TE Vwgh Beschluss 2019/3/20 Ra 2019/20/0056

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Veröffentlicht am 20.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §18;
AsylG 2005 §3 Abs1;
BFA-G 2014 §5 Abs2 Z2;
BFA-G 2014 §5;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des S S in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, LL.M., Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. September 2018, Zl. W123 2190668- 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 16. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Mit Bescheid vom 20. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser behob mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2018, E 4342/2018-10, das Erkenntnis des BVwG, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan sowie die Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde. Im Übrigen lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge erhob der Revisionswerber gegen die abweisende Entscheidung des BVwG in Bezug auf die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil die Beweiswürdigung des Vorbringens zu den Fluchtgründen des Revisionswerbers unschlüssig sei.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der - zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 19.4.2018, Ra 2018/20/0157, mwN).

11 Eine derartige Fehlbeurteilung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Das BVwG hat sich - nach Durchführung einer Verhandlung - mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Fluchtgründen ausführlich auseinandergesetzt und ist in einer nicht unvertretbaren Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, dieser habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Auch wenn die Revision einzelne Begründungselemente der umfassenden Beweiswürdigung zu relativieren versucht, gelingt es ihr nicht, die Beweiswürdigung des BVwG insgesamt derart zu erschüttern, dass diese auf vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Bedenken stoßen würde.

12 Soweit die Revision vorbringt, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ermittlungspflicht ab, weil das BVwG den Beweisantrag des Revisionswerbers, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu den Fragen einzuholen, ob der vom Revisionswerber geschilderte Vorfall mit der Tötung von Taliban durch die Regierung, welche in einem dem Revisionswerber entwendeten Fahrzeug unterwegs gewesen seien, registriert sei und ob der Revisionswerber von der Polizei gesucht werde, unberücksichtigt habe lassen, ist darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation nach ihrem gesetzlichen Auftrag nicht Ermittlungen dahingehend anstellen soll, ob sich bestimmte, vom Asylwerber behauptete Ereignisse, die für ihn fluchtauslösend gewesen sein sollen, tatsächlich ereignet haben, soweit es sich dabei nicht um solche handelt, die die Situation im Herkunftsstaat allgemein betreffen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100, mwN).

13 Der Revisionswerber macht weiter geltend, es liege ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weil das BVwG keine aktuellen Länderberichte und insbesondere nicht die am 30. August 2018 veröffentlichten UNHCR-Richtlinien für Afghanistan berücksichtigt habe, wonach Kabul generell als innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht komme. Die Revision übersieht jedoch, dass sich die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht auf das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative stützt. Das BVwG hat das Vorbringen des Revisionswerbers zu einer vorgebrachten asylrelevanten Verfolgung als nicht glaubhaft qualifiziert. Die Alternativbegründung des BVwG, wonach dem Revisionswerber eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul offenstehe, erweist sich somit als nicht tragend, weshalb die Revision von den darauf Bezug nehmenden Ausführungen nicht abhängt. Mit dem Vorbringen, der Revisionswerber erfülle das in den UNHCR-Richtlinien angeführte Risikoprofil einer Person, die vermeintlich mit der Regierung zusammenarbeite, weshalb ihm Verfolgung seitens der Taliban drohe, entfernt sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhaltes wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0712, mwN).

14 Die erstmals in der Revision enthaltenen Ausführungen im Zusammenhang mit der "Verwestlichung" des Revisionswerbers unterliegen dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot und sind bereits aus diesem Grund nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG zu begründen (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/01/0376).

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200056.L00

Im RIS seit

16.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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