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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/01/0224Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. des W H und 2. der M A, beide vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. März 2018,
1) Zl. L519 2173979-1/12E und 2) Zl. L519 2173977-1/13E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerber sind iranische Staatsangehörige und stellten am 23. September 2015 Anträge auf internationalen Schutz.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diese Anträge - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug vollinhaltlich ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung der Revisionswerber in den Iran fest und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das BVwG für nicht zulässig.
3 Begründend führte das BVwG, soweit vorliegend relevant, aus, es könne nicht festgestellt werden, dass die Revisionswerber aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert seien. Das diesbezügliche Vorbringen der Revisionswerber sei aus näher genannten Gründen widersprüchlich und unglaubwürdig. Bei der in Österreich erhaltenen protestantischen Taufe bzw. dem besuchten Taufunterricht handle es sich um Scheinhandlungen, um sich einen Vorteil im Asylverfahren zu verschaffen.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Das BVwG hat im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die Revisionswerber zur Frage ihrer behaupteten Konversion zum christlichen Glauben und damit im Zusammenhang stehenden religiösen Aktivitäten ausführlich befragt wurden. Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung und der sich darauf gründenden Beweiswürdigung erachtete das BVwG im angefochtenen Erkenntnis mit eingehender Begründung den von beiden Revisionswerbern geltend gemachten Fluchtgrund (Konversion zum Christentum) als nicht glaubwürdig.
8 Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich in ihren Zulässigkeitsausführungen zum einen gegen die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung.
9 Dazu ist, wie der Verwaltungsgerichtshof zu dem mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eingeführten Revisionsmodell bereits wiederholt ausgesprochen hat, Folgendes festzuhalten:
10 Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt.
11 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. für viele etwa VwGH 30.4.2018, Ra 2018/01/0172, 18.5.2018, Ra 2018/01/0202, oder aus jüngster Zeit auch 1.2.2019, Ra 2019/01/0027).
12 Eine derartige krasse Fehlbeurteilung des BVwG im Rahmen der Beweiswürdigung wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargelegt. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass die vorliegend vom BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommene Beweiswürdigung insgesamt unvertretbar wäre.
13 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters die unterbliebene zeugenschaftliche Einvernahme eines näher genannten Diakons bzw. von weiteren allfälligen Zeugen gerügt wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob eine Beweisaufnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig ist, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht unterliegt (vgl. hierzu etwa VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, oder 21.6.2018, Ra 2017/01/0381, mwN).
14 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach klargestellt hat, stellt die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein "ausreichend ermittelter Sachverhalt" vorliegt, oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar (z.B. VwGH 3.5.2018, Ra 2018/19/0171, 22.11.2017, Ra 2017/19/0474, oder auch bereits 22.2.2017, Ra 2016/19/0238).
15 Ausgehend davon zeigt das Zulässigkeitsvorbringen der Revision einen krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Fehler in der durch das BVwG - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - vorgenommenen Beurteilung jedenfalls nicht auf (zur Nicht-Einvernahme eines Pastors im Zusammenhang mit einer behaupteten Konversion vgl. zuletzt etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0453, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 19. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010223.L00Im RIS seit
10.04.2019Zuletzt aktualisiert am
19.04.2019