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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §7 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/1002Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerden 1.) des 1965 geborenen VV, 2.) der 1965 geborenen HP, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 6. Dezember 1996,
1.) Zl. 116.794/2-III/11/95 (betreffend den Erstbeschwerdeführer), sowie 2.) Zl. 116.794/3-III/11/95 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Ehegatten vietnamesischer Staatsangehörigkeit. Am 27. Juni 1995 beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Als derzeitigen Wohnsitz und Ort der Antragsunterzeichnung gaben sie Wien an. Der Landeshauptmann von Wien wies jeweils mit Bescheid vom 19. Juli 1995 die Anträge mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Die Beschwerdeführer erhoben Berufungen, in denen sie Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1995 vorlegten, mit denen die Asylanträge der Beschwerdeführer rechtskräftig abgewiesen worden waren. In der Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, das Asylverfahren sei erst seit 2. Juni 1995 (Zustellung der beigelegten Bescheide) abgeschlossen, weshalb die Antragstellung vom 27. Juni 1995 unverzüglich nach Abschluss des Asylverfahrens erfolgt sei. Die Sichtvermerksversagung aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z 6 oder 7 AufG wäre eine unbillige Härte, was auch vom Bundesministerium für Inneres in einem Erlass vom 14. Juni 1993 vertreten werde.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden jeweils vom 6. Dezember 1996 wurden die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, die vorliegenden Anträge seien als Erstanträge zu kategorisieren und formell als auch materiell nach den Bestimmungen des AufG zu prüfen. In formeller Hinsicht gelte bezüglich der Antragstellung die Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen sei. Dies werde auch durch die Judikatur der Höchstgerichte eindeutig bestätigt. Eine Antragstellung aus dem Inland sei nur im Falle des Verlustes des Asyls oder in anderen gesetzlich exakt geregelten Fällen zulässig, von denen hier keiner anwendbar sei. Die Beschwerdeführer hätten sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, dass nur die dargestellten Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in der Berufung hätten die Beschwerdeführer keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu ihren Gunsten herbeigeführt hätte. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorliegenden Beschwerden aufgrund ihres rechtlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 1 Abs. 3, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG lauteten:
"§ 1. (1) ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, dass diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Falle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung."
Die Beschwerdeführer verfügten weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch über einen am 1. Juli 1993 aufrechten Sichtvermerk, weshalb die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 auf die vorliegenden Beschwerdefälle keine Anwendung findet.
Die Beschwerde stützt sich darauf, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, festzustellen, ob die Beschwerdeführer im Genusse eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes nach § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 gewesen seien. Eine derartige vorläufige Aufenthaltsberechtigung bestehe grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens. Die Bescheide, mit denen jeweils die Anträge auf Gewährung von Asyl abgewiesen worden seien, seien vom Bundesminister für Inneres zwar am 29. Mai 1995 "ausgestellt" worden, seien jedoch erst Mitte Juli 1995 rechtskräftig geworden, wobei diese Bescheide im Falle der Zweitbeschwerdeführerin am 29. Juni 1995 und im Falle des Erstbeschwerdeführers am 7. Juli 1995 zugestellt worden seien. Daher sei die Antragstellung vom 27. Juni 1995 nicht nur unverzüglich, sondern sogar noch vor Bescheidzustellung der belangten Behörde erfolgt, sodass eine Antragstellung im Inland jeweils ausnahmsweise gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 AufG zulässig gewesen sei.
Demgegenüber hatten die Beschwerdeführer aber in den Berufungen vorgebracht, die (neuen) Berufungsbescheide des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1995 (in ihrer Asylangelegenheit) seien ihnen am 2. Juni 1995 zugestellt worden. Dieses Datum findet sich zusätzlich als Datum der Zustellung dieser Bescheide im - beim Bundesminister für Inneres betreffend die Beschwerdeführer geführten - Asylwerberinformationssystem. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführer verkennen, dass die Rechtskraft der letztinstanzlichen Asylbescheide bereits mit deren Zustellung an die Beschwerdeführer eintrat, stehen die diesbezüglich genannten Daten in der Beschwerde im Gegensatz zu den eigenen Angaben der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren. Sowohl die in den Beschwerden genannten Daten als auch das darauf gestützte Vorbringen, den Beschwerdeführern sei im Zeitpunkt der Antragstellung eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zugestanden, stellen eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, auf die daher nicht weiter einzugehen war.
Ergänzend sei bemerkt, dass selbst dann, wenn den Beschwerdeführern - im allein relevanten - Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 7 Abs. 1 AsylG zugekommen wäre, § 13 Abs. 1 AufG aus dem Grunde des Abs. 2 auf die Beschwerdeführer als gemäß § 1 Abs. 3 Z 6 AufG aufenthaltsberechtigte Fremde keine Anwendung fände. Die Beschwerdeführer hätten daher auch diesfalls ihre Anträge vom Ausland aus zu stellen gehabt (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 97/19/0855).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der abgewiesene Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem AufG vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Eine von den Beschwerdeführern angenommene Frist für eine zulässige Inlandsantragstellung besteht nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1997, Zl. 96/19/0219). Daran vermögen auch die in den Beschwerden vorgebrachten Umstände, wonach sich die Beschwerdeführer bereits seit Mai 1991 im Bundesgebiet aufhielten und einen Asylantrag gestellt hätten, nichts ändern. Aus diesen Umständen ist keinesfalls das Recht auf Inlandsantragstellung nach der Ausnahmebestimmung des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG ableitbar.
Das im § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgesehene ausnahmsweise Recht zur Antragstellung vom Inland aus ist lediglich für den Fall des Verlustes des Asyls vorgesehen; ein derartiger Fall liegt bei den Beschwerdeführern jedoch nicht vor. Soweit die Beschwerdeführer mit den Hinweis auf ihren langjährigen Voraufenthalt private Interessen (im Sinne des Art. 8 MRK) geltend machen, ist zu bemerken, dass es die in den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. die RV, 525 BlgNr 18. GP) zum Ausdruck kommende Zielvorstellung des Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet, abgewiesene Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Fälle der Beschwerdeführer sind auch nicht mit jener Konstellation vergleichbar, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg.Nr. 14.148, zugrunde lag.
Die Beschwerden erweisen sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191001.X00Im RIS seit
02.05.2001