TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/8 W251 2172719-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2019
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Entscheidungsdatum

08.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2172719-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017, Zl. 1092085508 - 151599914, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 21.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 22.10.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er von 2001 bis 2015 im Iran gelebt habe. Den Iran habe er verlassen, da er dort illegal gelebt habe, er dort zweimal verhaftet worden sei und er kurz vor der Abschiebung gestanden habe.

3. Am 14.06.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er im Iran auf einer Baustelle eines siebenstöckigen Hauses gearbeitet habe. Ein Bekannter, der ebenfalls auf der Baustelle gearbeitet habe, habe mit einer Gruppe anderer Arbeiter Stahl hinauftransportiert und sei aus dem 7. Stock gefallen. Die Polizei sei geholt worden. Da der Beschwerdeführer keine Papiere gehabt habe, sei er von der Polizei mitgenommen worden. Sein Chef habe für Ihn eine Bürgschaft abgegeben, sodass er die Polizeistation wieder habe verlassen können. Sein Chef habe ihm mitgeteilt, dass er eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten bekommen und dann in den Syrienkrieg geschickt werde. Auf der Baustelle habe er den Bruder des verunfallten Bekannten getroffen und dieser habe den Beschwerdeführer mit einem Messer bedroht, da dem Beschwerdeführer die Schuld für den Unfall gegeben worden sei. Die Familie des Verunfallten, die in Afghanistan lebe, würden sich am Beschwerdeführer rächen. Deshalb habe er beschlossen nach Europa zu gehen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Verfahren beim Bundesamt mangelhaft gewesen sei. Es wurde zum Beweis, dafür, dass der Beschwerdeführer massive Angst vor einer Rückkehr habe, dass er in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt sei, sowie dafür, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sei, die Beiziehung eines länderkundlichen Sachverständigen bzw. die Einholung aktueller Hintergrundinformationen von UNHCR bzw. Amnesty International beantragt. Der Beschwerdeführer habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Seine Familie habe ihn ständig gedrängt nach Syrien in den Krieg zu ziehen. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich verschlechtert. Zudem drohe dem Beschwerdeführer Verfolgung aufgrund seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit zu den schiitischen Hazara. Es bestehe für den Beschwerdeführer in Afghanistan keine innerstaatliche Fluchtalternative. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer in eine ausweglose Situation geraten. Zudem sei der Beschwerdeführer in Österreich äußerst gut integriert. Der Beschwerdeführer hab in Österreich ein schützenswertes Familienleben, er habe in Österreich eine Ehe nach islamischem Ritus geschlossen.

6. Das Bundesamt führte mit Beschwerdevorlage aus, dass die "Organisation", die die Heiratsurkunde ausgestellt habe, im Vereinsregister nicht registriert sei. Ein Erhebungsersuchen an eine Landespolizeidirektion habe ergeben, dass die besagte Organisation an der angegebenen Adresse nicht habe angetroffen werden können, da die Eingangstüre nicht geöffnet worden sei. Unter der von der Hausverwaltung bekannt gegebenen Telefonnummer habe niemand erreicht werden können. Das Bundesamt verwies zudem auf die Einvernahme vom 14.06.2017, in der der Beschwerdeführer angegeben habe keine Verwandten oder persönliche Beziehungen zu haben.

7. Mit Stellungnahme vom 04.02.2019 und vom 30.01.2019 gab der Beschwerdeführer an, dass sich die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan verschlechtert habe. Die afghanische Regierung sei nicht schutzfähig und es käme zu einer Verfolgung der schiitischen Hazara. Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan keinen Kontakt zu einem familiären Netzwerk, er kenne dort niemanden. Es bestehe die Möglichkeit, dass die iranische Regierung die Anschuldigungen gegen den Beschwerdeführer den Unfall betreffend an die afghanische Regierung weitergeleitet habe, und der Beschwerdeführer deswegen in Afghanistan wieder ins Gefängnis kommen werde.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.02.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an, bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben und spricht neben seiner Muttersprache Dari auch Farsi sowie etwas Englisch und Deutsch (AS 1; Verhandlungsprotokoll vom 13.02.2019, OZ 7, S. 7f; AS 41-42).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Helmand, im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern aufgewachsen. Im Alter von acht Jahren ist der Beschwerdeführer mit seinem Onkel väterlicherseits in den Iran gegangen (OZ 7, S. 12, S. 7). Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht. Er hat im Iran rund sieben Jahre auf einer Hühnerfarm, 3,5 Jahre auf einer Baustelle und zwei Jahre als Elekrtiker gearbeitet (OZ 7, S. 12).

