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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §27 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des (am 2. Juni 1964 geborenen) NP, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 18. September 1996, Zl. UVS 20.7-4/96-5, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem FrG 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. September 1996 wurde die an die belangte Behörde gerichtete Maßnahmenbeschwerde wegen Abnahme des Reisepasses des Beschwerdeführers und Eintragung eines Aufenthaltsverbotes hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit der Abnahme des Reisepasses zurückgewiesen und hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit der Eintragung des Aufenthaltsverbotes in den Reisepass abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. im Zusammenhang mit einer wirksamen Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch direkte Zustellung diese Bescheides an den Beschwerdeführer am 1. März 1996 ausgeführt, die Behörde habe im vorliegenden Fall aufgrund der Nichteinhaltung der Formvorschrift (offenbar gemeint: § 10 Abs. 1 AVG) aber auch deshalb zu Recht von einem nicht bestehenden Vollmachtsverhältnis (gegenüber dem einschreitenden Rechtsanwalt) ausgehen können, weil es gängige Praxis sei, dass sich Rechtsanwälte vor Annahme eines Vollmachtsverhältnisses üblicherweise Informationen bei der Fremdenpolizeibehörde einholen und dabei auch die Angaben des (zukünftigen) Klienten überprüfen würden. Der Beamte der Bundespolizeidirektion Graz habe keine Zweifel über das Bestehen einer Vollmacht hegen brauchen, weil durch die Äußerung des Rechtsanwaltes, er müsse die vorgeschlagene Vorgangsweise mit dem Bruder seines Mandanten besprechen, eher der Eindruck eines "Botenverhältnisses" erweckt worden sei. Durch die eindeutige Zuordnung einer behaupteten Bevollmächtigung im Asylantrag (vom 1. März 1996), die nicht die bei der belangten Behörde anhängigen Verfahren nach dem FrG (1992) betroffen habe, liege aber auch nicht der Fall einer nachträglichen Beurkundung eines schon bestandenen Vollmachtsverhältnisses vor, weil der belangten Behörde gegenüber eine für fremdenpolizeiliche Angelegenheiten betreffende Vollmacht nicht behauptet werde, und der Beschwerdeführer anlässlich der Zustellung nicht bekannt gegeben habe, dass ein Vollmachtsverhältnis hiefür existiere.
Die Eintragung des Aufenthaltsverbotes im Reisepass des Beschwerdeführers sei - so die belangte Behörde weiter - als Ausübung von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Entsprechung der Bestimmungen des Fremdengesetzes (1992) als rechtmäßiger Eingriff in subjektive Rechte zu werten. In diesem Punkt sei daher die Beschwerde abzuweisen gewesen.
Der Beschwerdeführer mache die Abnahme des Reisepasses und die Eintragung des Aufenthaltsverbotes nur deshalb als rechtswidrig geltend, weil er das Aufenthaltsverbot als nicht durchsetzbar ansehe. Das Aufenthaltsverbot sei aber durchsetzbar gewesen und somit eine Eintragungsberechtigung vorgelegen. Die damit in Verbindung stehende Reisepassabnahme stelle daher - weil auch eine zwangsweise Abnahme nicht behauptet worden sei - keine unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt dar. Die Beschwerde sei daher in diesem Punkt zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 27 Abs. 5 FrG 1992 können durchsetzbare Ausweisungen oder Aufenthaltsverbote im Reisedokument der Fremden ersichtlich gemacht werden.
Nach der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0284, m.w.N.) kann die Anbringung eines Stempels im Sinne des § 27 Abs. 5 FrG 1992 nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, VfSlg. Nr. 11935) ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen eine behauptete "faktische Amtshandlung", dass sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolgung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden musste) gerichtet ist; es wird daher insoweit die "Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch" gefordert. Auch nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 6. Oktober 1993, Zl. 92/17/0284) ist physischer Zwang oder unmittelbare Befehlsgewalt Voraussetzung für die Wertung einer Amtshandlung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Die schlichte Abnahme des Reisepasses, wobei der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, dass dabei Befehls- oder Zwangsgewalt von der Behörde ausgeübt worden sei, vermag - entgegen den Beschwerdebehauptungen - nicht die Ausübung solcher Befehls- und Zwangsgewalt darzulegen. Es erübrigt sich daher in diesem Zusammenhang auf die Beschwerdeausführungen betreffend das behauptete Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und seinem einschreitenden Rechtsvertreter im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides betreffend das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot näher einzugehen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK geboten, da die für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltselemente feststanden, eine Erörterung von Sachverhaltsfragen nicht erforderlich war und die Rechtsfragen durch die Vorjudikatur geklärt und keiner Erörterung bedürftig waren. Überdies fand in dieser Angelegenheit des Beschwerdeführers bereits eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal, nämlich der belangten Behörde, statt. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es daher nicht.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich somit die vorliegende Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996020590.X00Im RIS seit
20.11.2000