TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/20 L518 2208390-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.11.2018
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Entscheidungsdatum

20.11.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L518 2208390-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Salzburg, vom 06.08.2018, Zl. OB:XXXX, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, bei einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. mangels Vorliegens der Voraussetzungen als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden "BF" bzw. "bP" genannt) beantragte mit Schreiben vom 28.8.2017, am 30.8.2018 bei der belangten Behörde (folglich "Bb" bezeichnet) die Ausstellung eines Behindertenpasses und brachte zur Untermauerung ihres Vorbringens ein Konvolut von ärztlichen Schreiben in Vorlage.

Eine am 22.3.2018 durch Dr.in XXXX, FÄ für Chirurgie, erfolgte klinische Untersuchung und Gutachtenserstellung erbrachte wegen Kniegelenk - UE Kniegelenk Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig, Einschränkung am li. Knie nach Implantation einer Knietotalendoprothese, freie Streckung, Beugung bis 145 Grad, im Radiolog. Befund Verdacht auf Lockerung des Schienbeinprotheseteils, ein Wechsel wird derzeit wegen noch ausreichender Festigkeit nicht durchgeführt, es bestehen Belastungsschmerzen, kein Reizerguss, Gelenk nicht entzündlich verändert und keine Muskelverschmächtigung (Pos. Nr. 02.05.20, 30%); Wirbelsäule - Funktionseinschränkung mittleren Grades Zn Brüchen von 2 Wirbelkörpern mit Zementaufbau, Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, kein sensomotorisches Defizit, keine dauernde analgetische Therapie (Pos. Nr. 02.01.02, 30%) und UE Kniegelenk Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig, angegebene Gelenksabnützung mit Belastungsschmerzen am re. Kniegelenk, kein Reizerguss, das Kniegelenk ist frei beweglich, nicht entzündlich verändert und kein Befund dazu vorliegend (Pos. Nr. 02.05.18, 10%) einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H.

Anamnese:

Seit 2006 60%. Befristet bis 2017.

KTEP links

Z.n. Wirbelbrüche

Früherer Operationen: Zustand nach mehrfachen ASK an beiden Kniegelenken, CTS beide Hände, Hallux Operation, Zehenoperationen.

Derzeitige Beschwerden:

KTEP links 2014, Schmerzen weiterhin. Prothese gelockert. Revisionsoperation wird noch nicht durchgeführt, "da die Prothese noch nicht ganz locker sei."

Auch am rechten Knie Arthrose.

Wirbelsäulenbeschwerden mit Schmerzausstrahlung in Beine und "Lähmungserscheinungen" (=ziehende Schemrzen).

Stehen macht die meisten Schmerzen und Beschwerden.

Anlaufschmerzen an beiden Kniegelenken.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikation: Xarelto, Bromazepam, Euthyrox, Bisocor, Oleovit, Exforge, Zoldem, Esomeprazol, Calcium Vit. D, Magnesium, Phlogenzym.

Behandlungen: Hyaluronsäure rechts

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2014: Implantation einer Knieprothese links.

2015 Vertebroplastie L1 und Th 11 nach Fraktur.

2016 MRT LWS: Bandscheibenprotrusion und Stressödem L5/6, Foraminalstenose links und Bedrängung der Nervenwurzel.

Szintigraphie vom 11.02.2018: hochgradiger Verdacht auf das Vorliegen einer aseptischen Lockerung des tibialen Anteils der linken Knie TEP.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 154,00 cm Gewicht: 60,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Die Antragstellerin kommt in Begleitung des Ehemannes zur Untersuchung, die Identität wird mittels Pass überprüft.

Das Entkleiden des Oberkörpers erfolgt selbständig, dabei werden die Arme über Kopf gehoben. Die Wirbelsäule klinisch gerade, keine skoliotische Verkrümmung, altersentsprechende Kyphose der BWS.

Druckschmerzen über der unteren BWS, der LWS und beiden SI-Gelenken.

Bewegungsumfang der WS:

HWS: S 0/16 cm, R 60/0/60, F 30/0/30.

BWS: R 30/0/30, bei Seitneigung wird beidseits das Kniegelenk erreicht. Ott 30/31 cm.

LWS: Schober 10/9,5/15 cm, FKBA 0 cm.

Obere Extremitäten:

Schulterstand symmetrisch, Nackengriff, Schultergriff, Gegenschultergriff und Schürzengriff können beidseits durchgeführt werden, Abduktion und Flexion bds. bis 160°. Ellbogengelenke frei beweglich, Faustschluß bds. möglich, Händedruck fest, periphere Sensibilität und Durchblutung ungestört. Zustand nach CTS Operation, blande Narben.

Das Entkleiden der unteren Extremitäten erfolgt selbständig, die Antragstellerin trägt Konfektionsschuhe, es werden keine orthopädischen Schuheinlagen verwendet.

Das Gangbild ist mittelschrittig und hinkfrei, das Abrollen erfolgt bds. harmonisch über den Vorfuß. Zehengang und Fersengang können vorgezeigt werden, Einbeinstand links und rechts möglich.

Es wird eine tiefe Hocke vorgezeigt, das Aufstehen ohne Hilfe möglich.

Im Stehen kein Beckenschiefstand, im Liegen keine Beinlängendifferenz.

Lasegue bds. negativ.

Keine Druckschmerzen an den Hüftgelenken. Hüftgelenke frei beweglich, S bds. 0/0/120, R rechts 45/0/20, links 40/0/40, F bds. 45/0/20.

An den Kniegelenken kein Erguss, S rechts 0/0/150, links 0/0/145.

Am rechten Kniegelenk blande ASK-Narben, links ventral mittig 2 je 15 cm lange Narben, bogenförmig auslaufend.

Das rechte Kniegelenk bandstabil, keine Überwärmung, kein Reizerguss, die Patella schmerzfrei verschieblich.

Das linke Kniegelenk in Streck- und 30° Beugestellung seitenbandstabil, kein Reizerguss, keine Überwärmung, Druckschmerzen werden am Femur und an der Tibia angegeben, kein Überstreckungsscmerz, kein Rüttelschmerz. Schmerzen am rechten Kniegelenk bei Belastung.

Sprunggelenke S bds. 10/0/40, Zehenbeweglichkeit frei. Periphere Sensibilität und Durchblutung ungestört. Die Muskulatur an den UE seitengleich aufgebaut.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gehstrecke 500 m möglich.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Führend ist Gesundheitsstörung 1, Gesundheitsstörung 2 steigert wegen zusätzlicher wesentlicher Funktionsstörung um eine Stufe, GS 3 steigert wegen Geringfügigkeit nicht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Das Gangbild ist hinkfrei, an den Kniegelenken bestehen keine Ergüsse, kein Patellaverschiebeschmerz.

Mit Schreiben vom 26.3.2018 wurde die BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Möglichkeit zur Stellungnahme, in Kenntnis gesetzt.

Im Rahmen der erhobenen Stellungnahme legte die BF dar, dass im Zuge eines im Jahre 2006 gutachterlich festgestellten Grad der Behinderung eine Behinderung von 60 v.H. festgestellt wurde.

Demzufolge müssten sich die Beschwerden und Beeinträchtigungen in den letzten 12 Jahren um 20 % gebessert haben, was jedoch aufgrund des Alterungsprozesses auszuschließen ist und sich der Gesundheitszustand eher verschlimmert hat. So konnte die BF aufgrund der Schmerzen nur kurze Zeit stehen und ist die Gehkapazität auf wenige Meter beschränkt. Die Implantation des Kniegelenkes brachte nur kurzfristig eine Verbesserung. Bei Besorgungen benütze die BF einen Campingsessel, um im Bedarfsfall die notwendige Sitzposition einnehmen zu können. Laut fachärztlicher Einschätzung ist dieser Leidenszustand auf eine Lockerung der li. Knieprothese und die damit verbundene körperliche Fehlhaltung mit Belastung des bereist gonarthrosegeschädigten re. Knies zurückzuführen. Zudem leide die BF an einer Fehlhaltung der unteren LWS sowie einem degen. Wirbelgleiten L3 über L4 und einem auteriorem Wirbelgleiten L4 über L5, an fortgeschrittener Diskose und an einem durch das Wirbelgleiten bedingten zentralen spinalen Enge des Wirbelkanals sowie an einer Spondylarthrose mit rotatorischer Fehlhaltung.

Eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme der Dr.in XXXX, FÄ für Chirurgie, erbrachte im Wesentlichen nachstehendes Ergebnis:

Beurteilt werden nicht die radiologischen Pathologien sondern die klinischen Funktionseinschränkungen.

Die Antragstellerin zeigte ein normales Gangbild, normales Heben beider Beine, sie konnte sich bis zum Boden nach vorne beugen und eine tiefe Hocke ohne Hilfe durchführen.

Es wurde im Szintigraphiebefund der Verdacht auf Prothesenlockerung beschrieben, die Antragstellerin berichtete selbst, dass eine Operation wegen nicht ausreichender Lockerung nicht durchgeführt wurde, auch haben sich in meiner Untersuchung keine klinischen Hinweise auf Prothesenlockerung gezeigt. Eine mögliche Gehstrecke von 500 m wurde von der Antragstellerin selbst angegeben. Die Einnahme von Schmerzmittel wurde nicht angegeben. Der Grad der Behinderung wurde anhand der vorgegebenen derzeit gültigen Richtsätze nach der klinischen Untersuchung bestimmt. Vorgelegte Befunde führen zu keiner Änderung der Einschätzung.

Erstellt am: 12.07.2018 von Dr.in XXXX

Mit im Spruch bezeichnetem Bescheid wurde der Antrag der BF abgewiesen.

Dagegen erhob die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese ergänzend zur oben bezeichneten Stellungnahme dahingehend, dass sie in den Einwendungen ausdrücklich auf die nunmehr stark ausgeprägten Wirbelsäulendefekte hingewiesen habe. Es würden im Gutachten jegliche Begründungen fehlen, aus welchen Erwägungen das Vorbringen sowie die vorgelegten Beweismittel, durch welche die kontinuierliche Verschlechterung - wie beispielsweise das Wirbelgleiten von 1-2 mm auf nunmehr 1cm dokumentiert wird - nicht geeignet waren, das Ergebnis der Beweisaufnahme zu entkräften.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Es war nicht festzustellen, dass die BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erbringt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten der Dr.inXXXX, FÄ für Chirurgie, vom 22.3.2018 sowie die gutachterliche ergänzende Stellungnahme schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Die getroffenen Einschätzungen, basieren auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

So wurde von der medizinischen Sachverständigen im Einklang mit den in Vorlage gebrachten Bescheinigungsmittel sowie der klinischen Untersuchung schlüssig und nachvollziehbar eine Funktionseinschränkung mittleren Grades einseitig wegen der Lockerung des Schienbeinprotheseteils, wobei ein Wechsel infolge noch ausreichender Festigkeit nicht durchgeführt wird, mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. festgehalten. Ebenso wurde die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mittleren Grades bei Z.n. Brüchen von zwei Wirbelkörpern mit Zementaufbau, Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, jedoch ohne sensomotorischen Defizite und keine dauernde analgetische Therapie mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgehalten.

Angesichts des Umstandes, dass das Entkleiden des Oberkörpers selbständig erfolgen und die Arme über den Kopf gehoben werden konnte, die Wirbelsäule klinisch gerade ohne skoliotische

Verkrümmung ist und ein Bewegungsumfang von:

HWS: S 0/16 cm, R 60/0/60, F 30/0/30.

BWS: R 30/0/30, bei Seitneigung wird beidseits das Kniegelenk erreicht. Ott 30/31 cm.

LWS: Schober 10/9,5/15 cm, FKBA 0 cm.

gegeben war, erweist sich die Einschätzung durch die Sachverständige als nicht unschlüssig.

Darüber hinaus erfolgte das Entkleiden der UE selbständig und ist das Gangbild ist mittelschrittig und hinkfrei, das Abrollen erfolgt bds. harmonisch über den Vorfuß. Zehengang und Fersengang können vorgezeigt werden, Einbeinstand links und rechts möglich. Auch zeigte die BF im Zuge der klinischen Untersuchung eine tiefe Hocke vor und war ihr das Aufstehen ohne Hilfe möglich.

Hinsichtlich der Kniegelenke erbrachte die klinische Untersuchung nachstehendes Ergebnis:

An den Kniegelenken kein Erguss, S rechts 0/0/150, links 0/0/145.

Am rechten Kniegelenk blande ASK-Narben, links ventral mittig 2 je 15 cm lange Narben, bogenförmig auslaufend.

Das rechte Kniegelenk bandstabil, keine Überwärmung, kein Reizerguss, die Patella schmerzfrei verschieblich.

Das linke Kniegelenk in Streck- und 30° Beugestellung seitenbandstabil, kein Reizerguss, keine Überwärmung, Druckschmerzen werden am Femur und an der Tibia angegeben, kein Überstreckungsscmerz, kein Rüttelschmerz. Schmerzen am rechten Kniegelenk bei Belastung.

