TE OGH 2019/2/27 9ObA109/18x

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Ingomar Stupar und ADir. Gabriele Svirak in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Dr. ***** P*****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, *****, wegen zuletzt 18.826,71 EUR brutto sA und Feststellung (Interesse: 155.722 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2018, GZ 9 Ra 94/17k-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger, der seit 6. 9. 2010 bei der Beklagten als Bundeslehrer tätig war, begehrt die Zahlung von 18.826,71 EUR brutto sA und die Feststellung, dass er Anspruch auf eine Entlohnung nach dem Entlohnungsschema IL, Entlohnungsgruppe I1, Entlohnungsstufe 11, „beruhend auf einem Vorrückungsstichtag 1. 1. 2016“, habe. Ihm wären zwölf Jahre seiner 28-jährigen Tätigkeit in der Privatwirtschaft an Vordienstzeiten anzurechnen gewesen. Dies wäre auch außerhalb eines Sondervertrags möglich und zulässig gewesen. Es läge im Verschulden der Beklagten, die Genehmigung des Bundeskanzlers zu einem Sondervertrag, für den er alle Voraussetzungen erfüllt habe, nicht zeitgerecht eingeholt zu haben. Sein Begehren sei daher auch schadenersatzrechtlich begründet. Zudem lägen rechtswidrige Kettendienstverträge vor. Er stütze sich auf jeden erdenklichen Rechtsgrund.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Der Zulassungsbeschwerde des Klägers ist seine Ansicht zu entnehmen, dass er aufgrund der Zusicherungen des Stadtschulrats nach Treu und Glauben von einem Vertrag iSd § 861 ABGB ausgehen habe können. Das Berufungsgericht konnte aber weder in den getroffenen noch in den vom Kläger begehrten Feststellungen (E-Mail der Sachbearbeiterin: „… dass, wenn der Kläger im kommenden Schuljahr nur naturwissenschaftliche Fächer unterrichtet, ein Sondervertrag ausgestellt werden kann“) Tatsachen erkennen, die bereits als Angebot der Beklagten auf Ausstellung eines Sondervertrags iSd § 36 VBG 1948 zu beurteilen gewesen wären. Das ist nicht weiter korrekturbedürftig. Dass die Wirksamkeit eines Sondervertrags auch an der fehlenden Genehmigung des Bundeskanzlers – nun der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport (BGBl I 2018/60) – scheitern würde (s RIS-Justiz RS0029314 [T1]), stellt der Kläger nicht in Zweifel.

2. Dass Sonderverträge als solche zu bezeichnen sind und der Genehmigung des Bundeskanzlers bedürfen (§ 36 Abs 1 VBG 1948), liegt im Interesse des Bundes an einer bundesweit einheitlichen Personalbewirtschaftung und der Allgemeinheit der Steuerzahler (vgl Ziehensack, VBG § 36 Rz 6 ff; 9 ObA 125/10p). Auch eine konkludente Genehmigung eines Sondervertrags ist daher ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0029331). Diese Schutzfunktion des § 36 VBG zugunsten des Dienstgebers kann nicht ohne Weiteres dadurch umgangen werden, dass ein lediglich in Aussicht gestellter Sondervertrag ohne Genehmigung durch einen inhaltsgleichen schadenersatzrechtlichen Anspruch ersetzt wird (vgl auch 8 ObA 93/04s). Auf eine Verletzung des „Gleichbehandlungsgrundsatzes“ (RIS-Justiz RS0031488) hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen.

3. Zur Ansicht des Klägers, dass die Anrechnung von Vordienstzeiten außerhalb eines Sondervertrags möglich und zulässig sei, hat das Berufungsgericht ausreichendes Vorbringen in erster Instanz vermisst. Die Frage, ob ausreichendes Vorbringen erstattet wurde, ist eine solche des Einzelfalls und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042828). Das ist auch hier nicht der Fall. Der Kläger legte angesichts des detaillierten Beklagtenvorbringens zur erfolgten Anrechnung seiner anrechenbaren Zeiten insbesondere nicht dar, welche weiteren Anrechnungsvoraussetzungen er konkret erfüllt habe (ON 4 AS 24 enthält nur den Hinweis: „vergleiche beispielsweise § 26 VBG“). Dass der Kläger sein Begehren „auf jeden erdenklichen Rechtsgrund stützt“, entbindet ihn nicht von der Verpflichtung, die rechtserzeugenden Tatsachen – kurz und vollständig (§ 226 Abs 1 ZPO) – vorzubringen (RIS-Justiz RS0037591). Das Berufungsgericht hat auch in diesem Punkt seinen Beurteilungsrahmen nicht verlassen.

4. Die Revisionsausführungen des Klägers zum Vorliegen unzulässiger Kettendienstverträge nehmen auf Art X Abs 3 des BGBl 1982/350 (Unanwendbarkeit des § 4 Abs 4 VBG 1948) nicht Bedacht.

5. Ein Verfahrensmangel des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich. § 182a ZPO hat nichts daran geändert, dass es keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen (RIS-Justiz RS0122365 [T4]).

Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen.

Textnummer

E124572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00109.18X.0227.000

Im RIS seit

12.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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