TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 I403 2214389-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §54
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2214389-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Martin WANDL und Dr. Wolfgang KREMPL, Kremser Gasse 19, 3100 St. Pölten, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zl. 92931510/180052684, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben. Damit kommt der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zl. 92931510/180052684 aufschiebende Wirkung zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer schloss am 11.11.2013 die Ehe mit der ungarischen Staatsbürgerin XXXX, welche sich aufgrund ihres Rechtes auf Freizügigkeit im österreichischen Bundesgebiet aufhielt. Die Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.06.2018 geschieden.

Am 16.08.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen und insbesondere zu seiner Ehe befragt.

Mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Es wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer als geschiedenem Ehegatten eines EU-Bürgers, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hatte, die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger zukomme, solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG vorliege. Die Ehe wurde vom BFA als Aufenthaltsehe qualifiziert, woraus sich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer ergebe, weswegen die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers notwendig sei.

Mit Schriftsatz vom 17.01.2019 wurde Beschwerde erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu ihm einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Inhaltlich wurde kritisiert, dass bei keiner der Einvernahmen ein Dolmetscher für die arabische Sprache herangezogen worden sei, um dem Beschwerdeführer die Möglichkeit für eine gute Verständigung zu gewähren. Zudem sei die frühere Ehegattin nie einvernommen worden. Ohne diese Mängel in der Verfahrensführung wäre festgestellt worden, dass es sich um keine Aufenthaltsehe gehandelt habe, wodurch dem Aufenthaltsverbot die Grundlage entzogen sei. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Berufsausübung ohne entsprechende Gewerbeberechtigung liege zehn Jahre zurück, aktuell führe er ein Blumengeschäft mit entsprechender Berechtigung. Beigelegt war der Beschwerde ein Versicherungsdatenauszug.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.02.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten und begünstigter Drittstaatsangehöriger.

Als Angehöriger eines EWR-Bürgers hatte er eine Aufenthaltskarte von 13.12.2013 bis 13.12.2018. Am 21.11.2018 stellte er einen Antrag auf Verlängerung.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer war von 11.11.2013 bis 25.06.2018 mit einer ungarischen Staatsbürgerin verheiratet, die von ihrer unionsrechtlichen Freizügigkeit Gebrauch gemacht hatte.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Insbesondere wurden am 13.02.2019 auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister eingeholt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.

§ 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz lautet:

Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Das BFA ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer als früherem Ehegatte einer EWR-Bürgerin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hatte, die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zugekommen war; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. etwa VwGH, 07.04.2011, Zl. 2011/22/0005, und zur Geltung dieser Ansicht auch für die aktuelle Rechtslage VwGH, 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, Rz 7), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG vorliegt. Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten bleibt bei Scheidung erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet; dies ist im Fall des Beschwerdeführers gegeben.

Das BFA ging allerdings vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe aus. Demzufolge hat das BFA zu Recht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG vorlägen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem) dann der Fall, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG - eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt und sich trotzdem (u.a.) für den Erwerb eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe berufen hat (vgl. das noch zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 ergangene Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2013, Zl. 2011/23/0647, dessen Aussagen sich laut VwGH, 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, Rz 7, zwanglos auf die aktuelle Rechtslage übertragen lassen).

Der Beschwerdeführer ist den beweiswürdigenden Überlegungen des BFA im angefochtenen Bescheid betreffend das Vorliegen einer Aufenthaltsehe in der Beschwerde entgegengetreten; er verwies darauf, dass ihm bei der Einvernahme durch das BFA eine Verständigung aufgrund des Fehlens eines Dolmetschers für die arabische Sprache nicht einwandfrei möglich war und dass seine frühere Ehefrau nie einvernommen worden sei.

Schon deshalb kann das Bundesverwaltungsgericht aber am Maßstab der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. zu dieser Voraussetzung des Näheren VwGH, 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 4. der Entscheidungsgründe, in dem auf das grundlegende Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und auf das Erkenntnis vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039, Bezug genommen wird) ausgehen und nicht von einer mündlichen Verhandlung absehen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN). Es ist daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unter persönlicher Befragung des Beschwerdeführers notwendig.

Zudem muss gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sein. Indem das BFA zu Spruchpunkt III. nur allgemein auf die Erlassung eines Aufenthaltsverbots verwies, lässt es dieses zusätzliche Kriterium außer Acht. Davon ausgehend vermag es nicht aufzuzeigen, weshalb die sofortige Ausreise notwendig ist; der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten, die ihm vorgeworfene Tätigkeit als Blumenverkäufer ohne entsprechende Berechtigung datiert auf das Jahr 2011 und wäre, wenn es sich um eine Aufenthaltsehe handeln sollte, diese bereits vor mehr als fünf Jahren geschlossen worden. In den letzten fünf Jahren ist der Beschwerdeführer nicht deliktisch in Erscheinung getreten, so dass - unabhängig von der Frage der gegebenenfalls aufgrund des Eingehens einer Aufenthaltsehe gebotenen Verhängung eines Aufenthaltsverbotes - eine sofortige Ausreise jedenfalls nicht dringend geboten erscheint.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufenthaltsehe, Aufenthaltsrecht, Aufenthaltsverbot, aufschiebende
Wirkung, begünstigte Drittstaatsangehörige, Durchsetzungsaufschub,
ersatzlose Behebung, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Recht auf Freizügigkeit, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I403.2214389.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten