogar am ersten Tag ihres Kennenlernens unsterblich in einander verlieben und kurz darauf heiraten. Dies sei zwar bei der BF nicht der Fall gewesen, zeige aber, dass das Zeitargument des Bundesamtes keineswegs stichhaltig sei. Das Bundesamt habe es nicht für notwendig erachtet, sich einen objektiven Eindruck über das Eheleben durch (bei vermuteten Scheinehen übliche) Besichtigung der Ehewohnung und Befragung von Verwandten ihres Gatten oder von ihren Nachbarn zu verschaffen. Daraus wären weitere stichhaltige Beweise für die aufrechte Ehebeziehung zu gewinnen gewesen. Die Behörde habe damit den Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Es sei zwar richtig, dass die BF gegen österreichische Gesetze verstoßen habe, doch liege dies allerdings inzwischen schon einige Jahre zurück. Tatsache sei aber auch, dass die BF, nachdem sie ihren späteren Ehegatten im Dezember 2015 kennen gelernt habe, im April 2016 Österreich freiwillig verlassen habe und sich seither gesetzestreu verhalten habe. Die einzige strafrechtliche Verurteilung vom Oktober 2018 habe die Zeit vor ihrer freiwilligen Ausreise betroffen. Ihre neuerliche Einreise sei legal mit einem Visum D erfolgt. Ihr Ehegatte sei es gewesen, der auf sie von Anfang an einen positiven Einfluss zu einer moralisch einwandfreien und gesetzestreuen Lebensführung ausgeübt habe und ihr auch zur gesetzeskonformen Ausreise geraten habe. Sie haben sich damals gegenseitig versprochen, dass sie künftig über das Internet Kontakt halten würden, um sich noch näher kennen zu lernen. Sie hätten während ihrer ersten Trennung regelmäßig Kontakt übers Internet und erst nach reiflicher Überlegung eineinhalb Jahre später in China geheiratet. Alleine diese Ausdauer der Fernbeziehung mache deutlich, dass sie aus Liebe geheiratet haben, und dass der Vorwurf eine Aufenthaltsehe vollkommen unbegründet und falsch sei. Wesentlich sei auch der Hinweis, dass die BF ihren Gatten, einen strenggläubigen Katholiken nicht in ihrer früheren Tätigkeit kennen gelernt habe, die sie mangels Arbeitserlaubnis und fehlender finanzieller Mittel zum Leben vor Jahren illegal ausgeführt habe, sondern zufällig in ihrer Freizeit im Dezember 2015 auf einem Weihnachtsmarkt. Sie habe ihn später auch über ihre frühere Tätigkeit aufgeklärt und habe er ihr dies nachgesehen, als er ihre geänderte Lebenseinstellung und ihre aufrichtige Beziehung zu ihm schätzen gelernt habe. In Anbetracht der völlig geänderten Lebensweise seit dem Kennenlernen ihres Gatten vor mehr als drei Jahren sei auch die Bescheidbegründung, dass die BF auch heute noch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, objektiv unrichtig. Dafür mitentscheidend sei der unbegründete Vorwurf einer Aufenthaltsehe und die seit 2016 nicht mehr zutreffende Behauptung, dass die BF kein Interesse hätte, sich an gesetzliche Bestimmungen in Österreich zu halten. Die BF seit nunmehr mit einem Visum D legal in Österreich aufhältig gewesen und habe sich seit 2016 auch nichts mehr zu Schulden kommen lassen und ein ehrbares Leben geführt. Dass ihr Gatte kein besonderes Interesse an dem bereits erwachsenen Sohn aus erster Ehe der BF habe und sich nicht einmal seinen Namen gemerkt habe, sei nicht ungewöhnlich und besage in Bezug auf die Ehe überhaupt nichts. Auch die weiteren vom Bundesamt herangezogenen Argumente zur Begründung einer Scheinehe seien insgesamt ungeeignet. Liebende Ehepaare würden bei anfänglichen Sprachschwierigkeiten auf verschiedenste Art kommunizieren, durch kleine Aufmerksamkeiten, durch Liebkosungen, mit Zeichensprache, durch Mithilfe im Haushalt, durch gemeinsames Fernsehen oder Musikhören, durch Wandern und vieles andere mehr. Der Gatte der BF habe in den letzten Monaten mit ihr auch regelmäßig Deutsch geübt. Er sei es auch, der für sie den Anwalt ausgewählt und dessen Kosten bezahlt habe, weil er es auch unbedingt wolle, dass sie ihre glückliche Ehebeziehung weiterleben können. Er habe - wie schon 2016 - auch ihren Flug organisiert und bezahlt. All das beweise genau das Gegenteil von dem, was die Behörde glaube, weil sie es einfach lieber glauben wolle. Die getroffenen Feststellungen seien aus den aufgezeigten Gründen insgesamt nicht tragfähig. Mit Einverständnis und Finanzierung seitens ihres Gatten habe die BF Österreich mit dem Flugzeug am XXXX 02.2019 freiwillig verlassen und werde vom Ausland (Shanghai) die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes abwarten. Aus prozessualer Vorsicht und unter Hinweis darauf, dass eine längere Dauer bis zur Entscheidung über die Beschwerde dazu führen würde, dass die BF und ihr Gatte in ihrem Menschenrecht auf Aufrechterhaltung des Ehelebens über einen unverhältnismäßig langen Zeitraum gehindert werden, werde beantragt, der Beschwerde allenfalls nachträglich aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063):
"Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f)."
3. Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.
3.1. Das Bundesamt stützte die gegenständliche Rückkehrentscheidung in der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides auf § 52 Abs. 4 Z 1 FPG und begründete dies damit, dass der Aufenthalt der BF im Bundesgebiet dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF widerstreite.
Gemäß § 52 Abs. 4 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.
Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass der BF ein Aufenthaltstitel (vgl. § 8 NAG) erteilt worden wäre, vielmehr hat sie sich aufgrund eines bis zum 11.02.2019 gültigen Visum D im Bundesgebiet aufgehalten. Sohin kommt für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in der vorliegenden Konstellation lediglich § 52 Abs. 4 Z 1a FPG in Betracht.
Gemäß § 52 Abs. 4 Z 1a FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Voraussetzung nach § 31 Abs. 1 FPG weggefallen wäre, zumal die BF offenbar laut Beschwerdevorbringen auch vor Ablauf der Gültigkeit ihres Visums am XXXX 02.2019 freiwillig das Bundesgebiet verlassen hat. Im Hinblick auf § 21 Abs. 2 FPG, der die Versagungsgründe für die Erteilung eines Visums D festlegt, wäre im Hinblick auf die vorliegende Konstellation konkret lediglich § 21 Abs. 2 Z 7 FPG näher zu prüfen.
Gemäß § 21 Abs. 2 Z 7 FPG ist die Erteilung eines Visums zu versagen, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Die rechtskräftige Verurteilung der BF durch ein Landesgericht im Oktober 2018 wegen der Verwendung eines gefälschten österreichischen Aufenthaltstitel im April 2016 bzw. März 2015 sowie ihr damit im Zusammenhang stehendes erhebliches fremdenrechtliches Fehlverhalten während ihres ersten Aufenthaltes im Bundesgebiet vom Februar 2014 bis August 2016 (unbegründete Asylantragstellung, illegaler Verbleib im Bundesgebiet trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung, Untertauchen, illegale Erwerbstätigkeit im Rotlichtmilieu) indizieren eine derartige Gefährdung.
"Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten (zu ergänzen: unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat) eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. E 14. April 2011, 2008/21/0257)" (VwGH 20.10.2016, Zl. Ra 2016/21/0198). Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung ist die Behörde (das Verwaltungsgericht) berechtigt, alle den antragstellenden Fremden betreffenden relevanten Umstände zu berücksichtigen, aber auch verpflichtet, diese einer auf ihn bezogenen Bewertung zu unterziehen (vgl. VwGH 22.03.2018, Zl. Ra 2017/22/0193).
"Darüber hinaus ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist (u.a.) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen" (VwGH 20.10.2016, Zl. Ra 2016/21/0198).
Hierzu ist anzumerken, dass die BF im August 2016 freiwillig das Bundesgebiet verlassen hat, wobei das ihr vom Bundesamt vorgehaltene damalige fremdenrechtliche Fehlverhalten sowie die der gerichtlichen Verurteilung zugrundliegende Vergehen letztlich im Ergebnis in untrennbaren kausalen Zusammenhalt mit ihrem damaligen illegalen Aufenthalt standen. Die Wiedereinreise der BF im August 2018 sowie ihr Aufenthalt erfolgte nach Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger hingegen völlig legal aufgrund eines Visums D, wobei auch die Gültigkeitsdauer des Visums offenbar nicht überschritten wurde und auch sonst seither kein Fehlverhalten aktenkundig ist. Durch die Eheschließung und der damit verbundenen Anwartschaft auf einen Aufenthaltstitel befindet sich die BF in einer völlig anderen Situation, welche ein weiteres einschlägiges Fehlverhalten letztlich nicht mehr wahrscheinlich erscheinen lässt.
Sohin kommt hinsichtlich der Prognosebeurteilung, ob von der BF - insbesondere nach ihrer Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger - (weiterhin) eine einschlägige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, aber gerade der zentralen Frage, ob es sich bei der gegenständlichen Ehe - wie vom Bundesamt bewertet - um eine Aufenthaltsehe handelt, in der vorliegenden Konstellation für die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung vorrangige Bedeutung zu. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit auszugehen ist, wenn der Fremde (im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG) eine so genannte Aufenthaltsehe geschlossen hat. Für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe ist allein maßgeblich, ob der Fremde die Ehe in missbräuchlicher Absicht geschlossen und mit dem Ehepartner ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 MRK nie geführt hat (vgl. 21.02.2013, Zl. 2011/23/0647; VwGH 23.03.2010, Zl. 2010/18/0054 zu den mit § 53 Abs. 2 Z 8 FPG idgF wortidenten § 60 Abs. 2 Z 9 FPG idF vor dem 30.06.2011).
3.2. In diesem Zusammenhang hat das Bundesamt das Verfahren mit massiven Ermittlungsmängeln belastet.
So sind dem Akteninhalt keine nachvollziehbaren Gründe zu entnehmen, warum das Bundesamt von einer Einvernahme der BF als Partei abgesehen hat. Diese Säumnis erweist sich nicht nur im Hinblick auf das Parteiengehör als erheblich. Dies gilt umso mehr, als die alleinige Einvernahme des Gatten der BF zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts als völlig unzureichend erweist, zumal sich aus dessen Angaben keine zwingenden Hinweise ergeben, die über Mutmaßungen hinaus eine Beurteilung der Ehe als Scheinehe zulassen würden. Die vom Bundesamt dazu ins Treffen geführte Argumentation, die unter Punkt I.4. ausführlich wiedergegeben wurde, und sich zudem teilweise auf Angaben der BF in ihren Asylverfahren vor über drei Jahren stützt, weist kaum Widersprüche oder gewichtige Unstimmigkeiten auf. Ein aussagekräftiges Urteil über Ausmaß und Bedeutung sprachlicher Barrieren lässt sich keinesfalls ohne persönlichen Eindruck über die tatsächlichen Deutsch- und Englisch Kenntnisse der BF und die Interaktion des Ehepaares untereinander gewinnen. Darüber hinaus hat das Bundesamt es aber auch völlig unterlassen - wie bei Ermittlungen zu Scheinehen üblich - Erhebungen an der gemeinsamen Wohnadresse allenfalls unter Befragung von Nachbarn und sonstigen Zeugen durchzuführen, vielmehr wurde vom Bundesamt offenbar auch nicht einmal der gemeinsame Haushalt in Frage gestellt. Das Ermittlungsergebnis des Bundesamtes reicht sohin keinesfalls aus, um im konkreten Fall über eine bloße Verdachtslage hinaus von einer Aufenthaltsehe auszugehen.
