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32/02 Steuern vom Einkommen und ErtragNorm
ASVG §50 Abs2Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2016/08/0129 E 25.03.2019Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. Juli 2016, Zl. W228 2116768- 1/7E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: E GmbH in W, vertreten durch die Pühringer Tax Consulting Steuerberatung GmbH in 1010 Wien, Wallnerstraße 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 2. September 2015 verpflichtete die revisionswerbende Gebietskrankenkasse die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin, für namentlich genannte Dienstnehmer in Bezug auf jeweils dargelegte Zeiträume zwischen dem 1. November 2011 und dem 31. Dezember 2013 Beiträge, Sonderbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 3.677,62 zu entrichten. Die mitbeteiligte Partei betreibe einen Handel mit Kraftfahrzeugen. Die genannten Dienstnehmer hätten "Vorführkraftfahrzeuge" der mitbeteiligten Partei auch privat genutzt. Bei der Berechnung des Sachbezugwertes der Vorführkraftfahrzeuge habe die mitbeteiligte Partei nicht die gemäß § 4 Abs. 6 der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge um 20 % erhöhten tatsächlichen Anschaffungskosten berücksichtigt.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde.
3 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die revisionswerbende Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.
4 Der angefochtene Bescheid habe die von der mitbeteiligten Partei den Dienstnehmern für die Privatnutzung zur Verfügung gestellten Fahrzeuge unter dem Begriff "Vorführkraftfahrzeuge" subsumiert und den Sachbezug unter Anwendung des § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung berechnet.
5 § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung sei für Fälle vorgesehen, in denen es sich bei den "Vorführkraftfahrzeugen" um Fahrzeuge handle, bei denen die Erstanschaffungskosten des Erstbesitzers/Händlers nicht nachgewiesen werden könnten. Im vorliegenden Fall seien die Erstanschaffungskosten des Händlers hingegen ermittelbar. Es handle sich um Neufahrzeuge, die vom Händler für Vorführzwecke angeschafft worden seien. Sie seien auf den Händler zugelassen und würden den Arbeitnehmern zur Privatnutzung überlassen. Das Verwaltungsgericht schließe sich der Auslegung des Bundesfinanzgerichtes in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2016, RV/7103143/2014, an, wonach von einem Vorführfahrzeug auszugehen sei, wenn die Fahrzeuge an Kunden veräußert würden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die streitgegenständlichen Fahrzeuge den Dienstnehmern zur Privatnutzung überlassen worden seien, habe es sich hingegen um Neufahrzeuge gehandelt. Die Bewertung des Sachbezuges sei daher nicht nach § 4 Abs. 6, sondern nach § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung vorzunehmen. Somit seien die tatsächlichen Anschaffungskosten (inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe - NoVA) maßgeblich. Zur Ermittlung der Anschaffungskosten werde die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die revisionswerbende Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.
6 Die Revision sei iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 7 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende
Revision. Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
8 Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse bringt zur Zulässigkeit der Revision u.a. vor, dass der angefochtene Beschluss der ständigen Rechtsprechung zu § 28 Abs. 3 VwGVG widerspreche.
9 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
10 Gemäß § 50 Abs. 1 ASVG sind (für die Ermittlung des Entgelts als Basis der Beitragsbemessung iSd §§ 44 ff ASVG) geldwerte Vorteile aus Sachbezügen mit dem um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.
11 Gemäß § 50 Abs. 2 ASVG gilt für die Bewertung von Sachbezügen die im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu erlassende Verordnung des Bundesministers für Finanzen nach § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, mit der die Höhe geldwerter Vorteile festgelegt wird.
12 Im Rahmen einer bei der mitbeteiligten Partei durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA), betreffend den Zeitraum 1. Jänner 2011 bis 31. Dezember 2013 wurde festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei ihren Dienstnehmern Vorführkraftfahrzeuge zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt hatte.
13 § 4 der für die Streitjahre anzuwendenden Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung), BGBl. II Nr. 416/2001 idF BGBl. II Nr. 467/2004, lautet auszugsweise:
"§ 4. (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 600 Euro monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen. Selbständig bewertbare Sonderausstattungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten.
(2) (...)
(3) (...)
(4) Bei Gebrauchtfahrzeugen ist für die Sachbezugsbewertung der Listenpreis im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Fahrzeuges maßgebend. Sonderausstattungen bleiben dabei unberücksichtigt. Anstelle dieses Betrages können die nachgewiesenen tatsächlichen Anschaffungskosten (einschließlich allfälliger Sonderausstattungen und Rabatte) im Sinne des Abs. 1 des ersten Erwerbes des Kraftfahrzeuges zu Grunde gelegt werden.
(5) (...)
(6) Bei Vorführkraftfahrzeugen sind die um 20 % erhöhten tatsächlichen Anschaffungskosten im Sinne des Abs. 1 anzusetzen."
14 Mit Beschluss vom 12. Oktober 2017, V 46/2016 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof Anträge des Bundesfinanzgerichts auf Aufhebung der Regelung des § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung , BGBl. II Nr. 416/2001, über die Sachbezugsbewertung bei Vorführkraftfahrzeugen als vor dem Hintergrund der Bedenken zu eng gefasst zurückgewiesen. In der Begründung wies der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass die Anwendung des § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 idF BGBl. II Nr. 467/2004, auf Vorführkraftfahrzeuge dem Verordnungsgeber nicht zusinnbar sei, weil in diesem Fall die tatsächlichen Anschaffungskosten (nach Abzug der Sonderkonditionen für derartige Fahrzeuge) anzusetzen wären. Im Hinblick auf die einem Kfz-Händler für die Anschaffung von Vorführkraftfahrzeugen vom Hersteller bzw. Generalimporteur regelmäßig eingeräumten besonderen Konditionen wäre dann die Privatnutzung von Vorführkraftfahrzeugen gegenüber der privaten Nutzung anderer Kraftfahrzeuge unzulässig bevorzugt.
15 Schon aus diesen verfassungsrechtlichen Überlegungen ergibt sich die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Sachbezugsbewertung nicht nach § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung, sondern nach § 4 Abs. 1 dieser Verordnung vorzunehmen sei (VwGH 21.11.2018, Ro 2016/13/0013). Das dagegen in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei vorgebrachte Argument, bei einem KFZ-Händler wären nicht die tatsächlichen Anschaffungskosten (sondern nur "die durchschnittlichen Anschaffungskosten eines Endkunden/Verbraucher (= Mittelwert Verkaufspreis) ... inklusive Händlerspanne an einen Endkunden mit all den üblichen Rabatten, die einem Endkunden gewährt werden") anzusetzen, weil der KFZ-Händler auf einer "anderen Marktstufe" agiere, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt, weil in Bezug auf die Eigenschaft eines KFZ-Händlers als Dienstgeber nicht nach Marktstufen zu differenzieren ist.
16 Anzumerken ist allerdings, dass laut dem erwähnten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 2017 zur Rechtfertigung des Zuschlags von 20% nach § 4 Abs. 6 der Sachbezugswerteverordnung vom Bundesminister für Finanzen darauf hingewiesen wurde, dass damit auch berücksichtigt sei, dass Vorführkraftfahrzeuge gemäß § 3 Z 3 NoVAG 1991 von der NoVA befreit seien (somit im Sinne des Verordnungsgebers davon auszugehen ist, dass diese - tatsächlich auch nicht angefallene - NoVA nicht bereits bei der Ermittlung der tatsächlich angefallenen Anschaffungskosten "im Sinne des Abs. 1" hinzuzurechnen ist). Unter diesem Aspekt der Rechtfertigung der Höhe des Zuschlags ist die (zusätzliche) Hinzurechnung der NoVA zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Sachbezugswerte unzulässig (VwGH 21.11.2018, Ro 2016/13/0013; 25.2.2019, Ro 2017/08/0035).
17 Der angefochtene Beschluss würde der belangten Behörde eine unrichtige Rechtsansicht überbinden, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war (VwGH 6.8.2018, Ra 2018/07/0418).
18 Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse hat gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG iVm § 47 Abs. 4 VwGG keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen.
Wien, am 25. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2016080128.L00Im RIS seit
16.07.2019Zuletzt aktualisiert am
16.07.2019