Entscheidungsdatum
15.01.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G314 2211728-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 23.10.2018, XXXX, wegen Gerichtsgebühren zu Recht:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit der im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Mahnklage vom 16.07.2018 forderte der durch den Rechtsanwalt Dr. XXXX vertretene Beschwerdeführer (BF) als Kläger im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX von einem Beklagten EUR 75.000 samt Anhang (Zinsen und Kosten). Die Eingabe enthält den Vermerk "Kein Gebühreneinzug! Bitte Vorschreibung der Gerichtsgebühren an den Kläger. Diese (sic) möchte die Höhe der Gerichtsgebühren bekämpfen".
Nach erfolgloser Lastschriftanzeige wurden dem BF mit dem Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 22.08.2018 Gebühren von EUR
2.919 sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG von EUR 8, insgesamt daher EUR 2.927, zur Zahlung vorgeschrieben. Dagegen erhob der BF eine Vorstellung an den Präsidenten des Landesgerichts XXXX. Daraufhin wurden ihm mit dem oben angeführten Bescheid folgende Gerichtsgebühren vorgeschrieben:
Pauschalgebühr gemäß TP 1 Z I GGG (Bemessungsgrundlage: EUR 75.000) EUR 2.919
Mehrbetrag gemäß § 31 Abs 1 GGG EUR 22
Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG EUR 8
Summe EUR 2.949.
Es wurde ausgesprochen, dass für den Mehrbetrag von EUR 22 nach § 31 Abs 2 GGG auch XXXX als Bürge und Zahler hafte.
In der Bescheidbegründung werden Grund und Höhe der zu entrichtenden Gebühren unter Angabe der gesetzlichen Grundlagen detailliert angeführt und dargelegt, dass gegen das System der Gerichtsgebühren keine (verfassungs- oder unionsrechtlichen) Bedenken bestünden.
Dagegen richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde des BF mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, gemäß Art 267 AEUV eine Vorabentscheidung einzuholen oder die Angelegenheit zur Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 140 B-VG dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen und die Entscheidung durch einen Senat zu veranlassen. Gleichzeitig beantragte der BF, der Beschwerde "bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit" die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass die Gerichtsgebühren zu hoch seien. Das System der Gerichtsgebühren sei nicht verfassungskonform; es verletze Art 6 EMRK sowie Art 7 und Art 18 B-VG. Bei der Einbringung einer Klage stünden nicht inhaltliche, sondern finanzielle Fragen im Vordergrund. Personen aus der Mittelschicht, die es sich nicht leisten könnten, Rechtsstreitigkeiten zu führen, die aber auch nicht die Voraussetzungen für die Verfahrenshilfe erfüllten, würde der Zugang zum Recht erschwert, wenn nicht sogar gänzlich verwehrt. Die Gebühren seien unabhängig vom Prozessaufwand und von der Verfahrensdauer bei der Einbringung zu entrichten; dies widerspräche dem Recht auf ein faires Verfahren. 110 % der Justizkosten in Österreich würden durch Gebühren finanziert, die daher eine Art "verbotene Steuer" seien. Der Eingriff in das Eigentum durch die fehlende Möglichkeit, den Tarif des GGG herabzusetzen, wenn tatsächlich eine geringere Leistung erbracht würde, die in keinem Verhältnis zum Aufwand stünde, sei verfassungs- und europarechtswidrig.
Der Präsident des Landesgerichts Klagenfurt legte die Beschwerde und die Verfahrensakten (ohne Beschwerdevorentscheidung) dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 27.12.2018 einlangten.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Akten.
In der Beschwerde, die den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht konkret entgegentritt, wird nur die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde bekämpft. Der relevante Sachverhalt steht somit anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens fest, sodass sich mangels widerstreitender Beweisergebnisse eine eingehendere Beweiswürdigung erübrigt.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 13 Abs 1 VwGVG haben Bescheidbeschwerden grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Da diese hier nicht ausgeschlossen wurde, kann sie der Beschwerde auch nicht zuerkannt werden. Der entsprechende Antrag des BF ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Der Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG unterliegen nach Anmerkung 1 zu TP 1 GGG alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen; das sind alle gerichtlichen Verfahren, auf die die Bestimmungen der JN anzuwenden sind (Dokalik, Gerichtsgebühren13 TP 1 GGG Bemerkung 5), also auch die hier zu beurteilende Klage.
