Entscheidungsdatum
11.03.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
W167 2168443-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde vonXXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Salzburg (BFA) vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheids wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Asylantrag.
2. Am nächsten Tag erfolgte die Erstbefragung nach AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er habe die letzten zwei Jahre in einer Koranschule gelernt. In der letzten Zeit seien ihm des öfteren Videos von Selbstmordattentätern gezeigt worden. Sie hatten vom Beschwerdeführer verlangt, auch als Freiheitskämpfer in den Krieg zu ziehen und sein Leben für seine Religion und sein Land zu opfern. Er habe Angst um sein Leben gehabt und sei daher geflohen.
3. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer beim BFA einvernommen und gab als Fluchtgrund im Wesentlichen ebenfalls an, er sei in der Koranschule gezwungen worden Videos anzuschauen und den Schülern sei gesagt worden, wenn sie auf Seiten der Taliban kämpfen, würden sie ins Paradies kommen. Als dann Schüler vermisst wurden, dachte sich der Beschwerdeführer, er müsse weggehen und seine Familie habe dann seine Flucht organisiert.
4. Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab und erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) zu. Es wurde ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bisXXXX erteilt.
5. In der rechtzeitig erhobenen zulässigen Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides machte der Beschwerdeführer weiterhin die Verfolgung durch die Taliban wegen unterstellter politischer Gesinnung geltend.
6. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu statt, an der der Beschwerdeführer und seine Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil, die Verhandlungsschrift sowie Stellungnahme zu den ins Verfahren eingebrachten Unterlagen wurde dem BFA übermittelt. Aus dem GVS ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis XXXX erteilt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der bei der Einreise nach Österreich noch minderjährige Beschwerdeführer ist nunmehr volljährig. Er ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, sunnitischer Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu, er spricht auch wenig Dari. Er stammt aus dem XXXX, Provinz Logar.
Der Vater des Beschwerdeführers ist verschollen seit der Beschwerdeführer ca. 3 Jahre alt war. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Mutter noch Kontakt. Die Mutter, die Schwester des Beschwerdeführers und deren Ehemann sowie der Onkel mütterlicherseits leben nach wie vor von den Taliban unbehelligt im Heimatort des Beschwerdeführers.
1.2. Der Beschwerdeführer verließ Afghanistan im Jahr 2015, reiste unter Umgehung der Grenzvorschriften nach Österreich ein und stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am
XXXX.
1.3. Der Beschwerdeführer ist nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat Afghanistan nicht vorbestraft. Er hat sich nicht politisch betätigt, war nicht Mitglied einer politischen Partei und hatte auch sonst keine über das Antragsvorbringen hinausgehenden Probleme in Afghanistan vorgebracht.
1.4. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und hat keine asylrelevanten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates glaubhaft gemacht. Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung keine Verfolgung.
1.5. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.6. Zur aktuellen Situation in Afghanistan werden folgende
Feststellungen getroffen:
1.6.1. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend
Afghanistan in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018:
Sicherheitslage
Regierungsfeindliche Gruppierungen:
Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:
das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).
Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).
Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).
Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).
Taliban
Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).
Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurden. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).
Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friendens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).
Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).
Logar
Logar befindet sich 65 km südlich von Kabul. Die Provinz grenzt im Norden an Kabul, im Osten an Nangarhar, im Süden an Paktia, im Westen an Maidan Wardak und im Südwesten an Ghazni. Logar besteht aus folgenden Distrikten: Mohammad Agha/Mohammadagha, Sarkh/Charkh, Kharwar, Baraki Barak/Barakibarak, Khwaki/Khoshi, Azrah/Azra und Pole Alam/Pul-e-Alam. Die Provizhauptstadt ist Pole Alam und befindet sich im gleichnamigen Distrikt (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o. D., UN OCHA 4.2014). In Barakibarak befindet sich ein Militärflughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation, Kapitel 3.35.). Verschiedene Teilstämme der Paschtunen, Tadschiken, Hazara und Kuchi leben in der Provinz (Pahjwok o.D.; vgl. NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 405.109 geschätzt (CSO 4.2017).
Im Distrikt Mohammadagha befindet sich die Ortschaft Mes Aynak, auf Dari "Kupferquelle", ein Ort, der für seine archäologischen Funde und Kupfervorkommen bekannt ist (Tolonews 28.2.2018; vgl. TD 28.2.2018, CNBC 6.4.2017, TaD 3.4.2017). Im Jahr 2007 unterzeichnete Afghanistan ein 30 jähriges Pachtverhältnis mit chinesischen Unternehmen zum Ausbau des Mes Aynak Kupferbergwerks; das Projekt musste jedoch aus verschiedenen Gründen (Probleme seitens der chinesischen Partner, Schwierigkeiten in der Wertschöpfungskette, Sicherheitsgründe usw.) derzeit eingestellt werden (TD 28.2.2018; vgl. FW 15.2.2018, TD 7.1.2017). Abgesehen von zwei Sicherheitsvorfällen in 2008 und 2012 wurde Mes Aynak von direkten Angriffen seitens Aufständischer verschont (FW 15.1.2017; vgl. TD 7.1.2017). Die Taliban versprachen Ende 2016, sich nicht mehr in die Bauarbeiten des Mes Aynak Kupferbauwerks einzumischen und die Regierung erhöhte das Polizeikontingent vor Ort (TD 28.2.2018; vgl. TD 7.1.2017, FW 15.1.2017, DW 1.12.2016 ).
