Entscheidungsdatum
28.02.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W247 1221555-7/2E
W247 1426922-4/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Erstantrag der BF1 auf internationalen Schutz:
1.1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF 1) gelangte am 10.08.2000 erstmals unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am 13.09.2000 einen (ersten) Asylantrag, wobei sie als Geburtsdatum zunächst den 13.12.1979 angab, jedoch in der Folge ihr Geburtsdatum auf 13.12.1984 korrigierte.
2.1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 21.02.2001 wurde zu Zahl XXXX , unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 13.09.2000 gem. § 6 Z 3 AsylG 1997 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und unter Spruchteil II. die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland gem. § 8 leg.cit. für zulässig erklärt.
3.1. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 05.04.2002, Zahl: XXXX , wurden schließlich die Berufungen gegen diesen Bescheid gem. §§ 6, 8 AsylG abgewiesen. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.2004, Zl. 2002/20/0343, wurde die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt.
2. Zweitantrag der BF1 auf internationalen Schutz:
2.1. Am 21.01.2005 stellte die BF1 im Stande der Schubhaft einen zweiten Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 24.03.2005, Zl. XXXX , gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.04.2005, Zahl: XXXX , gem. § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 18.10.2005, Zl. 2005/01/0219, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab. Nach der Entlassung aus einer neuerlichen Schubhaft kehrte die Erstbeschwerdeführerin - nach eigenen Angaben illegal - in die Russische Föderation zurück.
3. Drittantrag der BF1 auf internationalen Schutz /Erstantrag der BF2 auf internationalen Schutz:
3.1. Am 02.04.2012 gelangte die Erstbeschwerdeführerin mit ihrer Tochter (BF 2) neuerlich unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte den dritten Antrag auf internationalen Schutz.
3.2. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 09.05.2012, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 02.04.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg.cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen und unter Spruchteil III. die Antragstellerin gem. § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
3.3. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies der Asylgerichtshof mit Entscheidungen vom 19.11.2012 vollinhaltlich ab.
4. Viertantrag der BF1 auf internationalen Schutz/Zweitantrag der BF2 auf internationalen Schutz:
4.1. Die beiden Beschwerdeführerinnen stellten am 20.09.2013 einen weiteren Asylantrag.
4.2. Diese Folgeanträge wurden vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 15.10.2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen, zugleich wurde eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG erlassen.
4.3. Die eingebrachten Rechtsmittel der beiden Beschwerdeführerinnen wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes jeweils vom 07.11.2013 zu den Zlen. XXXX bzw. XXXX als unbegründet abgewiesen.
5. Fünftantrag der BF1 auf internationalen Schutz/Drittantrag der BF2 auf internationalen Schutz:
5.1. Am 28.12.2016 brachten beide Beschwerdeführerinnen weitere Anträge auf internationalen Schutz ein.
5.2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.10.2017 wurden die Anträge auf internationalen Schutz vom 28.12.2016 erneut gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Im Spruchteil II. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerinnen in die Russische Föderation zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt.
5.3. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.2017 als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidungen der belangten Behörde sind mit 21.11.2017 in Rechtskraft erwachsen. Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurden von den Beschwerdeführern nicht genutzt.
6. Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 AVG vom 25.06.2018:
6.1. Mit Mandatsbescheid vom 25.06.2018 wurden über die Beschwerdeführerinnen eine Wohnsitzauflage verhängt.
6.2. Am 02.07.2018 erhoben die Beschwerdeführerinnen dagegen eine Vorstellung. Zum Schreiben der belangten Behörde vom 06.08.2018 betreffend eine Verständigung der Ergebnisse der Beweisaufnahme, zugestellt am 10.08.2018, langte eine beschwerdeseitige Stellungnahme vom 28.08.2018 ein.
7. Erstantrag von BF1 und BF2 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK:
7.1. Am 09.07.2018 stellten die Beschwerdeführerinnen ihren Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.
7.2. Am 17.08.2018 fand die niederschriftlichen Einvernahme der BF1 zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK statt.
7.3. Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 16.01.2019 wurden die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 09.07.2018 gemäß § 55 AsylG idgF. abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden Rückkehrentscheidungen gegen die Beschwerdeführerinnen (BF1 und BF2) gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Russland gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt. Die Bescheide wurden mit 19.02.2019 rechtskräftig.
