Entscheidungsdatum
08.03.2019Norm
WRG 1959 §102Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die von A für die B, ***, ***, erhobene Beschwerde vom 19.11.2018, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 26.09.2013, ***, betreffend Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Wasserkraftanlage („***“) - die Beschwerde gegen die naturschutzrechtlichen Bescheide vom 06.09.2013 und vom 17.10.2013, *** und ***, wird gesondert entschieden - folgenden
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Akteneinsicht wird gemäß
§ 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
3. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen diesen Beschluss nicht zulässig.
Begründung:
Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs erteilte der C GmbH, ***, ***, mit Bescheid vom 26.09.2013, ***, gemäß § 9 WRG 1959 und § 38 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Kleinkraftwerkes an der *** samt Sanierung einer bestehenden Wehrschwelle und von Wehrmauern sowie für die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe, einer Stromzuleitung zum Kraftwerk und einer Baustraße für die Dauer der Bautätigkeit. Diese Bewilligung ist in Rechtskraft erwachsen (Zustellungen an die Parteien am 6.11.2014, 7.11.2014 und 10.12.2014).
Nach Erlassung des EuGH-Urteiles vom 20.12.2017, C-664/15, in der Rechtssache „Protect“ erließ der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis vom 28.03.2018, Ra 2015/07/0055. Der EuGH hielt in seinem Urteil fest, dass das Gericht jeweils prüfen müsse, ob erhebliche negative Auswirkungen auf Gewässer möglich seien, und dass im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention iVm Art. 47 der Grundrechtecharta dann Parteistellung gegeben sei, wenn das nationale Recht eine Verknüpfung zwischen der Stellung als Partei und dem Recht des Einlegens eines Rechtsbehelfes bei einem Gericht herstelle, und dass das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nicht unverhältnismäßig beschränkt werden dürfe. Der Verwaltungsgerichtshof führte in seinem Erkenntnis aus, dass Parteistellung und Beschwerdebefugnis nach österreichischem Recht unmittelbar zusammenhängen würden, in einem derartigen Fall eine Umweltorganisation auch im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention in einem verwaltungsbehördlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung hätte und im konkreten Fall durch die Anwendung der Ausschlussregelung des § 42 AVG das Recht zur Erhebung eines Rechtsbehelfes bei einem Gericht übermäßig beschränkt würde.
Die B beantragte mit Schreiben vom 03.08.2018 die Zustellung diverser Bescheide, darunter auch des angefochtenen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 26.09.2013. Der angefochtene Bescheid wurde am 22.10.2018 per E-Mail zugestellt. Daraufhin erhob A für die B (kurz: B) mit Schreiben vom 19.11.2018 gegen diesen wasserrechtlichen Bescheid Beschwerde. Darin führte er unter anderem auch aus, gegen den Bescheid vom 06.09.2013 und den Berichtigungsbescheid vom 17.10.2013 Beschwerde zu erheben. Letztere sind nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens, es handelt sich um Bescheide nach dem NÖ Naturschutzgesetz, dazu wird unter den Geschäftszahlen LVwG-AV-127/001-2019 und LVwG-AV-128/001-2019 vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich entschieden.
Hier gegenständlich ist ausschließlich die Beschwerde gegen den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 26.09.2013. Es wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die B durch Zustellung der Bescheide, unter anderem des angefochtenen wasserrechtlichen Bescheides, seitens der belangten Behörde als Partei bzw. rechtsmittelbefugt behandelt werde. Es werde auf das jüngste Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 26.06.2018,
LVwG-AV-1309/001-2017, verwiesen und auf das EuGH-Urteil vom 20.12.2017,
C-664/15, „Protect“. Im Wasserrecht sei anerkannten Umweltorganisationen bei Eingriffen in das unionsrechtliche Verschlechterungsverbot nach dieser EuGH-Judikatur jedenfalls Parteistellung zu gewähren. Die Beschwerde sei innerhalb der vierwöchigen Frist nach Zustellung des Bescheides erhoben worden.