Logar gehörte 2017 zu den Opium-freien Provinzen (UNODC 11.2017).
Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage [in Logar]
Logar gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017). Einem hochrangigen Polizeibeamten zufolge hat sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Vergangenheit verbessert. Außerdem plane man, Operationen gegen die Taliban zu verstärken (IWPR 5.3.2018). Aufgrund der Nähe zu den Außendistrikten der Stadt Kabul, fanden in Logar heftige Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften statt (Tolonews 12.2.2018).
Im Jahr 2017 gehörte Logar zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge (Pajhwok 14.1.2018).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 156 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Logar 148 zivile Opfer (67 getötete Zivilisten und 81 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
Obwohl die Gefechte u.a. in Logar stiegen, sank in der Provinz die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven (UNAMA 2.2018).
Militärische Operationen in Logar
ANA-Beamten zufolge verstärken afghanische Truppen ihre militärischen Operationen gegen die Taliban in der volatilen Provinz, um die Stellungen der Aufständischen zu zerstören (Tolonews 12.2.2018). So werden in Logar regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 25.3.2018; vgl. Tolonews 3.3.2018, Tolonews 12.2.2018, Pajhwok 21.1.2018, Tolonews 4.2.2018, Khaama Press 4.1.2017, Khaama Press 21.11.2017, TIE 30.10.2017, Pajhwok 14.10.2017); dabei wurden Talibananführer und Mitglieder des Haqqani-Netwerkes getötet (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017, TIE 30.10.2017, TNI 28.9.2017, Tolonews 11.9.2017). Luftangriffe werden durchgeführt (Pajhwok 25.3.2018; vgl. MENAFN 24.2.2018, Pajhwok 30.8.2017); dabei wurden Aufständische getötet (Pajhwok 25.3.2018; vgl. TNI 28.9.2017, Tolonews 3.8.2017, Pajhwok 4.1.2017). Zusammenstöße zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 12.2.2018; vgl. Gandhara 5.11.2017).
Regierungsfeindliche Gruppierungen in Logar
Talibankämpfer sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Tolonews 12.2.2018; vgl. TP 12.2.2018, Pajhwok 27.12.2017, HT 28.11.2017, Xinhua 25.10.2017, Reuters 29.4.2017). Auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, über eine Präsenz in Teilen der Provinz zu verfügen und verschiedene Angriffe in Logar auszuüben (Tolonews 11.9.2017; vgl. The Diplomat 15.11.2016, Khaama Press 30.5.2016). In einigen abgelegenen Distrikten der Provinz versuchten Taliban, ihre religiösen Ansichten in den Schulen zu verbreiten (Pajhwok 11.3.2018; vgl. IWPR 5.3.2018). Im März 2017 versuchte der IS, junge Männer in der Provinz Logar zu rekrutieren (JF 26.1.2018), auch wurden tschetschenische Staatsbürger, möglicherweise Anhänger des IS, in der Provinz Logar verhaftet (Tolonews 30.11.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in Logar IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) registriert (ACLED 23.2.2018).
Religionsfreiheit
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).
[...]
Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen (CIA Factbook 18.1.2018). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. CIA Factbook 18.1.2018). Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2018; vgl. CIA Factbook 18.1.2018).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." (BFA Staatendokumentation 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 5.2018; vgl. MPI 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 20.4.2018).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 5.2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 20.4.2018).
Paschtunen
Ethnische Paschtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - jedoch nicht mehr als 50% der Gesamtsitze (USDOS 20.4.2018). Die Paschtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 25.5.2017).
Paschtunen siedeln in einem halbmondförmigen Gebiet, das sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (BFA Staatendokumentation 7.2016).
1.6.2. Auszug aus der Landinfo-Arbeitsübersetzung betreffend
Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017:
Zusammenfassung:
Die Taliban sind im Wesentlichen immer noch eine Bewegung der Paschtunen. Im letzten Jahrzehnt hat sich allerdings die Rekrutierung von Nichtpaschtunen verstärkt.
Das Konfliktschema in Afghanistan hat sich seit der Übergangsperiode 2014 verändert, die Taliban konzentrieren sich seither auf den Aufbau einer professionelleren militärischen Organisation. Das hat Folgen für die Rekrutierung, sowohl im Hinblick auf das Profil der rekrutierten Personen, als auch im Hinblick auf ihre Ausbildung. Religion und die Idee des Dschihad spielen bei der Rekrutierung weiterhin eine bedeutsame Rolle, ebenso die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Das kulturelle und sozioökonomische Umfeld erlegt den meisten Afghanen Einschränkungen auf, viele von ihnen haben keine andere Wahl als sich den Taliban anzuschließen.
Es sind Fälle von Zwangsrekrutierung dokumentiert, sie bilden allerdings die Ausnahme. Die Rekrutierung durch die Taliban ist nicht durch Zwang, Drohungen und Gewalt gekennzeichnet.