Der Beschwerdeführer hat keine Kinder (OZ 7, S. 11).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer verfügt über seine Eltern, seine zwei Schwestern und einen Bruder in Afghanistan. Zu diesen hat er auch Kontakt. Der Beschwerdeführer hat einen Onkel väterlicherseits im Iran (OZ 7, S. 14).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Oktober 2015 durchgehend in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hat bereits Deutsch-Kurse besucht (AS 69; AS 301). Er hat eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 gut bestanden (AS 63).

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum September 2015 bis Oktober 2015 freiwillige Tätigkeiten für die Caritas erbracht (AS 65). Der Beschwerdeführer hat für eine Gemeinde in einem Bauhof vom 08.02.2016 bis zum 17.05.2017 gemeinnützige Arbeit erbracht (AS 67). Der Beschwerdeführer hat auch in einer Pfarre gemeinnützige Arbeit erbracht (AS 71; AS 85). Seit der Beschwerdeführer ab September 2018 einen Vorbereitungskurs für den Pflichtschulabschluss besucht, verrichtet er keine ehrenamtliche Arbeit mehr (OZ 7, S. 16).

Der Beschwerdeführer hat mehrere Informationsveranstaltungen des ÖIF besucht. (AS 73-79; AS 87-93). Der Beschwerdeführer hat von Februar 2018 bis Juni 2018 an einem Basisbildungskurs - besser Lesen, Schreiben und Rechnen - teilgenommen (Beilage ./F).

Der Beschwerdeführer besucht einen Vorbereitungslehrgang für den Pflichtschulabschluss, dieser dauert vom 17.09.2018 bis Juli 2019 (Beilage ./B).

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen von Sommerspielen an einer Theateraufführung teilgenommen (Beilage ./L).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I; OZ 7, S. 16).

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich freundschaftliche Kontakte zu Österreichern, zu Afghanen und zu Syrern knüpfen (OZ 7, S. 17). Er wird sowohl von der Gemeinde, als auch von seinen Lehrern, Mitschülern und Freunden wegen seinem Engagement und Fleiß sowie wegen seinen höflichen und zuvorkommenden Umgangsformen sehr geschätzt (Beilagen: ./C; ./E; ./I bis ./O)

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht standesamtlich verheiratet (OZ 7, S. 9). Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Ehe nach islamischen Ritus geschlossen hat. Der Beschwerdeführer besucht Frau XXXX (in Folge bezeichnet als Bekannte) sehr selten. Die Bekannte bezieht die Grundversorgung, es besteht zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Bekannten kein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis (Beilage ./II; OZ 7, S. 9, S. 16). Es besteht auch keine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Bekannten, der Beschwerdeführer und seine Bekannte wohnen in unterschiedlichen Bundeländern (Beilage ./I bis ./II). Der Beschwerdeführer hat nicht vor seine Bekannte in Österreich standesamtlich zu heiraten oder mit dieser zusammenzuwohnen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen OZ 7, S. 21).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er hat manchmal Kopfschmerzen und Ohrenschmerzen. Da er die Medikamente gegen die Kopfschmerzen nicht vertragen hat, hat er Magenschmerzen bekommen. Der Beschwerdeführer nimmt derzeit keine Medikamente gegen Kopfschmerzen mehr, sondern Medikamente gegen Ohrenschmerzen und Magenschmerzen (OZ 7, S. 18).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Es hat keinen Unfall auf der Baustelle des Beschwerdeführers im Iran gegeben. Der Beschwerdeführer wurde weder von anderen Bauarbeitern, deren Familienangehörigen noch von anderen Personen beschuldigt, am Tod eines anderen Menschen beteiligt bzw. für einen solchen verantwortlich zu sein.

Der Beschwerdeführer wurde weder von seiner Familie noch von anderen Personen aufgefordert oder gezwungen am Syrienkrieg teilzunehmen.

Der Beschwerdeführer wurde im Iran weder angegriffen, noch bedroht.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlasen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell physische oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Helmand aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019 - LIB 08.01.2019, S. 44).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 08.01.2019, S.44).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 08.01.2019, S. 47).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 08.01.2019, S. 55).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 08.01.2019, S. 48).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 08.01.2019, S. 48). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 08.01.2019, S. 49 ff).

Provinz Kabul:

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt. In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander. Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB 08.01.2019, S. 69f).

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 08.01.2019, S. 69).

Helmand:

Die Provinz Helmand hat eine Fläche von 36.402 km2 und ist damit die größte Provinz Afghanistans. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt ca. 955.970 Einwohner. Helmand gehört zu den volatilen Provinzen des Südens von Afghanistan. Die afghanischen Kräfte, unterstützt von US- amerikanischen Truppen, konnten in den vorangegangen Monaten an Boden gewinnen, wenngleich die Taliban rund die Hälfte der Provinz kontrollierten. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 329 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im Jahr 2017 war Helmand die Provinz mit der dritt-höchsten Anzahl registrierter Anschläge. Im gesamten Jahr 2017 wurden in Helmand 991 zivile Opfer (386 getötete Zivilisten und 605 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und Blindgängern/Landminen. In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, es kommt auch zu Luftangriffen (LIB 08.01.2019, S. 118ff).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 08.01.2019, S.88).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 08.01.2019, S. 88f).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 08.01.2019, S. 89).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 08.01.2019, S. 89f).

Dürre:

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014 (Beilage ./V, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Beilage ./VI, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Beilage ./V, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Beilage ./VI, S. 2, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Beilage ./VI, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Beilage ./VI, S. 11). Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt (Beilage ./VI, S. 17ff).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Beilage ./VI, S. 15f).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./V, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./VI, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./VI, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./V, S. 10; Beilage ./VI, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Beilage ./V, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Beilage ./VI, S. 3; Beilage ./V, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Beilage ./V, S. 2).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Medizinische Versorgung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 08.01.2019, S. 343 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 08.01.2019, S. 345 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 08.01.2019, S. 345).

Wirtschaft

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 08.01.2019, S. 339).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 08.01.2019, S. 339).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 08.01.2019, S. 352 f).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 08.01.2019, S. 353 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 08.01.2019, S. 353f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 08.01.2019, S. 355).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 08.01.2019, S. 356 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 08.01.2019, S. 356f).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 08.01.2019, S. 357).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 08.01.2019, S. 300).

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus 08.01.2019, S. 302).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (LIB 08.01.2019, S. 302).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert; sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert. So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist (LIB 08.01.2019, S. 303).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Hazara in Afghanistan allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 08.01.2019, S. 290).

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara. Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an (LIB 08.01.2019, S. 292).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Einige schiitische Muslime bekleiden höhere Regierungsposten. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30%. Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern. Die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit ist zurückgegangen (LIB 08.01.2019, S. 293).

Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (LIB 08.01.2019, S. 293).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Schiiten in Afghanistan allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis .VII (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister des Beschwerdeführers, Beilage ./I; Konvolut ZMR, GVS der Bekannten des Beschwerdeführers, Beilage ./II;

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019, Beilage ./III;

Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV;

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Lage in Herat- Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre, vom 13.09.2018, Beilage ./V; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage ./VI; Übersetzung auf Deutsch der EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 hinsichtlich Punkt III. (Subsidiärer Schutz) und Punkt V. (innerstaatliche Schutzalternative), Beilage ./VII) und Beilage ./A bis ./V (Vollmacht, Beilage ./A;

Teilnahmebestätigung - Vorbereitungslehrgang vom 24.09.2018 - Beilage. /B; Empfehlungsschreiben vom 21.01.2019 - Beilage. /C;

Empfehlungsschreiben vom 22.ß01.2019 - Beilage. /D;

Empfehlungsschreiben vom 16.01.2019 - Beilage. /E;

Teilnahmebetätigung - Kursbesuch VHS - Beilage. /F; 2 Fotos - Schulklasse - Beilage. /G; Konvolut Lohnzettel (2) - Beilage. /H;

Bestätigung - gemeinnützige Arbeit vom 08.06.2017 - Beilage. /I;

Bestätigung - gemeinnützige Arbeit vom 13.06.2017 - Beilage. /J;

Empfehlungsschreiben vom 07.02.2019 - Beilage. /K; Bestätigung - Sommerspiele vom 21.08.2018 - Beilage. /L; Empfehlungsschreiben aus Jänner 2019 - Beilage. /M; Unterstützungsschreiben vom 15.01.2019 - Beilage. /N; Unterstützungsschreiben vom 06.01.2018 - Beilage. /O;

Unterstützungsschreiben vom 15.01.2019 - Beilage. /P;

Unterstützungsschreiben vom 23.09.2017 - Beilage. /Q;

Unterstützungsschreiben vom 24.09.2017 - Beilage. /R;

Unterstützungsschreiben vom 06.06.2017 - Beilage. /S;

Unterstützungsschreiben vom 24.09.2017 - Beilage. /T; Konvolut von Fotos (2) - Beilage. /U; Stellungnahme des Beschwerdeführervertreters Beilage ./V).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine fehlende Schulbildung, seine Berufsausübung) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer von seiner Familie mehrfach aufgefordert worden sei in den Syrienkrieg zu ziehen, ist für das Gericht nicht glaubhaft (siehe Punkt II.2.2.). Es ist daher für das Gericht auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer deswegen den Kontakt zu seiner Familie abbrechen sollte. Da kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Beschwerdeführer den Kontakt abbrechen sollte und sich zudem aus den beigezogenen Länderberichten ergibt, dass nur sehr selten der Kontakt zwischen Asylwerbern und ihren Familien abbricht, geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer zu seiner in Afghanistan lebenden Familie noch Kontakt hat.

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist. Im Alter von acht Jahren ist der Beschwerdeführer mit seinem Onkel väterlicherseits aus Afghanistan in den Iran gezogen, als Kind hat er noch mit seinem Onkel väterlicherseits gelebt (OZ 7, S. 12).

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

Das Gericht geht davon aus, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Bekannten kein enges Naheverhältnis besteht. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seine Bekannte in Österreich nicht habe standesamtlich heiraten können, da man ihm in der Gemeinde gesagt habe, dass er noch Bestätigungen der Botschaft vorlegen müsse, erst dann werde entschieden ob eine Eheschließung möglich sei, er habe jedoch bis jetzt noch keine Zeit dafür gehabt (OZ 7, S. 9f). Laut Angaben des Beschwerdeführers habe er seine Bekannte in Wien im September 2017 nach islamischen Ritus geehelicht (OZ 1; OZ 7, S. 8). Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer seit September 2017 - seit eineinhalb Jahren - keine Zeit gehabt habe, sich bei der Botschaft die entsprechenden Unterlagen zu besorgen. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich keine Absicht hat seine Bekannte in Österreich standesamtlich zu heiraten.

Der Beschwerdeführer und seine Bekannte leben nicht im selben Bundesland, sondern ca. 300km voneinander entfernt. Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer am 14.06.2017 noch an, dass er weder Verwandte noch enge Nahebeziehungen in Österreich habe (AS 46). Die vorgelegte Bescheinigung einer islamischen Trauung ist mit 06.09.2017 datiert (AS 293). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, wenn er Heiratsabsichten gehabt habe und bereits eine enge Nahebeziehung zu seiner Bekannten gehabt habe, eine solche bei der Einvernahme vor dem Bundesamt nicht erwähnt hat. Es besteht zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Bekannten weder eine Wohngemeinschaft noch eine finanzielle Abhängigkeit oder Wirtschaftsgemeinschaft. Es liegt daher nach Ansicht des Gerichts zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Bekannten keine Beziehungsintensität vor.

In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer nur sehr vage Angaben zur behaupteten islamischen Trauung machen konnte. Zunächst konnte der Beschwerdeführer die genaue Anzahl der bei der Hochzeit anwesenden Personen nicht angeben (OZ 7, S. 8 - zwei oder drei). Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht angeben konnte, wer die anwesenden Personengenau waren, er gab nur an, dass es Nachbarn gewesen seien, er sie aber nicht gekannt habe (OZ 7, S. 8).

Der Beschwerdeführer gab einmal in der mündlichen Verhandlung an, einen Monat vor der Hochzeit verlobt gewesen zu sein (OZ 7, S. 17). Der Beschwerdeführer gab jedoch auch an, dass er zwei bis zweieinhalb Monate vor der Hochzeit mit seiner Bekannten geschlossen habe zu heiraten (OZ 7, S. 9). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, dass er in Wien getraut worden sei (OZ 7, S. 8). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung jedoch auch an, dass er vor zwei Jahren - noch vor seiner Heirat - in Wien gewesen sei. Zum Tag der Verhandlung sei er das zweite Mal in Wien (OZ 7, S. 10). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer vergisst, dass er bei seiner Trauung auch in Wien gewesen sein müsste.

Es ist für das Gericht zudem nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund seine Bekannte auf eine Brautgabe verzichten sollte und der Beschwerdeführer eine solche - wenn diese vereinbart worden wäre - nicht gezahlt hat. Sowohl der Antrag des Beschwerdeführers als auch der Antrag seiner Bekannten auf internationalen Schutz wurden vom Bundesamt abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Die Angaben des Beschwerdeführers zum Privatleben mit seiner Bekannten sind nicht glaubhaft und nicht nachvollziehbar. Das Gericht geht davon aus, dass er mit dieser tatsächlich keine Ehe oder Lebensgemeinschaft führt.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung. Es hat sich weder eine lebensbedrohliche noch eine ernsthafte Erkrankung ergeben.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er sich bereits in mehreren Ländern zurechtgefunden hat. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer Arbeit nachgehen zu wollen und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen (OZ 7, S. 21).

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

Auf die Einvernahme der in der Beschwerde genannten Zeugen wurde in der Verhandlung vom 13.02.2019 verzichtet (OZ 7, S. 5).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr in Afghanistan da ihm die Verantwortung für einen Unfall im Iran gegeben worden sei und die Familie des Verunfallten sich an ihm rächen möchte, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen umfassend, konkret und detailliert zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

2.2.2. Zudem sind erhebliche Unplausibilitäten in den Angaben des Beschwerdeführers, die seine Angaben zu seinen Fluchtgründen gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er für den Unfall verantwortlich gemacht worden sei, da ihm vorgeworfen worden sei nicht auf den Verunfallten aufgepasst zu haben. Auch sein Chef habe ihm dies vorgeworfen (AS 53). Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer auf der Baustelle auf andere Personen aufpassen hätte sollen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht plausibel.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch auch an, dass ihm von den iranischen Bauarbeitern die Schuld am Unfall gegeben worden sei (OZ 7, S. 21). Es ist nicht plausibel, weshalb der Beschwerdeführer nicht bereits beim Bundesamt, auf die konkrete Befragung durch das Bundesamt, angegeben hat, dass er von den anderen Arbeitern beschuldigt worden sei zum Zeitpunkt des Unfalles mit dem Verunglückten zusammen gewesen zu sein bzw. dass die anderen Bauarbeiter versucht haben dem Beschwerdeführer die Schuld zuzuschieben. Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer lediglich an, dass ihm die Polizei und sein Chef vorgeworfen haben, dass er nicht (auf den Verunfallten) aufgepasst habe (AS 52-53). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.

Es ist auch nicht plausibel, dass der Chef des Beschwerdeführers, wenn dieser auch glaubt, dass der Beschwerdeführer für den Unfall verantwortlich sei (AS 53), den Beschwerdeführer mit einer Bürgschaft aus der Polizeistation freibekommen sollte. Der Beschwerdeführer gab auch an, dass sein Chef davon ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer den Iran verlassen werde (AS 53). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Chef für den Beschwerdeführer bei der Polizei eine Bürgschaft abgeben sollte, wenn der Chef davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer den Iran umgehend verlassen werde und die Bürgschaft dann keinesfalls eingehalten werden kann.

2.2.3. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er sich sicher sei, dass er drei Tage nach dem Unfall den Iran verlassen habe (OZ 7, S. 20). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er zwei Tage nach dem Unfall den Iran verlassen habe (AS 52).

2.2.4. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung den Unfall oder einen Angriff auf ihn mit einem Messer, mit keinem Wort erwähnt hat. Der Beschwerdeführer gab lediglich an, dass er illegal im Iran gelebt habe und zweimal verhaftet worden sei, er habe den Iran verlassen, da er kurz vor der Abschiebung gestanden habe (AS 11). Diesbezüglich wird weder die seitens der Rechtsprechung der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts hierüber bereits aufgezeigten Bedenken gegen die Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung (vgl etwa VfGH vom 20. Februar 2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, und E vom 28.Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018) übersehen noch, dass sich die Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Dennoch scheint fraglich, warum der Beschwerdeführer einen Angriff auf ihn oder den Unfall in der Erstbefragung nicht einmal in einem Satz erwähnt hat.

2.2.5. Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers konnte auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität drohen würde.

2.2.6. Es ist für das Gericht auch nicht glaubhaft, dass die Familie des Beschwerdeführers diesen dazu drängen würde in den Syrienkrieg zu gehen. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er bei seiner Ankunft in Österreich noch Kontakt zu seiner Familie gehabt habe. Seine Familie habe ihm gesagt, dass sie nach Tadschikistan oder Usbekistan reisen würde (AS 48). In der mündlichen Verhandlung gab der der Beschwerdeführer an, dass seine Familie "immer" verlangt habe, dass er in den Syrienkrieg zeihen solle, damit er einen Aufenthaltsstatus für den Iran bekomme (OZ 7, S. 13). Der Beschwerdeführer gab an, dass er dies beim Bundesamt nicht habe angeben können, da er Angst gehabt habe seinen Eltern könne dann etwas zustoßen (OZ 7, S. 7). Dies ist für das Gericht jedoch nicht nachvollziehbar. Würde er den Kontakt zu seinen Eltern bereits abgebrochen haben und auch keinen weiteren Kontakt mehr zu seinen Eltern wünschen, ist für das Gericht nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer die Forderung seiner Eltern in den Syrienkrieg zu ziehen, nicht bereits beim Bundesamt erwähnt hat. Der Beschwerdeführer wurde bereits beim Bundesamt mehrfach belehrt bei Einvernahmen die Wahrheit anzugeben (AS 53). Der Beschwerdeführer gab bei der Einvernahme beim Bundesamt auch an, dass er nun Integrationskurse besucht habe und er nun verstanden habe und er nun wisse, dass er alles sagen müsse (AS 52). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.

Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer weder von seiner Familie noch von sonstigen Personen aufgefordert wurde sich dem Syrienkrieg anzuschließen.

2.2.7. Auch darüber hinaus vermochte der Beschwerdeführer eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als Hazara und Schiit nicht aufzuzeigen.

Der Beschwerdeführer brachte zwar in der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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