Die B sei im Verfahren nicht beteiligt gewesen und daher übergangene Partei. Es werde bemängelt, dass keine Prüfung des Vorhabens nach § 104 und § 104a WRG 1959 durchgeführt worden sei, obwohl relevante Auswirkungen auf den Gewässerzustand betreffend Erreichbarkeit der geforderten Sanierungsziele zu erwarten wären und nicht alle praktikablen Vorkehrungen getroffen worden seien, um die negativen Auswirkungen zu mindern. Es würde die Erreichbarkeit der geforderten wasserrechtlichen Sanierungsziele beeinträchtigt. Abschließend wurde unter anderem volle Akteneinsicht in die von der Erstbehörde übermittelten Aktenteile beantragt.
Die Postaufgabe der Beschwerde erfolgte am 19.11.2018.
Mit BGBl. I Nr. 73/2018 änderte der Gesetzgeber im Hinblick auf das EuGH-Urteil in der Rechtssache „Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation“ C-664/15 vom 20.12.2017 unter anderem die Bestimmungen des WRG 1959 betreffend Parteien und Beteiligte (§ 102) zu Gunsten von Umweltorganisationen wie der B. Eine Übergangsregelung traf der Gesetzgeber in § 145 Abs. 15 WRG 1959.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Die Bestimmungen des WRG 1959 in der Fassung BGBl I. Nr. 44/2018 (vor dem Aarhus-Beteiligungsgesetz) lauten auszugsweise:
(1) Parteien sind:
a)
der Antragsteller;
b)
diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;
ferner
c)
im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
d)
Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
e)
diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;
f)
im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;
g)
diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;
h)
das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.
(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind – nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären.
(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen, die Erhebung von Einwendungen steht ihnen jedoch nicht zu.
(4) Im wasserrechtlichen Verfahren können sich Parteien und Beteiligte auch fachkundiger Beistände bedienen.
(1) Das Verfahren ist nach Maßgabe der Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzusetzen. Zu dieser sind der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, persönlich zu laden; dies gilt auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG kundzumachen und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (insbesondere durch Verlautbarung in einer Gemeindezeitung oder Tageszeitung, Postwurfsendungen). Soll durch das Vorhaben in Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, eingegriffen werden, ist die zuständige Agrarbehörde von der Verhandlung zu verständigen.
(2) Eine mündliche Verhandlung ist jedenfalls dann durchzuführen, wenn der Bewilligungswerber dies verlangt.“
Die nach Einbringung der gegenständlichen Beschwerde am 23.11.2018 in Kraft getretenen geänderten Bestimmungen des WRG 1959, BGBl. I Nr. 73/2018 (Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018), lauten auszugsweise:
(1) ...
(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind – nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären. Beteiligte sind auch nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, insbesondere dann, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. b zu erwarten sind.
(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen; in diesem Rahmen haben die nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen auch die Möglichkeit, alle von ihr für das geplante Vorhaben als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder während einer mündlichen Verhandlung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen. Diese sind bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen. Die Erhebung von Einwendungen steht den Beteiligten jedoch nicht zu.
(4) …
(5) Eine nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation ist im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung berechtigt, gegen Bescheide, die auf der Grundlage dieses Bundesgesetzes oder anderer Bundesgesetze, nach denen wasserrechtliche Bestimmungen mitangewendet werden, erlassen wurden, Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a geltend zu machen.
...
(1) Das Verfahren ist nach Maßgabe der Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzusetzen. Zu dieser sind der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, persönlich zu laden; dies gilt auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG kundzumachen und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (insbesondere durch Verlautbarung in einer Gemeindezeitung oder Tageszeitung, Postwurfsendungen). Wird das Verfahren bei wasserrechtlichen Vorhaben mit möglichen erheblichen negativen Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer nicht durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortgesetzt, sind die gemäß § 41 Abs. 2 AVG notwendigen Angaben auf einer für nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform für sechs Wochen zur Einsicht bereitzustellen. Soll durch das Vorhaben in Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, eingegriffen werden, ist die zuständige Agrarbehörde von der Verhandlung zu verständigen.
