TE Vwgh Beschluss 2019/3/13 Ra 2019/11/0021

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Veröffentlicht am 13.03.2019
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Index

L94055 Ärztekammer Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §102 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Slbg §35 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Dr. U K in S, vertreten durch Dr. Daniel Stanonik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 2/8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 20. August 2018, Zl. 405-14/18/1/5-2018, betreffend Witwenversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 2018 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung von Witwenversorgung gemäß § 35 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Salzburg (im Folgenden auch kurz: Satzung) abgewiesen.

2 In der Begründung wurde zusammengefasst ausgeführt, § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 normiere als Voraussetzung für die Witwenversorgung, dass der Anspruchsberechtigte im Zeitpunkt des Todes des Kammerangehörigen mit diesem in aufrechter Ehe oder in einer eingetragenen Partnerschaft gelebt habe. Entsprechendes werde auch in § 35 Abs. 1 der Satzung vorausgesetzt.

3 Die Revisionswerberin habe aber mit dem am 30. September 2015 verstorbenen Arzt und Fondsmitglied Dr. F. bis zu dessen Tod nicht in einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft, sondern vielmehr in einer Lebensgemeinschaft gelebt und damit die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid abgewiesen und gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Nach (wörtlicher) Wiedergabe des Beschwerdevorbringens (die Revisionswerberin habe mit Dr. F. rund 20 Jahre eine "eheähnliche Lebensgemeinschaft" geführt, aus welcher zwei gemeinsame Kinder hervorgegangen seien, und diesem gegenüber einen vertraglich zugesicherten Unterhaltsanspruch gehabt, sodass ihr bei verfassungskonformer Auslegung des ÄrzteG 1998 und der Satzung sowie unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes der Grundrechte-Charta ein Anspruch auf Witwenversorgung zustehe) ging das Verwaltungsgericht in seinen Feststellungen von der unstrittigen Lebensgemeinschaft der Revisionswerberin mit dem verstorbenen Arzt Dr. F. aus.

6 Der Umstand, dass § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und § 35 Abs. 1 der Satzung die Witwenversorgung nur hinterbliebenen Ehepartnern und eingetragenen Partnern, aber nicht Personen zugestehe, die mit dem Verstorbenen in einer bloßen Lebensgemeinschaft gelebt haben, begegne nach der Judikatur keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Hinweis u.a. auf OGH 11.11.2016, 10 ObS 132/16h, mit Verweis auf VfGH 10.6.2016, G 154/2016-5 sowie auf das Urteil des EGMR vom 20.1.2009, Bsw 3976/05), sodass im vorliegenden Fall die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

7 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 27.11.2018, E 3920/2018-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

8 Daraufhin erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).

12 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. (vgl. aus vielen VwGH 20.9.2018, Ra 2018/11/0118, mwN).

13 In der Revision wird zur Zulässigkeit ausgeführt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zu der inhaltlich unrichtigen Auslegung der §§ 102 ÄrzteG und 35 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Salzburg". Die vom Verwaltungsgericht angeführte Rechtsprechung beziehe sich auf öffentliche (Kranken-)Kassen und nicht auf Selbstverwaltungskörper und könne somit nicht für die Auslegung letztgenannter Bestimmungen herangezogen werden.

14 Die hier maßgebende Bestimmung des ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, lautet:

"§ 102. (1) Nach dem Tod eines (einer) Kammerangehörigen oder Empfängers (Empfängerin) einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe (ihrem Witwer) oder seinem hinterbliebenen eingetragenen Partner, die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gelebt hat, die Witwen(Witwer)versorgung oder die Versorgung des hinterbliebenen eingetragenen Partners zu gewähren.

..."

15 Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses geltende Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Salzburg lautet auszugsweise:

"§ 35 Witwen-(Witwer-)Versorgung

(1) Nach dem Tode eines Fondsteilnehmers oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe (seinem Witwer), die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe gelebt hat, die Witwen-(Witwer-)Versorgung zu gewähren (§ 102 ÄrzteG).

