Entscheidungsdatum
11.02.2019Norm
BBG §40Spruch
W200 2208983-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, BASB Landesstelle NÖ, OB: 396117061400011, mit dem der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 14.08.2018 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 30%.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei stellte am 17.08.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und nannte darin als Gesundheitsschädigung "Multiple Sklerose PPMS". Dem Antrag angeschlossen waren MRT-Befunde des Gehirns und der Lendenwirbelsäule vom September 2016 sowie Patientenbriefe des die Beschwerdeführerin behandelnden Facharztes für Neurologie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.10., 10.11.2016, 14.03, 18.07, 27.09, 10.10, 11.12.2017 und vom 18.04.2018, ein Entlassungsbefund des Landesklinikums Hochegg vom 10.10.2016 über einen eintägigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin.
Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigen-Gutachten vom 18.09.2018 ergab einen Grad der Behinderung von 30 von 100 und gestaltete sich wie folgt:
"Anamnese:
Primär progrediente Multiple Sklerose (ED 9/2016), EDSS 2, Fatigue Syndrom, affektive Störung, neurogene Blasenstörung, anam. Coltis ulcerosa, Verdacht 2013-2015 ausgeschlossen. Frau XXXX beantragt die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Derzeitige Beschwerden:
Gangstörung - nach wenigen Schritten macht das linke Bein was es will - knickt weg, kann nicht mehr gehoben werden - immer wieder Handunterstützung erforderlich, wiederholt Schwindel- und Sehstörungen (alles wird eng und düster - kann mit Brille oft auch schlecht lesen - Dauer meist ca. 1/2 Stunde). Einschlafen der linken Hand - wird oft nicht gespürt, Haltevermögen herabgesetzt. Stuhlgang und Harnlassen oft erschwert. Nachts Spasmen in den Waden und Fußsohlen. Gesteigerte Müdigkeit.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Derzeit werden keine Medikamente eingenommen, nur Nahrungsmittelergänzungsmittel, Brille, regelmäßig Physiotherapie, Walkingstöcke bei längerem Gehen (Spaziergang mit Hund), letzter stationärer Aufenthalt - Reha 12/2016-1/2017 - LKH Hochegg
Sozialanamnese:
Frau XXXX ist geschieden, lebt in einer Lebensgemeinschaft, ist als Büroangestellte in einer Apotheke beschäftigt.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befundbericht FA für Neurologie, Dr. XXXX , vom 18.04.2018:
Diagnose:
Primär progrediente Multiple Sklerose EDSS 2
Fatigue Syndrom
Affektive Störung
Neurogene Blasenstörung
Anam. Colitis ulcerosa, Verdacht 2013.
Meningismus negativ:
HWS-Beweglichkeit altersentsprechend, endlagig nicht eingeschränkt,
Hirnnerven:
I-subjektiv ungestört, II - Visus korrigiert, Lesebrille; III, IV, VI - Optomotirik nicht eingeschränkt, Pupillomotorik: Isocor, reagieren prompt auf Licht und Konvergenz, kein Nystagmus, V - Sensibilität links reduziert, VII - Fingerreiben wird seitengleich verstanden, IX, X - Gaumensegel hebt seitengleich innerviert, Würgereflex auslösbar, Sensibilität oral ungestört, keine Hinweise auf Dysphagie, Geschmack ist ungestört, XI - seitengleich, XII - Zunge wird gerade herausgestreckt, ist in allen Richtungen beweglich
Obere Extremitäten:
VHV, kein Absinken seitengleich, keine Pronation, grobe Kraft ungestört, Tonus nicht pathologisch erhöht seitengleich, Klonus negativ, MER seitengleich mittellebhaft, frontale Schablonen negativ, Sensibilität: Spitz - Stumpf, links reduziert, Vibrationsempfinden seitengleich 7/8
Untere Extremitäten:
PV kein Absinken seitengleich, grobe Kraft distal KG4, Tonus gering spastisch erhöht, rechts mehr als links, Klonus bds. Nicht mehr nachweisbar, MER links übermittellebhaft, Babinski links pos.,
Sensibilität: Spitz - Stumpf normasthetisch seitengleich, Vibrationsempfinden seitengleich 8/8
Koordination: FNV bds. Eumetrisch, Eudiadochokinese bds., Tremor nicht erhebbar, Rumpf: Rumpfstabilität seitengleich, Sensibilität Fingerspitzen rechts reduziert, pm. Dig2,
Gang: Freies Gehen möglich, Gangbild gering links spastisch in der SBPH reduziert und Vorfußheber links KG4-5
Stand: Zehenspitzenstand/Fersenstand frei möglich, Rhomberg nicht pathologisch,
Blasenfunktion zeitweise Ausurinieren erschwert + zeitweise imperativer Harndrang, Stuhlgang - Defäkation erschwert
Psychopathologie:
BWL klar, Orientierung - zur Person, zeitlich, örtlich, situativ, geringe kognitiven Defizite erhebbar, Stimmung euthym, Befindlichkeit gut, Affektlage stabil, positiv affizierbar
Keine frei flottierenden Angstsymptome, Ductus kohärent, keine SMG, keine produktiven Symptome, Schlaf verkürzt (schmerzbedingt im linken UB) auf 4 Stunden
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Sehr schlanke mittelgroße Patientin in gutem AZ, kommt erstmals zur Untersuchung in meine Ordination
Ernährungszustand: Etwas reduziert
Größe: 163,00 cm Gewicht: 49 kg Blutdruck: 125/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut und sichtbare Schleimhäute unauffällig, HNO Bereich frei, Sehen mit Brille korrigiert, Hören normal, Thorax symmetrisch, Cor und Pulmo klinisch unauffällig, Abdomen weich, kein DS, keine Defense oder Resistenz, Hepar und Lien nicht tastbar, OE: Faustschluss seitengleich und kräftig (KG 5), Abweichen beim FNV links, rechts o. B., Diadochokinese unauffällig, Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert, WS: gerade, kein Klopfschmerz, Nierenlager: bds. frei, UE: Hüft- und Kniegelenke in allen Ebenen frei beweglich, keine Ödeme oder Varicen, Fußpulse bds. gut tastbar, Lasegue bds. negativ, PSR und ASR bds. lebhaft, stumme Sohle bds., Zehen- und Fersenstand bds. ungehindert, Einbeinstand: mit geschlossenen Augen Fallneigung, mit offenen Augen möglich mit minimaler Unsicherheit
Gesamtmobilität - Gangbild:
Etwas breitbeinig, aber sicher und frei
Status Psychicus:
Stimmung und Antrieb unauffällig, bewusstseinsklar und gut orientiert, Duktus kohärent
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB%
1
Primär progrediente Multiple Sklerose (ED 9/2016), EDSS 2, Mittlerer Rahmensatz, neurogene Blasenstörung und affektive Störung mitberücksichtigt
04.8.01
30
Gesamtgrad der Behinderung: 30 v.H.
(...) Dauerzustand"
Mit Bescheid vom 18.10.2018 entschied das Sozialministeriumservice, Außenstelle NÖ, wie folgt:
"Mit einem Grad der Behinderung von 30%, erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Ihr Antrag vom 17.08.2018 ist daher abzuweisen." Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten verwiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde begründete die Beschwerdeführerin ihren Antrag damit, ihrer Erwerbsfähigkeit so lange wie möglich nachgehen zu wollen. Sie gab an auch um Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO angesucht zu haben. Ihre PPMS schreite leider sehr rasch voran und sie könne an den meisten Tagen keine 200m zu Fuß zurücklegen. Es falle ihr sehr schwer ihren Arbeitsplatz zu erreichen, wenn sie keinen Parkplatz in der Nähe finde. Öffentliche Verkehrsmittel zu nützen sei ihr nicht möglich, da sie diese zu Fuß wegen der Entfernung nicht erreichen können. Darüber hinaus werde durch eine Ocrevus Behandlung ihr Immunsystem heruntergefahren, weshalb öffentliche Verkehrsmittel und große Menschenansammlungen zu vermeiden seien. Auch die weiteren Angaben bezogen sich auf den Ausweis gemäß § 29b StVO.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
beschwerderelevanter Status:
Meningismus negativ:
HWS-Beweglichkeit altersentsprechend, endlagig nicht eingeschränkt,
Hirnnerven:
I-subjektiv ungestört, II - Visus korrigiert, Lesebrille; III, IV, VI - Optomotirik nicht eingeschränkt, Pupillomotorik: Isocor, reagieren prompt auf Licht und Konvergenz, kein Nystagmus, V - Sensibilität links reduziert, VII - Fingerreiben wird seitengleich verstanden, IX, X - Gaumensegel hebt seitengleich innerviert, Würgereflex auslösbar, Sensibilität oral ungestört, keine Hinweise auf Dysphagie, Geschmack ist ungestört, XI - seitengleich, XII - Zunge wird gerade herausgestreckt, ist in allen Richtungen beweglich
Obere Extremitäten:
VHV, kein Absinken seitengleich, keine Pronation, grobe Kraft ungestört, Tonus nicht pathologisch erhöht seitengleich, Klonus negativ, MER seitengleich mittellebhaft, frontale Schablonen negativ, Sensibilität: Spitz - Stumpf, links reduziert, Vibrationsempfinden seitengleich 7/8
Faustschluss seitengleich und kräftig (KG 5), Abweichen beim FNV links, rechts o.B., Diadochokinese unauffällig, Schürzen- und Nackengriff bds. ungehindert
Untere Extremitäten:
PV kein Absinken seitengleich, grobe Kraft distal KG4, Tonus gering spastisch erhöht, rechts mehr als links, Klonus bds. nicht mehr nachweisbar, MER links übermittellebhaft, Babinski links pos.,
