TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/19 I417 2155276-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2018
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Entscheidungsdatum

19.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I417 2155276-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2018, Zl. 1032519707-171108168, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

"Ich habe von 2011 bis 2013 beim Flughafen Jundum Airport als Fahrer gearbeitet. Mein Chef L. N. hatte Probleme mit der Regierung. Die Polizei kam dann und inhaftierte ihn. Vier Tage später kam die Polizei dann auch zu mir und inhaftierte auch mich. Ich war dann drei Tage inhaftiert. Ich wurde in diesen Tagen richtig gefoltert, weil sie etwas über meinen Chef erfahren wollten. Ich konnte aber nicht sagen, weil ich nichts wusste. Daraufhin wurde ich wieder freigelassen und ich ging nach Hause. Wiederum zwei Tag später kam die Polizei erneut zu mir nach Hause. Ich war aber nicht zu Hause. Meine Mutter erzählte mir dann, dass die Polizei gekommen und mich nehmen wollte. Meine Mutter sagte ich solle weggehen, weil falls die Polizei noch einmal kommen würde, dann würde die Polizei mich wieder mitnehmen. Ich habe dann meine Mutter nicht widersprochen und ging weg."

2. Mit Bescheid vom 08.04.2017, Zl. 1032519707-140046723, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab; zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen. Weiters wurde"gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.)

3. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2017, Zl. I409 2155276-1/5E als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

4. Am 28.09.2017 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen aus, dass seine Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien. Seit Jänner 2017 wisse er allerdings, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ihn der Unterschlagung bezichtige und er deswegen auch von den gambischen Behörden gesucht werde.

5. Am 14.11.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass er am 06.09.2017 auf einem gambischen Fernsehsender gesehen habe, dass sein ehemaliger Arbeitsgeber vor einer Kommission bezüglich diverser Geldbehebung befragt wurde. Er habe zugleich den Namen des Beschwerdeführers genannt und diesen der Unterschlagung bezichtigt. Der Beschwerdeführer befürchte nunmehr in Gambia verhaftet zu werden.

6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.01.2018 wurde der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Einreiseverbot zu erlassen und wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt. Eine Stellungnahme langte am 16.01.2018 bei der belangten Behörde ein.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.02.2018, Zl. 1032519707-171108168 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten vom 28.09.2017 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde nicht eingeräumt (Spruchpunkt III.). Letztlich wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt IV.).

8. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 25.02.2018 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies mit unrichtiger Feststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.08.2018, I417 2155276-2/4E, wurde die Beschwerde mit der Maßgabe, dass der Spruchpunkt IV. ersatzlos behoben wird, als unbegründet abgewiesen.

10. Die belangte Behörde erhob allein gegen die ersatzlose Behebung von Spruchpunkt IV. außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

11. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.11.2018, Ra 2018/19/0491-5, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im Umfang der Anfechtung - die Behebung des Spruchpunktes IV. -wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer ist mittellos.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nach dem ersten Asylverfahren nicht nachgekommen ist, ergibt sich aufgrund der glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (F: Haben Sie seit der ersten Antragstellung Österreich verlassen. A: Nein.) und durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Der Beschwerdeführer vermochte bislang keine entsprechenden Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Er lebte fast über seinen gesamten, vierjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet von der staatlichen Grundversorgung und ist er bislang keiner Beschäftigung nachgegangen. Die daraus resultierende individuelle Lage des Beschwerdeführers lässt nicht darauf schließen, dass er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet in absehbarer Zeit legalisieren und allenfalls seine Mittellosigkeit durch Aufnahme einer legalen Beschäftigung in eine Selbsterhaltungsfähigkeit wandeln könnte. 3.

Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

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1.-wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.-wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.-wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.-wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.-wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.-den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.-bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.-eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.-an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat."

A) Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zum befristeten Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Der Verwaltungsgerichthof hat festgehalten, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und einem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandsteile handelt (vgl. VwGH vom 15.05.2012, Zl. 2012/18/0029). Die Rückkehrentscheidung ist bereits mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.08.2018 in Rechtskraft erwachsen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die alleinige Behandlung der Erlassung eines Einreiseverbotes als zulässig (VwGH 22.5.2013, 2011/18/0259).

Erst jüngst hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass [...] bei Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht (vgl. zum Erfordernis einer Einzelfallprüfung aus der ständigen Rechtsprechung auch etwa VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310, 30.7.2014, 2013/22/0281) (vgl. VwGH, vom 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, RZ 12).

Im vorliegenden Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG verwirklicht sei. Sie begründete dies mit seiner Mittellosigkeit und seiner nicht nachgekommenen Ausreiseverpflichtung.

Weiters wurde von der belangten Behörde argumentiert, dass der gegenständliche Fall in den Anwendungsbereich des Artikels 11 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) falle, welcher die verpflichtende Verbindung einer Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot vorsehe, soweit keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. Daraus würde sich in Kombination mit Artikel 7 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie ergeben, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vorliege.

Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen, ..."), weshalb die belangte Behörde in mit den in Z 1 - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot erlassen kann. Die belangte Behörde hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer, nachdem die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2017 über seinen ersten unbegründeten Asylantrag in Rechtskraft erwachsen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist und begründet daher zu Recht die vom Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit damit, dass der Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. In einer Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 18.01.2018 wurde zwar vorgebracht, dass der Beschwerdeführer "nicht stur und irregulär" im Bundesgebiet verblieben sei und er aus "faktischen Gründen" nicht ausreisen konnte, jedoch wurde kein konkreter Grund geltend gemacht - und ergab sich solche auch nicht amtswegig - weshalb der Beschwerdeführer nach Rechtskraft seines Erstverfahrens seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist.

Beizupflichten ist der behördlichen Feststellung des Umstandes der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers iSd § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Juni 2012, Zl. 2011/23/0305, mwN). Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargelegt, dass er irgendwelche Mittel zur nicht einmal kurzfristigen Sicherung seines Lebensbedarfes hat. Er lebte gast über seinen gesamten, vierjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet von der staatlichen Grundversorgung.

Zur Dauer des Einreiseverbotes wird festgehalten, dass die belangte Behörde nicht einmal die Hälfte der gesetzlich zulässigen Dauer des § 53 Abs. 2 FPG verhängt hat. Die Beschwerde zeigt auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre. Wie bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.08.2018 festgestellt wurde, verfügt der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bzw. machte er ein solches auch nicht für die anderen Mitgliedsstaaten geltend.

Zusammenfassend ist sohin das Einreiseverbot von der belangten Behörde zu Recht erlassen und die gewählte Dauer von zwei Jahren als angemessen angesetzt worden. Sohin war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltstitel, Ausreiseverpflichtung,
berücksichtigungswürdige Gründe, Einreiseverbot, Einzelfallprüfung,
entschiedene Sache, Ermessen, Ermessensübung, Fluchtgründe,
freiwillige Ausreise, Frist, Gefährdung der Sicherheit,
Grundversorgung, Identität der Sache, Interessenabwägung,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Rechtskraft der Entscheidung, res iudicata,
Rückkehrentscheidung, Spruchpunktbehebung, subsidiärer Schutz,
Trennbarkeit der Spruchteile, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I417.2155276.2.01

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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