TE Vwgh Erkenntnis 1999/4/20 97/19/1491

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Veröffentlicht am 20.04.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
KFG 1967 §64 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des 1953 geborenen H G in Salzburg, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juni 1997, Zl. 308.125/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 10. Juni 1996 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 11. Juni 1996 beim Magistrat der Stadt Salzburg einlangte. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1997 wies der Bürgermeister der Stadt Salzburg den Antrag gemäß § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine für Inländer ortsübliche Unterkunft sowie der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers sei für die Dauer der von ihm angestrebten Aufenthaltsbewilligung nicht gesichert. Überdies wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am 3. August 1996 gemäß § 5 Abs. 1 StVO zur Anzeige gebracht worden sei, wobei ihm Fahrzeugschlüssel und Führerschein abgenommen worden seien.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 26. Juni 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer am 3. August 1996 von der Bundespolizeidirektion Salzburg wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand angezeigt worden sei. In weiterer Folge sei über ihn wegen des Vergehens gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt worden. Auf Grund dieses Vergehens sei die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Weiters habe der Beschwerdeführer durch sein Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren. Speziell Alkoholdelikte gehörten zu den schwerstwiegenden Übertretungen der Straßenverkehrsordnung. Alkoholisierte Fahrzeuglenker stellten auf Grund der verminderten Reaktions-, Konzentrations- und Beobachtungsfähigkeit sowie der erhöhten Risikobereitschaft eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Eine Person, die alkoholisiert ein Fahrzeug lenke, zeige eine gefährliche Einstellung zu rechtlich geschützten Werten, nehme sie doch in Kauf, dass sie den Anforderungen, denen ein Kfz-Lenker zu entsprechen habe, nicht mehr gewachsen sei und dass ihr deliktisches Handeln zu unabsehbaren Folgen für Personen und Sachwerte führen könne. Aus den angeführten Gründen liege ein Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor.

Es stehe auf Grund der Aktenlage fest, dass die Familie des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhältig sei. Im Falle des Beschwerdeführers sei allerdings den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers Priorität einzuräumen, weil er gezeigt habe, dass er nicht gewillt sei, die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften einzuhalten. Da sein Verhalten eine Gefährdung für Personen und Sachwerte darstelle, erachte die Berufungsbehörde die öffentlichen Interessen nach Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit höher als die privaten Interessen auf Familiengemeinschaft. Hiebei sei auch zu beachten gewesen, dass dem Beschwerdeführer bisher nur ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 12 AufG zugekommen sei und er eine "erstmalige Aufenthaltsbewilligung" beantragt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 2. Juli 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage verfügte der Beschwerdeführer jemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, am 3. August 1996 wegen des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand angezeigt worden zu sein. Er bestreitet auch nicht die weitere Feststellung der belangten Behörde, dass über ihn wegen des Vergehens gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt worden sei.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen bereits zwei Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 aus, um die Prognose zu rechtfertigen, der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet würde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1035 mwN). Ebenso ist der Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwirklicht, wenn ein Fremder wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 und § 64 Abs. 1 KFG rechtskräftig bestraft worden ist, und zwar selbst dann, wenn die Taten bloß anlässlich eines einzigen Vorfalles begangen worden sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1374); dies im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit und den Umstand, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen gegen das KFG zählt.

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, dass die dem Beschwerdeführer zur Last liegende Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 ein gravierendes Fehlverhalten darstellt. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer allerdings nur eine einzige - und nur diese - Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 zur Last gelegt. Nähere Umstände der Tat, die auf eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers hindeuten könnten, bei deren Vorliegen bereits eine einmalige Übertretung nach dieser Bestimmung die Gefährdungsprognose des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gerechtfertigt wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Auf der Grundlage dieses dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Sachverhaltes kann jedoch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, bereits die einmalige (wenn auch) im Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst knapp 11 Monate zurückliegende Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechtfertige die Annahme, der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers würde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Bundesgebiet gefährden, nicht geteilt werden. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht hat es die belangte Behörde unterlassen, im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch das sonstige Verhalten des Beschwerdeführers (insbesondere seit der maßgeblichen Verwaltungsübertretung) festzustellen und in ihre Gesamtwürdigung des Verhaltens des Beschwerdeführers einzubeziehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 Abs. 1 MRK steht dem nicht entgegen.

Wien, am 20. April 1999

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191491.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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