Gemäß § 2 Z 1 lit a iVm TP 1 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage. Zahlungspflichtig ist dabei gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GGG der Kläger. Gemäß § 4 Abs 4 GGG sind jene Gebühren, bei denen der Anspruch des Bundes mit der Überreichung der Eingabe begründet wird, durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten, wenn die Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht wird.
Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren ist gemäß § 14 GGG grundsätzlich der Wert des Streitgegenstands nach den §§ 54 bis 60 JN. Ausgehend vom Streitwert von EUR 75.000 beträgt die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz nach TP 1 Z I GGG hier EUR 2.919.
Gemäß § 32 GGG gelten für die Einbringung der Gerichtsgebühren die Bestimmungen des GEG. Gemäß § 1 Z 1 GEG sind Gerichtsgebühren von Amts wegen einzubringen. Werden Gerichtsgebühren nicht sogleich entrichtet oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie gemäß § 6a Abs 1 GEG durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung, diese binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen, zu enthalten. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8 vorzuschreiben.
Gemäß § 31 Abs 1 GGG ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen ein Mehrbetrag von EUR 22 zu erheben, wenn der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und die Gebühr nicht (vollständig) beigebracht wurde oder die Einziehung von Gerichtsgebühren erfolglos blieb. Für diesen Mehrbetrag haften gemäß § 31 Abs 2 GGG die Bevollmächtigten und die gesetzlichen Vertreter, die den Schriftsatz, durch dessen Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wird, verfasst oder überreicht haben, als Bürge und Zahler mit den zur Zahlung der Gebühr verpflichteten Personen.
Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung der belangten Behörde verwiesen werden.
Das BVwG teilt die in der Beschwerde geäußerten grundsätzlichen verfassungs- und europarechtlichen Bedenken gegen das System der Gerichtsgebühren und gegen deren am Wert des Streitgegenstands orientierte Höhe - ausgehend von den bei Dokalik, Gerichtsgebühren13 bei § 1 GGG und bei TP 1 GGG E 1 ff angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen - nicht, sodass sowohl eine Antragstellung nach Art 140 B-VG als auch ein Vorabentscheidungsersuchen unterbleiben. Gerichtsgebühren sind nicht als Gegenleistungen für konkrete Leistungen konzipiert und unterliegen als solche keinem strengen (Kosten-) Äquivalenzprinzip, das die Erzielung fiskalischer Erträge für den Steuergläubiger ausschließt (siehe zuletzt VfGH 18.06.2018, E 421/2018).
Vom EGMR wurde die Einrichtung eines Systems, das Gerichtsgebühren für geldwerte Klagen an den Streitwert knüpft, nicht beanstandet. Die Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren widerspricht dem Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht (EGMR 19.06.2001, 28249/95 Kreuz gegen Polen), zumal das Tätigwerden der Gerichte nicht von der Zahlung der Gerichtsgebühren abhängt und Möglichkeiten der Gebührenbefreiung (zB Verfahrenshilfe) bestehen (EGMR 09.12.2010, 35123/05 Urbanek gegen Österreich). Eine exzessive Höhe der Gebühr liegt hier nicht vor.
Die Beschwerde zeigt nicht konkret auf, inwieweit der angefochtene Bescheid in Anwendung von Unionsrecht erging und warum er europarechtswidrig sein soll. Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrecht ergibt sich jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, dass Gerichtsgebühren den Handel oder den Kapital- und Zahlungsverkehr behindern könnten (VwGH 20.12.2007, 2004/16/0138).
Im Ergebnis ist die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen.
Die beantragte Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da für die hier zu beurteilende Angelegenheit des Gerichtsgebührenrechts keine Senatsentscheidung vorgesehen ist und somit Einzelrichterzuständigkeit besteht, scheidet die beantragte Senatsentscheidung aus.
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Bemessungsgrundlage, Einhebungsgebühr,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2211728.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.04.2019