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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des F D, vertreten durch Mag. Kurt Jelinek, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Oktober 2018, G307 1264509- 2/10E, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. Oktober 2018 wies das BVwG die Beschwerde des Revisionswerbers, eines kroatischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11. April 2018, mit dem gegen ihn gemäß § 67 Abs. 1 FPG wegen mehrerer Straftaten ein mit zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
4 Die Revision wendet sich diesbezüglich nur gegen die Annahme des BVwG, das den strafgerichtlichen Verurteilungen des Revisionswerbers zugrunde liegende persönliche Verhalten lasse auf das Vorliegen einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG schließen, und macht in diesem Zusammenhang als grundsätzliche Rechtsfrage - wörtlich wiedergegeben - Folgendes geltend:
"Betreffend der Frage des Gewichts und der Bedeutung des Vorliegens länger zurückliegender (zumindest 15 Jahre) Verurteilungen wegen schwerer Straftaten, denen fünf weniger gewichtige, jeweils lediglich zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen führende Verurteilungen wegen bloßer Vergehen folgen, deren Begehung aber ebenfalls bereits vor beinahe 4 Jahren beendet wurde, und das daraus zu erschließende, der Gefährdungsprognose nach § 67 Abs. 1 FPG zugrunde zu legende Persönlichkeitsbild (VwGH vom 25.04.2014, Az: Ro 2014/21/0039) liegt - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, sodass schon im Hinblick auf diese Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Zulässigkeit der Revision angenommen werden kann."
5 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Fremden eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl. beispielsweise zu einem Aufenthaltsverbot VwGH 24.5.2016, Ra 2016/21/0143, Rn. 25, und zu einem Einreiseverbot etwa VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0120, Rn. 10, mwN). Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist nur dann revisibel, wenn sie nicht auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage oder nicht im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelnden Grundsätze in unvertretbarer Weise vorgenommen wurde (so schon VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0033, und zahlreiche daran anschließende Entscheidungen, wie aus der letzten Zeit ebenfalls zu einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG etwa VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0044, Rn. 5, mwN). Andernfalls liegt daher in Bezug auf die bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im jeweiligen Einzelfall getroffene Gefährdungsprognose keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG in Form des Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
6 Von daher ist die zitierte, auf einzelfallbezogene Besonderheiten abstellende, vom Revisionswerber formulierte Rechtsfrage schon von vornherein nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision darzutun. Abgesehen davon, dass in der Revision gar nicht geltend gemacht wird, die Annahme des BVwG betreffend das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG sei unvertretbar, kann das insgesamt - trotz einzelner, in der Revision angesprochener Begründungsschwächen im angefochtenen Erkenntnis - auch nicht gesagt werden.
7 Insbesondere trifft das in der Revision ins Treffen geführte Argument, die vom Revisionswerber begangenen Straftaten hätten eine "stetig abnehmende kriminelle Intensität", im Hinblick auf die seiner letzten Verurteilung zugrunde liegenden gravierenden Delikte nicht zu. Der Revisionswerber, der in den Jahren 2001 bis 2003 wiederholt wegen gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls verurteilt und deshalb insgesamt mehr als dreieinhalb Jahre in Haft (zuletzt bis 26. August 2005) angehalten wurde, musste nämlich nach der Begehung von (zum Teil geringfügigeren) Delikten gegen fremdes Vermögen und die körperliche Integrität, die mit Urteilen aus den Jahren 2009, 2010, 2012 und 2014 zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen (ein Monat, zehn Monate und zweimal vier Monaten) geführt hatten, zuletzt mit rechtskräftigem Urteil vom 6. Februar 2018 wegen Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB und wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt werden. Diesem Schuldspruch lag zugrunde, dass sich der Revisionswerber ein ihm anvertrautes Gut, nämlich einen PKW Audi A 6 im Wert von 24.000 EUR, zumindest im Zeitraum von Ende Juli 2014 bis 21. Jänner 2015 mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hat und dass er am 17. Jänner 2015 einen Kontrahenten, nachdem er ihm dessen Poloshirt über den Kopf gezogen hatte, durch Faustschläge am Körper verletzte. Angesichts des hierdurch bewirkten einschlägigen Rückfalls des Revisionswerbers, der nach einem längeren Zeitraum des Wohlverhaltens von 2009 bis 2015 wieder kontinuierlich straffällig wurde, musste das BVwG - entgegen der Meinung in der Revision - noch nicht vom Wegfall einer maßgeblichen, ein Aufenthaltsverbot rechtfertigenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Revisionswerber ausgehen.
8 Soweit die Revision diesbezüglich noch den seit den letzten Straftaten vergangenen Zeitraum, in dem sich der Revisionswerber (nach den unbestrittenen Feststellungen des BVwG) im Übrigen von Dezember 2015 bis Februar 2018 nicht in Österreich aufgehalten hatte, ins Treffen führt, ist daraus schon deshalb nichts zu gewinnen, weil der Revisionswerber - wie erwähnt - schon einmal nach einem straffreien Zeitraum von etwa vier Jahren und trotz davor erfolgter Verbüßung von beträchtlichen Freiheitsstrafen wieder einschlägig rückfällig wurde. Einer allfälligen Minderung der Gefährdung wurde im Ergebnis aber ohnehin durch die relativ kurze Befristung des Aufenthaltsverbotes ausreichend Rechnung getragen.
9 Der Revision gelingt es somit nicht, eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war. Angesichts dessen kann die entgegen § 1 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 BVwG-EVV vorgenommene Einbringung der Revision auf dem Postweg jedenfalls auf sich beruhen.
Wien, am 7. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018210230.L00Im RIS seit
12.04.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019