TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/31 L518 2178559-2

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Veröffentlicht am 31.07.2018
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Entscheidungsdatum

31.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L518 2178559-2/11E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 11.06.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, und § 18 Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.03.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018, zu Recht beschlossen:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als "bP1" bezeichnet), ist ein Staatsangehöriger der Republik Georgien und brachte nach rechtswidriger Einreise unter Verwendung eines erschlichenen polnischen Schengenvisums in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 18.12.2016 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Aufgrund der Dublin III Verordnung und der Zuständigkeit des Dublin Staates Polen, wurde der Antrag mittels Bescheid vom 09.05.2017 (zugestellt am 09.05.2017) gem. § 5 AsylG zurückgewiesen und wurde gegen die bP eine Anordnung zur Außerlandesbringung nach Polen erlassen. Am 29.05.2017 reiste die bP unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet nach Georgien zurück.

Die bP kehrte zwar mit einem georgischen Reisepass zu einem unbekannten Zeitpunkt erneut in das Bundesgebiet zurück, bestand jedoch weiterhin eine durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung gegen seine Person. Somit reiste die bP bereits illegal nach Österreich ein und tauchte unter, da sie sich nicht behördlich meldete.

Am 29.08.2017 wurde die bP wegen des dringenden Verdachts des gewerbsmäßigen Diebstahls festgenommen und in die Justizanstalt Wien Josefstadt verlegt.

Am 22.09.2017 wurde ihn im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme in der Justizanstalt Wien-Josefstadt zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot

Parteigehör gewährt und sie gab folgende Stellungnahme ab:

F: Wussten Sie, dass eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung besteht?

A: Ja, das wusste ich, deshalb bin ich freiwillig nach Georgien gefahren, mir war aber nicht bewusst, dass ich 18 Monate das Schengengebiet nicht betreten darf.

F: Wann und warum sind Sie das letzte Mal in das Bundesgebiet eingereist?

A: Ich glaube, ich reiste per Anhalter im Juni wieder über die Ukraine - Ungarn ein. Ich kam wegen meinen medizinischen Problemen. Die genauen Informationen finden Sie in den Unterlagen.

V: Partei ist nicht kooperativ und beantwortet Fragen nicht. Partei läuft aus Einvernahmeraum.

F: Wo haben Sie bis zu Ihrer Festnahme Unterkunft bezogen?

A: Ich hatte keinen festen Wohnsitz. Ich bin eingereist und wieder ausgereist. Ich will diese Fragen nicht beantworten.

F: Warum haben Sie sich nicht behördlich gemeldet?

A: Interessiert mich. Ich wusste, dass ich mich anmelden muss.

F: Wo wohnten Sie vor Ihrer Einreise nach Österreich?

A: Ich werde keine weiteren Fragen beantworten.

F: Leben von Ihnen Familienangehörige im Bundesgebiet?

A: Ich will mit Ihnen nicht mehr sprechen.

F: Wo und Wie lange arbeiteten Sie vor Ihrer Festnahme?

A: Nein, ich habe in Österreich nicht gearbeitet. Sie können alles nachlesen.

F: Wie viel Bargeld haben Sie bei sich?

A: Nein, ich habe keine Barmittel.

F: Werden Sie in Ihrem Heimatland strafrechtlich oder politisch verfolgt?

A: Nein, ich habe keine Probleme in Georgien.

Zu meinen persönlichen Verhältnissen gebe ich an:

Ich bin verheiratet und habe keine Kinder. Ich weiß nicht, wo meine Frau wohnt, wir sind getrennt. Meine Mutter lebt in Georgien. Ich verfüge über einen gültigen Reisepass habe kein Bargeld.

Am 24.10.2017 (rechtskräftig mit 28.10.2017) wurden die bP vom LG für Strafsachen Wien, GZ: 32 Hv 99/17m wegen §§ 127, 130 (1) StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten unbedingt verurteilt.

Im Urteil ist angeführt, dass sie in Wien Verfügungsberechtigten des Unternehmens XXXX gewerbsmäßig (§ 70 Abs. 1 Z 1 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich Parfums, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern

A./ wegnahmen und zwar,

1./ am 08.08.2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mittäter (§ 12 StGB) elf Stück mit einem Wert von € 819,45;

2./ am 14.08.2017 18 Stück mit einem Wert von € 1.079,82;

3./ am 17.08.2017 neun Stück mit Wert von € 660,83;

4./ am 21.08.2017 sechs Stück mit einem Wert von € 494,94;

B./ wegzunehmen versucht und zwar, am 17.08.2017 zwei Stück mit einem Wert von € 189,98 wobei Sie von der Kassiererin angehalten wurden und diese die Parfums wieder aus Ihrem Rucksack nahm, bevor Sie flüchteten.

Sie haben hiedurch das Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls begangen.

Im Zuge der Strafbemessung, erkannte das Gericht als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die Faktenmehrheit; als mildernd der teilweise Versuch, das teilweise Zustandebringen der Beute und das Geständnis.

Mit Bescheid vom 08.11.2017 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 6 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid haben Sie eine Beschwerde eingebracht, welche mit Erkenntnis des BVwG vom 19.01.2018 gemäß §§ 57 und 10 Abs. 2 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 iVm § 46 sowie § 53 FPG idgF und § 18 BFA-VG als unbegründet abgewiesen wurde.

-

Am 09.01.2018 stellten Sie gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und gaben vor einem Sicherheitsorgan der Landespolizeidirektion Wien zu Ihrem Fluchtgrund Folgendes an:

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid):

"...

(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Erstbefragung)

Ich hatte die Möglichkeit zu reisen und deshalb habe ich mein Land verlassen, um Asyl anzusuchen habe ich jetzt und hier entschieden.

Ich habe hiermit alle mein Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin. Ich habe keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung.

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich habe schon zweimal in Österreich um Asyl angesucht, ich kenne mich hier in der Struktur aus, wenn ein Asylwerber um Asyl ansucht, werden dann Geldmittel an die Behörden für die Asylwerber zur Verfügung gestellt. Die Lebensumstände der Asylwerber zwingen sie dazu, das Land zu verlassen oder sie fallen in die Situation in der ich mich jetzt befinde, sie werden straffällig. Diese Handlungen, die ich hier gemacht habe, hätte ich nicht gemacht, wenn ich nicht dazu gezwungen worden wäre. Solche Sachen habe ich auch als Jugendlicher nicht gemacht.

Im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, gaben die bP am 09.03.2018 in der XXXX im Beisein eines von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers für die Sprache Georgisch, sowie vor einem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes Folgendes an:

(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Einvernahme)

(...)

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

Anm.: in weiterer Folge wird die Niederschrift mit F für Frage, ggf. V für Vorhaltungen und A für Antwort weitergeführt.

F: Werden Sie in gegenständlichem Verfahren vertreten? Liegt diesbezüglich eine Vollmacht vor? In welchem Umfang?

A: Nein.

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

A: Ja.

F: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

A: Gut.

F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

A: Ja, es war eine sehr kurze Befragung ich habe auch die Wahrheit gesagt.

F: Wurden Ihnen Ihre Angaben jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

A: Das ist nicht mein erster Antrag und bei den früheren Asylanträgen habe ich mich zur freiwilligen Rückkehr entschieden. Ich habe bei meiner letzten Einreise erfahren, dass ich ein Einreiseverbot bekommen habe.

F: Sie beantworten nicht meine Frage. Wurde Ihnen die Erstbefragung vom 11.01.2018 rückübersetzt?

A: Es wurde rückübersetzt. Ich war aber etwas nervös und habe nicht alles genau verfolgt.

F: Können Sie Dokumente vorlegen?

A: Mein Reisepass und mein Führerschein wurden mir hier abgenommen.

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin georgischer Staatsbürger.

F: Welcher Volksgruppe und welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?

A: Ich gehöre der Volksgruppe der Georgier an und bin orthodoxen Glaubens.

F: Welche Angehörigen haben Sie noch im Heimatland?

A: Meine Mutter.

F: Hatten Sie seit der Ausreise Kontakt zu Ihrer Familie?

A: Jetzt in Haft nicht, sonst schon.

F: Sind Sie verheiratet? Wenn ja, wie lauten die Daten (Name, Geburtsdatum) Ihrer Gattin?

A: Ich bin nicht geschieden aber ich bin auch nicht mehr zusammen mit meiner Frau.

F: Wo befindet sich Ihre Gattin im Moment?

A: In der Ukraine.

F: Haben Sie Kinder? Wenn ja, wie viele?

A: Nein.

F: Haben Sie auch hier in Österreich Verwandte?

A: Nein.

F: Haben Sie familiäre oder private Bindungen an Österreich?

A: Ich habe hier früher mal einen Asylantrag wegen meiner Krankheit gestellt. Aber sonst habe ich keine Verbindungen zu Österreich.

F: Wann genau sind Sie in Österreich eingereist?

A: Im Mai oder Juni 2017. Im Reisepass steht es.

F: Mit welchem Ziel sind Sie nach Österreich gereist?

A: Ich habe die Möglichkeit genutzt, dass ich Visumsfrei reisen konnte. Tatsächlich habe ich aber gesundheitliche Probleme und wollte mich behandeln lassen.

F: Welche gesundheitlichen Probleme haben Sie?

A: Ich habe einen Lungentumor und auch an der Wirbelsäule einen Bruch erlitten. Ich bin wegen dieses Lungentumors und auch wegen TBS bereits bei meinem früheren Asylantrag behandelt worden. Dann bin ich wieder nach Georgien gereist und brauchte auch weitere Behandlungen. Die Antibiotika, die ich dort bekommen habe, haben nicht geholfen. Die Behandlung wurde in Österreich nicht abgeschlossen. Der Tumor hat sich zwar verkleinert aber war noch nicht zur Gänze verschwunden. Der Arzt meinte, dass ich sterben würde, wenn der Tumor platzen würde, das würde meinen ganzen Körper vergiften. Wenn ich bei meiner Antragsstellung eine Unterkunft bekommen hätte, würde ich nicht hier sitzen. Ich wurde im Jahr 2016 zwei Mal in Österreich operiert und habe dann dennoch eine negative Entscheidung bekommen, worauf ich freiwillig ausgereist bin.

F: Werden Sie derzeit behandelt?

A: Nein, noch nicht. Ich habe ersucht, dass ich hier zum Arzt gehen kann. Ich habe starke Schmerzmittel bekommen aber behandelt wurde ich noch nicht. Bei der letzten Untersuchung haben mir die Ärzte gesagt, dass die Metastasen bereits meinen Hals erreicht haben und es noch weitere Behandlungen erforderlich. Die Befunde sind hier im Depot.

F: Sind Sie damit einverstanden, dass das BFA Ihre Befund einholt?

A: Ja.

F: Weshalb wurden Sie nun inhaftiert?

A: Wegen eines Diebstahles.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland, in Österreich oder in einem anderen Land strafbare Handlungen begangen bzw. sind Sie vorbestraft oder waren Sie schon einmal in Haft?

A: Ich wurde einmal in Österreich verurteilt und ich habe 4 Wochen bedingt bekommen. Ich saß da zwei Monate in U-Haft. In Georgien habe ich keine Vorstrafen.

F: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

A: Nein.

F: Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland und haben hier nun einen Asylantrag gestellt? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!

A: Neben meiner bereits geschilderten Krankheit, hatte ich noch einen andern Grund. Ich kann in Georgien nicht mehr leben, weil dort meine beiden Brüder umgebracht wurden. Die Polizei hat nichts dagegen unternommen. Die Menschen, die meine Brüder umgebracht haben, befürchten, dass ich mich rächen will und die Mörder meiner Brüder umbringen will.

F: Sie haben bei der Erstbefragung angegeben, dass Ihre Brüder 1994 und 2001 verstorben sind. Was hat das nun mit Ihrer jetzigen Ausreise zu tun?

A: Ich habe nach dieser Zeit eigentlich nie in Georgien gelebt. Ich hatte dort nur immer kurze aufgehalten und habe heimlich dort gelebt. Die letzten sieben Jahre habe ich in Europa verbracht.

F: Wer sind die Mörder Ihrer Brüder?

A: Ich weiß wer die Mörder sind. Auch die georgische Polizei weiß das. Wenn man die georgischen Behörden fragt, wer diese Leute sind, dann wird man das auch mitteilen. Ich selbst möchte das nicht sagen. Mein Haus in der Stadt Kutaisi wurde mit einem Panzer planiert.

F: Haben Sie mit staatlichen Behörden in Georgien Probleme gehabt?

A: Ich habe in Georgien nur sehr wenig gelegt und hatte nur Kurzaufenthalte. Ich hatte keine Berührung mit staatlichen Behörden. Ich hatte auch ruhige Zeiten dort, als ich studiert und dort gelebt habe. Bei meinen früheren Anträgen habe ich nur über meine Krankheit gesprochen und die anderen Dinge nicht gesagt. Auch wenn ich abgeschoben werde, würde ich illegale Wege kennen und trotzdem hierher kommen.