..."

16 Mit dem Vorbringen der Revision zu ihrer Zulässigkeit wird keine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, aufgeworfen, weil sie das Fehlen von hg. Rechtsprechung zur "unrichtigen Auslegung" des § 102 Abs. 1 ÄrzteG (und § 35 Abs. 1 der Satzung) geltend macht, ohne im gegebenen Zusammenhang zu konkretisieren, unter welchen Gesichtspunkten diese Bestimmungen vom Verwaltungsgericht "unrichtig" ausgelegt worden sei.

17 Eine solche Konkretisierung wäre deshalb notwendig gewesen, weil die Zuerkennung der gegenständlich beantragten Witwenversorgung nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 - völlig unmissverständlich - voraussetzt, dass die Revisionswerberin mit dem verstorbenen Arzt "im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe oder eingetragenen Partnerschaft gelebt hat" (daran ändert nichts, dass § 35 Abs. 1 der Satzung noch nicht ausdrücklich auf die eingetragene Partnerschaft Bezug nimmt).

18 Die behauptete Auslegungsbedürftigkeit des § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist daher angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht gegeben (vgl. zur Verneinung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung trotz Fehlens einer Rechtsprechung bei eindeutiger Rechtslage etwa VwGH 8.2.2018, Ra 2017/11/0292 mwN).

19 Soweit das Vorbringen der Revision zur Zulässigkeit allerdings dahin zu verstehen ist, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob es notwendig sei, § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 - verfassungskonform - über seinen Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass auch eine im Zeitpunkt des Todes des Arztes (Kammermitgliedes) mit diesem aufrechte Lebensgemeinschaft den Anspruch auf eine Witwenpension begründen könne, so läuft dieses Vorbringen der Sache nach auf die Behauptung der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung hinaus. Damit handelt es sich um eine Behauptung, wie sie in Art. 144 Abs. 1 B-VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben ist, sodass eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht vorliegt. Ein solches Vorbringen ist daher nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen (vgl. etwa VwGH 2.9.2014, Ra 2014/18/0062, mwN).

20 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass Bedenken ob der Verfassungswidrigkeit des § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 vom dafür zuständigen Verfassungsgerichtshof durch den Verweis im obgenannten Ablehnungsbeschluss, E 3920/2018-5, auf den Beschluss VfGH 10.6.2016, G 154/2016-5, bereits verneint wurden. Die Begründung des genannten Beschlusses, G 154/2016-5, lautet auszugsweise:

"Die Antragstellerin behauptet in ihrem Antrag die Verfassungswidrigkeit des § 259 ASVG (...). Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, dass es der Gesetzgeber unterlassen habe anzuordnen, dass die Bestimmungen über die Witwen- und Witwerpension (§ 258 ASVG), welche gemäß § 259 ASVG auch auf hinterbliebene eingetragene Partner und Partnerinnen nach dem Eingetragene Partnerschaften-Gesetz - EPG, BGBl. I Nr. 135/2009, sinngemäß anzuwenden sind, auch für heterosexuelle Lebensgemeinschaften zu gelten haben.

...

Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Ansprüche Hinterbliebener, je nachdem, ob diese mit dem Verstorbenen in einer Ehe, einer eingetragenen Partnerschaft nach dem EPG oder aber einer bloßen Lebensgemeinschaft gelebt haben, unterschiedlich zu gestalten (vgl. zu § 258 ASVG VfSlg. 12.691/1991, 14.050/1995)."

21 Durch den Verweis auf diese Ausführungen im gegenständlichen Ablehnungsbeschluss E 3920/2018-5 sind die zitierten verfassungsrechtlichen Überlegungen - anders als die Revision meint - auch für § 102 Abs. 1 ÄrzteG 1998 maßgebend (vgl. im Übrigen zu einem ähnlichen Fall das bereits zitierte Urteil des EGMR vom 20.1.2009, Bsw 3976/05).

22 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019110021.L00

Im RIS seit

12.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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