TE OGH 2019/2/27 9Ob10/19i

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 6.265 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 29. November 2018, GZ 53 R 212/18k-19, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 25. Juni 2018, GZ 17 C 965/17a-15, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss mangels Rechtsprechung zu „Rechtsfragen betreffend der Auflösung des 'Werbevertrages' als gemischter Dienst- und Werkvertrag im Lichte einer stillschweigend vereinbarten Unkündbarkeit für ein Jahr“ zu. Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Zulassungsausspruch ist der Rekurs der Beklagten nicht zulässig. Die Zurückweisung des Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

2. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, die die Beklagte in einer unrichtigen Interpretation der erstgerichtlichen Feststellungen sieht, liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Feststellungen des Erstgerichts zu den getroffenen Vereinbarungen nicht „unrichtig wiedergegeben“, sondern explizit zusammengefasst (Berufungsurteil S 4). Die Interpretation des vom Erstgericht festgestellten Verhaltens der Vertragsparteien ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

3. Ob eine konkludente Willenserklärung vorliegt und welchen Inhalt sie gegebenenfalls hat, ist regelmäßig einzelfallbezogen und begründet daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0109021 [T6]; RS0014420 [T4]). Das ist auch hier nicht der Fall: Nach dem festgestellten Sachverhalt zählte zu den im Handout der Klägerin präsentierten „Eckpfeilern einer künftigen Zusammenarbeit“ auch die „unbefristete Zusammenarbeit, erstmals kündbar nach zwölf Monaten“, für die die Beklagte eine der beiden im Handout vorgeschlagenen Budgetvarianten wählte. Wenn das Berufungsgericht unter Berücksichtigung weiterer Umstände (etwa Verteilung des Konzepthonorars auf ein Jahr) hier von einem auf einen einjährigen Kündigungsverzicht gerichteten Willen der Streitteile ausging, ist dies nicht weiter korrekturbedürftig.

4. Dass ein Werbeagenturvertrag als gesetzlich nicht geregelter Vertragstyp vor allem Elemente eines Werk- und eines Dienstvertrags enthalten kann, wurde bereits in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 194/00y ausgesprochen. Ob der vorliegende Vertrag, mit dem sich die Klägerin als Kommunikationsdienstleisterin zur laufenden Durchführung der von ihr erstellten Kommunikationskonzepte verpflichtete, mit einem solchen Werbe-(agentur-)vertrag als Mischvertrag hinreichend vergleichbar ist, ist hier nicht entscheidend, weil auch ein unbefristeter reiner Werkvertrag bei vereinbarter einjähriger Unkündbarkeit vor Fristablauf nicht regulär kündbar wäre. Für den vorliegenden Fall ist maßgeblich, dass das Vertragsverhältnis der Streitteile Komponenten eines Dauerschuldverhältnisses enthielt. Nach Lehre und Rechtsprechung können aber auch bei vereinbarter Unkündbarkeit alle Dauerschuldverhältnisse in Analogie zu §§ 1117, 1162 ABGB aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst werden (s RIS-Justiz RS0018377; RS0018294 [T1]; RS0021107; Wiebe in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 859 Rz 25; Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 859 ABGB Rz 47 mwN). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.

5. Die Beklagte hält dem unter Berufung auf 7 Ob 243/03s entgegen, dass sich die Auflösungsregeln aufgrund des Überwiegens der werkvertraglichen Elemente nach Werkvertragsrecht zu richten hätten. Darauf kann es aber nicht mehr ankommen, wenn die Parteien die Frage der Kündbarkeit wie hier einer Vereinbarung zugeführt haben.

6. Nicht zuletzt ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht bezüglich der Abgrenzung des begehrten Konzeptionshonorars von der monatlich abzugeltenden Budgetvariante A und den tatsächlich verrechneten Arbeitsstunden noch Aufklärungsbedarf sah. Mag das Konzept für die weitere Zusammenarbeit bei jener Besprechung nach den Feststellungen des Erstgerichts auch bereits fertig gewesen sein, spricht Beil ./C dennoch vom Honorar „für Konzept und Umsetzung der nächsten redaktionellen Kampagnen“, wodurch sich die genannten Abgrenzungsfragen (zB Erstellen Redaktionsplan) stellen.

7. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist der Rekurs der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E124618

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00010.19I.0227.000

Im RIS seit

16.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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