TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/22 W238 2166608-1

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Veröffentlicht am 22.02.2019
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Entscheidungsdatum

22.02.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
StVO 1960 §29b

Spruch

W238 2166608-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 22.06.2017, OB XXXX, betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 04.04.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), welcher - entsprechend dem Hinweis im Antragsformular - auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gewertet wurde.

2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer am 21.06.2017 seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), ein bis 01.09.2019 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. ausgestellt.

3. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid der belangten Behörde vom 22.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 21.06.2017 (gemeint wohl: 22.06.2017) sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht erfülle. Da das Vorliegen eines Behindertenpasses mit der genannten Zusatzeintragung Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises sei, sei der Antrag abzuweisen.

5. Gegen die Bescheide vom 22.06.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin brachte er vor, dass er lediglich eine Wegstrecke von 30 bis 50 Metern bewältigen könne. Aufgrund der dann einsetzenden starken Schmerzen im Rücken und im rechten Bein sei es ihm nicht möglich, eine Wegstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft zurückzulegen. Seine diesbezügliche Aussage bei der Untersuchung sei im Gutachten weder angeführt noch berücksichtigt worden. Er sei bei Wegen außer Haus auf das Auto sowie auf einen Rollstuhl angewiesen. Der Beschwerde wurde ein Attest eines Orthopäden beigelegt.

6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt betreffend die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.08.2017 vorgelegt. Das Beschwerdeverfahren wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2166606-1 protokolliert.

Die verfahrensgegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am selben Tag übermittelt.

7. Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22.06.2017 betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W238 2166606-1/11E, als unbegründet abgewiesen.

Unter Zugrundelegung der - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und vollständig erkannten - Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 27.02.2018 sowie eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 25.07.2018 wurden seitens des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senates (s. dazu auch Punkt II.3.2.) begründend ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer Umstände, die ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen unzumutbar machen, nicht festgestellt werden konnten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde am 21.06.2017 ein bis 01.09.2019 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v. H. ausgestellt.

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 04.04.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.06.2017 abgewiesen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W238 2166606-1/11E, wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht im Behindertenpass des Beschwerdeführers eingetragen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen, widerspruchsfreien und diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt sowie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W238 2166606-1/11E.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen. Die Ausfolgung eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 StVO ist von dieser Zuständigkeitsregelung nicht umfasst. Eine Bestimmung in den im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Materiengesetzen, wonach in Verfahren auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Abs. 1 StVO die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Senate vorgesehen ist, besteht ebenfalls nicht. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor (vgl. VwGH 21.09.2018, Ro 2017/02/0019).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG). Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

3.4. Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen (§ 29b Abs. 1 StVO).

Ausweise, die vor dem 01.01.2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16.11.1976, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit 31.12.2015. Ausweise, die nach dem 01.01.2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig (§ 29b Abs. 6 StVO).

Zum Nachweis, dass der Behindertenpassinhaber, der über die Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, die im § 29b Abs. 2 bis 4 StVO genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ist ihm ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" ist der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gleichzuhalten (§ 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).

3.5. Im Lichte der dargestellten Rechtslage hat die Behörde in einem Verfahren über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO lediglich zu prüfen, ob der Antragsteller Inhaber eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz ist, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt.

Gegenstand eines Verfahrens gemäß § 29b StVO ist dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zufolge daher nicht die Frage, ob der Inhaber eines Behindertenpasses die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erfüllt, sondern ob er (bereits) über diese Zusatzeintragung verfügt.

Wie unter Punkt II.1. festgestellt, ist der Beschwerdeführer zwar Inhaber eines Behindertenpasses, der Zusatz "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist jedoch in dem am 21.06.2017 ausgestellten Behindertenpass nicht eingetragen.

Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde - im Rahmen von zwei gesonderten Bescheiden - sowohl über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO als auch über den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgesprochen.

Mit Bescheid vom 22.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W238 2166606-1/11E, als unbegründet abgewiesen.

Da die für die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO unbedingt erforderlichen Voraussetzungen somit nicht vorliegen, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.6.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

3.6.2. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung ist, ob der Beschwerdeführer Inhaber eines Behindertenpasses ist, in dem der Zusatz "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" eingetragen ist. Da das Fehlen der erforderlichen Zusatzeintragung unzweifelhaft und unbestritten ist, erscheint der Sachverhalt geklärt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Parkausweis, Voraussetzungen, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2166608.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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