TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W235 2189226-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2189226-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018, Zl. 1176242903-171373265, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres hat ergeben, dass dem Beschwerdeführer von der Tschechischen Botschaft in Moskau ein Schengen-Visum für neun Tage im Zeitraum XXXX10.2017 bis XXXX11.2017 erteilt worden war (vgl. AS 21).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, im Zuge derer er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. In Österreich würden sein Cousin und seine Tante leben. Daher sei Österreich auch sein Zielland gewesen. Der Beschwerdeführer sei am XXXX10.2017 mit dem Flugzeug legal mit seinem eigenen Reisepass und einem Schengen-Visum nach Prag geflogen und danach weiter nach Österreich gefahren. Über Tschechien könne er keine Angaben mache. Einen Asylantrag habe er dort nicht gestellt. Er glaube, dass die Gültigkeit seines Visums bereits abgelaufen sei.

Dem Beschwerdeführer wurde am 11.12.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit der Tschechischen Republik die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 37).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 14.12.2017 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an die Tschechische Republik.

Mit Schreiben vom 10.01.2018 stimmte die tschechische Dublinbehörde der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 10.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG), da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Tschechien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 15.01.2018 übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 107).

1.4. Am XXXX01.2018 wurde der Beschwerdeführer von der Polizeiinspektion XXXX wegen Diebstahls angezeigt.

1.5. Am 24.01.2018 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren, eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Tschetschenisch und einer Vertrauensperson vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer eingangs angab, dass er sich körperlich und geistig in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen. Zurzeit nehme er keine Medikamente und leide auch an keinen Krankheiten. Bei der Ausstellung des Visums habe er keine Probleme gehabt. In Österreich helfe ihm seine Tante. Abgesehen von seiner Tante habe er noch einen Cousin und eine Cousine in Österreich. Sonst habe er Freunde, die er regelmäßig treffe. Seine Tante lebe schon seit über zehn Jahren in Österreich und der Beschwerdeführer habe zu ihr immer schon einen sehr guten Kontakt gehabt. Bevor er nach Österreich gekommen sei, hätten sie telefonischen Kontakt gehabt und seine Tante habe ihn "zu Hause" besucht. Bereits im Herkunftsland sei er von seiner Tante finanziell unterstützt worden und hier auch. Auch schenke sie ihm Kleidung. Auf Vorhalt, dass er wegen Ladendiebstahls angezeigt worden sei und auf die Frage, warum das notwendig gewesen sei, wenn er von seiner Tante unterstützt werde, gab der Beschwerdeführer an, es tue ihm leid. Sein Cousin habe gesagt, dass er "das" nehmen und in die Tasche stecken solle. Er habe nicht gedacht, dass das zu Schwierigkeiten führen könne. In Tschechien sei er nur am Flughafen aufhältig gewesen. Von dort habe ihn sein Cousin abgeholt. Vorfälle habe es in Tschechien nicht gegeben. Der Beschwerdeführer sei weder bedroht noch verfolgt worden.

Zur geplanten Außerlandesbringung nach Tschechien gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht nach Tschechien wolle, da es für Russen leicht sei, nach Tschechien zu kommen. Freunde und Verwandte habe er auch keine in Tschechien. Daher wolle er in Österreich bleiben. Auf die Frage, warum ihn die tschechische Polizei nicht schützen könne, gab der Beschwerdeführer an, das sei nicht der einzige Grund. Er habe auch keine Verwandten in Tschechien und habe Angst dort zu bleiben. Nach Wiederholung der Frage brachte er vor, er vermute schon, dass ihn die tschechische Polizei unterstützen würde, aber er wolle dort nicht alleine bleiben. Das tschechische Visum habe er beantragt, da er mit diesem auch andere Länder besuchen könne. Das Visum sei die einzige Möglichkeit gewesen, nach Europa zu flüchten. Er habe nie vorgehabt, in Tschechien zu leben. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Tschechien wollte der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgeben. Die Rechtsberaterin beantragte in der Folge den Selbsteintritt aufgrund der "familiären Umstände".