Rekrutierung von Minderjährigen
Im Kontext Afghanistans verläuft die Grenze zwischen Junge und Mann fließend; ausschlaggebend für diese Beurteilung sind Faktoren wie Pubertät, Bartwuchs, Mut, Unabhängigkeit, Stärke und die Fähigkeit, die erweiterte Familie zu repräsentieren. Welchen Status jemand auf der Skala vom Kind zum Erwachsenen innehat und zu welchem Zeitpunkt erwachsenes Verhalten erwartet wird, entspricht im Regelfall weder den nationalen afghanischen Gesetzen noch dem Völkerrecht. Diese Tatsache, gepaart mit der demografischen Zusammensetzung, wirtschaftlichen, politischen und anderen kulturellen Gegebenheiten führt im Ergebnis dazu, dass bewaffnete Soldaten in verschiedenen Gruppen die im Völkerrecht festgelegten Altersgrenzen unterschreiten können. In der überwiegenden Mehrzahl aller Kontexte ziehen Afghanen bei der Beurteilung von Status, Stellung und Reife einer Person nur in geringem Ausmaß formelle und rechtliche Bestimmungen heran.
Wie bereits erwähnt, ist die erweiterte Familie die tonangebende gesellschaftliche Institution und bildet den Rahmen für die Familienmitglieder. Der Familienälteste ist das Oberhaupt, absolute Loyalität gegenüber getroffenen Entscheidungen wird vorausgesetzt. Kinder unterstehen der Obrigkeit der erweiterten Familie. Es stünde im Widerspruch mit der afghanischen Kultur, würde man Kinder gegen den Wunsch der Familie und ohne entsprechende Entscheidung des Familienverbandes aus dem Familienverband "herauslösen" (Gespräch mit einer NGO, Kabul 2016).
Die Haltung der Taliban
Artikel 69 der Layha (Gesetzeskodex der Taliban) besagt, dass "Jugendliche" (deren Bärte aufgrund ihres Alters nicht sichtbar sind) von den Mudschaheddin nicht in Wohn- und Militärzentren untergebracht werden dürfen (Clark 2011, S. 12).
Auch wenn die Taliban regelmäßig abstreiten, dass die Organisation Minderjährige ("Kinder und Jugendliche") im Zusammenhang mit sogenannten dschihadistischen Operationen einsetzt, sind diese Richtlinien offensichtlich willkürlich. Entscheidend ist die Beurteilung durch den einzelnen Kommandanten. In der Praxis ist es die lokale Norm, die den Ausschlag gibt, wann jemand als reif und unabhängig gilt, nicht das tatsächliche Alter.
Ausmaß der Rekrutierung von Minderjährigen
Minderjährige werden zweifellos rekrutiert, allerdings lässt sich das Ausmaß schwer abschätzen und es bestehen vermutlich größere Abweichungen von Ort zu Ort. Da die Taliban nun vermehrt auf militärische Erfahrung und Expertise setzen, kann davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der rekrutierten Minderjährigen rückläufig ist.
Nach einem Bericht des VN-Generalsekretärs ist belegt, dass im Jahr 2016 91 Kinder in Afghanistan rekrutiert wurden. Diese Zahl bezieht sich auf alle Konfliktparteien, inklusive der afghanischen Sicherheitskräfte. Die meisten, so der Generalsekretär, werden durch die bewaffnete Opposition rekrutiert (VN-Generalsekretär 2017, S. 6). Nach einem Bericht des VN-Generalsekretärs über Kinder und bewaffnete Konflikte in Afghanistan (VN-Sicherheitsrat 2015, S. 5) ist die Rekrutierung von 560 Minderjährigen im Zeitraum 2010 bis 2014 für bewaffnete Operationen oder für andere Dienste für eine der bewaffneten Gruppierungen des Landes dokumentiert. Dies betrifft Minderjährige, die in Unterstützungsfunktionen tätig waren, als auch solche, die für aktive Kampfhandlungen eingesetzt wurden - Angaben bezüglich deren Aufteilung bzw. Alter liegen nicht vor. Nach Angaben des VN-Generalsekretärs wurden viele eingesetzt, um improvisierte Sprengkörper zu transportieren und zu verlegen. In diesem Vierjahreszeitraum registrierte die UNO 20 Fälle von Selbstmordanschlägen durch Minderjährige.
Die Traditionen und Normen im Kontext organisierter Gewalt legitimieren nach dem Verständnis von Landinfo die Mobilisierung von Personen unter 18 Jahren. Nach Einschätzung von Landinfo liegt die Zahl der in dieser Alterskategorie mobilisierten Personen vermutlich wesentlich höher, als es die begrenzte Anzahl der berichteten Fälle nahelegt. Für Landinfo liegt es klar auf der Hand, dass Menschen unter Verstoß gegen internationale Gesetze von allen bewaffneten Gruppen in Afghanistan rekrutiert und mobilisiert werden, sowohl durch die bewaffnete Opposition als auch die verschiedenen privaten Gruppen, die mit den Behörden kooperieren, die sogenannten regierungsfreundlichen Milizen. Bei den Sicherheitskräften gibt es verstärkte Kontrollen, die verhindern sollen, dass unter 18-Jährige rekrutiert werden, doch kommt es allem Anschein noch immer zu einer Rekrutierung von Minderjährigen durch die Sicherheitskräfte der Regierung. Der Dolmetscher Faizullah Moradi arbeitete für die norwegischen Kräfte in Afghanistan. Er erklärte gegenüber der Zeitung VG, dass er noch vor Erreichen des 18. Lebensjahrs als Dolmetscher eingestellt wurde, da er falsche Angaben bezüglich seines Alter gemacht und gefälschte Personaldokumente vorgewiesen hatte (Ege & Widerø 2014). Daraus ist ersichtlich, wie schwierig es ist, strenge Altersbestimmungen im Kontext Afghanistans umzusetzen.
Im Februar 2016 berichtete Human Rights Watch (HRW), "die Streitkräfte der Taliban haben seit Mitte 2015 unter Verstoß gegen das internationale Verbot des Einsatzes von Kindersoldaten unzählige Kinder in ihren Reihen aufgenommen". Eine Sprecherin der Organisation behauptete, die Taliban hätten Dreizehnjährige (und jünger) in den Madrassen von Kunduz, Takhar und Badakhshan rekrutiert. Aus Chahardara, einem Distrikt in Kunduz, seien im Jahr 2015 mehr als 100 Kinder rekrutiert worden. HRW meldete auch, dass die Taliban Ausbildungszentren in Kunduz eingerichtet hätten. Als Quelle für HRW fungierten unter anderem Verwandte von 13 der rekrutierten Kinder und Bewohner des Distrikts Chahardara von Kunduz (HRW 2016).
In einem Sonderbericht aus 2015 erklärte UNAMA, man sei im Besitz von "schlüssigen, glaubwürdigen Informationen, denen zufolge die Taliban während des Angriffs auf Kunduz eine große Anzahl an Kindersoldaten eingesetzt hätten" (UNAMA 2015). Zabihullah Mujahid, ein Sprecher der Taliban, wies diese Anschuldigungen in einer offiziellen Erklärung mit dem Hinweis zurück, dass die Rekrutierung von Kindern bei den Taliban strengstens verboten sei (Jolly 2016).
Demhingegen merkt Landinfo an, dass die Operation in der Stadt Kunduz im September/Oktober 2015 einen großen Propagandaeffekt hatte und für die Taliban von symbolischer Bedeutung war. Aus militärstrategischer Sicht handelte es sich dabei um eine militärisch komplexe und höchst offensive Aktion. Bedenkt man, dass die Streitkräfte der Taliban spezialisierter und professioneller geworden sind, mutet der Einsatz von relativ unerfahrenen Kindern in diesem Kontext eher ungewöhnlich an. Gleichzeitig war die Lage in Kunduz sehr chaotisch und entfaltete rasch eine Eigendynamik. Die Offensive wurde von der obersten Führung der Taliban eingeleitet, kurz danach schlossen sich jedoch neue Akteure an, nämlich lokale bewaffnete Gruppen und Milizen. Diese Gruppen unterstanden nicht dem Kommando irgendeiner der Parteien und sie waren massiv an Einbrüchen in Banken, Geschäfte, NGOs und öffentliche Ämter beteiligt (siehe zum Beispiel Landinfo 2015). Es ist möglich, dass Kinder in diesem Kontext eingesetzt wurden.
Ein Mitarbeiter einer NGO (NGO A, Gespräch in Kabul, Mai 2017) aus einem Distrikt in Kunduz behauptete, die Taliban hätten bezüglich Rekrutierung anscheinend eine langfristige Strategie und Perspektive. In der Provinz Kunduz werden große Madrassen mit einer Vielzahl von Studierenden eingerichtet. In einigen Jahren werden die Jungen dieser Madrassen Teil des Rekrutierungsreservoirs der Taliban bilden. Es wurde von Fällen berichtet, in denen sich Kinder freiwillig den Taliban angeschlossen hätten; wenn sie jedoch ihre Meinung ändern und die Bewegung verlassen wollen, können sie von den Taliban daran gehindert werden (HRW 2016).
Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren
Ein geregeltes Urkundenwesen ist der afghanischen Gesellschaft de facto fremd, viele Menschen wissen nicht genau, wie alt sie sind. Nach dem Wissensstand von Landinfo über die Rekrutierung von Minderjährigen kann man davon ausgehen, dass die Mehrzahl zwischen 15 und 18 Jahre alt ist. Diejenigen, die den Taliban eingegliedert werden, werden vermutlich nur nach Einsatzfähigkeit und Qualifikationen beurteilt, d.h. man wird mobilisiert, wenn man als tauglich befunden wird. Die Rekrutierung für die staatlichen Sicherheitskräfte ebenso wie für die bewaffnete Opposition (einschließlich der Taliban) ist nach Dafürhalten von Landinfo vor allem Ausdruck der strukturellen Gegebenheiten, die sich auf Entscheidungen auswirken, und kein faktischer Zwang seitens irgendeiner der beteiligten Parteien. Wie erwähnt, sind in vielen Gebieten bewaffnete Gruppen bzw. der Dienst für irgendeine der Konfliktparteien für junge Menschen die einzige Erwerbsmöglichkeit und Karrierechance.
Kinder unter 15 Jahren
Das humanitäre Völkerrecht bzw. das Kriegsrecht untersagt den Akteuren in einem bewaffneten Konflikt, Kinder unter 15 Jahren zu rekrutieren oder einzusetzen. Die Mobilisierung von Kindern unter 15 Jahren gilt nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) als ein Kriegsverbrechen.
Artikel 38, Absatz 2 und 3 der VN-Konvention über die Rechte des Kindes (siehe Barne-og familiedepartementet 2003) lautet wie folgt:
2. Die Vertragsstaaten treffen alle durchführbaren Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Personen, die das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.
3. Die Vertragsstaaten nehmen davon Abstand, Personen, die das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu ihren Streitkräften einzuziehen. Werden Personen zu den Streitkräften eingezogen, die zwar das fünfzehnte nicht aber das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, so bemühen sich die Vertragsstaaten, vorrangig die jeweils ältesten einzuziehen.
Einigen Berichten zufolge sollen Kinder unter 15 Jahren Selbstmordanschläge verübt haben. Nach einem Bericht des VN-Generalsekretärs verübte ein 14-Jähriger im Februar 2014 einen Selbstmordanschlag in der Provinz Paktika (VN-Generalsekretär 2015, S. 6). In einem Gespräch mit Landinfo behauptete eine VN-Quelle (VN-Quelle A, April 2016), dass Kinder im Alter von nur 10-12 Jahren von den Taliban rekrutiert wurden. Nach Berichten des Nachrichtenmediums TOLO News soll es einem 12-jährigen Jungen, der 2015 einen Selbstmordanschlag in Faryab verüben hätte sollen, gelungen sein, vom Stützpunkt der Taliban zu entkommen. Der Vater des Jungen hatte seinen Sohn angeblich für AFN 700,000 (ca. USD 10,000) verkauft (TOLO News 2015). Im Jahr 2014 hätten drei Kinder im Alter von sechs, acht und zehn Jahren einen selbstgebauten Sprengkörper in einem Schubkarren transportieren sollen. Es kam zu einer Detonation, zwei der drei Kinder starben, eines wurde verletzt (VN-Generalsekretär 2015, S. 6). Der am häufigsten berichtete Einzelfall in den vergangenen Jahren datiert aus der Zeit der Aktionen der Taliban in der Stadt Kunduz im Jahr 2015. Dort sollen einige Minderjährige unter 15 Jahren dem Vernehmen nach von den Taliban mobilisiert worden sein (UNAMA 2015, S. 18).
Was über die Rekrutierung von Soldaten unter 15 Jahren dokumentiert ist, sowohl für die Taliban als auch für andere Gruppen, ist nahezu gänzlich anekdotisch. Wenig deutet darauf hin, dass die Taliban ihre Aktivitäten solcherart organisieren, dass eine große Anzahl von Personen unter 15 Jahren für die Teilnahme an militärischen Tätigkeiten und Kampfhandlungen rekrutiert wird.
Die geschilderten Erfahrungen und Eindrücke von Landinfo decken sich mit denen des UNHCR und mehreren der angeführten Quellen; nahezu alle unabhängigen militärischen Akteure mobilisieren Personen unter 18 Jahren. Auch wenn es kein repräsentatives Zahlenmaterial gibt, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Mehrzahl der Mobilisierten zwischen 15 und 18 Jahre alt ist. Auch ist es richtig, dass viele von ihnen nach lokalen Standards als Erwachsene gelten. Unter Berücksichtigung der sogenannten verifizierten Fälle dürfte die Dunkelziffer vermutlich hoch sein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen wurden auf Grundlage des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, der Erstbefragung nach dem Asylgesetz, der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA, dem angefochtenen Bescheid, der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerde dagegen, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt und auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der sich die erkennende Richterin einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, sowie aller im Verwaltungs- und Gerichtsakt einliegenden Schriftstücke bzw. Nachweise getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt.
2.1. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (1.1. bis 1.3.) stützen sich auf folgende Beweiswürdigung:
Der im Einleitungssatz angeführte Name sowie das (angenommene) Geburtsdatum ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und dienen ausschließlich der Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Das Bundesverwaltungsgericht folgt dabei der Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren.
Die Feststellungen zur Staats-, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, zum Familienstand, sowie zur Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers beruhen auf seinen diesbezüglich gleichbleibenden und glaubwürdigen Angaben im gesamten Verfahren. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine Angaben zu allfälligen Kindern gemacht, weshalb festzustellen war, dass er kinderlos ist. Die Angabe zu seiner Muttersprache bestätigte der Beschwerdeführer zuletzt in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in welcher ein Dolmetsch für die angegebene Sprache beigezogen wurde und weder seitens des Beschwerdeführers noch seitens des Dolmetsch Verständigungsschwierigkeiten angemerkt wurden.
Die Feststellungen zu den individuellen Verhältnissen des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat, v.a. auch betreffend den Aufenthaltsort seiner Kernfamilie, beruhen auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren (Verhandlungsschrift S. 8). Der Beschwerdeführer, welcher nach eigenen Angaben beim BFA Kontakt mit seiner Mutter und seinem Schwager (BFA Niederschrift S. 5, VwAkt S. 45) bzw. beim Bundesverwaltungsgericht Kontakt mit seiner Mutter hat (Verhandlungsschrift S. 12), hat nicht davon berichtet, dass die Taliban seit seiner Ausreise nach ihm bei seinen im Heimatort aufhältigen Verwandten gefragt oder diese bedroht hätten.
Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA und in der Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht.
Die unter 1.3. getroffenen Feststellungen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers; im Verfahren sind auch keine gegenteiligen Anhaltspunkte hervorgekommen.
2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass er seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte (1.4.), ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die zur Entscheidung berufene Richterin geht auf Grund ihres in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks davon aus, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt.
Aus dem verwaltungsbehördlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, eventuelle Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel oder Belege vorzulegen. Er wurde auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.
Es wird nicht verkannt, dass es sich bei dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einreise in Österreich sowie bei den Befragungen durch das BFA um einen mündigen Minderjährigen handelte und daher darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Angaben des Beschwerdeführers aus der Perspektive eines mündigen Minderjährigen erfolgten und die Dichte des Vorbringens nicht mit "normalen" Maßstäben gemessen werden kann. Dennoch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ausreise sowie bei den von ihm geschilderten Vorfällen - ausgehend von seiner Altersangabe - bereits 15 Jahre alt war, bei der Einreise nach Österreich fast 16 Jahre und bei der Einvernahme vor dem BFA bereits 17 Jahre. Bei der Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht war der Beschwerdeführer demnach bereits 19 Jahre alt.
Der Beschwerdeführer bringt seit seiner Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass die Taliban versucht hätten, ihn der Koranschule zu rekrutieren, dass er das nicht wollte und daher nach dem Verschwinden von Mitschülern beschlossen habe, das Land zu verlassen.
Den oben angeführten Länderberichten ist zu entnehmen, dass in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers in einigen abgelegenen Distrikten Taliban versuchen, ihre religiösen Ansichten in den Schulen zu verbreiten. Daraus geht jedoch weder hervor, dass die Taliban Zwangsrekrutierungen durchführen, noch reicht es aus, um eine konkrete Bedrohungssituation des Beschwerdeführers anzunehmen. Dazu kommt, dass selbst wenn der Beschwerdeführer in seiner Person ein Risikoprofil der UNHCR-Richtlinien erfüllen würde, dies nicht per se zu einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung führt. Vielmehr erfordern die UNHCR-Richtlinien eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall.
Da der Beschwerdeführer während des gesamten verwaltungsbehördlichen Verfahrens von sich aus keine Belege für sein Vorbringen beibrachte., kommt seinem Vorbringen besondere Bedeutung zu, das auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen ist. Dieses muss genügend substantiiert, plausibel und in sich schlüssig sein. Es obliegt dem Beschwerdeführer, die in seiner Sphäre gelegenen Umstände seiner Flucht altersadäquat einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Schließlich muss der Beschwerdeführer auch persönlich glaubwürdig sein. Im Beschwerdefall gab der Beschwerdeführer zwar im gesamten Verfahren durchgängig an, dass er Afghanistan aus Angst vor einer (Zwangs-)Rekrutierung durch die Taliban verlassen habe. Er war jedoch nicht in der Lage diese Angaben seinem Alter entsprechend zu konkretisieren, sodass sein diesbezügliches Vorbringen überaus vage und unkonkret blieb. Zudem muss das Fluchtvorbringen eines Asylwerbers auch in sich schlüssig sein. Er darf sich - unter Berücksichtigung seines Alters - demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Der Beschwerdeführer gab an, Grund für das Verlassen Afghanistans sei gewesen, dass ihm in der Koranschule Videos, u.a. von Selbstmordanschlägen, gezeigt worden wären. Die Lehrer der Schule hätten den Schülern gesagt, wenn sie auf der Seite der Taliban kämpfen würden, würden sie ins Paradies kommen. Der Beschwerdeführer habe sich zur Ausreise entschlossen, nachdem Mitschüler vermisst wurden, von denen der Beschwerdeführer annimmt, dass sie getötet wurden, weil auch mit ihnen über den Jehad gesprochen wurde.
Beim Vergleich des Fluchtvorbringens in freier Erzählung beim BFA und beim Bundesverwaltungsgericht fällt darüber hinaus auf, dass beide Vorbringen auffallend kurz und detailarm sind (Einvernahmeprotokoll S. 7, Vwakt S. 47; Verhandungsschrift S. 10). Der Beschwerdeführer erweckte bei der Richterin den Eindruck, durch ein möglichst kurzes Vorbringen Widersprüche vermeiden zu wollen. Dieser Eindruck verstärkte sich auch bei der Beantwortung der Nachfragen der Richterin, wo der Beschwerdeführer bestrebt schien, möglichst kurz zu antworten um Widersprüche zu vermeiden.
Unstimmigkeiten im Fluchtvorbringen beginnen bereits mit der Frage nach dem Einfluss der Taliban im Heimatort des Beschwerdeführers. Wenngleich den Länderberichten zu entnehmen ist, dass Talibankämpfer in einigen Distrikten der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers aktiv sind, kann im Heimatort des Beschwerdeführers keine Talibanpräsenz angenommen werden, da er widersprüchliche Angaben dazu machte. Während er in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angab "[...] In der Nacht haben die Taliban Kontrolle über unser Gebiet." (Verhandlungsschrift S. 11) und "[...] Da die Taliban das Gebiet unter Kontrolle hatten, [...] (Verhandlungsschrift S. 14), gab er beim BFA befragt, ob er die Video-Vorführungen in der Koranschule bei der Polizei gemeldet habe, ausweichend an: "VP: Nein. Ich könnte das nicht bei der Polizei melden. Es gibt viele Taliban. LA: Warum wissen Sie das? VP: Die Leute in meinem Dorf haben gesagt, dass es viele Taliban in Logar gibt und diese sind auch sehr mächtig." (BFA Einvernahme S. 10, VwAkt S. 50). Auch in dieser Konkretisierung, welche erst beim Bundesverwaltungsgericht erfolgte, dass die Taliban den Heimatort zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers zumindest nachts kontrollierten, ist eine Steigerung des Fluchtvorbringens zu sehen, da anzunehmen ist, dass ein zum Zeitpunkt der Ausreise 15-Jähriger Koranschüler über eine allfällige Talibanpräsenz in seinem Heimatort Bescheid wissen müsste. Vor diesem Hintergrund sind auch die Angaben des Beschwerdeführers dazu, dass seine Lehrer in der Koranschule alle Taliban waren und dass dies im Heimatort allgemein bekannt war, zu sehen. Nach Angabe des Beschwerdeführers wusste auch seine Mutter, dass die Lehrer Taliban waren (Verhandlungsprotokoll S. 11). Wenn auch vor dem Hintergrund der Länderberichte nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Lehrer der Koranschule des Beschwerdeführers mit den religiösen Ansichten der Taliban sympathisieren, ist vor dem Hintergrund der fehlenden ständigen Talibanpräsenz im Heimatort des Beschwerdeführers nicht davon auszugehen, dass die Lehrer sich selbst als Taliban deklarieren und offiziell (Zwangs-)Rekrutierungen unter den Schülern vornehmen.
Dagegen spricht auch, dass die Familien ihre Söhne freiwillig in die Koran- statt in die "normale" Schule schicken sowie dass es zu keinen bekannten Rekrutierungen während eines Zeitraums von immerhin zwei Jahren gekommen ist.
Der Beschwerdeführer hat angegeben, dass er nach ca. 2 Jahren an einer "normalen" Schule in seinem Heimatort (Niederschrift BFA S. 6, VwAkt S. 46) weitere ca. 2 Jahre eine reine religiöse Schule (Madrasa, Koranschule) in seinem Heimatort besucht hat. Der Wechsel in die Koranschule erfolgte auf Wunsch seiner Mutter. Dass die Bewohner des Heimatorts des Beschwerdeführers und seine Mutter ohne Zwang und bewusst ihre Söhne statt in die "normale" Schule vor Ort in die Koranschule schicken, lässt nur den Schluss zu, dass entweder keine Rekrutierungen in der Schule stattfinden oder dass die Familien diese billigen. Im Fall des Beschwerdeführers spricht viel dafür, dass keine Rekrutierungsversuche an der Koranschule erfolgt sind, insbesondere auch nicht ihn betreffend.
Beim BFA gab der Beschwerdeführer über Nachfragen an, ihm und allen Klassenkameraden seien während der ganzen zwei Jahre seines Besuchs in der Koranschule in unterschiedlichen Abständen Videos über Selbstmordattentate gezeigt worden (BFA Einvernahme S. 9 f, VwAkt S. 49 f) bzw. Kampfvideos zwischen den Taliban und der Regierung, Selbstmordattentäter und Bomben-Explosionen (BFA Einvernahme S. 10, VwAkt S. 50). Selbst wenn derartige ideologische Videos gezeigt wurden, ist nicht nachvollziehbar, wieso der Beschwerdeführer nach fast zwei Jahren plötzlich ein so großes Problem mit diesen Videos hatte, dass er aus der Schule weggelaufen ist. Gründe dafür hat er im gesamten Verfahren nicht angegeben. Er hat daher zum auslösenden Moment für das angebliche erste Weglaufen von der Schule keinerlei Angaben gemacht. Darüber hinaus gab er selbst an, dass er seiner Mutter beim ersten Mal, als er von der Schule nach Hause weggelaufen war, nichts von den Videos erzählt habe. Erst beim zweiten Mal habe er ihr alles mitgeteilt (Verhandlungsschrift S. 12). Auch das spricht gegen eine Angst des Beschwerdeführers vor den Lehrern der Koranschule, da zu erwarten gewesen wäre, dass er gleich beim ersten Mal versucht hätte, die Unterstützung seiner Mutter gegen die Lehrer zu bekommen. Selbst nachdem dem Mutter von den Videos erfahren hat, ist aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu schließen, dass seine Mutter und der Onkel mütterlicherseits die Lage als sicher genug einschätzten, um den Beschwerdeführer weitere ein bis zwei Monate im Heimatort verbleiben zu lassen, anstatt ihn woanders bis zur Ausreise in Sicherheit zu bringen. Auch das spricht gegen die vom Beschwerdeführer vorgebrachte damals aktuelle Gefahr einer (Zwangs-)Rekrutierung durch die Taliban.
Zudem berichtet der Beschwerdeführer nur über ein Verschwinden von Mitschülern während der Zeit seines Besuchs der Koranschule. Dies im Hinblick auf sechs Mitschüler, deren Verschwinden nach Angabe des Beschwerdeführers Grund für seine Flucht waren. Somit sind über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren keine Schüler der Koranschule "verschwunden", es haben also zumindest in diesem Zeitraum keine Rekrutierungen an der Koranschule stattgefunden. Die Richterin hat auch massive Zweifel an der Vermutung des Beschwerdeführers, dass seine sechs Mitschüler getötet wurden, weil mit ihnen auch über den Jehad gesprochen wurde (Verhandlungsschrift S. 14). Auf die Nachfrage, ob das Verschwinden von sechs Schülern (von insgesamt 30 bis 35 Schülern der Koranschule, welche alle aus dem Heimatort des Beschwerdeführers stammten, Verhandlungsschrift S. 13 f) in der Koranschule oder im Heimatort Thema gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer betreffend die Koranschule mit nein, betreffend den Heimatort ausweichend mit dem Hinweis darauf, dass sich keiner getraut habe, die Taliban selbst zu fragen, weil alle Angst vor den Taliban hätten (Verhandlungsschrift S. 14). Dass die Familien der angeblich verschwundenen Schüler, keine Information über den Verbleib ihrer Söhne haben bzw. nicht versuchten etwas über deren Verbleib in Erfahrung zu bringen, erscheint lebensfremd. Zudem hat der Beschwerdeführer auch nur in diesem Zusammenhang die Angst der Dorfbewohner vor den Taliban angegeben. Das steht zudem im Widerspruch dazu, dass sich diese Familien - nach den unglaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers - bewusst dafür entschieden haben, ihre Söhne in eine von Taliban geleitete Schule zu geben. Auch aktuell hat der Beschwerdeführer noch mit seiner Mutter im Heimatort Kontakt. Über den Verbleib der Schüler scheint auch über ca 3,5 Jahre später nichts bekannt zu sein, was unwahrscheinlich scheint und den Verdacht erhärtet, dass das Vorbringen betreffend die Mitschüler ausschließlich der Untermauerung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers dienen sollte.
Gegen eine gezielte Rekrutierung der Schüler bzw. des Beschwerdeführers und für ein konstruiertes Fluchtvorbringen spricht auch, dass der Beschwerdeführer beim BFA angab, dass es sich um Kampfvideos zwischen Taliban und der Regierung gehandelt habe und es noch Selbstmordattentäter und Bombenexplosionen gab (BFA Einvernahme S. 10, VwAkt S. 50), aber keine weiteren Angaben zu den Videos machen konnte ("LA: Was wurde in den Videos gesagt? VP: Ich habe nicht gehört. Ich habe es vergessen." BFA Einvernahme S. 10, VwAkt S. 50). Im Gegensatz dazu konnte er in der Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht plötzlich genaue Angaben machen und bezog sich auch nur noch auf Selbstmordattentate ("BFV: Was war der genaue Inhalt der Videos? BF: Selbstmordattentäter, sie haben sich verabschiedet und dann mit dem Auto in die Luft gesprengt."
Verhandlungsschrift S. 13). Dies ist insofern nicht nachvollziehbar, als die Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht deutlich später stattfand als vor dem BFA und daher zu erwarten gewesen wäre, dass sich der Beschwerdeführer eher beim BFA an derartiges erinnern würde, als beim Bundesverwaltungsgericht.
Davon abgesehen, dass die Erstbefragung betreffend das Fluchtvorbringen naturgemäß kurz war, fällt aber auf, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung angab: "Sie verlangten von mir auch als Freiheitskämpfer in den Krieg zu ziehen und mein Leben für meine Religion und mein Land zu opfern." (Erstbefragung S. 6, VwAkt S. 11). Dies wird allerdings von ihm selbst in der Einvernahme vor dem BFA relativiert, wo er zwar in der freien Erzählung angeben hat, er sei aufgefordert worden, an der Seite der Taliban zu kämpfen (BFA Einvernahmeprotokoll S. 7, VwAkt S. 47), aber darüber hinaus betont hat, dass er zu nichts gezwungen worden sei ("LA: Wie kommen Sie erst nach 2 Jahren darauf Afghanistan zu verlassen? VP: Sie wollten uns zuerst nicht zwingen. Jedoch als die 6 Schüler vermisst wurden, dachte ich mir, ich muss weggehen. LA: Was meinen Sie damit, dass Sei nicht gezwungen wurden? VP: Sie sagten uns, wenn wir auf der Seite der Taliban kämpfen, werden wir ins Paradies kommen." BFA Einvernahmeprotokoll S. 9, VwAkt S. 49). Auch bei der Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer in freier Erzählung nur an, in der Schule habe man ihnen Filme zum Jehad gezeigt und machte keine Angaben dazu, dass er oder seine Mitschüler konkret zu etwas aufgefordert wurden (Verhandlungsschrift S. 10). Erst auf Nachfrage der Vertreterin ("Wurde in Bezug auf die Videos etwas von Ihnen verlangt?") antwortete der Beschwerdeführer: "Ja, sie haben uns Videos gezeigt und sagten uns, dass wir auch so etwas verüben sollen." (Verhandlungsschrift S. 13). Dies wird von der Richterin als Versuch einer Steigerung seines Fluchtvorbringens gewertet, zumal er dies beim BFA - damals zeitlich deutlich näher an den vorgebrachten Vorfällen - nicht so konkret angegeben hat.
Gegen ein konkretes Interesse der Taliban an der Rekrutierung des Beschwerdeführers spricht auch, dass der Beschwerdeführer zwar nach eigenen Angaben zweimal von der Schule weggelaufen ist, dies bis auf eine vom Beschwerdeführer nicht näher ausgeführte Bedrohung durch die Lehrer keine weiteren Konsequenzen hatte (Verhandlungsschrift S. 10 f.). Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer erst ein bis zwei Monate nach seinem zweiten Weglaufen aus der Schule und dem angeblichen Verschwinden der anderen Schüler seinen Heimatort und seinen Herkunftsstaat verlassen hat, ohne dass es zu (weiteren) Rekrutierungsversuchen oder Bedrohungen durch die Taliban gekommen ist. Auch das widerspricht seinen Angaben zu einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung durch die Taliban.
Zusammengefasst kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Fluchtgründen daher keine Glaubwürdigkeit zu. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Afghanistan sowie der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
2.3. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Auszug aus dem Strafregister vom 11.03.2019.
2.5. Zu den Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan (1.6.):
Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Diese Berichte wurden dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt und es wurde ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer die Korrektheit der Erkenntnisquellen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen.
Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums (insbesondere aktuelle Kurzinformationen zum Länderinformationsblatt) für die verfahrensgegenständlich relevante Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Abweisung der zulässigen Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides
3.1.1. Allgemeines
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren" (vgl. VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0012; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff vo