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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §4 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des AT in L, geboren am 10. Oktober 1975, vertreten durch Dr. Karl Glaser, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 22, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. April 1998, Zl. 202.515/0-IV/10/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. April 1998 hat der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 1
Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I 1997/76, als unzulässig zurückgewiesen. Dies begründete die belangte Behörde im Ergebnis damit, dass die über Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste beschwerdeführende Partei dort Schutz vor Verfolgung finden könne.
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als er jedenfalls zu den Fragen der "Aufenthaltsberechtigung während des gesamten Asylverfahrens" und der Refoulementprüfung weder Ermittlungsergebnisse zu der in Ungarn zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage (die Erhebung ausländischen Rechts ist eine Sachverhaltsfrage und unterliegt demgemäß den Regeln eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens) nennt, noch nachvollziehbare Ausführungen zum Inhalt dieser Rechtslage in den genannten Punkten enthält. Bereits im Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/20/0175, hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) ausgesprochen, dass die belangte Behörde vor Anwendung der gesetzlichen Vermutung über die Effektivität des in der Rechtsordnung vorgesehenen Schutzes die Asylrechtslage des Drittstaates zu prüfen und zu bewerten hat. Zwar zitiert die belangte Behörde aus dem Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, dass einem Asylwerber der Aufenthalt bis zum Ende der Verfahrens (inklusive des Rechtsmittelverfahrens) gestattet werden möge, und meint, dass diese Voraussetzung in Ungarn gegeben sei, bleibt hiezu aber eine den oben dargestellten Kriterien entsprechende Begründung schuldig. Der bloße Verweis auf eine "genaue Analyse" der belangten Behörde - ohne den Inhalt dieser "Analyse" wiederzugeben - in einem Bescheid, der in einem anderen Verfahren erlassen wurde, welches die Beschwerdeführerin nicht betraf, findet keine Deckung in dem von der belangten Behörde anzuwendenden AVG bzw. AsylG bzw. Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, und kann deshalb (im Gegensatz zum Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, in dem § 43 Abs. 2 VwGG ausdrücklich eine Verweisung in bestimmten Fällen vorsieht) eine eigenständige Begründung nicht ersetzen.
Damit ist im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar begründet, ob die beschwerdeführende Partei im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG iVm. § 4 Abs. 3 AsylG ("..gesetzlich ein Asylverfahren entsprechend den Grundsätzen" der Genfer Flüchtlingskonvention "eingerichtet") in Ungarn während eines Verfahrens zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt ist (zur Notwendigkeit, sich mit der Rechtslage im Punkt "Aufenthaltsberechtigung während des Asylverfahrens" auseinanderzusetzen, wird auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, ergangen zur ungarischen Rechtslage nach dem 1. März 1998, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen) und dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat hat, sofern sie in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 Fremdengesetz bedroht ist.
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem
pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der "Barauslagen für Aktenkopien" und der "Fahrtkosten" nicht zusteht.
Wien, am 21. April 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998010481.X00Im RIS seit
20.11.2000