Entscheidungsdatum
11.02.2016Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W214 2009472-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2014, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.F. BGBl. I Nr. 70/2015, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer XXXX, auch XXXX, ein syrischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens sowie Zugehöriger der arabischen Volksgruppe, stellte am 13.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Dabei gab er bei seiner Erstbefragung am 14.01.2014 an, er stamme aus XXXX, Provinz XXXX, und habe Syrien im September 2013 illegal verlassen. Er habe einen Einberufungsbefehl erhalten und wolle nicht kämpfen. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien habe der Beschwerdeführer Angst um sein Leben.
Weiters legte der Beschwerdeführer seinen syrischen Personalausweis vor.
2. Am 02.04.2014 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen.
Dabei gab er zusammengefasst Folgendes an:
Am 25.03.2011 habe der Beschwerdeführer an friedlichen Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen. Im Juni 2011 sei er deshalb vom syrischen Militär zu Hause gesucht worden. Im August 2011 habe das Militär im Haus des Beschwerdeführers nach ihm gesucht, weil er seinen Militärdienst hätte antreten müssen. Der Beschwerdeführer sei von Freunden gewarnt worden, weshalb er sich bei seinem Onkel in XXXX und nicht zu Hause aufgehalten habe. Er habe keinen Einberufungsbefehl erhalten, jedoch müsse jeder mit 18 Jahren zum Militär. Im Februar oder März 2012 sei es im Heimatort des Beschwerdeführers zu Kämpfen zwischen der syrischen Regierung und dem Freiheitsmilitär gekommen. Die Familie sei deshalb für eine Woche nach XXXX gegangen. Danach seien sie für zwei oder drei Monate nach XXXX zurückgekehrt und hätten Syrien schließlich im Juli oder August 2013 in Richtung Türkei verlassen. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien sei der Beschwerdeführer von zwei Seiten bedroht; entweder müsse er töten oder er werde getötet.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid, wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idgF ab (= Spruchpunkt I.) und erklärte, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. zuerkannt werde (= Spruchpunkt II.); ferner erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung (= Spruchpunkt III.).
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte die belangte Behörde zur Person des Beschwerdeführers fest, dass seine Identität feststehe. Er sei syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht verlassen habe. Nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2011 mit seinem damaligen Alter von 16 Jahren zum Militär hätte einberufen werden sollen. Wäre er tatsächlich vom syrischen Militär gesucht worden, hätte er nicht noch - mit kurzen Unterbrechungen - von Juni 2011 bis Juli/August 2013 in XXXX gelebt. Weiters stünden die Besuche des Militärs bei der Familie des Beschwerdeführers im Widerspruch zueinander. Zum einen habe der Beschwerdeführer angegeben, vom Regime aufgrund der Teilnahme an den Demonstrationen gesucht worden zu sein, zum anderen hätte er aber auch vom Regime zum Militär eingezogen werden sollen. Schließlich seien die zeitlichen Angaben des Beschwerdeführers nicht schlüssig und es fehle ein Jahr im zeitlichen Ablauf.
Zur Lage in Syrien, insbesondere zur Situation von Wehrpflichtigen, stellte die belangte Behörde unter anderem Folgendes fest: Männliche Staatsbürger Syrien würden ab dem Alter von 18 Jahren dem verpflichtenden Wehrdienst unterliegen. Im März 2011 habe Präsident Assad ein Dekret erlassen, in welchem er die Länge des verpflichtenden Wehrdienstes von 21 auf 18 Monate verringert habe. Dies sei als Versuch gewertet worden, den Unmut unter vielen Jungen zu besänftigen, die über den Entzug der Lebensmittelhilfe für Familien von vorne Einberufung geflohen und über die willkürliche Überprüfung von Personaldokumenten verärgert gewesen sein. Alle Männer zwischen 18 und 40 Jahren würden für den Militärdienst in Frage kommen. Ausnahmen vom Militärdienst seien aus familiären Gründen möglich, z.B. wenn eine Familien nur einen Sohn habe oder wenn schwere gesundheitliche Probleme vorlägen. Trotz der Reduzierung der Länge des Militärdienstes auf 18 Monate sei im November 2011 eine Entscheidung erfolgt, den Aufschub der Einberufung aus administrativen oder schulischen Gründen aufzuheben. Daraufhin