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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der S GmbH in R, vertreten durch Greiter Pegger Kofler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 24, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Jänner 2019, Zl. I413 2107218-1/13E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Gebietskrankenkasse), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin (als Dienstgeberin des Norbert H., des Martin E., der Bianca H., des Rainer H., des Franz K., der Notburga M. und der Petra V.) verpflichtet, an die belangte Behörde Beiträge iHv EUR 58.860,66 (§§ 44 ff ASVG) zu entrichten.
2 Die Revisionswerberin betreibe eine Krankenanstalt (die Privatklinik H.) mit unfallchirurgischem Schwerpunkt als "Belegspital" (in dem einem Belegarzt das Recht eingeräumt wird, seine Patienten unter Inanspruchnahme der hiefür vom Belegspital zur Verfügung gestellten Räume und Einrichtungen stationär zu behandeln). Da ihr Antrag auf eine krankenanstaltenrechtliche Genehmigung einer unfallchirurgischen Ambulanz abgewiesen worden sei, habe sie in ihrem Gebäude zur Abrundung ihres Leistungsangebots unter der Bezeichnung "Unfallchirurgie Privatklinik H." in abgetrennten Räumlichkeiten eine Ordination errichtet. Sechs ihrer Belegärzte, die selbst auch unabhängige Ordinationen betreiben würden, hätten sich zu einer "Ärzte-Gemeinschaft" zusammengeschlossen, um als Wahlärzte in der "Unfallchirurgie Privatklinik H." unfallchirurgische Behandlungen durchzuführen. Die "Unfallchirurgie Privatklinik H." sei wirtschaftlich betrachtet ein Teil der von der Revisionswerberin betriebenen Krankenanstalt. Das wirtschaftliche Interesse an der "Unfallchirurgie Privatklinik H." liege bei der Revisionswerberin und nicht bei den Belegärzten.
3 Ein Vertrag zwischen der Revisionswerberin und den genannten Belegärzten vom 7. Juli 2011 regle den Betrieb (insbesondere die Öffnungszeiten) und die von der Revisionswerberin zu erbringenden Leistungen (Bereitstellung der Räumlichkeiten, Anlagen, Geräte, Ausrüstungen, Medikamente, operative Hilfsmittel usw.). Die Revisionswerberin sollte - soweit dies nicht durch die Belegärzte selbst erfolgte - das nichtmedizinische Personal im erforderlichen Ausmaß bereitstellen. Sämtliche in der "Unfallchirurgie Privatklinik H." erbrachten Leistungen würden von der Revisionswerberin erfasst und gegenüber den Patienten nach dem Wahlarztsystem und den von den Belegärzten vorgegebenen Beträgen abgerechnet. Die Revisionswerberin behalte sich von den Rechnungsbeträgen einen "Hausanteil" ein.