Angesichts derart gravierender Ermittlungslücken erscheint eine sachgerechte Beurteilung der Beschwerde bzw. der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausgeschlossen.
3.3. Im gegenständlichen Fall erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamtes und das diesem zugrundeliegende Verfahren in besonders gravierender Weise als mangelhaft. Der maßgebliche Sachverhalt stellt sich mangels entsprechender Ermittlungen - auch in Verbindung mit der Beschwerde - als ungeklärt dar. Weitreichende Erhebungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach durch das Verwaltungsgericht zu tätigen. Indem das Bundesamt weder die BF selbst einvernommen, noch ergänzende Ermittlungen wie bei Verdacht von Scheinehen üblicherweise vorzunehmende Erhebungen an der gemeinsamen Wohnadresse bzw. Befragung von Zeugen durchgeführt hat, noch dem Ehepaar in getrennter Befragung detaillierte Fragen gestellt hat, deren signifikant abweichende Beantwortung den Verdacht auf eine Aufenthaltsehe erhärten könnten, erweist sich das Ermittlungsverfahren als völlig unzureichend, um die Beweiswürdigung des Bundesamtes zu stützen. Angesichts der für die gegenständliche Rückkehrentscheidung zentralen Bedeutung der Frage, ob es sich bei der vorliegenden Ehe tatsächlich um eine Aufenthaltsehe handelt, konnte in Anbetracht dieser Mängel in Summe nur der Eindruck entstehen, dass das Bundesamt völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat, sodass vom Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken auszugehen ist. Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass zur Behebung der Mängel (lediglich) "ergänzende" Ermittlungen durch das Bundesverwaltungsgericht vorzunehmen wären (vgl. etwa VwGH 15.11.2018, Zl. Ra 2018/19/0268-9).
Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Bundesamt trotz eines derart mangelhaft ermittelten Sachverhaltes der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt hat.
Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. So können keine Anhaltspunkte dafür erkannt werden, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Sache im Interesse der Raschheit gelegen wäre. Das Verfahren würde durch eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Beschleunigung erfahren, zumal die Verwaltungsbehörde wesentlich rascher und effizienter die notwendigen Ermittlungen - wie etwa Erhebungen an der gemeinsamen Wohnadresse und Befragung von Zeugen- nachholen kann. Aus der Aktenlage ergeben sich weiters auch keine Hinweise, wonach die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Vielmehr ist angesichts der Einrichtung und Ausstattung des Bundesamtes als asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde vom Gegenteil auszugehen.
Auch vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.
Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesamt zurückzuverweisen.
3.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann eine Verhandlung entfallen, wenn u.a. bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Der Vollständigkeit halber ist noch hinsichtlich der in der Beschwerdeschrift "verzeichneten Kosten" darauf hinzuweisen, dass das VwGVG eine Kostenbestimmung ausschließlich in Bezug auf Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bzw. bei Straferkenntnissen zulässt. Das FPG sieht für Parteien bzw. Beteiligte keinen Kostenanspruch vor. Vielmehr hat gemäß § 74 Abs. 1 AVG jeder Beteiligte die im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. § 17 VwGVG gilt.
Zu Spruchteil B):
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.2. Unter den Punkten II.2. und II.3. wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor dem Bundesamt notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Einvernahme, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W182.2005938.2.00Zuletzt aktualisiert am
16.04.2019