hätten Dutzende junge Männer das Land verlassen. Im Legislativdekret Nr. 124 für das Jahr 2011 sei den Personen im Einberufungsalter eine Generalamnestie gewährt worden, welche die Frist für die Einberufungstests nicht eingehalten hätten oder welche ohne legale Entschuldigung die Frist zum Eintritt in die Armee nicht eingehalten hätten. Diese Personen seien aufgefordert worden, sich innerhalb von 60 Tagen ab dem Veröffentlichungsdatum des Dekrets bei ihren Rekrutierungseinheiten zu melden. Eine Befreiung sei bei Vorliegen folgender Voraussetzungen möglich, wobei es jedoch keine gesetzlich geregelte Grundlage gebe, sich frei zu kaufen: Aus gesundheitlichen Gründen, wenn man nach Erreichen des 18. Lebensjahres für mindestens fünf Jahre ununterbrochen im Ausland gelebt habe, und für Männer die älter als 45 Jahre sein. Da es sich bei diesen Möglichkeiten vom Freikauf um eine "Kann-Bestimmungen" handle, sei eine Befreiung in Krisenzeiten unwahrscheinlich. Die den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad unterstützende Zeitung "Al-Watan" habe im Jänner 2013 berichtet, dass das syrische Verteidigungsministerium damit begonnen habe, zusätzliche Wehrpflichtige einzuziehen. Immer wieder gebe es Berichte, wonach Männer bei Kontrollen an Checkpoints zum Wehrdienst eingezogen werden würden. Die Strafen für Wehrdienstverweigerung hingen von den Umständen ab und würden von einem Monat bis zu fünf Jahren Haft reichen. Laut Artikel 98 des Militärstrafgesetzes werde Desertion in Friedenszeiten mit Haftstrafen von einem bis zu sechs Monaten bestraft. Die Strafen für Desertion variierten nach dem Rang des Deserteurs und den Umständen unter denen die Desertion stattgefunden habe. Das Überlaufen zum Feind sei mit der Exekution strafbar. Obwohl die Soldaten streng beaufsichtigt würden und ihre Familien bei Fahnenflucht mit Repressalien rechnen müssten, gebe es immer wieder Deserteure. Die meisten von ihnen seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Desertion könne - abhängig von den Umständen - einem Todesurteil gleich kommen, das, Berichten von Deserteuren zufolge oftmals auch unmittelbar vollstreckt werde. Grundwehrdiener würden mit Zwangsmaßnahmen zum Einsatz gezwungen. Syrischen Soldaten drohe bei der Weigerung gegen die Protestierenden vorzugehen Haft und Folter. Außerdem werde berichtet, dass Soldaten am Ende der Haft ein Dokument unterschreiben müssten in dem sie bestätigten, dass ihnen während der Haft nichts angetan worden sei, und sie hätten sich verpflichten müssen, Kameraden, die sich weigerten auf Demonstranten zu schießen, ihren Vorgesetzten zu melden. Erst dann hätten sie zu ihren Einheiten zurückkehren dürfen. Andere Soldaten seien hingegen Opfer von "Verschwindenlassen."
Desertierte syrische Soldaten hätten berichtet, dass sie gezwungen worden seien, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen erschossen zu werden. Eine große Zahl an Soldaten sei tatsächlich bereits getötet worden, als sie versucht hätten zu desertieren oder sich geweigert hätten auf Zivilisten zu schießen. Außerdem seien viele desertiert, nachdem sie Zeugen von Menschenrechtsverbrechen worden seien.
Die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten bergründete die belangte Behörde damit, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht habe glaubhaft machen können. Hingegen wurde dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen Lage in Syrien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
4. Gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer und sein Bruder hätten ab dem Frühjahr 2011 an Demonstrationen teilgenommen. Da sich die Frontlinie des Bürgerkrieges ständig verändert habe, habe das Militär XXXX aufgesucht und sei dann wieder abgezogen. Jedes Mal wenn das Militär nach XXXX gekommen sei, seien der Beschwerdeführer und sein Bruder nach XXXX geflohen, um einer Rekrutierung zu entgehen und dann, nach dem Abzug des Militärs, nach Hause zurückgekehrt. Einmal sei die Familie von Militärangehörigen aufgesucht worden, um den Beschwerdeführer und seinen Bruder vor weiteren Demonstrationsteilnahmen zu warnen, ein zweites Mal um dem Beschwerdeführer ein Schreiben wegen seines Militärdienstes auszuhändigen und ihn zum Kampf einzuziehen. Hätte man den Bruder des Beschwerdeführers in der Wohnung der Familie vorgefunden, hätte man sicherlich auch diesen - ohne Einberufungsbefehl - zum Wehrdienst eingezogen.
Weiters legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Rekrutierungsstelle XXXX vom 07.02.2013 vor. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer zu verhaften und die Ableistung seines Militärdienstes zu erzwingen sei. Bei diesbezüglichen Schwierigkeiten werde um die Anfertigung und Übergabe eines Berichtes spätestens 15 Tage ab Erhalt dieses Schreibens gebeten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Beschwerdeführer:
Die Identität des - strafgerichtlich unbescholtenen - Beschwerdeführers steht fest. Er ist syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe.
Der Beschwerdeführer befindet sich im wehrfähigen Alter, so dass er bei einer Rückkehr nach Syrien jederzeit von der Regierung zum Militärdienst einberufen werden kann. In diesem Fall würde er zu menschenrechtswidrigen Handlungen gezwungen werden. Es ist davon auszugehen, dass ihm aufgrund der Weigerung zum Militärdienst eine regimekritische Haltung unterstellt wird.
Aus diesen Gründen hätte er bei einer Rückkehr voraussichtlich eine Verhaftung und Bestrafung bis hin zu Misshandlungen und allenfalls sogar der Tötung zu erwarten. Weiters ist nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer auch aufgrund seines längeren Auslandsaufenthaltes, insbesondere während eines staatlichen Ausnahmezustandes, und der Stellung eines Asylantrages bei einer allfälligen Rückkehr in seine Heimat das Interesse der syrischen Behörden auf sich ziehen würde und ihm auch deshalb eine regimekritische Haltung unterstellt würde.
Es kann aus den oben genannten Gründen daher davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine für eine Asylgewährung hinreichend intensive Verfolgung durch die syrischen Behörden zu befürchten hätte.
1.2. Zur Situation im Heimatstaat des Beschwerdeführers ist auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen, auf die auch darin zitierten UNHCR-Richtlinien zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, sowie auf die in der Beschwerde des Beschwerdeführers zitierten Länderberichte zu verweisen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf seinen vorgelegten Dokumenten (syrischer Personalausweis), die auch von der belangten Behörde als glaubwürdig gewertet wurden. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit geht aus dem am 08.02.2016 vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug hervor.
Die Feststellungen, dass der sich im wehrfähigen Alter befindliche Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr nach Syrien den Wehrdienst antreten müsste, er in diesem Fall zu menschenrechtswidrigen Handlungen gezwungen und ihm bei einer Weigerung zum Militärdienst eine regimekritische Haltung unterstellt werden würde, ergeben sich aus einerseits aus den im Verfahrensgang widergegebenen Feststellungen der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurden und somit, da es seit der Bescheiderlassung diesbezüglich zu keinen relevanten Änderungen gekommen ist, dem Erkenntnis zu unterstellen sind und andererseits aus dem notorischen Wissen des Bundesverwaltungsgerichts.
Weiters ist es notorisch, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen kommt (siehe - illustrierend den mit 15.12.2011 datierten Bericht von Zeit - Online "Syrien soll Tötungsquote vorgeschrieben haben" beruhend auf entsprechenden Berichten von Human Rights Watch sowie den Bericht von Sir Desmond de Silva u.a. vom Jänner 2014). Mitglieder aller Konfliktparteien in Syrien haben schwere Verletzungen im Bereich Menschenrechte und humanitäres Recht begangen. (Human Rights Watch 21.01.2014).
Daher würde der Beschwerdeführer zum Militärdienst eingezogen und unter anderem zur Mitwirkung an schweren Menschenrechtsverletzungen gezwungen werden. Durch seinen Auslandsaufenthalt entzieht sich der Beschwerdeführer jedoch dem Militärdienst und er wäre im Fall einer Rückkehr der Gefahr der Verhaftung und Bestrafung bis hin zu Misshandlungen und Folter ausgesetzt.
Es ist notorisch, dass es bei der Rückkehr von erfolglosen Asylwerbern nach Syrien zu einer Befragung der Rückkehrer an der Grenze kommt. Es kann daher angenommen werden, dass aufgrund der Wehrdienstentziehung verbunden mit seiner Asylantragstellung in einem anderen Land eine regimekritische Haltung des Beschwerdeführers erblickt wird.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass aufgrund der besonderen Situation in Syrien die Schwelle dafür, von Seiten des syrischen Regimes als "oppositionell" betrachtet zu werden, relativ niedrig ist. Vor diesem Hintergrund ist auch auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, in welcher eine asylrechtlich relevante Verfolgung auch in einer Anknüpfung an die seitens des Verfolgers nur unterstellte politische Gesinnung gegeben sein kann (z.B. VwGH 14.05.2002, 98/01/0327). In Hinblick auf die Art des aktuellen Vorgehens des syrischen Regimes gegenüber (vermeintlichen) Regimegegnern bzw. politisch Andersdenkenden ist davon auszugehen, dass die zu erwartende Bedrohung oder Bestrafung des Beschwerdeführers als (möglicher) Regimegegner in Form von Befragung/Anhaltung/Inhaftierung, verbunden mit der erheblichen Gefahr von Misshandlung, Folter und Tod, oder dem "Verschwindenlassen" erfolgen wird.
