TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/6 W119 2143471-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.03.2019
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Entscheidungsdatum

06.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W119 2143471-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx und dessen Obmann Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER, LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2016, Zl. 1081664508 - 151032060, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.02.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 46, 52 und 55 FPG AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, stellte am 07.08.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.08.2015 gab sie an, der Volksgruppe der Han anzugehören und ohne Bekenntnis zu sein. Sie stamme aus der Stadt XXXX in der Provinz XXXX , wo sie von 1985 bis 1991 die Grundschule und von 1991 bis 1994 die Hauptschule besucht habe.

Zu ihrem Fluchtgrund erklärte sie, von ihrem jetzigen Ehemanne misshandelt worden zu sein. Er hätte mit ihr die Ehe geschlossen, obwohl er bereits verheiratet gewesen sei und Kinder hätte. Als die Beschwerdeführerin die Wahrheit erfahren habe, habe sie sich scheiden lassen wollen, weshalb sie öfters von ihm geschlagen und dabei auch verletzt worden wäre und von der Polizei keinerlei Hilfe erhalten hätte. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, von ihrem Mann erschlagen zu werden.

Am 21.11.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

Dabei gab sie zunächst an, am 27.10.2007 standesamtlich geheiratet zu haben. Das genaue Geburtsdatum ihres Gatten kenne sie nicht, er habe es ihr nicht genannt. Wo er sich im Moment befinde, wisse sie nicht, sie hätten keinen Kontakt. Der gemeinsame, im Jahr 2007 geborene, Sohn lebe bei ihrer Mutter in XXXX .

Sie selbst habe Probleme mit ihrem Magen, müsse Medikamente einnehmen, sei schon in China an Gastritis erkrankt gewesen und deswegen in der Heimat auch behandelt worden. Dort sei es aber noch nicht so schlimm gewesen. Dazu legte sie einen Gastroskopie Befund vor.

Bis zu ihrer Ausreise habe sie über zehn Jahre lang an der Wohnadresse ihrer Mutter gelebt. Dort hätten auch ihr Sohn und ab und zu ihr Mann gewohnt. Es handle sich um ein Einfamilienhaus mit zwei Schlafzimmern und einem Wohnzimmer. An der angegebenen Adresse würden aktuell noch ihre Mutter und ihr Sohn leben. Das Haus gehöre ihrer Mutter, wie viel Vermögen ihr Ehemann habe, wisse sie nicht, weil sie seine dritte Ehefrau sei und er aus der Provinz XXXX komme. Die Beschwerdeführerin sei selbstständig gewesen und habe Kinderbekleidung verkauft. Zuletzt habe sie keine Beschäftigung gehabt, weil sie von ihrem Ehemann unterstützt worden sei.

Ab und zu habe sie indirekt zu ihrer Familie Kontakt, weil sie nicht direkt zu Hause anrufen dürfe. Sie rufe ihre Tante an, und frage nach der Situation. Ihr Mann lasse immer überprüfen, ob sich die Beschwerdeführerin gemeldet habe und wenn ja, mache er ihrer Mutter Probleme.

Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, dass ihr Ehemann ihr von Anfang an verschwiegen hätte, dass er verheiratet und Vater von zwei Kindern gewesen sei. Er habe sehr viele andere Frauen gehabt, weshalb sie sich von ihm scheiden hätte lassen wollen. Damit sei er nicht einverstanden gewesen und habe sie jeden Tag geschlagen. Manchmal habe sie die Polizei angerufen, die hätte sich wegen der Beziehungen ihres Gatten jedoch nicht kümmern wollen. Als die Beschwerdeführerin schwanger gewesen sei, habe er oft mit seiner Frau telefoniert. Vier Monate nach der Geburt ihres Sohnes sei sie von der Geliebten ihres Mannes angerufen worden. Nachgefragt, warum sie erst Jahre später ausgereist sei, erklärte die Beschwerdeführerin, dass erst jetzt eine ehemalige Schulkollegin den Kontakt zum Schlepper hergestellt hätte.