8. Erstantrag der BF1 und BF2 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:
8.1. Am 16.03.2018 stellten die Beschwerdeführerinnen Anträge auf Ausstellung einer Karte für Geduldete wegen Vorliegen von Gründen im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG.
8.2. Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 16.01.2019 wurden diese Anträge gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z. 3 FPG abgewiesen.
9. Wohnsitzauflage gemäß § 57 Abs. 1 FPG vom 01.02.2019:
9.1. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 01.02.2019 hat die belangte Behörde die gegenständliche Wohnsitzauflage über die Beschwerdeführerinnen (BF1 und BF2) verhängt. Gemäß § 57 Abs. 1 FPG wurde ihnen aufgetragen bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der folgenden Betreuungseinrichtung zu nehmen und haben sie dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen: XXXX (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).
9.2. Gegen diese Bescheide haben die Beschwerdeführerinnen durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde erhoben.
9.3. Mit Schreiben vom 20.02.2019, hg am 22.02.2019, wurde die für beide Beschwerdeführerinnen gleichlautende Beschwerdeschrift und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:
Die Beschwerdeführerinnen (BF1 und BF2) sind russische Staatsbürger. Die BF1 ist ledige Mutter und gesetzliche Vertreterin der minderjährigen BF2. Die Beschwerdeführerinnen verfügen im Bundesgebiet über keine Familienangehörigen und bis auf eine katholische Schwester, welche die BF1 unterstützt, auch über keine Freunde oder soziale Kontakte im Bundesgebiet. Die Eltern der BF1 leben in der Russischen Föderation. Ebenso ist die BF1 im Bundesgebiet keiner Beschäftigung nachgegangen, verrichtet aber ehrenamtliche Tätigkeiten bei den Salvatorianerinnen und hat eine Einstellungszusage der XXXX als Reinigungskraft vorgelegt. Die BF1 lebt von Zuwendungen der katholischen Kirche und der Caritas, ist nicht selbsterhaltungsfähig und kann keine Deutschkenntnisse vorweisen. Die BF2 ging in Österreich in den Kindergarten und nun in die Volksschule. Derzeit lebt die BF2 seit 15.01.2019 im Krisenzentrum der Kinder und Jugendhilfe und wird vom Jugendamt betreut.
Insgesamt betrachtet konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der Beschwerdeführerinnen in Österreich in sprachlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht festgestellt werden.
Die Beschwerdeführerinnen (BF1 und BF2) sind 2012 unrechtmäßig ins Bundesgebiet eingereist. Die Beschwerdeführerinnen waren zeitweise (02.10.2013 bis 25.06.2015) in Österreich nicht gemeldet und lebten im Verborgenen. Erst seit 25.06.2015 liegt wieder eine aufrechte Meldung vor. Die BF1 hat in Österreich bislang 5 Anträge auf internationalen Schutz gestellt, die BF2 drei Asylanträge, welche allesamt negativ entschieden worden sind. Seit 21.11.2017 liegen rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidungen gegen die Beschwerdeführerinnen vor. Trotz der gegen die Beschwerdeführerinnen bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen, verblieben die Beschwerdeführerinnen beharrlich und unrechtmäßig im Bundesgebiet und wirkten am Vollzug ihrer Abschiebung nicht mit. Sie weigerten sich bis dato der ihnen auferlegten Ausreiseverpflichtung nachzukommen und an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Des Weiteren brachte die BF1 im Verfahren mehrfach expressis verbis ihre Weigerung zum Ausdruck in die Russische Föderation zurückzukehren. Darüber hinaus haben die Beschwerdeführerinnen am 09.07.2018 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gestellt, welche am 16.01.2019 von der belangten Behörde abgewiesen worden sind. Seit 19.02.2019 sind die Entscheidungen rechtskräftig. Auch der darin auferlegten Rückkehrverpflichtung sind die Beschwerdeführerinnen bis dato nicht nachgekommen. Auch liegt keine aufrechte Duldung gemäß § 46a FPG vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesasylamtes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sowie jene des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise ins Bundesgebiet und zum Aufenthalt der Beschwerdeführerinnen in Österreich, zum Ausgang ihrer Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz, zu den rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen, zum Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung und zum Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt. Feststellungen zur Weigerung der BF1 an der Mitwirkung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments und die Weigerung der BF1 in die Russische Föderation zurückzukehren, ergeben sich aus den dbzgl. Angaben der BF1 in den Einvernahmen vor dem BFA vom 18.05.2018 (Einvernahme der BF1 zu ihrer Ausreiseverpflichtung und ihrer Identitätsfeststellung) und 17.08.2018 (Einvernahme der BF1 aufgrund der beschwerdeseitigen Anträge auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, sowie der Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG). Dass die Beschwerdeführerinnen in Österreich zwischen 02.10.2013 und 25.06.2015 nicht ordentlich im Bundesgebiet gemeldet waren, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Die Feststellungen zur mangelnden sozialen, beruflichen und sprachlichen Situation, sowie zu den persönlichen Umständen der Beschwerdeführerinnen ergeben sich aus den dbzgl. Angaben der Beschwerdeführerinnen im Verfahren, in der Beschwerdeschrift, sowie aus den beschwerdeseitig vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.4. § 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
3.5. § 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
3.6. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.7. Zu Spruchpunkt A:
Der mit "Wohnsitzauflage" übertitelter § 57 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet, wie folgt:
"1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet (§ 46a) ist, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn
----------
1.-keine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 gewährt wurde oder
2.-nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 bestimmte Tatsachen die
Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin
nicht nachkommen wird.