Angesichts der im Gutachten dokumentierten Funktionseinschränkungen sowie der Angabe der BF, eine Gehstrecke von 500 m zurücklegen zu können, wenngleich sie dies nunmehr in der Stellungnahme und der Beschwerdeschrift verneint, vermag die Beurteilung nicht als nicht schlüssig erachtet werden.

Insoweit die BF in der Stellungnahme und der Beschwerdeschrift abweichend zu ihren Angaben bei der klinischen Untersuchung angibt nunmehr nur kurz stehen bzw eine Gehleistung von wenigen Metern zu haben, war festzustellen, dass den Angaben der Sachverständigen einer erhöhten Glaubwürdigkeit zuzusprechen, zumal diese am Verfahrensausgang - in welche Richtung auch immer - kein rechtliches Interesse hat und darüber hinaus aufgrund der Sachverständigenfunktion zur Wahrheit und Objektivität verpflichtet ist. Falsche Angaben ihrerseits hätten erhebliche straf- und zivilrechtliche Folgen.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.

Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die im Rahmen der Beschwerdeschrift erhobenen Einwände waren nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. vorliegt, zu entkräften. Neue fachärztliche Aspekte wurden nicht vorgebracht.

Auch war dem Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde enthält kein substanzielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde und mangelt es dieser darüber hinaus an einer ausreichenden Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030-5).

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Auch Alterspensionisten können Behinderte iSd BBG 1990 sein; ein Nachweis iSd § 41 Abs 1 leg cit verliert daher seine Bedeutung nicht, wenn aus Gründen des Bezugs einer Alterspension die Nichtzugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Personen iSd § 2 und § 14 Abs 2 BEinstG festgestellt worden ist. (VwGH vom 23.03.1994, GZ 93/09/0377)

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).

Der Unterschied in der Einschätzung ergibt sich zusätzlich noch daraus, dass seit dem 01.09.2010 nicht mehr die Richtsatzverordnung, sondern die Einschätzungsverordnung maßgeblich ist. Dies resultiert aus dem Umstand, dass die Richtsatzverordnung schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und bei Weitem nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes nicht mehr adäquat abbildet. Die Einschätzungsverordnung legt bei der Beurteilung des Grades der Behinderung offenkundig strengere, dem Stand der medizinischen Forschung und den modernen Behandlungsmöglichkeiten angepasste, Maßstäbe an und bewirkt daher die Änderung der medizinischen Kriterien zur Feststellung des Grades der Behinderung im Gutachten von 2006 in der Weise, dass die Gesundheitsschädigungen nunmehr einen anderen Gesamtgrad der Behinderung erreicht.

Der Grund für den nunmehr geringer festgestellten Grad der Behinderung liegt nicht in einer markanten Änderung des Krankheitsbildes der bP oder in neuen Befunden, sondern in den strengeren Maßstäben anlegenden Einschätzungsverordnung (UFS vom 13.07.2012, RV/1001-L/11).

Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Der VwGH führte in seinem Erkenntnis Ra 2017/11/0040 vom 21.06.2017 sinngemäß aus, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten ausreichend mit den vorgelegten Befunden auseinanderzusetzen hat, und das Gutachten eine eingehende die Rahmensätze vergleichende Begründung für die gewählte Positionsnummer zu enthalten hat.

Bei Fehlen einer ausreichenden Begründung hätte das BVwG gegebenenfalls, ergänzende Ermittlungen oder eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH Ra 2015/11/0036 vom 08.07.2015, vgl. VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden. Die bP erachtete in der Beschwerde den im Bescheid festgestellten Grad der Behinderung als zu gering. Gemäß den angeführten Gutachten ist bei der bP nicht von einem höheren Gesamtgrad der Behinderung auszugehen, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der bB releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 MRK bzw. Art. 47 Abs 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der dadurch oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu prädestiniert, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson

v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993)

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 04.03.2008, 2005/05/0304).

In seiner Entscheidung Tusnovics, 07.03.2017, 24.719/12 hat der EGMR ausgesprochen, dass

insbesondere in Verfahren in denen es nur um rechtliche oder sehr technische Fragen geht, den Anforderungen des Artikel 6 MRK auch ohne mündliche Verhandlung Rechnung getragen werden kann. Da es sich beim Recht auf eine öffentliche Verhandlung (auch vor der einzigen Gerichtsinstanz) um kein absolutes Recht handelt, kann dessen Entfall durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt sein.

Das gilt besonders dann, wenn die Tatfrage nicht bestritten und das G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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