Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 28. November 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Mag. Stolz und Dr. Broesigke sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch in Gegenwart von Kontr. Bodinger als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** vom 23. September 2016, AZ D 83/15, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner des Kammeranwalt-Stellvertreters Dr. Reif-Breitwieser und des Beschuldigten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wegen Schuld wird nicht, jener wegen Strafe hingegen durch Herabsetzung der Geldbuße auf 1.500 Euro Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in *****, der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes schuldig erkannt.
Demnach hat er „Doppelvertretung begangen“, weil er
1. zumindest ab November 2011 bis zumindest April 2012 M***** im Rahmen einer Schuldenregulierung beraten und vertreten hat und in weiterer Folge zumindest ab Anfang 2014 bis 20. Dezember 2015 die S***** als Eigentümerin der Liegenschaft in *****, gegen M***** vertreten hat und mehrere Verfahren (Mietzins- und Räumungsverfahren AZ ***** und AZ *****, jeweils Bezirksgericht *****, Besitzstörungsverfahren AZ ***** Bezirksgericht *****, Mietzinsverfahren AZ ***** Landesgericht *****) führte und in diesen Verfahren die ihm durch sein ehemaliges Vertretungsverhältnis für M***** erlangten Informationen nunmehr gegen M***** verwendet hat, wodurch die Gefahr der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegeben war;
2. zumindest ab November 2011 bis zumindest April 2012 W***** im Rahmen von dessen Schuldenregulierung beraten und vertreten, den Verkauf von dessen Liegenschaft *****, an die S***** abgewickelt und ab Anfang 2014 bis 20. Dezember 2015 in weiterer Folge die S***** gegen W***** vertreten hat, und zwar in einem Besitzstörungsverfahren zu AZ ***** des Bezirksgericht ***** und die ihm durch sein ehemaliges Vertretungsverhältnis für W***** erlangten Informationen nunmehr gegen W***** verwendet hat, wodurch die Gefahr der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegeben war.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen Schuld (zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen in deren Rahmen RIS-Justiz RS0128656) und Strafe. Die Schuldberufung verfehlt ihr Ziel, der Strafberufung war hingegen Folge zu geben.
1. Die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld iSd § 464 Z 2 erster Fall StPO weckt keine Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen den in der angefochtenen Entscheidung vom Disziplinarrat festgestellten Sachverhalt. Mit dem alleinigen Hinweis auf einen Satz aus der Aussage des Zeugen W***** („Ich habe ihm wortwörtlich den Auftrag erteilt mir zu helfen und die Sache zu übernehmen“, ON 30 S 11 der Disziplinarakten) und der daran anknüpfenden Behauptung, dass auch sonst keine anderen Beweismittel die Beauftragung und Bevollmächtigung des Beschuldigten durch M***** belegen würden, werden keine Umstände aufgezeigt, die Zweifel an der Beweiswürdigung des Disziplinarrats zu wecken geeignet wären. Abgesehen davon, dass schon der Wortlaut selbst („… die Sache zu übernehmen“) entgegen den Berufungsausführungen den vom Disziplinarrat angenommenen Sinngehalt keineswegs ausschließt, hat der Disziplinarrat auch die weiteren Aussagen dieses Zeugen („Konkret ging es um die Fälligstellung des Kredites [Anm.: für den nach den Feststellungen auch M***** haftete] durch die Raiffeisenbank bzw. darum dies zu verhindern“, S 11 in ON 30; „Ziel war, dass ich und meine Familie sowie die Bäckerei im Haus bleiben.“ S 11 in ON 30; „Ich verstehe … als meinen Anwalt bzw. Anwalt der Familie ***** zum damaligen Zeitpunkt auch den DB.“, S 12 in ON 30), aus welchen sich eine Mandatserteilung durch diesen (auch) für M***** ableiten lässt, in ihrem Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung auch der anderen wesentlichen Verfahrensergebnisse einer widerspruchsfreien und lebensnahen Bewertung unterzogen und ebenso überzeugend wie logisch nachvollziehbar dargetan, wie er zu den relevanten Feststellungen gelangte. Dabei bewertete der Disziplinarrat insbesondere auch den Aktenvermerk des Rechtsanwalts ***** vom 4. April 2012 (Beilage ./V 18) und legte nachvollziehbar und zutreffend dar, weshalb auch der Inhalt dieser Urkunde nicht zwingend die eine Vertretung der Eheleute ***** in Abrede stellende Einlassung des Beschuldigten stützt.