Sensibilität: Spitz - Stumpf normasthetisch seitengleich, Vibrationsempfinden seitengleich 8/8
Koordination: FNV bds. eumetrisch, Eudiadochokinese bds., Tremor nicht erhebbar, Rumpf: Rumpfstabilität seitengleich, Sensibilität Fingerspitzen rechts reduziert, pm. Dig2,
Hüft- und Kniegelenke in allen Ebenen frei beweglich, keine Ödeme oder Varicen, Fußpulse bds. gut tastbar, Lasegue bds. negativ, PSR und ASR bds. lebhaft, stumme Sohle bds., Zehen- und Fersenstand bds. ungehindert, Einbeinstand: mit geschlossenen Augen Fallneigung, mit offenen Augen möglich mit minimaler Unsicherheit
Gang: Freies Gehen möglich, Gangbild gering links spastisch in der SBPH reduziert und Vorfußheber links KG4-5
Stand: Zehenspitzenstand/Fersenstand frei möglich, Rhomberg nicht pathologisch,
Blasenfunktion zeitweise Ausurinieren erschwert und zeitweise imperativer Harndrang, Stuhlgang - Defäkation erschwert
Psychopathologie:
BWL klar, Orientierung - zur Person, zeitlich, örtlich, situativ, geringe kognitiven Defizite erhebbar, Stimmung euthym, Befindlichkeit gut, Affektlage stabil, positiv affizierbar
Keine frei flottierenden Angstsymptome, Ductus kohärent, keine SMG, keine produktiven Symptome, Schlaf verkürzt (schmerzbedingt im linken UB) auf 4 Stunden.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
Primär progrediente Multiple Sklerose (ED 9/2016), EDSS 2, Mittlerer Rahmensatz, neurogene Blasenstörung und affektive Störung mitberücksichtigt
04.8.01
30
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30%, da keine weitere ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung hinzutritt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.09.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Insbesondere legt die Gutachterin ihrer Beurteilung den Inhalt des von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Patientenbrief des sie behandelnden Facharztes für Neurologie zu Grunde. Diesem Patientenbrief vom 18.04.2018 ist ein genauer neurologischer Status zu entnehmen, der im Gutachten vom 18.09.2018 verwertet wird. Darüber hinaus wurde von der Gutachterin ebenfalls eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durchgeführt.
Sie stuft die Multiple Sklerose nachvollziehbar unter Pos.Nr. 04.08.01 mit 30 % ein und begründet dies nachvollziehbar damit, dass der mittlere Rahmensatz anzuwenden sei, und die neurogene Blasenstörung und affektive Störung mitberücksichtigt werde.
Laut Anlage zur Einschätzungsverordnung erfolgt eine Einstufung mit 30 % bei leichten Sensibilitätsstörungen, minimalen feinmotorischen Defizite, leichtem Harnverhalten, verstärktem Harndrang. Der obere Rahmensatz mit 40% wäre bei Monoparese, leichter Extremitätenataxie, Hirnstammbefunden anzuwenden, die jedoch bei der Beschwerdeführerin nicht vorliegen.
Eine höhere Einstufung des Leidens unter Pos.Nr. 04.08.02 ist mangels Lähmungen nicht möglich.
Korrelierend dazu wurde in den vorgelegten Befunden ein EDSS 2,0 beschrieben, was einer minimalen Behinderung in einem funktionellen System (ein FS Grad 2, andere 0 oder l) entspricht.
Das Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt des Gutachtens bestehen für das BVwG keine - das Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art des Leidens und dessen Ausmaß ausführlich eingegangen, insbesondere wurde der aktuellste von der Beschwerdeführerin vorgelegte neurologische Befund darin verwertet.
Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen, da sie sich vor allem auf den §29b StVO Ausweis bezogen, der allerdings nicht verfahrensgegenständlich ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).
Im vom BVwG eingeholten Gutachten wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt.
Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.
Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Änderung des Spruches erfolgte unter Zugrundelegung des Erkenntnisses des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/11/0204-7, Rz
23.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen - in Anbetracht der hiezu ergangenen Ausführungen in den vom BVwG eingeholten Sachverständigengutachten - nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge, und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W200.2208983.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.04.2019