(2) …
(3) Bewilligungsbescheide betreffend wasserrechtliche Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand gemäß § 104a sind auf einer für nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform für sechs Wochen bereitzustellen. Mit Ablauf von zwei Wochen nach der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform gilt der Bescheid gegenüber einer zur Erhebung einer Beschwerde berechtigten Umweltorganisation (§ 102 Abs. 5) als zugestellt. Ab dem Tag der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform ist nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung Zugang zu den im Verwaltungsverfahren vorliegenden relevanten Informationen betreffend die Einhaltung der Umweltziele zu gewähren.
(1) ...
…
(15) Eine einer nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisation in einem bis zum Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zuerkannte Parteistellung bleibt erhalten. Für Vorhaben, für die ein Bewilligungsbescheid vor Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 zwar schon erlassen, aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, beginnt die Beschwerdefrist für eine nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, vier Wochen nach dem auf die Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag zu laufen. Bescheide, die innerhalb eines Jahres vor dem Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 in Rechtskraft erwachsen sind und in der Urkundensammlung des Wasserbuchs allgemein zugänglich sind, können innerhalb von sechs Wochen nach dem auf die Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag von einer nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisation angefochten werden. Sofern solche Bescheide nicht in der Urkundensammlung des Wasserbuchs allgemein zugänglich sind, können sie innerhalb von sechs Wochen nach dem auf die Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 folgenden Tag von einer nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisation angefordert werden; die Beschwerdefrist, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a geltend zu machen, beträgt in diesem Fall vier Wochen ab Zustellung des Bescheides. Ein nach dem auf die Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 folgenden Tag beim Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Revision einer nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisation anhängiges Verfahren ist weiterzuführen, auch wenn der Bescheid, auf den sich die Revision bezieht, länger als ein Jahr vor dem Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2018 in Rechtskraft erwachsen ist.
(16) ...“
Der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 26.09.2013 ist in Rechtskraft erwachsen. Dies durch Zustellung an die in dem diesem Bescheid zugrunde liegenden Bewilligungsverfahren beteiligten Parteien.
Mit dem EuGH-Urteil vom 20.12.2017, C-664/15 („Protect“), sprach der Gerichtshof aus, dass auch Umweltorganisationen in wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu beteiligen sind und ein Beschwerderecht gegen Bewilligungsbescheide haben, unter dem Aspekt der Wasserrahmenrichtlinie (Verschlechterungsverbot).
Zunächst ist festzuhalten, dass die B als Verein iSd Vereinsgesetzes zu werten und am 01.01.1990 entstanden ist. Sie ist weiters mit Anerkennungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 08.02.2012, *** als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannt und hat den Tätigkeitsbereich in Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Steiermark und Wien (Eintragung in der Liste anerkannter Umweltorganisationen beim BMNT, vormals BMLFUW, mit Stand 30.01.2019).
A hatte als Obmann dieses Vereines vom 11.11.2016 bis 10.11.2018 die Vertretungsbefugnis für den Verein (Auszug aus dem Vereinsregister vom 21.11.2018). Aus dem Vereinsregisterauszug zum Stichtag 18.12.2018 geht hervor, dass er dann erst wieder ab 30.11.2018 als Obmann die Vertretungsbefugnis für den Verein bis 29.11.2021 inne hat. Daraus ergibt sich, dass die mit 19.11.2018 datierte und am selben Tag zur Post gegebene Beschwerde des Vereins B, welche von A als Obmann unterschrieben wurde, von einem nicht nach außen Vertretungsbefugten stammt. Schon aus diesem Grund ist die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Aber auch bei einer Beurteilung der eingebrachten Beschwerde als A zuzurechnen, wäre mangels Rechtsmittellegitimation infolge fehlender Geltendmachung eines subjektiv öffentlichen Rechtes zurückzuweisen.
Da die Beschwerde zurückzuweisen ist, fehlt auch dem Antrag auf Akteneinsicht die Berechtigung.
Darüber hinaus sieht sich das Landesverwaltungsgericht zu folgenden Feststellungen veranlasst:
Der angefochtene Bescheid vom 26.09.2013 ist den zum Zeitpunkt seiner Erlassung nach damaliger Rechtslage vorhandenen Parteien zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Es hatte nach dieser Rechtslage eine Umweltorganisation wie die B im Wasserrechtsverfahren weder Partei- noch Beteiligtenstellung. Dies ergibt sich aus § 102 WRG 1959 in der damals gültigen Fassung, die hinsichtlich dieser Thematik mit BGBl. I Nr. 44/2018 übereinstimmt.
Mit dem Urteil des EuGH vom 20.12.2017, Rs C-664/15 (Protect), sprach dieser Gerichtshof aus, dass auch Umweltorganisationen bei Vorhaben, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, ein Beteiligungs- und Überprüfungsrecht hätten. Weiters sprach er in Auslegung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention aus, dass ein Überprüfungsrecht auch bei Vorhaben bestünde, bei denen erhebliche Umweltauswirkungen von vornherein ausgeschlossen werden könnten. Diese Rechtsprechung ist für künftige Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz anzuwenden. Gleiches gilt für das Erkenntnis des VwGH vom 28.03.2018, Ra 2015/07/0055. Eine rückwirkende Heranziehung dieser Judikatur ist aufgrund des im Unionsrecht und im österreichischen Recht geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Rechtssicherheit nicht vorgesehen. Im gegenständlichen Fall war der angefochtene Bescheid bereits vor dieser neuen Rechtsprechung rechtskräftig geworden.
Der EuGH führte etwa im Urteil vom 16.03.2006, C-234/04, Rs Kapferer, zum Grundsatz der Rechtssicherheit aus, dass zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit sowie einer geordneten Rechtspflege die nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordenen Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden könnten. Es gebiete das Gemeinschaftsrecht einem nationalen Gericht nämlich nicht, von der Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften, aufgrund deren eine Entscheidung Rechtskraft erlange, abzusehen, selbst wenn dadurch ein Verstoß dieser Entscheidung gegen Gemeinschaftsrecht abgestellt werden könne.
In dem Zusammenhang wird auch auf die Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VfGH G 5/09, VwGH 22.12.2011, 2008/16/0012 u.a.) hingewiesen, wonach eine Entscheidung des EuGH keine Berechtigung zur Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren nach nationalem Recht aufgrund des Neuerungstatbestandes einräumt. Im Erkenntnis vom 22.12.2011 wird weiters ausgeführt, dass die Wiederaufnahme nicht dazu diene, die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines Sachverhaltes zu beseitigen.
Weiters ist festzuhalten, dass mit der Novelle u.a. zum WRG 1959 durch BGBl. I Nr. 73/2018 (Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018) der Gesetzgeber das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 20.12.2017, Rs C-664/15 (Protect), in innerstaatliches Recht umgesetzt hat.
Um Härtefälle zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit dieser Novelle zum WRG in
§ 145 Abs. 15 WRG 1959 eine Übergangsregelung für bereits rechtskräftig abgeschlossene Fälle geschaffen. Es können nach dieser Bestimmung wasserrechtliche Bewilligungsbescheide, die innerhalb eines Jahres vor dem Tag der Kundmachung dieses Bundesgesetzes (das ist ab 21.11.2017) in Rechtskraft erwachsen und in der Urkundensammlung des Wasserbuches allgemein zugänglich sind, innerhalb von sechs Wochen nach dem auf die Kundmachung des genannten Bundesgesetzes folgenden Tag von einer nach UVP-Gesetz anerkannten Umweltorganisation angefochten werden. Das Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 ist am 22. November 2018 kundgemacht worden. Bescheide hätten daher frühestens am 21.11.2017 in Rechtskraft erwachsen sein dürfen, um angefochten werden zu können.
Darüber hinaus ist für ältere Entscheidungen unter den oben genannten Voraussetzungen keine Anfechtungsmöglichkeit durch eine Umweltorganisation gegeben. Der angefochtene Bescheid vom 26.09.2013 ist jedenfalls mit Erlassung der Rechtsmittelentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 06.11.2014, LVwG-AV-51/001-2014, - damit wurden gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerden ab-/zurückgewiesen - in Rechtskraft erwachsen, und zwar vor dem 21.11.2017. (An die damals beschwerdeführenden Parteien und an die Konsensinhaberin wurde jeweils am 7.11.2014 nachweislich zugestellt.) Darüber hinaus ist er im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Scheibbs (online über den Wasserdatenverbund des Landes Niederösterreich und bei der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs zur persönlichen Einsichtnahme) allgemein zugänglich.
Der Bescheid vom 26.09.2013, welcher von A für die B mit Beschwerde vom 19.11.2018 angefochten wurde, ist dieser juristischen Person am 22.10.2018 zugestellt worden. Es ist dazu festzuhalten, dass durch die bloße Zustellung eines Bescheides nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vom 21.01.2014, 2010/04/0078, vom 26.09.2013, 2013/07/0062 u.a.) keine Parteistellung begründet wird.
Zum in der Beschwerde angeführten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 26.06.2018, LVwG-AV-1309/001-2017, in einer Sache nach dem NÖ NSCHG ist auszuführen, dass der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt nicht mit dem gegenständlichen vergleichbar ist. Dies deshalb, da in ersterem ein Beschwerdeverfahren betreffend Parteistellung bereits vor Erlassung des EuGH-Urteils vom 20.12.2017, Rs C-664-15 (Protect), anhängig war. (Die Beschwerde ist vom 24.10.2017 gegen den zurückweisenden Bescheid nach NÖ NSCHG.) Das gegenständliche wasserrechtliche Beschwerdeverfahren wurde erst mehrere Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Bewilligungsverfahrens, welches mit Bescheid der BH Scheibbs vom 26.09.2013, ***, in I. Instanz abgeschlossen wurde, initiiert. Zum genannten Bewilligungsverfahren ergingen weiters der Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 11.12.2013, ***, und die Rechtsmittelentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes NÖ vom 6.11.2014, LVwG-AV-51/001-2014. (Diese Entscheidung wurde an die damals beschwerdeführenden Parteien und an die Konsensinhaberin jeweils am 7.11.2014 nachweislich zugestellt.) Gegen letztere war Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben worden, deren Behandlung mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20.02.2015 abgelehnt wurde. Die hier gegenständliche Beschwerde ist vom 19.11.2018.
Das in der Beschwerde angeführte Erkenntnis des VwGH vom 19.02.2018, Ra 2015/07/0074, betrifft das Immissionsschutzgesetz-Luft und geht damit thematisch grundsätzlich am Beschwerdegegenstand vorbei. Eine allenfalls allgemein aus diesem Erkenntnis ableitbare Rechtsansicht, wonach mit dem nationalen Recht ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte zu gewährleisten ist, findet seine Grenze dort, wo die Rechtssicherheit nicht mehr gewahrt wäre. Dazu ist auf die Judikatur des EuGH zu verweisen (vom 13.01.2004, C-453/00, Rs Kühne und Heitz, und vom 16.03.2006,
C-234/04, Rs Kapferer). Dies wäre hier der Fall.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung steht im Einklang mit der einheitlichen Rechtsprechung und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des innerstaatlichen und des Unionsrechtes.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Verfahrensrecht; Bescheidbeschwerde; Parteistellung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.124.001.2019Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019