Entscheidungsdatum
27.03.2019Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art 130 Abs1 Z3Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Säumnisbeschwerde des Herrn Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. A. B. vom 7.1.2019 betreffend das Strafverfahren mit der Zahl ... den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Die Säumnisbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
BEGRÜNDUNG
1. Nach einer Anzeige der BH C. und einem polizeilichen Erhebungsbericht richtete die belangte Behörde (MBA ...) an den Beschwerdeführer (BF) eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.4.2018 mit dem Vorwurf, der BF habe als Dienstgeber am 17.1.2018 in D., zwei namentlich genannte, pflichtversicherte Dienstnehmer unangemeldet beschäftigt.
Mit Schriftsatz vom 16.5.2018 und ergänzend in einer Vernehmung vor der belangten Behörde vom 18.5.2018 bestritt der BF die Vorwürfe und brachte u.a. vor, er habe die beiden Beschäftigten bereits am 15.1.2018 zur Sozialversicherung angemeldet gehabt.
Nach dem 18.5.2018 ist dem Akteninhalt kein weiterer Vorgang mehr zu entnehmen.
Am 7.1.2019 erhob der BF die vorliegende Säumnisbeschwerde (offenbar falsch datiert mit „07.01.2018“), die von der belangten Behörde am 8.1.2019 (unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes) dem Verwaltungsgericht vorgelegt wurde.
2. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde richtet sich grundsätzlich nach Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG und § 8 VwGVG und wird in Verwaltungsstrafsachen durch § 37 VwGVG ergänzt. Der Säumnisschutz in Verwaltungsstrafsachen unterscheidet sich nun nicht mehr von dem in anderen Verwaltungsverfahren. Gegen Säumnis der Strafbehörde kann also nach den allgemeinen Regeln vorgegangen werden. Zu beachten ist allerdings, dass das Säumnisbeschwerdeverfahren kein Verfahren ist, das über Antrag des Beschuldigten auf Erlassung eines Strafbescheides geführt wird, sodass es gegenüber der Verwaltungsbehörde keine Säumnisbeschwerde des Beschuldigten hinsichtlich der Erlassung des Strafescheides gibt. Entscheidungspflichten, die Gegenstand einer Säumnisbeschwerde sein können, bestehen im Verwaltungsstrafverfahren daher nur ausnahmsweise, etwa bei Privatanklagedelikten oder in Bezug auf verfahrensrechtliche Anträge, wie jene auf Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, S. 572 f.).
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 3.5.2017, Zl. Ro 2016/03/0027, ausgeführt, dass zwar nunmehr grundsätzlich auch in Verwaltungsstrafsachen die Säumnisbeschwerde erhoben werden könne, damit aber die Einführung eines umfassenden verwaltungsgerichtlichen Säumnisschutzes in Verwaltungsstrafsachen nicht beabsichtigt worden sei. Sowohl aus § 8 Abs. 1 VwGVG als auch aus § 73 Abs. 1 AVG (iVm § 24 VStG) ergebe sich, dass die Entscheidungspflicht der Behörde nur durch einen bei der zuständigen Behörde eingelangten Antrag einer zur Stellung dieses Antrages berechtigten Partei begründet werden könne. Voraussetzung für die Berechtigung zur Erhebung der Säumnisbeschwerde sei somit das Vorliegen eines der Entscheidungspflicht der Behörde unterliegenden und noch nicht erledigten Antrags des Antragstellers. Die Säumnisbeschwerde könne nur erhoben werden, wenn der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf die bescheidmäßige Erledigung seines unerledigt gebliebenen Begehrens habe.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass es nach wie vor keinen Rechtsanspruch auf Erlassung eines Straferkenntnisses in einem von Amts wegen eingeleiteten und geführten Verwaltungsstrafverfahren gibt. Auch die im Verwaltungsstrafverfahren vorgesehenen Rechtsmittel haben nicht den Charakter eines Parteienantrages isd § 73 Abs. 1 erster Satz AVG; dem Rechtsschutzbedürfnis der Partei wird in diesen Zusammenhängen bereits durch ein ex-lege-Außerkrafttreten des Strafbescheides Genüge getan (vgl. etwa § 43 Abs. 1 VwGVG, § 49 Abs. 2 VStG oder § 57 Abs. 3 AVG).
Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wegen des Vorwurfs von Übertretungen des § 33 ASVG wird nicht über Antrag des Beschuldigten geführt; ein die Entscheidungspflicht der Behörde auslösender Antrag des Beschuldigten (auf Erlassung eines Strafbescheides) ist in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen. Weder liegt ein solcher Antrag vor, noch hätte der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Erledigung eines solchen Antrages bzw. auf Erlassung eines Strafbescheides.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, und die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal diese Entscheidung der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und dem aktuellen Schrifttum folgt.
Schlagworte
Säumnisbeschwerde; Entscheidungspflicht; Verwaltungsstrafsache; Verwaltungsstrafverfahren; Antrag; Einleitung von Amts wegen; RechtsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.041.002.691.2019Zuletzt aktualisiert am
12.04.2019