F: Warum haben Sie bei früheren Verfahren nur über Ihre Krankheit und nicht über andere Dinge gesprochen?

A: Weil ich angenommen habe, dass man mir bei der Lösung der Probleme nicht behilflich sein kann.

F: Befürchten Sie bei einer Rückkehr nach Georgien Probleme mit staatlichen Behörden?

A: Nein, mit staatlichen Behörden hatte ich keine Probleme. Ich hatte nur mit Privatpersonen Probleme.

F: Werden Sie von diesen Leuten bedroht?

A: Sie haben zuerst einen Bruder, dann den anderen Bruder getötet. Was kann es für eine größere Drohung geben, als das. Dann haben sie auch einen Panzer geliehen und mein Haus zerstört. In der ganzen Stadt war das ein Einzelfall, dass man ein Haus mit einem Panzer überfährt.

F: Was sind das für Probleme, was ist der Grund dafür?

A: Diese Personen, mit denen einer meiner Brüder Streit hatte, stammen aus XXXX . Zuerst wurde einer dieser Personen von meinem älteren Bruder am Körper verletzt. Er wurde daraufhin umgebracht. Dann hat mein jüngerer Bruder einen von dieser Gruppe, die an der Ermordung beteiligt war, am Körper verletzt. Daraufhin wurde auch er umgebracht.

F: Was ist der Ursprung für diese Streitigkeiten?

A: Diese Leute brauchen sehr wenige Gründe um in heftige Streitigkeiten zu geraten. Der Vorwurf war, dass sie meinen Bruder als einen Nachfahren eines Faschisten bezeichnet haben und daraufhin ist es zu einem Streit gekommen.

F: Würden Sie bei einer Rückkehr nach Georgien von diesen Leuten verfolgt werden?

A: Ich bin mir sicher, dass mich diese Leute, wenn sie mich in Georgien sehen, sofort umbringen werden.

F: Gab es nach dem Tod Ihres Bruders im Jahr 2001 konkrete Probleme mit diesen Leuten?

A: Ich habe mich nach dem Vorfall nicht mehr in Georgien aufgehalten. Ich war in Russland, dann in Europa.

F: Haben Sie somit alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung genannt?

A: Im Grunde ja.

F: Was meinen Sie mit "im Grunde"?

A: Es gibt auch noch einen Grund, aber ich bin dagegen, dass dieser Grund protokolliert wird.

Vorhalt: Sie haben in Österreich einen Asylantrag gestellt. Es liegt doch in Ihrem Interesse, Ihre wahren Fluchtgründe zur Gänze zu schilden. Verstehen Sie das?

A: Ich hatte schon einen Asylantrag und kenne mich auf der Welt schon aus. Ich weiß, dass man bei einem Antrag mehr darauf schaut, ob man einen Nutzen von dieser Person ziehen kann. Ich habe Informationen, die Ihnen helfen könnten. Ich möchte aber nicht, dass dies protokolliert wird.

F: Haben diese Informationen etwas mit dem Grund Ihrer Ausreise aus Georgien zu tun?

A: Wenn man in Georgien erfährt, dass ich diese Informationen weitergegeben habe, dann würde man mich von dort gleich nach Russland überstellen. Diese Informationen beziehen sich aber nicht auf meine Ausreise aus Georgien.

F: Sie geben als Grund Ihres Asylantrages einerseits Ihren Gesundheitszustand und andererseits ein Problem mit Privatpersonen an. Diese Gründe sind aber nicht asylrelevant. Wollen Sie nun och Gründe angeben, welche Sie an einer Rückkehr nach Georgien hindern würden?

A: Der weitere Grund ist, dass wenn man in Georgien herausfindet, dass ich über diese Informationen, die ich vorhin angedeutet habe, verfüge, dann würde man mich sofort nach Russland überstellen.

F: Wollen Sie das nun nennen oder ist das nicht relevant?

A: Ich würde das schildern, aber ich bin dagegen, dass dies protokolliert wird.

F: Wenn Sie diese Gründe hier nennen wollen, werden diese natürlich auch protokolliert. Sie haben im Asylverfahren die Möglichkeit all Ihre Fluchtgründe zur Sprache zu bringen. Wenn Sie dies nicht wollen, dann ist dies Ihre Entscheidung. Verstehen Sie das?

A: Es ist streng vertraulich, was ich sagen kann.

F: Wollen Sie nun weitere Gründe nennen?

A: Nein, dann entscheiden Sie über die anderen Sachen.

F: Haben Sie jemals erwogen, an einen anderen Ort in Ihrem Heimatland zu ziehen, um den Problemen zu entgehen?

A: Es ist trotzdem das gleiche Land.

F: Wovon haben Sie in Georgien gelebt?

A: Ich habe als Unternehmer gearbeitet. Ich habe eine Anlage gehabt, mit der man Türrahmen gießen kann. Aber das Geschäft war nicht erfolgreich.

LA: Es wird nunmehr mit Ihnen erörtert, auf welcher Basis und unter Zugrundelegung welcher Länderinformationen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Ihrem Fall zur Entscheidung gelangen wird. Sie haben die Möglichkeit, im Anschluss dazu Stellung zu nehmen. Die auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat stützenden Aussagen basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche Feststellungen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

F: Möchten Sie die Länderberichte zu Georgien haben oder übersetzt bekommen?

A: Nein. Ich kenne die Situation in Georgien auswendig, Ich weiß es besser, als es in diesen Berichten steht.

Aus der allgemeinen Lage selbst ist ebenso wie aus Ihren persönlichen Merkmalen (Abstammung oder Glauben) nichts abzuleiten, das auf eine Verfolgung oder Furcht vor solcher im Sinne der GFK und den darin genannten Gründen schließen ließe.

Ebenso ist nichts festzustellen, dass eine reale Gefahr für Ihre Leben oder die Gesundheit bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Weder lässt sich eine solche Gefahr aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen und in Ihrem Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung Ihrer Person ableiten. Zudem ist festzuhalten, dass es Ihnen zuzumuten ist, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Festzustellen ist weiters, dass die von Ihnen vorgebrachten Gründe, die Sie zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates veranlasst haben und vor einer Rückkehr in diesen abhalten sollen, weder asylrelevant, noch glaubhaft sind.

In Anbetracht der Kürze Ihres Aufenthaltes sowie auch fehlender familiärer oder privater Bindungen in Österreich ist nicht ersichtlich, dass Ihre Ausweisung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

Stellungnahme AW: Wollen Sie dazu etwas angeben?

A: Auch wenn es für Sie nicht glaubhaft klingt, dass ich aus Angst vor der Blutrache nicht mehr nach Georgien reisen kann, habe ich mich nach dem Tod meiner Brüder immer nur sehr kurz in Georgien aufgehalten.

F: Kann Ihnen der geogische Staat keinen Schutz gewähren?

A: Dann müssten sie mich in ein Zimmer einsperren und mich nicht mehr hinauslassen. Die georgische Polizei hat andere Methoden. Sie würde warten, bis man mich umlegt und dann würden Sie die Mörder verhaften.

F: War das auch im Fall Ihrer getöteten Brüder so?

A: Nein, da wurde niemand verhaftet.

F: Warum nicht?

A: Vielleicht wurde Schmiergeld bezahlt. Es wurde jedenfalls niemand verhaftet.

F: Möchten Sie noch weitere Angaben machen?

A: Nein.

F: Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?

A: Das wäre alles.

F: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden?

A: Sehr gut.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

A: Ich habe keine Einwendungen, es wurde alles richtig protokolliert.

F: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

A: Ja.

Anmerkung: Die Verfahrenspartei wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

-

Auf die Entgegennahme der aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland verzichteten Sie im Zuge Ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 09.03.2018.

..."

I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid):

Sie begründeten Ihre Ausreise aus Georgien und Asylantragstellung zunächst lediglich damit, dass Sie die Möglichkeit zu reisen hätten und deshalb Ihr Land verlassen hätten. Sie hätten sich hier dazu entschieden, einen Asylantrag zu stellen. Weiters brachten Sie im Zuge der Antragsstellung befragt, was Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat befürchten würden, vor, dass Sie schon zweimal in Österreich um Asyl angesucht hätten, dass Sie sich hier in der Struktur auskennen würden und dass den Behörden Geldmittel für Asylwerber zur Verfügung gestellt werden würden. Sie gaben auch an, dass die Lebensumstände Asylwerber dazu zwingen würden, das Land zu verlassen oder diese würden aufgrund derer Situation straffällig werden. Sie hätten die Handlungen nicht gemacht, wenn Sie nicht dazu gezwungen worden wären.

Im Zuge der Einvernahme am 09.03.2018 in der XXXX gaben Sie dann an, dass Sie gesundheitliche Probleme hätten. Als weiteren Grund gaben Sie schließlich an, dass Sie nicht mehr in Georgien leben würden können, da Ihre beiden Brüder umgebracht worden wären, dass die Polizei nichts unternommen hätte und dass die Mörder Ihrer Brüder befürchten würden, dass Sie sich rächen würden. Diese Leute hätten Ihr Haus mit einem Panzer überfahren. Sie würden befürchten, dass Sie von diesen Leuten getötet werden würden, wenn Sie nach Georgien zurückkehren würden.

Die Glaubhaftmachung Ihres Vorbringens ist Ihnen in Gesamtbetrachtung Ihrer Angaben nicht gelungen.

Nicht nachvollziehbar ist dabei der Zeitpunkt Ihrer Antragsstellung. Sie wurden bereits am 22.09.2017 einvernommen und wurde ein Verfahren abgewickelt, in welchem eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Den Antrag auf internationalen Schutz haben Sie erst nach Rechtskraft dieser Entscheidung während Ihres Aufenthaltes in der XXXX gestellt. Warum Sie den Antrag auf internationalen Schutz nicht gleich nach Ihrer Einreise oder zumindest im Zuge des fremdenpolizeilichen Verfahrens gestellt haben, ist nicht nachvollziehbar.

Weiters sind Ihre zur Sprache gebrachten Fluchtgründe nicht glaubhaft, da Sie nach Abschluss des Vorverfahrens, in welchem sich die Zuständigkeit Polens ergeben hat, am 23.05.2017 freiwillig nach Georgien begeben haben und somit eine Rückkehr nach Georgien einer Überstellung nach Polen vorgezogen haben.

Zu den vorgebrachten Gründen, welche Sie an einer Rückkehr nach Georgien hindern würden, ist anzuführen, dass Sie angaben, von den gleichen Leuten verfolgt zu werden, welche Ihre Brüder getötet hätten. Diese wären aber bereits in den Jahren 1994 und 2001 getötet worden. Eine Verfolgung Ihrer Person mehrere Jahre nach diesen Vorfällen ist zweifelhaft und konnten Sie eine Gefährdung Ihrer Person auch nicht beweisen oder glaubhaft machen.

Dafür, dass Ihre Angaben in keinster Weise der Realität entsprechen spricht zudem, dass Sie Ihren Asylantrag in Österreich überhaupt erst nach Absolvierung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens und auch erst während Ihrer Haftstrafe und somit auch nach einer niederschriftlichen Einvernahme zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingebracht haben. Davor haben Sie sich zwar bereits einmal in Österreich aufgehalten und haben am 18.12.2016 auch einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, jedoch hat sich in diesem Verfahren die Zuständigkeit Polens ergeben und sind Sie, nicht wie mit Bescheid des BFA angeordnet nach Polen, sondern freiwillig nach Georgien zurückgekehrt. Es ist für die Behörde nicht nachvollziehbar, dass Sie freiwillig eher in ein Land zurückkehren würden, in dem Sie bedroht werden, als in Polen Ihr Asylverfahren zu führen. Weiters ist anzuführen, dass Sie als Grund Ihrer Ausreise aus Georgien in diesem Verfahren angaben, dass Sie in Georgien Medikamente bekommen hätten, welche Ihnen nicht mehr geholfen hätten. Sie führten lediglich gesundheitliche Probleme, aber mit keinen Wort eine Gefährdung in Georgien an. Da Ihren Angaben nach die nun zur Sprache gebrachten Fluchtgründe oder Rückkehrhindernisse schon seit der Ermordung Ihrer beiden Brüder bestehen würden, kann ein Vorliegen einer tatsächlichen Bedrohung in Georgien ausgeschlossen werden.

Und sogar im Fall der Wahrunterstellung Ihrer Angaben würde es sich dabei um eine Bedrohung durch Dritte handeln, die weder aus Gründen der GFK erfolgt, noch dem Staat zuzurechnen wäre. Sie hätten sich neuerlich an die Sicherheitsbehörden Ihres Heimatlandes wenden können, welche willens und fähig gewesen wären Ihnen Schutz zu bieten.

In Hinblick auf obige Ausführung ist es jedoch nicht glaubhaft, dass Sie in Ihrem Heimatland einer Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen sind oder eine solche zukünftig zu befürchten haben. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen in der allgemeinen Verbesserung Ihrer Lebenssituation gelegen haben, das von Ihnen behauptete Bedrohungsszenario kann jedenfalls nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Aufgrund der vorliegenden Dokumente, insbesondere Ihres Reisepasses, konnte Ihre Identität zweifelsfrei festgestellt werden.

Die Feststellungen zu Ihren Verurteilungen ergeben sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug Ihrer Person.

Die Feststellungen zu Ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus Ihren Angaben im Verfahren. Sie behaupteten im Zuge Ihrer Einvernahme an einem Lungentumor zu leiden. Aufgrund Ihrer Aussagen zu Ihrem Gesundheitszustand wurden die in der XXXX aufliegenden Befunde eingesehen und konnte daraus keine derartige Krankheit festgestellt werden.

Zu Ihren Angaben ist weiters anzuführen, dass aus der aktuellen und gängigen Rechtsprechung des EGMR als auch des VwGH ergeht, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem Fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwas vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom). Derartiges hat sich bei Ihnen keinesfalls ergeben.

Sollten im Verfahren noch weitere Gutachten zum psychischen oder physischen Zustand vorgelegt werden, so wird diesbezüglich auf die oa. Feststellungen zu Georgien hingewiesen, woraus eindeutig ersichtlich ist, dass in Georgien Behandlungsmöglichkeiten bestehen und diese auch zugänglich sind, so dass unter Verweis auf die Judikatur des EGMR auch eine eventuell behauptete psychische Störung oder ein physisches Gebrechen einer Überstellung nach Georgien in keinster Weise im Wege steht.

Betreffend einer allenfalls vorzunehmenden Abschiebung ist darauf hinzuweisen, dass vor einer Abschiebung eine Prüfung dahingehend vorzunehmen ist, ob eine beabsichtigte Abschiebung eine EMRK-widrige Behandlung eines Antragssteller bedeuten würde.

Unter diesen Gesichtspunkten ist gewährleistet, dass eine Abschiebung nach Georgien nicht vorgenommen wird, wenn Ihr psychischer oder physischer Zustand zum Überstellungszeitpunkt dies nicht zulassen würde.

Sämtliche weiteren Feststellungen Ihre Person betreffend ergeben sich aus Ihren als glaubhaft qualifizierten Angaben, zumal sowohl Ihre Angaben zu den Örtlichkeiten, als auch Ihr sprachlicher Hintergrund dem Herkunftsstaat Georgien zugeordnet werden können.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Feststellungen zu Ihrer Situation im Falle Ihrer Rückkehr erschließen sich aus Ihren Angaben im Verfahren in Kombination mit den Länderfeststellungen zu Georgien.

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind Sie in Ihrem Heimatland keiner Verfolgung oder Bedrohung im Sinne der GFK ausgesetzt.

Im Lauf Ihres Verfahrens gaben Sie an, dass Ihre Mutter nach wie vor in Georgien lebt. Sie stehen in telefonischen Kontakt. Somit verfügen Sie über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Georgien, wo Sie den Großteil Ihres Lebens verbracht haben und als arbeitsfähiger, gut ausgebildeter Mann mit Berufserfahrung selbsterhaltungsfähig sind. Da Sie auch bisher in der Lage waren Ihren Lebensunterhalt im Heimatland zu verdienen, ist nicht davon auszugehen, dass Sie im Fall einer Rückkehr in eine existentielle Notlage geraten würden.

Zudem ist den aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland zu entnehmen, dass das Sozialsystem in Georgien finanzielle Zuschüsse in Form von Existenzhilfe, Reintegrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, soziale Sachleistungen und Sozialpakete umfasst. Die medizinische Grundversorgung ist dort ebenfalls gewährleistet.

Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergibt sich zudem, dass Sie als rückkehrende Person, auch wenn Sie in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben, nach Ihrer Einreise in Ihr Heimatland mit keinerlei Problemen seitens der dortigen Behörden konfrontiert werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich Georgien nach § 1 Z 10 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 25/2018, als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet, weshalb von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Feststellungen Ihr Privat- und Familienleben betreffend ergeben sich aus Ihrer niederschriftlichen Einvernahme sowie dem sonstigen Akteninhalt.

Sie gaben selbst an keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich zu haben und auch sonstige Hinweise auf eine Bindung zu Österreich, die darüber hinaus über der Bindung zu Ihrem Heimatland stehen würde, konnte aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht festgestellt werden.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet. Die Qualität ihrer Arbeit wird auch durch die vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen und erarbeiteten Standards der Staatendokumentation sichergestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Das Länderinformationsblatt ergibt sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsland ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte "notorische" Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. "Offenkundig" ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder "allgemein bekannt" (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch "bei der Behörde notorisch" (amtsbekannt) geworden ist; "allgemein bekannt" sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen - ohne besondere Fachkenntnisse - hergeleitet werden können. (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853).

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Selbst wenn Ihnen die Länderfeststellungen nicht persönlich übersetzt wurden und somit das Parteiengehör verletzt wurde, so wird dieser Umstand nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte dadurch geheilt, dass im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und Sie die Möglichkeit haben in Ihrer Beschwerde dazu Stellung zu nehmen (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S. 175; mit Nachweisen zu entsprechender höchstgerichtlicher Judikatur).

Zudem wären Ihren die Länderfeststellungen im Rahmen Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.02.2018 ausgehändigt worden und Sie hätten schriftlich dazu Stellung nehmen können. Sie verzichteten jedoch auf die Entgegennahme und es erfolgte somit auch keine Stellungnahme.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgientraf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 BFA-VG).

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren sowie eine mangelnde Beweiswürdigung moniert. Die belangte Behörde habe die Krankheit der bP nicht beachtet. Im konkreten Fall würden aktuelle Länderinformationen zur Behandlung von Hep. C in Georgien fehlen. Ebenso hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob die bP im Falle einer Abschiebung von antizipierter Blutrache betroffen ist und dazu entsprechende Länderberichte einholen müssen. Beantragt wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

I.4. Für den 13.12.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerden wurden gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 18 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 12.06.2018 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Georgier, welcher aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt

Die bP ist ein mobiler arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Familienangehörige leben nach wie vor in Georgien.

Der bP hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner ihm nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen sind. Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit Mitte 2017 im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Sie lebt von der Grundversorgung und hat keinen Deutschkurs besucht.

Die bP war zuletzt Einzelunternehmer indem sie Fensterrahmen anfertigte.

Die bP wurde wegen der nachfolgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt:

Sie ist am 24.10.2017 (rechtskräftig mit 28.10.2017) vom LG für Strafsachen Wien, GZ: 32 Hv 99/17m wegen §§ 127, 130 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten unbedingt verurteilt worden.

Im Urteil ist angeführt, dass Sie in Wien Verfügungsberechtigten des Unternehmens XXXX gewerbsmäßig (§ 70 Abs. 1 Z 1 und 3 StGB) fremde bewegliche Sachen, nämlich Parfums, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern

A./ wegnahmen und zwar,

1./ am 08.08.2017 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Mittäter (§ 12 StGB) elf Stück mit einem Wert von € 819,45;

2./ am 14.08.2017 18 Stück mit einem Wert von € 1.079,82;

3./ am 17.08.2017 neun Stück mit Wert von € 660,83;

4./ am 21.08.2017 sechs Stück mit einem Wert von € 494,94;

B./ wegzunehmen versucht und zwar, am 17.08.2017 zwei Stück mit einem Wert von € 189,98 wobei Sie von der Kassiererin angehalten wurden und diese die Parfums wieder aus Ihrem Rucksack nahm, bevor Sie flüchteten.

Die bP hat hiedurch das Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls begangen.

Im Zuge der Strafbemessung, erkannte das Gericht als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die Faktenmehrheit; als mildernd der teilweise Versuch, das teilweise Zustandebringen der Beute und das Geständnis.

bP1 leidet an Hepatitis C.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende die bP betreffende Feststellungen getroffen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 15.11.2017, Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Das Parteienbündnis des Georgischen Traums erhielt landesweit im Durchschnitt 55,7% der Wählerstimmen. Die führende Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung, erhielt als zweitstärkste Kraft 17,1%. Die Wahlbeteiligung fiel mit 45,6% verhältnismäßig schwach aus (GA 23.10.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017).

Laut der OSCE-Wahlbeobachtungsmission untergrub zwischen den beiden Wahlrunden die hohe Zahl von Beschwerden, die aus verfahrensrechtlichen oder formalistischen Gründen abgewiesen wurden, das Recht der Kandidaten und Wähler auf wirksame Rechtsmittel und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitbeilegung. Der Wahltag verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Quellen:

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Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 15.11.2017

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Georgien Aktuelle (23.10.2017): Regierungsbündnis "Georgischer Traum" setzt sich bei Regionalwahlen durch, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13321-regionalwahlen, Zugriff 15.11.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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