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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der 1966 geborenen F L in Wien, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996, Zl. 304.667/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung vom 13. April 1994 bis 26. April 1995 verfügte, beantragte am 24. März 1995 die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. April 1995 rechtskräftig abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin beantragte am 28. September 1995 neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. November 1995 abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Jänner 1996 wurde diese Berufung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Es stehe fest, dass die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Inland eingebracht habe. Nun sei nicht jeder im Inland gestellte Antrag unzulässig, da es einerseits Fälle gebe, bei denen eine Erstantragstellung im Inland - durch Gesetz vorgesehen - möglich sei, andererseits es Fälle gebe, bei denen die Antragstellung im Inland in Ausnahmefällen durch Judikatur ermöglicht werde. Beides treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
Laut Aktenlage habe die letztgültige Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin mit 26. April 1995 geendet. Der von ihr am 24. März 1995 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei von der erstinstanzlichen Behörde mit Bescheid vom 25. April 1995 abgewiesen worden. Dagegen habe die Beschwerdeführerin nicht berufen, und die abweisende Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Aus diesem Grund handle es sich im Fall der Beschwerdeführerin um keinen verspäteten Verlängerungsantrag im Sinne der Verordnung sondern um einen Erstantrag, der vom Ausland aus zu stellen sei.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiters aus, es stehe fest, dass sich die Beschwerdeführerin seit Ablauf ihrer Aufenthaltsberechtigung, somit seit 27. April 1995 unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, vor allem deshalb, weil aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin erkennbar sei, dass sie ganz bewusst die österreichische Rechtsordnung, die für einen geordneten Ablauf des Fremdenwesens notwendig sei, missachte und ihr Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielwirkung haben könnte.
Diese Beurteilung werde zusätzlich noch durch die Tatsache gestützt, dass die Beschwerdeführerin einerseits trotz abweisender Bescheide ihren Aufenthalt im Bundesgebiet immer wieder fortsetze und sie des Weiteren die Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger GL nur zum Schein und zum Zweck der Erlangung eines Befreiungsscheines sowie anderer fremdenrechtlicher Bewilligungen geschlossen habe, wobei die Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 1. Dezember 1994 gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden sei.
Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die belangte Behörde festgestellt, dass unter Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin mit den öffentlichen in Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (2. Februar 1996) hatte die belangte Behörde das AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 heranzuziehen. Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen dieses Gesetzes hatten folgenden Wortlaut:
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde,"
Die Beschwerdeführerin hat zwar rechtzeitig vor Ablauf ihrer letzten Aufenthaltsbewilligung einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eingebracht. Allerdings wurde dieser Antrag vom 24. März 1995 mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. April 1995 abgewiesen. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist der nach rechtskräftiger Abweisung dieses Antrages gestellte neuerliche Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. September 1995. Die belangte Behörde wertete den vorliegenden Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 außer Kraft getreten. Es liegt demnach auch - entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde in ihrer Eingabe an den Verwaltungsgerichtshof vom 1. April 1999 - kein Fall einer Beschlussfassung im Sinne des § 115 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 vor.
Die Beschwerdeführerin bekämpft nicht die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, dass die von ihr mit dem österreichischen Staatsbürger G L (nach dem Beschwerdevorbringen: am 3. März 1993) geschlossene Ehe mit dem erwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Hernals rechtskräftig für nichtig erklärt wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Eheschließung ausschließlich oder überwiegend zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Rechtsmissbrauch und damit ein Verhalten, dass auch ohne zusätzliche Anhaltspunkte den Schluss rechtfertigt, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährden würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 1998, Zl. 95/19/1242).
Die Beschwerdeführerin führt gegen die Argumentation ins Treffen, dass die ihr zur Last gelegte "Tat" (gemeint: die Eheschließung) nunmehr bereits mehr als drei Jahren zurückliege und sie seit ihrem Aufenthalt in Österreich niemals strafrechtlich bzw. wegen schwer wiegender Verwaltungsstraftaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Es sei wohl ausgeschlossen, dass ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnte.
Diese Argumentation ist nicht zielführend. Im Hinblick auf den zwischen der Eheschließung der Beschwerdeführerin und der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegenden Zeitraum von etwa drei Jahren liegt keine Konstellation vor, welche jener vergleichbar wäre, die dem hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1997, Zl. 97/18/0097, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zugrundelag. Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Ansicht ist daher der Umstand, dass die Beschwerdeführerin weder strafrechtlich noch wegen schwer wiegender Verwaltungsstraftaten rechtskräftig verurteilt worden ist, unbeachtlich.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich schließlich in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 MRK verletzt. Sie bringt vor, sie halte sich nunmehr seit 1992 in Österreich auf, sei ordnungsgemäß beschäftigt und lebe mit ihrem Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt. Sie sei ordnungsgemäß sozialversichert, ordnungsgemäß gemeldet und bewohne eine ortsübliche Unterkunft. Sie verfüge über enge familiäre Bindungen in Österreich, zumal noch ihre Mutter und ihr Bruder in Österreich aufhältig seien.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Eingehen einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmissbrauch darstellt, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodass diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung allenfalls bewirkter Eingriff in die durch Art. 8 MRK geschützten Rechte des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1998, Zl. 97/19/1402).
Da die belangte Behörde an das rechtskräftige klagsstattgebende Urteil des Gerichtes jedenfalls gebunden war, geht auch die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin, weder sie noch ihr Ehegatte seien zum Vorwurf der "Scheinehe" einvernommen worden, ins Leere.
Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigte sich ein Eingehen auf den weiters von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. April 1999
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996190846.X00Im RIS seit
11.07.2001