(2) Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen gemäß Abs. 1 Z 2 vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige
----------
1.-entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen
Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG)
nicht in Anspruch genommen hat;
2.-nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen
Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;
3.-an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen
im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;
4.-im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder
des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen
zu wollen;
5.-im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung der Rückkehrentscheidung über seinen
Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.
(3) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Anordnung zur Außerlandesbringung rechtskräftig erlassen wurde, kann aufgetragen werden, bis zur Ausreise in vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes Unterkunft zu nehmen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige der Ausreise nicht nachkommen wird. Bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen vorliegen, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob
----------
1.-der Drittstaatsangehörige die Durchführung einer Anordnung zur Außerlandesbringung bereits
vereitelt hat,
2.-die Überstellungsfrist aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen verlängert
werden musste,
3.-der Drittstaatsangehörige während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung
neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist oder
4.-der Drittstaatsangehörige im Asylverfahren über seine Identität, seinen Herkunftsstaat
oder seine Reiseroute getäuscht oder zu täuschen versucht hat.
(4) Die Verpflichtungen des Drittstaatsangehörigen aufgrund einer Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ruhen, wenn und solange
----------
1.-die Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs. 6 oder die Anordnung zur Außerlandesbringung
gemäß § 12a Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend nicht durchführbar,
2.-sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a geduldet oder
3.-ihm die persönliche Freiheit entzogen ist.
(5) Wird eine Rückkehrentscheidung gegenstandslos oder tritt eine Anordnung zur Außerlandesbringung außer Kraft, tritt auch die Wohnsitzauflage außer Kraft.
(6) Die Wohnsitzauflage gemäß Abs. 1 oder Abs. 3 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) anzuordnen. In diesem sind dem Drittstaatsangehörigen auch die Folgen einer allfälligen Missachtung zur Kenntnis zu bringen."
Der mit "Abschiebung" übertitelte § 46 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet auszugsweise:
"(1) [...]
(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
[...]."
Aus den Erläuterungen zum FRÄG 2017 betreffend § 57 FPG ergibt sich auszugsweise Folgendes:
"[...] Die Erlassung einer Wohnsitzauflage soll dabei nicht systematisch erfolgen, sondern hat jedenfalls abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ergehen. Dabei sind insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Die Wohnsitzauflage soll daher als ultima ratio nur dann angeordnet werden, wenn der Drittstaatsangehörige seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen ist und aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls anzunehmen ist, dass er auch weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird.
[...]
Zu Abs. 1:
[...]
Die zweite Konstellation soll auch jene Fälle umfassen, in denen zwar eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, der Drittstaatsangehörige aber nicht innerhalb der Frist ausgereist ist und anzunehmen ist, dass er seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachkommen wird.
[...]
Zu Abs. 2:
In Abs. 2 werden jene Tatsachen näher definiert und demonstrativ aufgezählt, welche im Sinne des Abs. 1 Z 2 die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.
Ein Hinweis auf die mangelnde Bereitschaft zur Ausreise ist naturgemäß dann gegeben, wenn der Drittstaatsangehörige selbst angibt, dass er nicht bereit ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Es kann des Weiteren davon ausgegangen werden, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird, wenn er ein ihm angebotenes oder angeordnetes Rückkehrberatungsgespräch zum Zweck der freiwilligen Ausreise nicht wahrnimmt. Ebenso wird davon auszugehen sein, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist auszureisen, wenn er während einer gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht ausgereist ist und anschließend seinen Wohnsitz bzw. den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts ändert, ohne das Bundesamt hiervon in Kenntnis zu setzen. Ferner kann von mangelhafter Bereitschaft zur Ausreise ausgegangen werden, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige es unterlässt, an der Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten mitzuwirken oder ein vorhandenes Reisedokument vernichtet oder sich dessen auf sonstige Weise entledigt. Hat der Drittstaatsangehörige bereits im Verfahren über seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht und damit die Beschaffung von für die Ausreise erforderlichen Dokumenten erschwert bzw. verhindert, wird ebenfalls von einer mangelnden Bereitschaft zur Ausreise auszugehen sein.
Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch weitere Umstände in Betracht, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wird. Weitere denkbare Gründe in diesem Sinne sind etwa falsche oder widersprüchliche Angaben zum Vorliegen einer Voll- oder Minderjährigkeit bzw. voneinander abweichende Altersangaben in Verfahren vor verschiedenen Behörden (dazu VwGH 25.02.2015, Ra 2014/20/0045) sowie die Verschweigung von vorhandenen Identitätsdokumenten. Hievon sollen beispielsweise jene Fälle erfasst sein, in denen Drittstaatsangehörige im Verfahren vor dem Bundesamt angeben, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, während sie im Verfahren vor anderen Behörden (bspw. dem Standesamt im Zuge einer Eheschließung) oder Gerichten solche vorlegen.
[...]
Zu Abs. 6:
Die Auferlegung der Wohnsitzauflage gemäß § 57 erfolgt mittels Mandatsbescheid gemäß §57 AVG. Ein solcher kann erlassen werden, wenn es sich um die Vorschreibung einer Geldleistung oder wegen Gefahr in Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt. Für den vorgeschlagenen § 57 ist der Tatbestand "Gefahr in Verzug" maßgeblich: In der Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 1 ist der Ausschluss einer Frist zur freiwilligen Ausreise an die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 2 BFA-VG) geknüpft. Somit wurde bereits im Falle einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde und der Nichtgewährung einer Frist gemäß § 55 festgestellt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Dadurch ist die Erlassung der Wohnsitzauflage in dieser Konstellation mittels Mandatsbescheid aufgrund der bereits zuvor anlässlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung festgestellten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig. Hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 liegt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vor, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist."
3.7.1. Die belangte Behörde begründete die Annahme, dass die Beschwerdeführerinnen (BF1 und BF2) auch weiterhin ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen würden im Wesentlichen damit, dass sich die Beschwerdeführerinnen im bisherigen Verfahren unkooperativ verhalten hätten, in dem sie der bereits bisher gegen sie aufgrund rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidungen seit 21.11.2017 bestehenden Ausreiseverpflichtung beharrlich nicht nachgekommen wären, des Weiteren würde eine aufrechte Duldung gemäß § 46a FPG nicht vorliegen und die BF1 habe an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne der § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitgewirkt.
3.7.2. Unter diesen Aspekten ist die Begründung der belangten Behörde, dass diese bestimmten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Beschwerdeführerinnen ihrer Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen werden, im Ergebnis nicht zu beanstanden. So hat sich die BF1 bei ihrer Einvernahme vor dem BFA am 18.05.2018 explizit geweigert die für die Erlangung von Ersatzreisedokumenten für sie und ihre Tochter notwendigen Formulare auszufüllen und dadurch ihre Ausreiseunwilligkeit nachhaltig unterstrichen. Auch bei Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 17.08.2018 hat die BF1 expressis verbis betont, dass sie nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren wolle.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben, Wohnung und Briefverkehr nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Ebenso kommt Normen, die ein geordnetes Fremdenwesen betreffend Einreise und Aufenthalt von Fremden regeln, ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0192).
Nichts anders kann bezüglich der Ausreise nicht aufenthaltsberechtigter Fremder gelten.
Aus den erläuternden Bemerkungen zur Wohnsitzauflage nach § 57 FPG ergibt sich, dass hinsichtlich der zweiten Fallkonstellation nach Abs. 1 Z 2 eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige weiterhin nicht ausreisen wird (zumal er dies bereits während der Frist für die freiwillige Ausreise nicht getan hat). Das bloße unrechtmäßige Verbleiben im Bundesgebiet, sowie ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt, ohne dass bereits eine entsprechende Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung auferlegt oder feststellt, und unabhängig davon, ob die Einreise bereits unrechtmäßig oder rechtmäßig erfolgte, stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (VwGH 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042; 02.06.2000, 2000/19/0081; 23.03.2001, 2000/19/0042). Dies muss umso mehr gelten, wenn bereits eine im Wege eines rechtsstaatlichen Verfahrens getroffene Entscheidung vorliegt, die eine Ausreiseverpflichtung feststellt oder auferlegt, und der Drittstaatsangehörige dieser Verpflichtung auch nach Ablauf einer ihm eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachkommt bzw. die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ihr weiterhin nicht nachkommen wird. Weiters ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger andauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt und der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190; 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Daher ist in diesen Fällen von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen, wodurch die Erlassung der Wohnsitzauflage mittels Mandatsbescheides gerechtfertigt ist.
3.7.3. Die Beschwerdeführerinnen sind mit der Unterbrechung im Zeitraum 02.10.2013 bis 25.06.2015, zuerst in Linz, dann im Wien aufrecht gemeldet. Die Beschwerdeführerinnen haben keinerlei familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Hinsichtlich sonstiger sozialer Bindungen konnte die BF1 nur eine Freundschaft zu einer Ordensschwester angeben.
3.7.4. Allerdings lebt die BF2 seit 15.01.2019 in einem Krisenzentrum der Wiener Kinder- und Jugendhilfe. Die BF1 hat die schriftliche Zustimmung zur Übertragung der Pflege und Erziehung der BF2 abgegeben. Wie sich aus den Erläuterungen zum FRÄG 2917 betreffen § 57 FPG ergibt, ist bei der Erlassung einer Wohnsitzauflage auf die konkreten Umstände des Einzelfalls einzugehen und insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sowie Art. 8 EMRK - insbesondere im Hinblick auf das Bestehen familiärer Strukturen, die Wahrung der Familieneinheit und die besonderen Bedürfnisse von Minderjährigen auch im Sinne der Jugendwohlfahrt - zu berücksichtigen. Durch die mit 15.01.2019 erfolgte Änderung in der Familiensituation der Beschwerdeführerinnen, gemeint ist in concreto die Aufnahme der BF2 in das Krisenzentrum der Kinder- und Jugendhilfe, sowie die Abgabe der Pflege und Erziehung der BF2 durch die BF1, stellt - im Sinne der besonderen Bedürfnisse der minderjährigen BF2- nach Ansicht des erkennenden Gerichts die gegenständliche Verhängung einer Wohnsitzauflage im Sinne des § 57 FPG in der Betreuungseinrichtung XXXX für die Dauer der derzeit laufenden Unterbringung der BF2 im Krisenzentrum der Kinder- und Jugendhilfe einen unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerinnen dar, zumal eine momentane Verbringung der minderjährigen BF2 in die Betreuungseinrichtung weder dem Kindeswohl dienlich erscheint, noch die BF1 im Falle ihrer unverzüglichen Unterkunftnahme in besagter Betreuungseinrichtung ihrem Besuchsrecht gegenüber ihrer Tochter im Krisenzentrum im Ausmaß von 3 Besuchen pro Woche nachkommen könnte oder nur sehr erschwert nachkommen könnte. Es überwiegt somit im Entscheidungszeitpunkt das beschwerdeseitige Interesse der BF1 und der BF2 am Verbleib an den derzeitigen Wohnadressen der Beschwerdeführerinnen in Wien jenem öffentlichen Interesse an einer Wohnsitznahme der Beschwerdeführerinnen in der oben angeführten Betreuungseinrichtung in XXXX .
3.7.5. Den gegenständlichen Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide war daher stattzugeben und die Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.
3.8. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).
3.9. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Interessenabwägung, Kindeswohl, Privat- und Familienleben, privateEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W247.1221555.7.00Zuletzt aktualisiert am
12.04.2019