TE Vwgh Beschluss 2019/3/7 Ra 2018/21/0139

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BFA-VG 2014 §22a Abs1 Z3;
BFA-VG 2014 §22a Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs3 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs3 Z9;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des I T in W, vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das am 24. Mai 2018 mündlich verkündete und mit 21. Juni 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W117 2195775-1/14E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, nach eigenen Behauptungen ein tunesischer Staatsangehöriger, befindet sich seit spätestens 2012 im Bundesgebiet. Hier ergingen gegen ihn zwei strafgerichtliche Verurteilungen, zuletzt im September 2016 wegen § 84 Abs. 4 StGB zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe.

2 Im Oktober 2017 wurde der Revisionswerber aus der Strafhaft entlassen. Einer davor ergangenen durchsetzbaren Rückkehrentscheidung leistete er nicht Folge, sondern er lebte dann unangemeldet bei einem "Freund". Am 13. März 2018 wurde er aufgegriffen, mit Mandatsbescheid vom selben Tag verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sodann über ihn gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG (idF des FrÄG 2018) Schubhaft zum Zweck der Sicherung seiner Abschiebung. Aus dieser wurde er am 19. Juni 2018 entlassen.

3 Mittlerweile hatte der Revisionswerber gegen den Schubhaftbescheid und seine Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach mündlicher Beschwerdeverhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG (idF vor dem FrÄG 2018) als unbegründet ab. Unter einem stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm den eben genannten Regelungen des FPG fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlägen und traf diesem Ergebnis entsprechende Kostenaussprüche. Schließlich erklärte das BVwG eine Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

6 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber zunächst erkennbar geltend, es existiere kein Fluchtgefahrstatbestand nach § 76 Abs. 3 FPG. Mit den gegenteiligen Annahmen des BVwG, es seien die Tatbestände nach § 76 Abs. 3 Z 1 und Z 9 FPG erfüllt, setzt er sich aber nicht näher auseinander, und es ist auch nicht zu sehen, dass diese Annahmen auf Basis der vom BVwG getroffenen - unbestrittenen - Feststellungen (unangemeldete Wohnungnahme nach der Entlassung aus der Strafhaft im Oktober 2017, kaum Kontakt zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen) unzutreffend wären. Vor dem Hintergrund dieser somit verwirklichten "Fluchtgefahrstatbestände" ist das BVwG dann aber jedenfalls nicht unvertretbar vom Vorliegen einer nur durch Schubhaft zu sichernden Fluchtgefahr ausgegangen. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung steht der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision entgegen (vgl. etwa aus letzter Zeit VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0187, Rn. 8, mwN).

7 In den Zulässigkeitsausführungen der Revision wird weiter geltend gemacht, das BVwG sei in der Frage der möglichen Durchführung einer Abschiebung des Revisionswerbers von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen; nach den Maßstäben dieser Judikatur wäre mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes und damit mit dem Vollzug einer Abschiebung nicht zu rechnen gewesen, sodass die zur Sicherung der Abschiebung verhängte Schubhaft nicht rechtmäßig sein könne.

8 Dem Revisionswerber ist zuzubilligen, dass - auch nach den Feststellungen des BVwG - ein erster Versuch, für ihn ein tunesisches Heimreisezertifikat zu erwirken, gescheitert war. Dass das BFA in der Folge andere theoretisch in Betracht kommende Staaten aus der Region kontaktierte, ist aber fallbezogen ebensowenig unvertretbar wie das danach vom BVwG festgestellte nochmalige Herantreten an die tunesische Vertretungsbehörde, was umso näher lag, als - wie vom Revisionswerber betont - der "beigezogene Vertreter von Libyen" eine Herkunft des Revisionswerbers aus Tunesien für "sehr wahrscheinlich" gehalten hat. Mit jener Konstellation, wie sie dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten Erkenntnis VwGH 12.9.2013, 2013/21/0110, zu Grunde lag, ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

9 Auch unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt gelingt es dem Revisionswerber damit nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Seine Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 7. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018210139.L00

Im RIS seit

10.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten