TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/11 W200 2211680-1

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Veröffentlicht am 11.02.2019
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Entscheidungsdatum

11.02.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2211680-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und dem Beisitzer Dr. KUZMINSKI und fachkundiger Laienrichter Mag. HALBAUER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 07.11.2018, Zl. 46325304300015, mit dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 01.06.2018 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 30%.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein anerkannter Flüchtling mit syrischer Staatsbürgerschaft, stellte am 01. Juni 2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und nannte als Gesundheitsschädigungen Sklerose, Osteomyelitis betreffend Hände, Füße, Lunge und Niere.

Dem Antrag angeschlossen waren ein stationärer Patientenbrief des AKH Wien über einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 08.03. bis 20.03.2017 mit den Diagnosen bei Entlassung: "progressive systemische Sklerose, Kopfschmerz"; ein Laborbefund einer rheumatologischen Ambulanz, ein stationärer Patientenbrief des AKH Wien über einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 05.02.2018 bis 16.02.2018 mit den Diagnosen bei Entlassung:

"progressive systemische Sklerose, Osteomyelitis an der Hand";

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 09.10.2018 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% und gestaltete sich wie folgt:

"Anamnese:

Keine Operationen

Sklerodermie seit ca. 6 Monaten in Österreich diagnostiziert, in Syrien keine Krankheiten.

Seit dem 10. LJ seien die Hände, wenn es kalt sei, immer blau gewesen.

Derzeitige Beschwerden:

Der Antragswerber klagt "über Schmerzen in beiden Händen und Füßen - immer, wenn es kalt sei, könne er nichts machen. In Syrien sei es nicht so kalt"

keine spezifische Allergie bekannt

Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.

Lt. eigenen Angaben Benutzung der öffentlichen VM möglich, außer wenn es kalt sei.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Tracleer, Oleovit, CellCept

Sozialanamnese:

Die Anamneseerhebung bedingt durch mangelndes Sprachverständnis deutliches erschwert (syr. Staatsbürger), seit ca. 3 Jahren in Österreich. seit 6-2017 arbeitslos, in Österreich nicht gearbeitet, in Syrien Bauarbeiter, Mittelschulabschluß 2009, ledig, er wohne zusammen mit "Kollegen" in einer Mietwohnung im 2. Stock mit Lift, lebt von Mindestsicherung, wolle Pension. Mutter und 5 Geschwister sind auch in Österreich, Vater noch in Syrien

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2017-3 Allgemeines Krankenhaus Wien, Rheumatologie:

Progression der Fingerulcera bei systemischer Sklerose.

systemische Sklerose mit folgenden Manifestationen:

-

Sklerodaktylie, - Ulzerationen an Fingern, - Calcinosos cutis, - Raynaud Syndrom,

-

Mikrostomie, - fibrosiertes Zungenbändchen, - Dysphagie (lt. Pat. bei Fleischkonsum; keine objektivierbare Mobilitätsstörung im Schluckröntgen),

-

Lunge: subpleurale fibrotische Veränderungen bds., normaler Gasaustausch (100% DLCO/VA)

Der Patient konnte bei Besserung der Ulcerationen und guter Verträglichkeit der neuen Therapie am 20.03.2017 nach Hause entlassen werden

2017-2 Allgemeines Krankenhaus Wien, Rheumatologie:

M34.0 Progressive systemische Sklerose - Prostacasin-Infusion

Osteomyelitis, nicht näher bezeichnet: Hand (Osteomyelitis Endphalanx 2.Strahl li. Hand)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: 25-jähriger AW im guten AZ kommt alleine zur Untersuchung, Linkshänder, (...)

Klinischer Status - Fachstatus:

Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose, Sklerodaktylie an allen Fingern sowie blande Narbenverhältnisse an den Fingern bds. DIG II - V. Sklerose bis über die Ellbogen bds. nach proximal, Trockene Haut der Vorfußrücken und Hornhautbildung an den Fersen

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, etwas verkleinerter Mund mit

Zungenbändchen, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal PR unauffällig, Rachen: bland,

Gebiß: saniert,

Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig

Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche

Thorax: symmetrisch,

Cor: HAT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min

Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer

Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,

NL bds. frei

Extremitäten:

OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich bis auf: Faustschluß beidseits abgeschwächt mit FKHA der Zeigefinger beidseits von 0,5 cm vorgezeigt (sonst 0 cm) - bei endlagigem Streckendefizit in den kleinen Fingergelenken, keine maßgebliche Schwellung, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben

UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, blande Narbenverhältnisse nach RQW rechts präpatellar, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.

tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme

PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg..

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 10 cm, Aufrichten frei, keine Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig, altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm, Hartspann der paravertebralen Muskulatur,

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit Halbschuhen frei gehen weitgehend unauffällig, Zehenballengang möglich, Fersenstand wird nicht durchgeführt, Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird nicht Anhalten durchgeführt. Vermag sich selbstständig aus- und wieder anzuziehen

Status Psychicus:

unter Berücksichtigung der Sprachbarriere keine maßgeblichen mentalen Defizite,

psychomotorisch ausgeglichen, Antrieb unauffällig, Affekt : angepaßt

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Sklerodermie Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da insbesondere Hände und Füße betroffen mit mäßigen Funktionseinschränkungen bei Sklerodaktylie - mit rezidivierenden Ulcerationen an den Fingern und Raynaud Syndrom, jedoch noch normalem Gasaustausch in der Lunge

02.02.02

30

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

eine maßgeblich eingeschränkte Nierenfunktion oder aktuelle behandlungsbedürftige Osteomyelitis ist nicht dokumentiert. (...)

Dauerzustand"

Im Rahmen des gewährten Parteiengehörs gab der Beschwerdeführer zum vom Sozialministeriumservice übermittelten Gutachten keine Stellungnahme ab.

Mit Bescheid vom 07.11.2018 wies das Sozialministeriumservice den Antrag vom 01.06.2018 ab und stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung die Voraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Begründend wurde auf das eingeholte allgemein medizinische Gutachten verwiesen.

Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Bescheid anfechten wolle, da laut Arbeits- und Sozialgericht eine 100 prozentige Berufsunfähigkeit bestehe. Er ersuchte um Überweisung an einen Spezialisten für seine Krankheit. Dem Antrag angeschlossen war die erste Seite eines stationären Patientenbriefes des AKH Wien über einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 27.11.2018 bis 14.12.2018 mit den Diagnosen bei Entlassung: "progressive systemische Sklerose".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1.: Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 von 100.

1.2.: Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose, Sklerodaktylie an allen Fingern sowie blande Narbenverhältnisse an den Fingern bds. DIG II - V. Sklerose bis über die Ellbogen bds. nach proximal, Trockene Haut der Vorfußrücken und Hornhautbildung an den Fersen

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, etwas verkleinerter Mund mit

Zungenbändchen, sichtbare Schleimhäute: unauffällig, Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal PR unauffällig, Rachen: bland,

Thorax: symmetrisch, Cor: HAT rhythmisch, mittellaut, normfrequent

Puls: 72 / min

Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer

Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,

NL bds. frei

Extremitäten:

OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich bis auf: Faustschluß beidseits abgeschwächt mit FKHA der Zeigefinger beidseits von 0,5 cm vorgezeigt (sonst 0 cm) - bei endlagigem Streckendefizit in den kleinen Fingergelenken, keine maßgebliche Schwellung, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben

UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, blande Narbenverhältnisse nach RQW rechts präpatellar, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.

tastbar, verstärkte Venenzeichnung, keine Ödeme.

PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg..

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 10 cm, Aufrichten frei, keine Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig, altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm, Hartspann der paravertebralen Muskulatur,

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit Halbschuhen frei gehen weitgehend unauffällig, Zehenballengang möglich, Fersenstand wird nicht durchgeführt, Einbeinstand beidseits möglich. Die tiefe Hocke wird mit Anhalten durchgeführt. Vermag sich selbstständig aus- und wieder anzuziehen

1.3.: Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Sklerodermie Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da insbesondere Hände und Füße betroffen mit mäßigen Funktionseinschränkungen bei Sklerodaktylie - mit rezidivierenden Ulcerationen an den Fingern und Raynaud Syndrom, jedoch noch normalem Gasaustausch in der Lunge

02.02.02

30

Der Gesamtgrad

der Behinderung beträgt 30 %.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 09.10.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Der bestellte Gutachter stuft das Leiden des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung der von ihm vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie der eigenen Untersuchung unter Pos. Nr. 02.02.02 ein.

Die Anlage zur Einschätzungsverordnung sieht die Einstufung von generalisierten Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades (30 - 40 %) unter Pos.Nr. 02.02.02 vor, dies bei Vorliegen mäßiger Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, bei geringe Krankheitsaktivität.

Der Gutachter beschreibt im Status die oberen Extremitäten des Beschwerdeführers glaubhaft dahingehend, dass der Nacken- und Schürzengriff gut möglich ist, der Beschwerdeführer in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich ist, ausgenommen der Faustschluß, der beidseits abgeschwächt mit FKHA der Zeigefinger beidseits von 0,5 cm vorgezeigt (sonst 0 cm) wird - dies bei endlagigem Streckendefizit in den kleinen Fingergelenken, keiner maßgeblichen Schwellung.

An der Haut stellte der Gutachter Sklerodaktylie an allen Fingern sowie blande Narbenverhältnisse an den Fingern bds. DIG II - V. und beschreibt die Sklerose bis über die Ellbogen bds. nach proximal

Die unteren Extremitäten werden als altersentsprechend unauffällig beschrieben ebenso das Gangbild.

Unter Zugrundelegung des festgestellten Status - insbesondere hinsichtlich der betroffenen Gelenke und der geringen Krankheitsaktivität - ist die Einstufung unter 02.02.02 schlüssig nachvollziehbar.

Der Inhalt des Gutachtens wurde im Rahmen des Parteiengehörs von den Parteien unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die ursprünglich geltend gemachte Osteomyelitis liegt zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung und aktuell nicht mehr vor - dies geht sowohl aus dem Gutachten selbst als auch aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Arztbrief des AKH Wien über einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 27.11.2018 bis 14.12 2018 vor, in dem ausschließlich die progressive systemische Sklerose diagnostiziert wird.

Der Beschwerdeführer verweist auf ein dem BVwG nicht vorliegendes Gutachten, in dem ihm 100%ige Berufsunfähigkeit bestätigt werden soll. Dem ist entgegenzuhalten, dass- sollte tatsächlich ein Pensionsverfahren anhängig sein - es sich dabei um einen völlig anderen Themenbereich handelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

In den vom eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 30% festgestellt. Das angeführte Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art des Leidens und dessen Ausmaß ausführlich eingegangen.

Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Änderung des Spruches erfolgte unter Zugrundelegung des Erkenntnisses des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/11/0204-7, Rz

23.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden. In diesem Gutachten wurde der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W200.2211680.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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