Entscheidungsdatum
26.03.2019Index
90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
StVO 1960 §5 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Stöbich über die Beschwerde des Herrn AA, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 10.12.2018, Zl *****, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung und des FSG
zu Recht:
I.
1. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 1. des Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind Euro 200,00, zu leisten.
Die Verhängung der Strafe erfolgt nach § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 4 Z 1 Führerscheingesetz.
2. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind Euro 200,00, zu leisten.
3. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 3. des Straferkenntnisses insoweit teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 auf Euro 200,00, bei Uneinbringlichkeit 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.
Der Verfahrenskostenbeitrag für das verwaltungsbehördliche Verfahren beträgt daher Euro 20,--
Der Spruch des Schuldvorwurfes wird insoweit modifiziert, als die Wortfolge (durch Verlassen der Unfallstelle) „unmöglich gemacht haben“ (Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen) durch die Wortfolge „erheblich erschwert haben“ ersetzt wird, und nach Setzung eines Beistriches durch die Wortfolge „weil Sie den Unfallort unmittelbar nach dem Unfall verlassen haben und erst nach Einleitung von Fahndungsmaßnahmen von der Polizei um 07.06 Uhr in Z, beim Haus Adresse 1 aufgegriffen wurden“ ergänzt wird.
Da die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, fällt kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens an.
4. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 4. des Straferkenntnisses insoweit teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 auf Euro 200,00, bei Uneinbringlichkeit 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.
Der Verfahrenskostenbeitrag für das verwaltungsbehördliche Verfahren beträgt daher Euro 20,--
Da die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, fällt kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens an.
5. Die Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunktes 5. des Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind Euro 20,00, zu leisten.
II.
Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgendes vorgeworfen:
„1. Datum/Zeit: 05.04.2018, 06:50 Uhr
Ort: Z, A ** Str.km **, Autobahn ** in Richtung Westen
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: *********
Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde.
Behörde: Landespolizeidirektion Tirol, Bescheid vom 21.08.2017, GZ.: ******
2. Datum/Zeit: 05.04.2018, 06:50 Uhr
Ort: Z, A ** Str.km **, Autobahn ** in Richtung Westen
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: *********
Sie haben das angeführte Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt
(Beeinträchtigung durch Cannabinoide sowie Kokain oder Crack).
3. Datum/Zeit: 05.04.2018, 06:50 Uhr
Ort: Z, A ** Str.km **, Autobahn ** in Richtung Westen
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: *********
Sie sind mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da Sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen.
4. Datum/Zeit: 05.04.2018, 06:50 Uhr
Ort: Z, A ** Str.km **, Autobahn ** in Richtung Westen
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: *********
Sie haben, obwohl Ihr Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht die zur Vermeidung von Schäden notwendigen Maßnahmen getroffen, obwohl solche Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten waren, da Sie die Unfallstelle nicht abgesichert haben.
5. Datum/Zeit: 05.04.2018, 06:50 Uhr
Ort: Z, A ** Str.km **, Autobahn ** bis zur Autobahnabfahrt Z West
Sie haben als Fußgänger eine Autobahn benützt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 37 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 und Abs 4 Z1 FSG iVm § 1 Abs. 3 FSG
2. § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist,
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 1.000,00
19 Tage(n) 6
Stunde(n) 0
Minute(n)
§ 37 Abs. 1 FSG iVm § 37 Abs. 3 Z 1 und § 37 Abs. 4 Z 1 FSG
2. € 1.000,00
9 Tage(n) 9
Stunde(n) 0
Minute(n)
§ 99 Abs. 1b StVO
3. € 500,00
7 Tage(n) 17
Stunde(n) 0
Minute(n)
§ 99 Abs. 2 lit. a StVO
4. € 500,00
7 Tage(n) 17
Stunde(n) 0
Minute(n)
§ 99 Abs. 2 lit. a StVO
5. € 100,00
1 Tage(n) 22
Stunde(n) 0
Minute(n)
§ 99 Abs. 3 lit. a StVO“
Weiters wurden Verfahrenskostenbeiträge festgesetzt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte mit einem Schreiben, das am 18.12.2018 bei der Landespolizeidirektion Tirol eingelangt ist, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, dass er zu den Punkten 3), 4) und 5) glaubhaft erklärt habe, warum er das Auto verlassen habe. Er finde eine Strafe für diese 3 Beschuldigungen nicht „rechtens“, da er diese Straftaten nicht begangen habe.
Außerdem sei er schon vom Landesgericht Z zu 3,5 Jahren Haft verurteilt worden, wobei durch diese Bestrafung die Punkte 1), 2), 3), 4) und 5) berücksichtigt und mitbestraft worden seien. Es wäre ja sonst eine Doppelbestrafung. Er ersuche um Aufhebung der Strafe oder, wenn dies nicht anders möglich sei, um eine weitaus niedrigere Strafe.
Der Beschwerdeführer gab im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens mit Schreiben vom 15.07.2018 eine Rechtfertigung zu den „zum Teil begangenen Verwaltungsübertretungen“ ab.
Darin bekannte er sich teilweise schuldig und ersuchte, die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen neu zu prüfen. Auch bitte er um eine milde Strafe, da er vom Landesgericht bereits eine Strafe von 3,5 Jahren erhalten habe und der Richter den Autounfall mitbestraft habe.
Hinsichtlich Spruchpunkt 1) bekenne er sich schuldig, da sein Führerschein vorübergehend eingezogen worden sei. Er befinde sich in Haft und es gäbe keinerlei Möglichkeit für ihn, eine Strafe zu bezahlen. Er ersuche daher höflichst um einen „Tagsatz von Euro 100,00“, da er schon sehr hart bestraft worden sei.
In Bezug auf Spruchpunkt 2) führte der Beschwerdeführer in dieser Rechtfertigung aus, dass der Unfall deshalb geschehen sei, da ihn ein anderer PKW nicht rechts zur Autobahnbfahrt abfahren hätte lassen und er diesen deshalb überholen hätte müssen, um auf die rechte Fahrbahn zu gelangen. Es sei ihm lediglich die Möglichkeit geblieben, sich nach dem Überholen rechts einzureihen um auf die Abfahrt zu gelangen. Als er auf der richtigen Spur gewesen sei, sei dann der Unfall passiert, da er nicht mehr schnell genug bremsen hätte können und auf den LKW aufgefahren sei. Der LKW, der sich im Stillstand befunden hätte, hätte keine Warnblinkanlage, wie eigentlich üblich, eingeschalten gehabt. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er rechtzeig bremsen können.
In Bezug auf die Suchtgiftbeeinträchtigung beim Unfall würde er gerne die Auswertung seiner Blutabnahme heranziehen, weil das Ergebnis zeigen würde, dass er THC, Benzodiazepam und Cocain 36 bis 48 Stunden vor dem Unfall konsumiert hätte und er beim Autofahren nach so langer Zeit sicher nicht mehr beeinträchtigt gewesen sein könne.
In Bezug auf den Vorwurf laut Punkt 3) verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er sich ja bereiterklärt hätte, sich vom Amtsarzt in Bezug auf seine körperliche und geistige Verfassung untersuchen zu lassen. Er habe auch eine Blutabnahme zugelassen. Er verweise dabei auf das vom Amtsarzt angefertigte Gutachten. Er hätte lediglich Hilfe holen wollen, weil seine Beifahrerin verletzt worden sei und er im Stau weiter vorne einen Krankenwagen gesehen habe. Auch hätte er nicht ausschließen können, dass erneut ein PKW auf den von ihm gelenkten PKW auffahre und dann schlimmere Verletzungen entstanden wären.
In Bezug auf den Vorwurf laut Punkt 4) verwies der Beschwerdeführer darauf, dass er den Unfallort lediglich verlassen habe, um seine Beifahrerin und sich in Sicherheit zu bringen. Seine Begleiterin hätte in den LKW einsteigen dürfen und er hätte Hilfe holen wollen, um festzustellen, dass die Beifahrerin und er nicht stärker verletzt seien als es erschienen sei. Der LKW-Fahrer hätte ihm in der Zwischenzeit versichert, die Unfallstelle zu sichern, der LKW-Fahrer sei ja ebenfalls am Unfall beteiligt gewesen und hätte Pannendreieck sowie Warnweste schon bereitgestellt gehabt. Er hätte darauf vertraut, dass er die Unfallstelle sichere und er glaube, dass schon zuvor am LKW etwas gefehlt habe.
In Bezug auf Punkt 5) erklärte der Beschwerdeführer, dass er nicht schuldig sei. Sein Betreten der Autobahn sei als Ausnahme zum Hilfeholen anzusehen. Er habe auch die Autobahn selbst nicht betreten, sondern nur ein paar Meter der Autobahnbfahrt. Er hoffe, dass er keine Strafe bekomme, weil er nach einem Unfall Hilfe hätte holen wollen. Er hätte sich um seine Beifahrerin gesorgt. Es sei eine Kurzschlussreaktion gewesen, dass er zum Krankenwagen gelangen hätte wollen.
Beweis aufgenommen wurde durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in Lichtbilder vom Verkehrsunfall.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer lenkte am 05.04.2018 um 06.50 Uhr einen PKW mit dem Kennzeichen ***** auf der Autobahn A ** in Richtung Westen bei Straßenkilometer **. Der Beschwerdeführer fuhr dabei auf der rechten Fahrspur auf einen vor ihm fahrenden LKW auf, wobei der von ihm gelenkte PKW schwer beschädigt wurde. Die Beifahrerin des Beschwerdeführers erlitt durch den Aufprall und das Lösen des Airbags leichte Verletzungen.
Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand. Er war auch zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz einer Lenkberechtigung, da ihm diese zu diesem Zeitpunkt entzogen war.
Der Beschwerdeführer traf am Unfallort keine Sicherungsmaßnahmen sondern verließ die Unfallstelle unverzüglich, indem er zunächst auf der Autobahn auf dem Pannenstreifen entlangging. Nur wenige Minuten nach dem Unfall traf die Polizei am Unfallort ein und wurde, weil der Beschwerdeführer nicht anwesend war, eine Fahndung nach ihm ausgelöst. Eine Polizeistreife konnte den Beschwerdeführer schließlich um 07.06 Uhr vor dem Haus Adresse 1 in Z antreffen. In der Folge wurde dann auf der PI Innere Stadt ein Alkotest durchgeführt, der negativ verlief. Schließlich wurde um 11.08 Uhr Blut abgenommen. Eine Auswertung der Blutproben ergab eine Suchtmittelbeeinträchtigung zum Lenkzeitpunkt.
III. Beweiswürdigung:
Dass es zu einem Unfall gekommen ist und der Beschwerdeführer dabei mit dem von ihm gelenkten PKW auf einen LKW auffuhr, ist unstrittig. Der Unfallhergang ergibt sich anhand der Verkehrsunfallanzeige der Autobahnpolizeiinspektion Schönberg sowie der Lichtbilder.
Aus der Anzeige ergibt sich auch, dass der LKW nach dem Aufprall des vom Beschwerdeführer gelenkten PKWs auf dessen Heck noch 175 m zurücklegte. Damit wird die Version des Beschwerdeführers widerlegt, dass sich der LKW auf der Autobahn im Stillstand befunden hätte.
Das Fehlen der Lenkberechtigung wird vom Beschwerdeführer zugestanden. Der Anzeige ist auch zu entnehmen, dass eine zunächst durch den Polizeiarzt beabsichtigte Blutabnahme scheiterte, weil der Beschwerdeführer bei der ärztlichen Untersuchung einschlief. Schließlich kam es am 05.04.2018 um 11.08 Uhr zu einer Blutabnahme und in weiterer Folge zu einer Auswertung durch das Institut für gerichtliche Medizin der Universität Z. Im Gutachten ist in unmissverständlicher Weise festgehalten, dass Cannabinoide nachgewiesen worden seien und damit auch der Konsum von Haschisch, Marihuana und anderer THC-hältiger Produkte und sei dadurch der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Probenentnahme beeinträchtigt gewesen. Auch sei die Serumkonzentration von Oxazepam im hochtoxischen Bereich gelegen. Auch sei Cocain nachgewiesen worden, wodurch der Konsum von Cocain oder Crack belegt sei und damit der Beschwerdeführer auch unter Einfluss von Cocain gestanden sei. Zusammengefasst ist festgehalten, dass aufgrund der angeführten Substanzen im Blut aus gerichtsmedizinischer Sicht eine Verkehrstauglichkeit zum Zeitpunkt der Probenentnahme nicht vorgelegen ist. Wenn aber die Verkehrstauglichkeit für den Zeitpunkt der Blutabnahme um 11.08 Uhr verneint wird, so gilt dies umso mehr für den davor gelegenen Unfallzeitpunkt.
Dass der Beschwerdeführer an Ort und Stelle verblieben sei und Absicherungsmaßnahmen durchgeführt hätte bzw an der Sachverhaltsklärung mitgewirkt hätte, wird von ihm selbst nicht behauptet. Der Beschwerdeführer hat die Unfallstelle unverzüglich verlassen und musste er dies aufgrund der Konstruktion der Autobahn im Tatortbereich letztlich zumindest zunächst als Fußgänger auf der Autobahn machen.
IV. Rechtslage:
Das Führerscheingesetz hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Geltungsbereich
§1
…
(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. …
Strafbestimmungen
Strafausmaß
§ 37
(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
…
(3) Eine Mindeststrafe von 363 Euro ist zu verhängen für das Lenken
1. eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt,
2. eines Kraftfahrzeuges, obwohl der Führerschein oder vorläufige Führerschein gemäß § 39 vorläufig abgenommen wurde oder
3. eines Kraftfahrzeuges der Klasse D entgegen der Bestimmung des § 20 Abs. 4, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt.
(4) Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl
1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder
…
Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) lauten wie folgt:
„§ 4 Verkehrsunfälle
(1) Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben
b) wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,
…
c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
§ 5 Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol
(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
§ 46 Autobahnen
(1) Autobahnen dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benützt werden, die eine Bauartgeschwindigkeit von mindestens 60 km/h aufweisen und mit denen diese Geschwindigkeit überschritten werden darf; dies gilt nicht für Fahrzeuge des Straßendienstes. Jeder andere Verkehr, insbesondere der Fußgängerverkehr, der Verkehr mit Fahrrädern, Motorfahrrädern und Fuhrwerken, der Viehtrieb und das Reiten, ist auf der Autobahn verboten. Im Bereich eines Grenzüberganges darf die Autobahn betreten werden, um Tätigkeiten zu verrichten, die mit der Grenzabfertigung zusammenhängen oder einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen (wie Geldwechsel, Aufsuchen von Informationsstellen u. dgl.); das gleiche gilt für den Bereich einer Mautstelle sinngemäß. Die Autobahn darf weiters betreten werden:
1. im Bereich eines Kontrollplatzes, um Tätigkeiten zu verrichten, die mit Personen- oder Fahrzeugkontrollen zusammenhängen, oder
2. um Tätigkeiten zu verrichten, die mit einer Verkehrszählung zusammenhängen.
…
§ 99 Strafbestimmungen.
(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.
…
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt,
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,
a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,
V. Erwägungen:
V.1. Zur Übertretung gemäß § 1 Abs 3 FSG:
Der Beschwerdeführer hat einen Verstoß gegen § 1 Abs 3 FSG eingestanden. Er musste sich aber im Klaren darüber sein, dass er damit eine Übertretung begeht. Der Beschwerdeführer hat am 11.01.2018 bereits eine gleichgelagerte Übertretung begangen, weswegen er von der Landespolizeidirektion Tirol angezeigt wurde. Damals kam es zu einer Polizeikontrolle und wurde dem Beschwerdeführer die Weiterfahrt untersagt. Der Beschwerdeführer erhob gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 30.05.2018, Zl *******, eine lediglich gegen die Strafhöhe gerichtete Beschwerde und wurde dieser mit Erkenntnis des LVwG Tirol vom 25.07.2018, Zl LVwG-2018/28/1368, teilweise Folge gegeben und die Geldstrafe auf Euro 726,-- herabgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat die ihm angelastete Übertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen. Soweit er in diesem Zusammenhang auf eine Bestrafung des Landesgerichtes Z vom 03.07.2018, Zl *******, verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass er einerseits wegen des Verbrechens des Suchtgifthandelns nach
§ 28a Abs 1 fünfter Satz SMG sowie wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Satz StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren verurteilt wurde. Damit wurden aber keineswegs die von der Verwaltungsbehörde mit dem gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfenen Taten mitbestraft. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es in der Begründung dieses Urteils angeführt ist, dass der Beschwerdeführer am 05.04.2018 gegen 06.50 Uhr in Z im Besitz von 15,1 g Cocain und 13,2 g Marihuana festgenommen worden sei, nachdem er zuvor auf der Autobahn A ** unter Einfluss von Cocain und ohne Besitz einer Lenkberechtigung auf einen vor ihn fahrenden LKW aufgefahren und in weiterer Folge zu Fuß von der Unfallstelle geflüchtet sei, wobei er durch einen weiteren Verlauf im Bereich Adresse 1 angehalten und festgenommen werden konnte. Aus diesen Ausführungen ergibt sich nicht, dass der Auffahrunfall bzw. die Flucht von der Unfallstelle in die Bestrafung Eingang gefunden hätte. Der Unrechtsgehalt der vom Landesgericht bestraften Taten steht im Zusammenhang mit dem Handel von Drogen bzw Verleumdung, nicht jedoch mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigtem Zustand oder ohne erforderliche Lenkberechtigung.
In Bezug auf die Strafhöhe ist zu beachten, dass die nunmehr verhängte Geldstrafe lediglich geringfügig über der vom Gesetzgeber vorgesehenen Mindeststrafe von Euro 726,00 liegt. Aufgrund der zuvor angeführten Vortat ist von einem erheblichen Verschulden auszugehen. Die Festsetzung der Geldstrafe in Höhe von Euro 1.000,00 begegnet daher keinen Bedenken. Es liegt auch nicht der Milderungsgrund der Unbescholtenheit vor. Die Geldstrafe lässt sich durchaus mit ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen. Dabei ist zu bedenken, dass die vom Beschwerdeführer missachtete Bestimmung in hohem Ausmaß der Verkehrssicherheit dienen soll und gerade dieses Rechtsgut massiv beeinträchtigt wurde.
V.2. Zur Übertretung gemäß § 5 Abs 1 StVO:
Der Beschwerdeführer befand sich zum Lenkzeitpunkt in einem massiv durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand. Der Beschwerdeführer hätte sich im Klaren darüber sein müssen, dass er nicht berechtigt ist, ein Kraftfahrzeug in dieser Verfassung zu lenken.
Die Ausführungen in Bezug auf das Nichtvorliegen einer Doppelbestrafung laut Punkt V.1. gelten auch für die gegenständliche Übertretung.
Auch in diesem Fall ist die Verkehrssicherheit das von der missachteten Bestimmung verfolgte Rechtsgut. Der Beschwerdeführer war offenbar zum Lenkzeitpunkt durch Suchtmittel schwer beeinträchtigt, sodass eine hohe Unfallgefahr damit verbunden war. Schließlich hat sich diese Gefahr durch den Verkehrsunfall auch realisiert. Die Festsetzung der Geldstrafe ist geringfügig über der vom Gesetzgeber festgesetzten Mindestgeldstrafe von Euro 800,00 mit Euro 1.000,00 und ist trotz der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen. Es liegen weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vor.
V.3. Zu den Übertretungen gemäß § 4 Abs 1 lit b und c StVO:
Die Mitwirkungsverpflichtung bestand bereits am Unfallort. Dass der Beschwerdeführer nach eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen mehr als vier Stunden nach dem Verkehrsunfall gegenüber dem Polizeiarzt in irgendeiner Form mitgewirkt hat, ist im gegenständlichen Zusammenhang nicht relevant. Es bedurfte schließlich erst des Aufgreifens des Beschwerdeführers, um etwa die Identität des Lenkers aber auch dessen körperliche Voraussetzungen zum Lenken eines Kraftfahrzeuges zum Unfallzeitpunkt feststellen zu können. Der Beschwerdeführer hat die Feststellung der körperlichen und geistigen Voraussetzungen zum Unfallzeitpunkt nicht verunmöglicht. Er hat sie aber durch seine Flucht erschwert.
Der Beschwerdeführer wäre auch verpflichtet gewesen, Absicherungsmaßnahmen vornehmen zu lassen. Er durfte sich dabei nicht darauf berufen, dass der weitere Unfallbeteiligte dies übernimmt. Er hätte sich, selbst wenn ein Auftrag in dieser Richtung erteilt worden wäre, davon überzeugen müssen, dass dieser Auftrag erfüllt wird. Indem er die Unfallstelle plötzlich verlassen hat, trifft ihn diesbezüglich jedenfalls ein Verschulden.
Hinsichtlich dieser beiden Übertretungen war jedoch eine Herabsetzung der Geldstrafen vorzunehmen, dies im Hinblick auf die ungünstigen Verhältnisse des Beschwerdeführers. Dieser befindet sich derzeit in Strafhaft und verbüßt einen mehrjährige Haftstrafe. Darüber hinaus trifft ihn auch eine Sorgepflicht für ein Kind. Letztlich kommt ihm dabei auch zu Gute, dass die Frage der körperlichen Eignung zum Lenkzeitpunkt letztlich doch noch geklärt werden konnte und eine Absicherung der Unfallstelle durch ein rasches Eintreffen der Exekutive sichergestellt wurde.
V.4. Zur Übertretung gemäß § 46 Abs. 1 StVO:
Der Beschwerdeführer hat die Unfallstelle zu Fuß auf der Autobahn gehend verlassen. Dass er auf der Autobahn gegangen wäre, um Rettungsmaßnahmen einzuleiten, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Im Übrigen würde ihn nur ein Notstand entschuldigen. Dafür fehlt es jedoch an den Voraussetzungen.
Er hat daher die Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen.
In Bezug auf die Strafhöhe ist auszuführen, dass diese nicht unangemessen hoch ist. Auch hier wurde das Rechtsgut der Verkehrssicherheit massiv beeinträchtigt, was insbesondere auch im Zusammenhang mit der Suchtmittelbeeinträchtigung des Beschwerdeführers zu sehen ist. Es bestand daher insbesondere eine hohe Gefahr, dass der Beschwerdeführer selbst verletzt werden hätte können. Auch unter Berücksichtigung der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse ist die Strafe nicht unangemessen hoch.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Stöbich
(Richter)
Schlagworte
Suchtmittel beeinträchtiger Zustand; Mitwirkungspflicht; Lenken ohne Lenkberechtigung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.20.2782.3Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019