Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des FI in W, geboren am 22. Juli 1975, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. März 1998, Zl. 202 255/0-III/07/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugoslawischen Föderation", stellte am 9. März 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. März 1998 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde u. a. ausgeführt, aufgrund seiner ersten Angaben zur Fluchtroute ergebe sich, dass er durch Ungarn gefahren sei. Es bestehe für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, in Ungarn Schutz vor Verfolgung zu finden.
Die dagegen erhobene Berufung wurde vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 20. März 1998 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Der unabhängige Bundesasylsenat begründete seine Entscheidung damit, dass der über Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung finden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt § 4 Abs. 2 AsylG für die Zurückweisung eines Asylantrages wegen Drittstaatsicherheit voraus, dass die Asylbehörden im Einzelfall zunächst die Rechtslage im potentiellen Drittstaat ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284).
Weiters gilt für die Berufungsbehörde nach dem gemäß § 67 AVG auch von ihr anzuwendenden § 60 leg. cit., dass in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützt die Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen ist. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung der Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise dargelegt werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1989), 1044 wiedergegebene ständige hg. Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Berufungsbehörde die ungarische Rechtslage festzustellen und darzulegen gehabt hätte, auf Grund welcher Überlegungen sie zu dem Ergebnis gelangte, dass die von ihr ermittelte ungarische Rechtslage derart beschaffen sei, dass rechtlich gemäß § 4 Abs. 2 AsylG zu folgern sei, Asylwerber seien während des Asylverfahrens in Ungarn "zum Aufenthalt berechtigt". Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid jedoch nicht gerecht. Die belangte Behörde begnügt sich im entscheidenden Punkt ihrer Begründung, nach der Feststellung, seit dem 1. März 1998 stehe in Ungarn das Gesetz Nr. CXXXIX/1997 in Geltung, das die einschlägigen Fragen des Flüchtlingsrechts regle, mit dem Satz:
"Des weiteren sind Asylwerber während des Verfahrens in Ungarn zum Aufenthalt berechtigt (vgl. Art. 14, 15 des obgenannten Gesetzes)."
Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus der weiteren Bescheidbegründung wird allerdings der genaue Inhalt der zitierten Gesetzesbestimmungen deutlich. Wie die belangte Behörde zu ihrer rechtlichen Beurteilung gelangte, die - von ihr im Einzelnen gar nicht dargestellte - ungarische Rechtslage sei so beschaffen, dass Asylwerber während des Verfahrens in Ungarn im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG "zum Aufenthalt berechtigt" seien, entzieht sich daher einer Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. auch das einen gleichgelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 98/01/0313).
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010320.X00Im RIS seit
20.11.2000