2. Auch das nominell im Rahmen der Berufung wegen Nichtigkeit unter Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erstattete – in der Sache gleichfalls als Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu behandelnde – Vorbringen vermag keine Bedenken gegen die Richtigkeit der kritisierten Feststellungen hervorzurufen, weil diese Schlussfolgerungen aus isoliert betrachteten Verfahrensergebnissen, insbesondere dem zuvor referierten Satz aus der Aussage des W*****, die Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Disziplinarrats anhand der ins Treffen geführten Beweismittel nicht zu erschüttern geeignet sind. Auch mit dem pauschalen Vorwurf, dass auch „die anderen vom Disziplinarrat angeführten Beweismittel“ die Beauftragung und Bevollmächtigung des Beschuldigten (auch) durch M***** nicht würden belegen können, werden die Annahmen nicht erfolgreich in Frage gestellt.
Soweit die Berufung in Bezug auf ein Detail aus der umfänglichen Beweiswürdigung des Disziplinarrats zum Bestehen eines Vertretungsverhältnisses zu den Eheleuten ***** moniert, dass das Schweigen des Beschuldigten zur Anrede des W***** in dessen E-Mail vom 11. April 2012 „Sie als meinen Rechtsvertreter …“ nicht als Zustimmung gelte und überdies auf die damalige Urlaubsabwesenheit zurückzuführen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass ersteres vom Disziplinarrat ohnehin nicht zugrunde gelegt wurde und zweiteres Argument nicht nachvollziehbar ist; der Beschuldigte hätte ja auch nach seiner Urlaubsrückkehr widersprechend reagieren können. Abgesehen davon sind auch diese Ausführungen nicht geeignet, Bedenken an der Gesamtheit der ausführlichen erstinstanzlichen Beweiswürdigung zu erwecken, ebenso wenig wie die weitere – gegen beide Schuldspruchpunkte gerichtete – Rüge, dass der Aktenvermerk des Rechtsanwalts ***** (Beilage ./V 18), welchen der Disziplinarrat ohnehin eingehend beleuchtete (ES 22), überschießend und zum Nachteil des Disziplinarbeschuldigten ausgelegt worden sei.
3. Der (der Sache nach) im Rahmen der Schuldberufung gestellte Antrag auf Vernehmung des Zeugen ***** scheiterte schon am Fehlen der notwendigen Darlegung, warum dem Beschuldigten eine entsprechende Antragstellung im Verfahren vor dem Disziplinarrat nicht möglich gewesen sei (§ 49 zweiter Satz DSt). Soweit sich der Berufungswerber auf die „Beilagen ./18 ff“ seiner Stellungnahme vom 15. Juli 2015 bezieht, ist festzuhalten, dass dieser Stellungnahme überhaupt nur 15 Beilagen angeschlossen waren. Gegenstand der mündlichen Verhandlung (vgl das Protokoll der Disziplinarverhandlung ON 30) waren lediglich die dort verlesenen Urkunden ./V 1 bis ./V 18. Soweit sich der Beschuldigte in seiner Berufung auf andere als diese Urkunden bezieht, bedarf das Vorbringen schon deshalb keiner weiteren Erwiderung, weil diese keine verwertbaren Verfahrensergebnisse darstellen (§ 258 Abs 1 StPO).
4. In seiner (gegen beide Schuldspruchpunkte gerichteten) Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) bringt der Beschuldigte vor, dass der Disziplinarrat die vom Beschuldigten in seinen schriftlichen Stellungnahmen vom 15. Juli 2015 (ON 8) und 16. Oktober 2015 (ON 16) angebotenen Beweise nur zum Teil aufgenommen habe und „die verbleibenden Beweisanträge“ nicht einmal abgewiesen worden seien. Die unterbliebene Erledigung der – allerdings nicht einmal in der Berufung genau bezeichneten – Beweisanträge stelle eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte dar.
Aus dem unbedenklichen Protokoll (ON 30) geht hervor, dass die Durchführung der in den beiden schriftlichen Stellungnahmen angebotenen Beweise in der Disziplinarverhandlung am 23. September 2016 nicht beantragt wurde (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312), weshalb die Rüge (Z 4) bereits an der grundlegenden Voraussetzung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags scheitert. Grundlage einer erfolgreichen Verfahrensrüge können nur auf Durchführung der begehrten Verfahrensschritte bezogene, unmissverständliche Willenserklärungen in der Verhandlung (vgl RIS-Justiz RS0099099; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310 ff), nicht aber in außerhalb der Verhandlung eingebrachten Schriftsätzen gestellte Anträge sein.
5. Mit der Berufung legt der Beschuldigte unter dem Titel „Beweisanträge“ 28 auf S 12 bis 14 der Berufungsschrift näher bezeichnete Urkunden als Beweismittel vor; dies im Wesentlichen zum Beweis dafür, „dass die Familie ***** im Umschuldungsverfahren vor Gericht und außergerichtlich immer durchgehend von RA ***** vertreten wurde“ und „dass der Disziplinarbeschuldigte (…) zu keinem Zeitpunkt die Familie ***** vertreten oder beraten hat“. Auch diese – der Sache nach im Rahmen der Schuldberufung zu behandelnden – Beweisanträge scheitern bereits daran, dass nicht iSd § 49 DSt dargetan wurde, weshalb dem Beschuldigten eine entsprechende Antragstellung im Verfahren vor dem Disziplinarrat nicht möglich gewesen sei.
6. Zu den Ausführungen der Berufung wegen behaupteter Aktenwidrigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO) ist voranzustellen: Aktenwidrig iSd Z 5 fünfter Fall ist eine Entscheidung dann, wenn sie den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in einem wesentlichen Teil unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS-Justiz RS0099431; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467). Ohne Referat der Aussagen der Zeugen M***** und W***** in den Entscheidungsgründen scheidet Aktenwidrigkeit, welche die Mängelrüge (Z 5) insoweit reklamiert, daher von vornherein aus. Der Disziplinarrat hat die in Rede stehende Feststellung (Vertretungs- und Beratungstätigkeit auch für M*****) im Übrigen – entgegen dem weiteren, sinngemäßen Vorwurf fehlender Begründung (der Sache nach Z 5 vierter Fall) – unter Bezugnahme auf den Inhalt mehrerer (in der mündlichen Verhandlung durch Verlesung vorgekommener) Urkunden, so insbesondere auch vom Beschuldigten selbst verfasster Schreiben (siehe ES 20 bis 22) sowie die Aussagen der Zeugen M***** und W***** (insbesondere ES 9 f und 12 sowie 20) aus Z 5 einwandfrei begründet.
7. Soweit sich die Berufung gegen die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts wendet (Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO), ist ihr zu erwidern, dass die Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes das Festhalten am gesamten im Erkenntnis festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die auf eine (methodisch vertretbare) Ableitung aus dem Gesetz gestützte Behauptung, der Disziplinarrat sei bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen, zur Voraussetzung hat (RIS-Justiz RS0099810; RS0118429, RS0116569; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 ff). Der Beschuldigte reklamiert, dass keine unzulässige Doppelvertretung vorgelegen sei. Er zeigt damit aber keine rechtliche Fehlbeurteilung des festgestellten Sachverhalts auf.
Aus der Treuepflicht zum eigenen Mandanten (§ 9 Abs 1 RAO, [hier noch] § 10 RL-BA 1977) resultiert für den Anwalt ua das Verbot der Doppelvertretung, wobei zwischen der echten, materiellen und der unechten (formellen) Doppelvertretung zu unterscheiden ist. Erstere liegt nach § 10 Abs 1 RAO unter anderem dann vor, wenn ein Anwalt gegen die Verbote verstößt, eine Vertretung zu übernehmen oder auch nur einen Rat zu erteilen, sofern er die Gegenpartei in derselben oder einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat (RIS-Justiz RS0054995). Schon allein die bloße Gefahr einer Interessenkollision, insbesondere aber eines Vertrauensbruchs, begründet das Vorliegen von „zusammenhängenden Sachen“ iSd § 10 Abs 1 RAO. Dieser Begriff ist, dem Regelungszweck entsprechend, weit auszulegen (RIS-Justiz RS0055534, RS0117715).
Im Sinn einer solchen Auslegung erfolgten die festgestellten Beratungs- und Vertretungshandlungen des Beschuldigten für M***** und W***** im Zusammenhang mit der Lösung von deren finanziellen Problemen (unter anderem durch Verwertung der im Eigentum von W***** stehenden Liegenschaft EZ *****), durch Verkauf an die eigens zu diesem Zweck errichtete S*****, wobei der Beschuldigte auf Basis der zwischen S*****, W***** und ***** festgelegten Inhalte sowohl den Kaufvertrag als auch einen Optionsvertrag (in welchem S***** als Alleingesellschafter der genannten GmbH W***** das Recht einräumte, von ihm die Abtretung der Geschäftsanteile an der genannten GmbH zu verlangen) errichtet hatte, einerseits und jene für die S***** in den gegen M***** und W***** geführten (jeweils im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Liegenschaft stehenden) Zivilverfahren (zu den Details siehe ES 15 bis 18), andererseits – entgegen dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen – gar wohl in „zusammenhängenden Sachen“, in welchen der Beschuldigte Vertretungshandlungen zum einen für, zum anderen gegen das Ehepaar M***** und W***** setzte, wodurch er gegen das Verbot der materiellen Doppelvertretung verstieß und schuldhaft die Pflichten seines Berufes verletzte, sowie durch sein Verhalten das Ansehen des Standes beeinträchtigte (§ 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt).
8. Auch in ihren weiteren Ausführungen wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den eingangs genannten Anforderungen nicht gerecht: Weshalb es für die rechtsrichtige Subsumtion auf einen, wie der Berufungswerber bemängelt, im Erkenntnis nicht festgestellten „Schadenseintritt“ ankommen sollte, wird nicht methodengerecht abgeleitet. Entgegen der Berufung bedurfte es gar nicht der Feststellung eines Schadenseintritts durch den Disziplinarrat, weil ein solcher nicht erforderlich ist, um ein gegen die in Rede stehenden Pflichten verstoßendes Handeln eines Rechtsanwalts disziplinär strafbar zu machen (20 Ds 1/17b). Auch das weitere Begehren des Beschuldigten, es müsste „zur Kenntnis genommen werden, dass zwischen den Streitparteien zwischenzeitig sämtliche Verfahren im Vergleichswege bereinigt wurden“, entbehrt einer nachvollziehbaren Darlegung eines der angefochtenen Entscheidung anhaftenden Rechtsirrtums. Warum der erst nachträglich eingetretene Umstand einer Bereinigung der Verfahren an der bereits zuvor erfolgten Verwirklichung des disziplinären Straftatbestands etwas ändern sollte, bleibt in der Berufung offen.
Dass die S***** erst nach Ende der Beratungs- und Vertretungstätigkeit des Beschuldigten für M***** und W***** mit Ende April 2012 errichtet wurde, wurde vom Disziplinarrat ohnehin festgestellt (ES 13); inwiefern dieser Umstand oder jener, dass die Verfahren gegen M***** wegen der Nichtzahlung von Bestandzinsen, die erst „nachher“ (nach Ende April 2012) entstanden sind, geführt worden seien, die rechtsrichtige Beurteilung des Sachverhalts durch den Disziplinarrat erschüttern könnten, wird jedoch nicht mit rechtlichen Argumenten erklärt.
Schließlich ist auch die weitere Behauptung der Rechtsrüge, es fehlten Feststellungen dazu, „wann, wie und wodurch eine Vertretung von M*****“ erfolgte, in Ansehung der vorliegenden Konstatierungen, insbesondere in ES 9 f des angefochtenen Erkenntnisses, nicht nachvollziehbar; mangels strikter Beachtung der getroffenen Feststellungen ist die Rüge auch in diesem Punkt nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.
9. Zur Strafberufung:
Bei der Strafbemessung hat der Disziplinarrat lediglich die doppelte Qualifikation der Tat sowohl als Berufspflichtenverletzung als auch als Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes als erschwerend berücksichtigt; auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten, insbesondere auch die in der Berufung besonders hervorgehobenen Sorgepflichten für vier Kinder, wurde Bedacht genommen. Die vom Beschuldigten in Ausführung der Strafberufung zitierten beispielhaften Erkenntnisse mit Geldbußen von 2.000 Euro bzw 2.500 Euro belegen, wenn auch naturgemäß die dortigen Sachverhalte nicht in jedem Detail vergleichbar sind, dass sich der Disziplinarrat bei Zumessung der hier verhängten Geldbuße im Rahmen der jüngeren Judikatur gehalten hat und entgegen den Berufungsausführungen keineswegs eine Unverhältnismäßigkeit vorliegt.
Im Recht ist der Beschuldigte allerdings dahingehend, dass ihm zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses der weitere Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer zugutekommt. Zwar kann die Verfahrensdauer ab Einleitung durch Bestellung des Untersuchungskommissärs per 27. Mai 2015 bis zur Erlassung des Erkenntnisses des Disziplinarrats in der mündlichen Disziplinarverhandlung am 23. September 2016 aufgrund des doch umfassend zu erhebenden und zu beurteilenden Sachverhalts noch nicht als „überlang“ im Sinn der einschlägigen menschenrechtlichen Judikatur angesehen werden, wohl aber der weitere Zeitraum insbesondere zwischen der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Erkenntnisses am 23. September 2016 und der Zustellung von dessen schriftlicher Ausfertigung am 16. Oktober 2017. Diese Ausfertigungsdauer von rund 13 Monaten ist, mag auch das Erkenntnis mit 32 Seiten überdurchschnittlich umfangreich gewesen sein, zweifellos als unangemessen und somit überlang zu beurteilen.
Dieser dem Beschuldigten zugutekommende weitere Milderungsgrund rechtfertigt eine Reduzierung der verhängten Geldbuße von 2.000 Euro um 500 Euro auf nunmehr 1.500 Euro.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
Textnummer
E124401European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0260DS00005.18M.1128.000Im RIS seit
10.04.2019Zuletzt aktualisiert am
09.01.2020