Die belangte Behörde hat im Fall des Beschwerdeführers das Vorliegen einer allgemeinen Bedrohungssituation bzw. einer allfälligen Verletzung des Art. 3 EMRK bejaht, indem sie ihm im Spruchteil II. des o.a. Bescheides den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hat. Die belangte Behörde hat aber im Fall des Beschwerdeführers verkannt, dass sehr wohl darüber hinaus Anhaltspunkte gegeben sind, dass ihm vor allem wegen der durch seine Ausreise erfolgten Entziehung von einer Einberufung zum Militärdienst eine aktuelle individuelle Verfolgung in seinem Heimatstaat droht.
Angesichts des Vorliegens der genannten Bedrohung können die anderen vom Beschwerdeführer angeführten Asylgründe (Teilnahme an Demonstrationen, Verfolgung durch den Islamischen Staat) dahingestellt bleiben.
2.2. Die Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen einerseits auf den Länderfeststellungen der belangten Behörde, andererseits auf den in der Beschwerde zitierten Feststellungen und auf notorisch bekannten Tatsachen. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor. Die gegenständliche Beschwerde ist zulässig und rechtzeitig eingebracht worden.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgaben-ordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Lan¬desgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der dem § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.03.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.05.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).
In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass nach der (in der Literatur wiedergegebenen) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine wegen der Weigerung der Teilnahme an einem von der Völkergemeinschaft verurteilten Kriegseinsatz drohende Bestrafung dann zur Asylgewährung führen kann, wenn dem jeweiligen Asylwerber eine feindliche politische Gesinnung unterstellt wird (siehe etwa VwGH 21.12.2000, 2000/01/0072).
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung bezüglich Wehrdienstverweigerung und Desertion ausgeführt, dass es auch dann, wenn die Gefahr der Bestrafung allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren gleichermaßen drohe, zu einer Asylgewährung kommen könne, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruhe und den Sanktionen (z. B. Folter) jede Verhältnismäßigkeit fehle (vgl. VwGH vom 21.03.2002, Zl. 99/20/0401).
Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies ist auch in Art. 9 Abs. 2 lit. e der Richtlinie 2011/95/EU ("Statusrichtlinie") ausdrücklich festgehalten. Daher wäre eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, umfassen würde, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.
3.2.2. Im vorliegenden Fall haben sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der beschwerdeführenden Partei im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht. Diese Verfolgung geht von Anhängern der staatlichen Stellen aus. Bei einer Zwangsrekrutierung würde der Beschwerdeführer gezwungen, auf Zivilisten zu schießen und damit ein völkerrechtswidriges Verhalten zu setzen. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Sanktionierung seines Verhaltens nicht bloß die Abhandlung eines rechtstaatlichen Verfahrens droht, sondern er vielmehr mit willkürlicher Bestrafung bis hin zu seiner extralegalen Tötung zu rechnen hat. Die hinreichende Intensität solcher Verfolgungshandlungen bedarf aufgrund der derzeitigen Situation mit einer Vielzahl schwerer Menschenrechtsverletzungen keiner weiteren Begründung. Es liegt somit eine individuelle Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vor.
Für den Beschwerdeführer besteht keine innerstaatliche Fluchtalternative. Die Annahme ebendieser würde im Widerspruch zum aufgrund der derzeitigen Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stehen (vgl. VwGH 25.03.2015, Ra 2014/18/0168; 15.10.2015, Ra 2015/20/0181). Ebenso ist das Vorliegen von Asylendigungs- oder Ausschlussgründen nicht zu erkennen.
Daher war gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides stattzugeben, dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und auszusprechen, dass diesem somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.2.3. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).
Ausgehend von dieser Rechtslage war der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Aus dem Akteninhalt der belangten Behörde ist der asylrelevante Sachverhalt des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer bzw. der belangten Behörde in Bezug auf Beweiserhebung oder Beweiswürdigung sowie für die Lösung von Rechtsfragen mündlich erörtert hätte werden müssen (vgl. dazu wiederum VfGH in VfSlg. 19.632/2012). Da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage feststand, kann gemäß den oben bezeichneten Bestimmungen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.
3.3. Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
4. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung, Bürgerkrieg, Militärdienst,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2016:W214.2009472.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.04.2019