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Tschechische Republik gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung in die Tschechische Republik zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer gesund sei. Der Abgleichbericht zur VIS-Abfrage habe ergeben, dass er ein bis XXXX11.2017 gültiges C-Visum erhalten habe. Am 10.01.2018 sei die Zustimmung Tschechiens gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO bei der Behörde eingelangt. Es hätten im Verfahren keine Tatsachen festgestellt werden können, die einen Selbsteintritt als zwingend ansehen lassen würden. Seine Tante und sein Cousin hätten in Österreich Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer werde von seiner Tante unterstützt. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von seiner Tante abhängig sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass seine Überstellung nach Tschechien eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde. Es werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Tschechien keiner Verfolgung oder Misshandlung ausgesetzt wäre bzw. diese zu erwarten hätte. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Tschechien nicht ausreichend medizinisch behandelt werden würde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 8 bis 11 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum tschechischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in der Tschechischen Republik.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich die Feststellung zur Gesundheit des Beschwerdeführers aus seinen Angaben im Verfahren ergeben habe. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt hätten sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Aufgrund seiner Angaben, des VIS-Abgleichs und der Zustimmung der tschechischen Behörden stehe der entscheidende Sachverhalt für die Behörde fest. Die Feststellung zu den Verwandten (Tante und Cousin) habe sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren ergeben. Festgehalten werde, dass der Beschwerdeführer zwar mit seiner Tante im gemeinsamen Haushalt lebe und auch von dieser unterstützt werde, wobei festzuhalten sei, dass Asylwerber in Österreich ein Recht auf Unterkunft und Versorgung hätten und der Beschwerdeführer daher nicht notwendigerweise auf die Unterstützung seiner Tante angewiesen wäre. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er trotz der Entfernung auch schon vor seiner Einreise einen guten Kontakt zu seiner Tante gehabt habe und von dieser unterstützt worden sei, sodass nicht festgestellt werden könne, dass er nicht auch aus Tschechien Kontakt zu seiner Tante haben und von dieser unterstützt werden könne. Allerdings gehe aus den Länderfeststellungen zu Tschechien hervor, dass er als Asylwerber in Tschechien Unterkunft und Versorgung erhalte. Ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK könne im Fall des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Aufgrund des kurzen Aufenthalts könne noch kein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK festgestellt werden. Allerdings liege trotz des kurzen Aufenthalts bereits eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft vor. Die Feststellungen zum Mitgliedstaat würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Zur Angabe des Beschwerdeführers, er habe Angst, da es für Russen leicht wäre nach Tschechien zu kommen, werde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer - bei Vorliegen einer tatsächlichen Bedrohung - die Möglichkeit offen stehe, sich an die dortigen Sicherheitsbehörden zu wenden, um Schutz zu erhalten. Im konkreten Fall könne bei einer Überstellung nach Tschechien insgesamt kein reales Risiko für den Beschwerdeführer erblickt werden. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass dem Beschwerdeführer in Tschechien tatsächlich eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergebe, dass Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Der Beschwerdeführer sei volljährig, gesund und selbsterhaltungsfähig. Auch wenn er zurzeit mit seiner Tante im gemeinsamen Haushalt lebe und teilweise von ihr unterstützt werde, sei er von dieser Unterstützung nicht abhängig. Als Asylwerber habe er in Österreich - wie auch in Tschechien - ein Recht auf Unterkunft und Versorgung. Da die Tante ihn bereits im Herkunftsland unterstützt habe, sei davon auszugehen, dass er diese Unterstützung auch in Tschechien erhalten könne. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers sei nur von kurzer Dauer und könne daher eine besondere Integration seiner Person in Österreich ausgeschlossen werden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Die Tschechische Republik sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, die Tschechische Republik aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Tschechien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein vom Beschwerdeführer im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Mit Schriftsatz vom 12.03.2018 erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine enge Beziehung zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen (Tante und Cousin) habe. Seine Tante könne ihn finanziell unterstützen und wohne der Beschwerdeführer bei ihr. Daher bestehe ein besonderes Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis. Die Erstbehörde habe sich mit der Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern nicht auseinander gesetzt und habe die Fragen, ob im Sinne von Art. 16 Dublin III-VO ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis oder, ob im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO besondere humanitäre Umstände vorlägen, nicht geklärt. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in Tschechien keine familiären Bindungen habe, erscheine es angezeigt, aufgrund von Art. 16 oder Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.

4. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt, dass den tschechischen Behörden am 25.04.2018 mitgeteilt worden war, dass sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Ihm wurde von der Tschechischen Botschaft in Moskau ein Schengen-Visum für neun Tage im Zeitraum XXXX10.2017 bis XXXX11.2017 erteilt. In Besitz dieses Visums reiste der Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 11.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung in Besitz eines Visums war, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen war, und aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 14.12.2017 ein Aufnahmegesuch an die Tschechische Republik, welches von der tschechischen Dublinbehörde am 10.01.2018 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Tschechiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Ferner teilte das Bundesamt den tschechischen Behörden mit Schreiben vom 25.04.2018 mit, dass sich aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer flüchtig ist, die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in der Tschechischen Republik sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung in die Tschechische Republik Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung in die Tschechische Republik aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

In Österreich lebt eine Tante des Beschwerdeführers mit ihrer Familie (Cousin bzw. Cousine des Beschwerdeführers). Während seines Aufenthalts in Österreich lebte der Beschwerdeführer mit dieser Tante im gemeinsamen Haushalt und wurde von ihr im unter Verwandten üblichen Ausmaß geringfügig finanziell und mit dem Kauf von Kleidung unterstützt. Auch im Herkunftsstaat wurde der Beschwerdeführer von seiner Tante, die bereits seit ca. zehn Jahren in Österreich lebt, finanziell unterstützt und bestand auch vor seiner Einreise nach Österreich telefonischer Kontakt. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tante kann nicht festgestellt werden. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer am XXXX01.2018 wegen Diebstahls angezeigt wurde. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit dem 14.07.2018 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügt.

1.2. Zum tschechischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in der Tschechischen Republik:

Zum tschechischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Tschechien wurden im angefochtenen Bescheid umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde, weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat, (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.08.2016).

b). Non-Refoulement:

Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 13.4.2016).

c). Versorgung:

Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka und Brna und am Flughafen Prag Ruzyne. Der Aufenthalt dort ist verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Weiters gibt es dort soziale und psychologische Dienste, Workshops etc. Danach kommen AW bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC). Sie haben das Recht auf Unterkunft, Verpflegung usw., sowie ein Taschengeld. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. Wenn AW über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Besondere Aufmerksamkeit wird Vulnerablen gewidmet (UMA; alleinstehende Frauen mit Kindern; Behinderte; Opfer von physischer oder psychologischer Gewalt). AW haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. AW können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten. RC gibt es in folgenden Gemeinden:

Kostelec nad Orlicí und Havírov (MVCR 19.8.2014b; vgl. RFA o.D.).

Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den Unterbringungszentren, welche offene Institutionen sind, gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge. Nach Ablauf eines Jahres ab Antragstellung, haben AW legalen Zugang zum Arbeitsmarkt (EMN 2014).

AW genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).

Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in der angefochtenen Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Tschechischen Republik auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus den Länderinformationen im angefochtenen Bescheid keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das tschechische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in der Tschechischen Republik den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit sowie zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seiner Einreise nach Österreich und zur Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Dass dem Beschwerdeführer von der Tschechischen Botschaft in Moskau ein Schengen-Visum für neun Tage im Zeitraum XXXX10.2017 bis XXXX11.2017 erteilt wurde, ergibt sich ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Dem Akt ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am XXXX09.2017 einen Antrag auf ein Visum der Kategorie C bei der Botschaft der Tschechischen Republik in Moskau gestellt hat, welches ihm mit der Nummer XXXX erteilt wurde (vgl. AS 21). Hinzu kommt, dass die Erteilung des Visums für den Beschwerdeführer durch die tschechische Dublinbehörde bestätigt wurde, die ihre Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO stützt. Auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. In seiner Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er am XXXX10.2017 legal mit seinem eigenen Reisepass und mit einem Schengen-Visum nach Prag geflogen sei. In seiner Einvernahme brachte er vor, dass es keine Probleme bei der Ausstellung des Visums gegeben habe und, dass er das tschechische Visum beantragt habe, da er mit diesem auch andere Länder besuchen könne. Aus diesem Gesamtzusammenhang ergibt sich sohin auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung am 11.12.2017 in Besitz eines Visums war, das seit weniger als sechs Monaten (nämlich seit XXXX11.2017) abgelaufen war, und aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme durch die Tschechische Republik sowie zur Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit Tschechiens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Tschechien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Tschechien entgegenstehen könnten, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung (vgl. AS 29) als auch in der Niederschrift der Einvernahme vor dem Bundesamt (vgl. AS 136) hat der Beschwerdeführer das Vorliegen von Erkrankungen sowie die Einnahme von Medikamenten dezidiert verneint.

Die Feststellungen zur den in Österreich aufhältigen Angehörigen (Tante, Cousin und Cousine) des Beschwerdeführers ergeben sich ebenfalls aus seinem Vorbringen. Dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts mit seiner Tante im gemeinsamen Haushalt lebte und von dieser finanziell und mit Kleidung unterstützt wurde, ergibt sich ebenfalls aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wobei diese Feststellung durch eine Einsicht in das Zentrale Melderegister vom 07.01.2019 gestützt wird. Hieraus ergibt sich ebenso die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit dem 14.07.2018 über keine aufrechte Meldung in Österreich mehr verfügt. Die Feststellung zum Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tante vor der Einreise sowie zur finanziellen Unterstützung im Herkunftsstaat gründet ebenso auf den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt. Dass die (finanzielle) Unterstützung durch die Tante lediglich geringfügig und im unter Verwandten üblichen Ausmaß erfolgte, lässt sich daraus schließen, dass der Beschwerdeführer wegen Ladendiebstahls angezeigt wurde. Es ist wohl davon auszugehen, dass bei einer über die Geringfügigkeit hinausgehende Unterstützung durch die Tante, der Beschwerdeführer sich wohl nicht so einfach zum Diebstahl hätte verleiten lassen. Die (Negativ)feststellung, dass das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses nicht festgestellt werden kann, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer auf finanzielle Zuwendungen seiner Tante nicht angewiesen ist, da er als Asylwerber ohnehin die Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen hat. Letztlich gründet die Feststellung zur Anzeige wegen Diebstahls auf der diesbezüglichen Meldung der Polizeiinspektion XXXX vom XXXX01.2018 (vgl. AS 123).

2.2. Die Feststellungen zum tschechischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in der Tschechischen Republik ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in der Tschechischen Republik ergibt sich sohin aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab er lediglich an, dass er hierzu keine Stellungnahme abgeben wolle. Auch in der Beschwerde wurde diesen Länderfeststellungen nicht entgegengetreten und wurden auch keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) [...]

(4) [...]

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 29 Modalitäten und Fristen [der Überstellung]

(1) [...]

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

(3) [...]

(4) [...]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit der Tschechischen Republik zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich in Besitz eines Visums war, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen war, und aufgrund dessen er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte. Zudem stimmte die tschechische Dublinbehörde der Aufnahme des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 10.01.2018 gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu. Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Tschechiens in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.

Zum Beschwerdevorbringen, die Erstbehörde habe sich mit der Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern nicht auseinander gesetzt und habe die Frage, ob im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis vorliege, nicht geklärt, ist zunächst darauf zu verweisen, dass sich Art. 16 Dublin III-VO auf ein Kind, einen Elternteil oder ein Geschwister des Antragstellers bezieht. Dem eindeutigen Gesetzestext ist sohin zu entnehmen, der Antragsteller auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils angewiesen sein muss; eine Tante oder ein Cousin/eine Cousine (oder weitere, noch entferntere Verwandte) sind nicht erwähnt. Gleiches ergibt sich auch aus dem Kommentar zu Art. 16 Dublin III-VO, in dem ausgeführt wird, dass in Art. 16 die familiären Beziehungen, innerhalb derer ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Familienangehörigen bestehen muss, taxativ aufgezählt sind (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kommentar, K1 zu Art. 16 Dublin III-VO, Seite 151). Sohin geht dieses Vorbringen ins Leere bzw. liegt eindeutig kein Anwendungsbereich von Art. 16 Dublin III-VO vor.

Betreffend die Verlängerung der Überstellungsfrist ist im gegenständlichen Fall anzumerken, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht abgelaufen ist, da der Beschwerdeführer (innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist) für die Behörden nicht greifbar und sohin "flüchtig" war und sich aufgrund dessen die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängert hat, was den tschechischen Behörden (ebenfalls vor Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist) am 25.04.2018 bekanntgegeben worden war (vgl. hierzu "Filzwieser/Sprung: Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", Stand: 01.02.2014, K12 zu Art. 29 Dublin III-VO, wonach eine Verlängerung bis zur Maximalfrist erfolgen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger einmal flüchtig ist und zwar auch dann, wenn er wieder betreten wird).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung in die Tschechische Republik gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten