TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/26 W166 2208157-1

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W166 2208157-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 31.08.2018, wegen Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 06.03.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO.

Im Antragsformular des Parkausweises ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatzeintragung angeführt ist.

In dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.04.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, wurden als Funktionseinschränkungen Leiden 1 Unterschenkelamputation links, Leiden 2 Teilentfernung des Fußes rechts (Vorfußamputation), Leiden 3 Diabetes mellitus, und Leiden 4 Zustand nach Oberschenkelhalsbruch rechts, mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt.

Zur beantragten Zusatzeintragung wurde im Wesentlichen festgestellt:

"(...) Derzeitige Beschwerden:

Ich komme wegen meinem amputierten Bein. Im Jänner war ich auch auf Rehab. Mit der Prothese und einer Unterarmstützkrücke bin ich gut mobil. Teilweise ist der Rollstuhl aber auch noch da. Ich habe auch eine Vorfußamputation am rechten Fuß.

(...) Gesamtmobilität - Gangbild:

Hinkendes sicheres Gangbild, kommt mit angelegter Beinprothese und einer Unterarmstützkrücke

(...)

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Bei Unterschenkelamputation links und Vorfußamputation rechts besteht eine gute prothetische Versorgung. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen ist nicht erheblich erschwert.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein."

Der Beschwerdeführerin wurde ein Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 60 v.H. ausgestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.08.2018 hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde dazu ausgeführt, dass die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens dem Gutachten zu entnehmen seien. Nach diesem Sachverständigengutachten lägen die Voraussetzungen für die beantrage Zusatzeintragung nicht vor und sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, es sei ihr nicht möglich eine längere Gehstrecke ohne Unterbrechungen zurückzulegen. Das Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel sei sehr beschwerlich, hohe Stufen und Randsteine könne sie nicht bewältigen, und sie gehe auch noch mit einer Krücke oder einem Gehstock. Die Beschwerdeführerin sei noch berufstätig, und die Strecke zur Arbeitsstelle mit öffentlichem Verkehrsmittel sei sehr beschwerlich, da der Arbeitsplatz von zu Hause mit gesunden Beinen eine Stunde, mit einer Prothese links und auf der rechten Seite Vorfußamputation eineinhalb bis zwei Stunden entfernt sei. Deshalb sei die Beschwerdeführerin auf ihr Auto angewiesen.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 23.10.2018 vorgelegt.

Zur Überprüfung der Einwendungen wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein ergänzendes ärztliches Gutachten eingeholt.

In dem Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 27.12.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, wurde im Wesentlichen Nachfolgendes ausgeführt:

Anamnese:

Eingangs wird auf die anamnestischen Eckdaten der Vorgutachten verwiesen.

Keine relevante Zwischenanamnese.

Sozialanamnese: Sekretärin, verheiratet, zwei Kinder.

Derzeitige Beschwerden:

Die Beschwerdeführerin gibt an, nicht lange gehen zu können - sie beginne zu schwitzen, der linke Fuß beginnt sich zu verkrampfen und (Phantom-)Schmerzen werden auch angegeben.

Derzeitige Behandlung/en / Medikamente: Metformin, Blopress plus, Norvasc, Pantoprazol, Adamon long retard.

Hilfsbefunde z. B. Labor, bildgebende Verfahren, Behandlungsberichte - Exzerpt: Akteninhalt.

Technische Hilfsmittel / orthopädische Behelfe:

Unterschenkelprothese, orthopädisches Schuhwerk, Unterarmstützkrücke, Brille.

Untersuchungsbefund:

Größe: -160 cm Gewicht: -75 kg Blutdruck: 140/85.

Status - Fachstatus: Normaler/sehr guter AZ. Gewicht: mit Prothese und Schuhe.

Kopf / Hals: voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ. Haut und sichtbare Schleimhäute normal durchblutet, Visus (Brillenträgerin) und Gehör unauffällig, keine Einflussstauung, Schilddrüse äußerlich unauffällig.

Thorax: Mammae inspektorisch unauffällig.

Lunge: auskultatorisch unauffällig. Keine Atemauffälligkeiten,

Nichtraucherin. Herz: linksbetonte Grenzen, HT- rein, rhythmisch, normfrequent.

Abdomen: über TIN, weich, normale Organgrenzen.

Achsenorgan: normal strukturiert, ausreichend frei bewegliche Halswirbelsäule, gutes Bückvermögen - kann im Sitzen die Sprunggelenksregion erreichen.

Obere Extremitäten: frei beweglich, kein Tremor.

Untere Extremitäten: Unterschenkelamputation links mit unauffälligen Stumpfverhältnissen, kein Neurinomhinweis Prothesentauglichkeit gegeben. Linkes Hüft- und linkes Kniegelenk nur gering (funktionell unbedeutend) bewegungseingeschränkt. Teilverlust rechter Vorfuss mit unauffälligen Narbenverhältnissen und genügend erhaltener funktioneller Stumpftauglichkeit. Das rechte Kniegelenk und das rechte Hüftgelenk (nach geheiltem Bruchgeschehen) sehr gut beweglich. Kein Ödem rechts. Trägt rechts einen orthopädischen Schuh.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kann sich allein aus dem Sitzen und Liegen erheben; nicht weiter wirklich auffälliges Gangbild unter Verwendung der Unterschenkelprothese links, des orthopädischen Schuh rechts und einer Unterarmstützkrücke.

Diagnoseliste

Verlust des linken Unterschenkels.

Teilverlust des rechten Vorfußes.

Zustand nach Oberschenkelhalsfraktur rechts.

Diabetes mellitus Il.

Hypertonie.

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Antwort: die vorliegenden Einschränkungen/Defizite/Verluste der Funktionen der unteren Extremitäten sind auf der linken Seite mit einer gut passenden

Unterschenkelprothese und rechts mit entsprechend adaptiertem orthopädischem Schuhwerk absolut zufriedenstellend kompensierbar.

Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor? Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig kardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor: arterielle Verschlusskrankheit ab Il/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

Herzinsuffizienz mit LVEF unter 30% hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

COPD IV

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

Mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden

Antwort: Nein, erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor.

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Beschwerde Einwendungen erhoben, Abl. 28. Insbesondere hat sie vorgebracht, Stufen nicht überwinden zu können und auch eine Krücke bzw. einen Gehstock zu verwenden.

Antwort: DieXXXX-jährige Beschwerdeführerin kann aus gutachterlicher Sicht normale/normierte Stufenhöhen und auch normale Randsteinhöhen mit ihren angelegten Hilfsmitteln sehr wohl überwinden. Der Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels - mit Unterschenkelprothese versorgt- und der Teilverlust des rechten Vorfußes - mit adaptiertem orthopädischen Schuhwerk versorgt - stellen eine Beeinträchtigung des Steh-und Gehvermögens dar, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken können, allenfalIs unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Unterarmstützkrücke), zurückgelegt werden. Ein- und Aussteigen ist möglich, da beide Hüftgelenke zumindest/über 900 gebeugt werden können und die Knie- und Sprunggelenke rechts annähernd frei beweglich sind und damit Kompensationsfähigkeit gegeben ist. Die angeführten Hilfsmittel bedingen keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Bedingen diese Einwendungen und vorgelegten Beweismittel eine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung betreffend die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel?

Antwort: Nein, die vorgebrachten Einwendungen bedingen keine vom bisherigen Ergebnis abweichende Beurteilung betreffend die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel?

Zusammenfassung:

Es wird abschließend festgehalten, dass sich aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher allgemeinmedizinischer Untersuchung und nach Berücksichtigung der im Akt vorliegenden Befunde und Gutachten folgende Schlussfolgerung ergibt:

Öffentliche Verkehrsmittel sind Frau XXXX zumutbar - siehe dazu auch die Ausführungen oben.

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen kann eine kurze Wegstrecke unter Berücksichtigung des normalen Allgemeinzustandes ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus. Das heißt, die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum - eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 - 400 Meter ist (unter zumutbarer Verwendung der erforderlichen Hilfsmittel und bei Bedarf auch unter zumutbarer medikamentöser Therapie) möglich. Möglich ist auch der sichere, gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel - die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.

Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden; wirklich relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht gegeben."

Mit Schreiben vom 09.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin, nachweislich zugestellt am 15.01.2019, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurden bis dato keine Stellungnahmen eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 06.03.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Die Beschwerdeführerin leidet an Verlust des linken Unterschenkels, Teilverlust des rechten Vorfußes, Zustand nach Oberschenkelhalsfraktur rechts, Diabetes mellitus Il. und Hypertonie.

Das Gangbild ist unter Verwendung der Unterschenkelprothese links, des orthopädischen Schuhs rechts und einer Unterarmstützkrücke nicht weiter auffällig.

Der Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels - mit Unterschenkelprothese versorgt - und der Teilverlust des rechten Vorfußes - mit adaptiertem orthopädischen Schuhwerk versorgt - stellt eine Beeinträchtigung des Steh-und Gehvermögens dar. Eine erhebliche Beeinträchtigung mit einer maßgeblichen Erschwernis ist nicht objektivierbar.

Die Beschwerdeführerin kann aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke) welches die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht erheblich erschwert und bei Bedarf unter zumutbarer medikamentöser Therapie - eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter ohne Unterbrechung zurücklegen.

Die linken Hüft- und Kniegelenke sind funktionell unbedeutend bewegungseingeschränkt, die rechten Knie- und Hüftgelenke (nach geheiltem Bruch) sind sehr gut beweglich.

Die Beschwerdeführerin kann normale/normierte Stufenhöhen und auch normale Randsteinhöhen mit angelegten Hilfsmitteln überwinden.

Das Ein- und Aussteigen ist möglich, da beide Hüftgelenke zumindest über 90 Grad gebeugt werden können, die Knie- und Sprunggelenke rechts annähernd frei beweglich sind und damit Kompensationsfähigkeit gegeben ist.

Die anlässlich der persönlichen Untersuchung am 06.12.2018 vorgebrachten (Phantom-) Schmerzen wurden berücksichtigt.

Bei der Beschwerdeführerin liegt ein guter Allgemeinzustand vor.

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vor.

Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Einbringung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus den eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 20.04.2018, und vom 27.12.2018, jeweils basierend auf persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin.

In den ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig auf die Leiden und Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung eingegangen.

In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, das Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel sei sehr beschwerlich, hohe Stufen und Randsteine könne sie nicht bewältigen, und sie gehe auch noch mit einer Krücke oder einem Gehstock.

Diesbezüglich hat der ärztliche Sachverständige im Gutachten vom 27.12.2018 umfassend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aus gutachterlicher Sicht normale/normierte Stufenhöhen und auch normale Randsteinhöhen mit ihren angelegten Hilfsmitteln sehr wohl überwinden kann. Der Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels - mit Unterschenkelprothese versorgt- und der Teilverlust des rechten Vorfußes - mit adaptiertem orthopädischen Schuhwerk versorgt - stellt zwar eine Beeinträchtigung des Steh-und Gehvermögens dar, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen.

Bei der Unterschenkelamputation links liegen unauffällige Stumpfverhältnisse vor, es gibt keinen Neurinomhinweis und die Prothesentauglichkeit ist gegeben. Beim Teilverlust des rechten Vorfußes bestehen unauffällige Narbenverhältnissen und eine genügend erhaltene funktionelle Stumpftauglichkeit. Das Gangbild ist unter Verwendung der Unterschenkelprothese links, des orthopädischen Schuhs rechts und einer Unterarmstützkrücke nicht weiter auffällig.

Kurze Wegstrecken können, allenfalIs unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels wie Gehstock oder Unterarmstützkrücke welches die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht erheblich erschwert und bei Bedarf unter zumutbarer medikamentöser Therapie, zurückgelegt werden. Das Ein- und Aussteigen ist möglich, da beide Hüftgelenke zumindest über 90 Grad gebeugt werden können, die Knie- und Sprunggelenke rechts annähernd frei beweglich sind und damit Kompensationsfähigkeit gegeben ist. Die linken Hüft- und Kniegelenke sind funktionell unbedeutend bewegungseingeschränkt, die rechten Knie- und Hüftgelenke (nach geheiltem Bruch) sind sehr gut beweglich.

Anlässlich der persönlichen Untersuchung am 16.04.2018 hat die Beschwerdeführerin - angeführt unter "Derzeitige Beschwerden" im Gutachten vom 20.04.2018 - vorgebracht: "Mit der Prothese und einer Unterarmstützkrücke bin ich gut mobil".

Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 06.12.2018 von der Beschwerdeführerin vorgebrachten (Phantom-) Schmerzen hat der ärztliche Sachverständige in seinem Gutachten vom 27.12.2018 unter "Derzeitige Beschwerden" angeführt, und wurden diese bei der ärztlichen Beurteilung berücksichtigt.

Zusammenfassend hat der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten vom 27.12.2018 ausgeführt, dass sich die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen auswirken, und auch der sichere, gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich ist. Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können überwunden werden und wirklich relevante Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind nicht gegeben.

Diese Einschätzung wird auch von der medizinischen Sachverständigen mit ihrem Gutachten vom 20.04.2018 bestätigt.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei noch berufstätig, und die Strecke zur Arbeitsstelle mit öffentlichem Verkehrsmittel sei sehr beschwerlich, da der Arbeitsplatz von zu Hause mit gesunden Beinen eine Stunde, mit einer Prothese links und auf der rechten Seite Vorfußamputation eineinhalb bis zwei Stunden entfernt sei, wird auf die Rechtliche Beurteilung unter Pkt. 3 (Rechtliche Beurteilung, zu Spruchpunkt A) verwiesen.

Im Rahmen der Beschwerde wurden von der Beschwerdeführerin keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten. Neue medizinische Beweismittel wurden nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen ärztlichen Sachverständigen, welchen das Bundesverwaltungsgericht folgt, auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien. Zu dem ihr mit Schreiben vom 09.01.2019 eingeräumten Parteiengehör (Gutachten vom 27.12.2018) hat die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gegenständlichen Sachverständigengutachten.

Die Sachverständigengutachten der Ärzte für Allgemeinmedizin vom 20.04.2018 und vom 27.12.2018 werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:

1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;

2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;

3. das Geburtsdatum;

4. den Verfahrensordnungsbegriff;

5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

6. das Antragsdatum;

7. das Ausstellungsdatum;

8. die ausstellende Behörde;

9. eine allfällige Befristung;

10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";

11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;

12. das Logo des Sozialministeriumservice;

13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie

14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.

Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

[...]

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-

vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-

laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-

Kleinwuchs,

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gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

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bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Da unter Zugrundelegung der gegenständlichen Sachverständigengutachten zweier Ärzte für Allgemeinmedizin vom 20.04.2018 und vom 27.12.2018, die vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass keine erheblichen Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten, der Wirbelsäule und der körperlichen Belastbarkeit vorliegen, sowie die Gehfähigkeit - allenfalls unter Anwendung von Hilfsmitteln wie Gehstock bzw. Unterarmstützkrücke und bei Bedarf unter zumutbarer medikamentöser Therapie- erhalten ist, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen.

Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei noch berufstätig, und die Strecke zur Arbeitsstelle mit öffentlichem Verkehrsmittel sei sehr beschwerlich, da der Arbeitsplatz von zu Hause mit gesunden Beinen eine Stunde, mit einer Prothese links und auf der rechten Seite Vorfußamputation eineinhalb bis zwei Stunden entfernt sei, ist festzuhalten, dass es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie z. B. die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel oder der Entfernung zwischen der Wohnung und dem Arbeitsplatz (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258).

Die Beschwerdeführerin ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).

Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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