4 Die oben genannten Dienstnehmer seien bereits vor der Einrichtung der "Unfallchirurgie Privatklinik H." in der Privatklinik H. für die Revisionswerberin als diplomierte Kranken- und Pflegekräfte tätig gewesen. Die Belegärzte hätten zu keinem Zeitpunkt nichtmedizinisches Personal auf eigene Rechnung beigezogen. Um das nichtmedizinische Personal für die "Unfallchirurgie Privatklinik H." bereitzustellen, hätten die genannten Dienstnehmer der Revisionswerberin - unter entsprechender Reduzierung ihrer bisherigen Arbeitszeiten für die Privatklinik H. - eine "H. & Partner KG" gegründet, an der Norbert H., der leitende Anästhesiepfleger, als Komplementär und Martin E., Bianca H., Rainer H., Franz K., Notburga M. und Petra V. als Kommanditisten (mit einer Hafteinlage von je EUR 100,- -) beteiligt gewesen seien. In der Folge habe die "H. & Partner KG" auf Grund eines von Norbert H. erstellten Dienstplanes die erforderlichen Pflegeleistungen in der "Unfallchirurgie Privatklinik H." zur Verfügung gestellt. Die - näher beschriebenen - tatsächlichen Leistungen (Rufbereitschaft und Patientenversorgung) seien von den genannten, mit der Dienstkleidung der Revisionswerberin versehenen (und nach wie vor auch für die Privatklinik H. im selben Gebäude tätigen) Gesellschaftern unter der ärztlichen Leitung der genannten Belegärzte und unter der Aufsicht und Kontrolle der Revisionswerberin erbracht worden. Die Revisionswerberin habe die für den Betrieb der "Unfallchirurgie Privatklinik H." erbrachten Leistungen der H. & Partner KG auf Grund einer mündlichen Vereinbarung mit dieser aus dem genannten "Hausanteil" bezahlt. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 539a ASVG aus, dass "diese Reduktion der Arbeitszeit für die (Revisionswerberin) freilich keine Verringerung der Arbeitszeit" ausmache, weil die betreffenden Personen zumindest im gleichen Ausmaß für die "Unfallchirurgie Privatklinik H." tätig geworden "und so wieder auf das gleiche Stundenausmaß" gekommen seien. Mit der Begleichung der Rechnungen der H. & Partner KG habe die Revisionswerberin selbst aufgezeigt, dass sie die Vertragspartnerin dieser Gesellschaft und Dienstgeberin der eingesetzten diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger gewesen sei. Diese Personen seien bei der Revisionswerberin in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt und gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG pflichtversichert (vgl. zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise von Tätigkeiten der Gesellschafter von "zwischengeschalteten" Personengesellschaften VwGH 15.5.2013, 2013/08/0051, mwN).
5 Das Verwaltungsgericht bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid, der in Anbetracht der Nichtvorlage von Unterlagen (§ 42 Abs. 3 ASVG) die Beitragsnachverrechnung im Wege der Schätzung auf die Weise vorgenommen hatte, dass die an die H. & Partner KG gezahlten Entgelte entsprechend dem Beschäftigungsausmaß des jeweiligen Dienstnehmers vor der Herabsetzung seiner Arbeitszeit für die Privatklinik H. aufgeteilt worden waren. Zur Höhe der Beitragszahlungen sei kein Vorbringen erstattet worden. (Die Revisionswerberin hat in ihrer Beschwerde zur Höhe nur vorgebracht, dass eine "Schätzung nicht erlaubt (vgl. VwGH 07.10.2008, 28.11.2005)" sei.)
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Diesem Erfordernis wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (VwGH 12.11.2018, Ra 2018/08/0226, mwN). Der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG wird daher insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt. Auch eine Revision, die Ausführungen zu ihrer Begründetheit auch als Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit wortident enthält, wird dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG der gesonderten Darlegung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gerecht; dasselbe gilt auch, wenn für sich inhaltsleer gestaltete "Revisionsgründe" lediglich Verweise auf die zuvor erstatteten Zulässigkeitsausführungen nach § 28 Abs. 3 VwGG enthalten (VwGH 15.11.2017, Ra 2017/08/0008, mwN).
10 Die vorliegende außerordentliche Revision enthält unter der Überschrift "Zulässigkeit der außerordentlichen Revision" auf dreißig Seiten ein erschöpfendes Vorbringen zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, das sich insbesondere auf angebliche Mängel der Beweiswürdigung und auf angebliche Aktenwidrigkeiten bezieht, sich mit Einzelheiten der Auslegung des Vertrages mit der Ärztegemeinschaft beschäftigt und darlegt, dass es sich bei der Etablierung der "Unfallchirurgie Privatklinik H." nicht um ein Umgehungsgeschäft auf Grund der verweigerten krankenanstaltenrechtlichen Unfallambulanz gehandelt habe. Ihrem Inhalt nach stellen diese Ausführungen Revisionsgründe dar. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht dargelegt. Die Revision ist nach dem Gesagten nicht gesetzmäßig ausgeführt.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080047.L00Im RIS seit
09.07.2019Zuletzt aktualisiert am
09.07.2019