Einmal sei die Beschwerdeführerin von ihrem Gatten verletzt worden und wegen eines Rippenbruchs im Krankenhaus gewesen. Zudem habe sie am rechten Unterarm eine Narbe, die entstanden sei, als er versucht habe sie zu schlagen. Diese Narbe sei ihr mit einer Flasche zugefügt und mit zehn Nähten behandelt worden. Vorgefallen sei dies kurze Zeit nach der Geburt ihres Sohnes. Wegen der Verletzungen sei keine Anzeige erstattet worden, weil dies in China sehr schandhaft gewesen wäre.

Sie wisse fast nichts über ihn, z.B. auch nicht, sein Geburtsdatum. In dem bei ihrer Heirat vorgelegten Dokument wären bis auf seinen Namen nicht die richtigen Daten enthalten gewesen, er habe sich jünger machen lassen. Wahrscheinlich hätte es sich um eine Fälschung gehandelt. Von den Verwandten ihres Gatten habe nur sein älterer Bruder an der Hochzeit teilgenommen. Seine Eltern habe die Beschwerdeführerin damals nicht gekannt.

Die Beschwerdeführerin und ihr Gatte hätten in verschiedenen Städten gewohnt, einmal in ihrer Heimatstadt, einmal in seiner Heimatprovinz XXXX . Sie seien aber nicht jeden Tag zusammen gewesen, er hätte sich lediglich ein bis zweimal im Monat bei ihr aufgehalten. Ihr Mann überweise ihrem Sohn Alimente und kaufe ihm manchmal Spielzeug. Auch die Beschwerdeführerin habe er immer wieder finanziell unterstützt. Da sie nicht geschieden seien, handle es sich auch nicht um richtige Alimente, er unterstütze auch ihre Mutter. Monatlich überweise er Geld auf das Konto.

Ausschlaggebend für die Flucht sei gewesen, dass die Beschwerdeführerin fast jeden Tag von der Geliebten ihres Mannes angerufen und beschimpft worden sei.

Nachgefragt, ob die Ehe gültig wäre, wenn ihr Mann bereits verheiratet gewesen sei, erklärte die Beschwerdeführerin, dass er bei der Hochzeit schon geschieden gewesen wäre und bereits zwei Kinder gehabt habe. Mit seiner ersten Exfrau habe er einen Sohn und eine Tochter und mit seiner zweiten Exfrau einen Sohn gehabt, der im Kleinkindalter verstorben sei. Von der zweiten Exfrau habe die Beschwerdeführerin irgendwann erfahren, dass er mit einer weiteren Frau, die sie nicht kenne, auch einen gemeinsamen Sohn hätte.

Ihren Sohn habe die Beschwerdeführerin deswegen bei der Flucht nicht mitgenommen, weil es ihr finanziell nicht möglich gewesen wäre. Ihr Sohn habe aber ein eher zufriedenes Leben, er werde von ihrem Mann nicht geschlagen.

Bei einer Rückkehr in die Heimat würde die Beschwerdeführerin weiterhin von ihrem Mann verprügelt werden. Von einem seiner Freunde hätte sie jedoch erfahren, dass er vorhabe, im Juli 2017 in den USA auszuwandern. Mit diesem Freund stehe sie den Kontakt über WeChat.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat China abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ihr ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass die von der Beschwerdeführerin angegebenen Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes nicht glaubhaft seien. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einer Gefährdung oder Verfolgung im Herkunftsland ausgesetzt gewesen sei.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben. In dieser wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe angegeben. Sie sei von ihrem gewalttätigen Ehegatten über einen längeren Zeitraum schwer misshandelt worden. Die kommunistischen Behörden würden der Beschwerdeführerin nicht helfen können, weil häusliche Gewalt in China als Familienangelegenheit angesehen werde. Mangels Schutzwilligkeit bzw. Schutzfähigkeit der chinesischen Behörden und weil ihr eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung gestanden sei, habe die Beschwerdeführerin flüchten müssen.

Am 25.02.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm.

Dabei erklärte die Beschwerdeführerin zunächst, dass ihr Sohn und ihre Mutter noch in der Heimat leben würden. Wo sich ihr Ehemann aufhalte, wisse sie nicht. Vorgehalten, sie hätte beim Bundesamt angegeben, dass dieser eine Ausreise in die USA geplant habe, erwiderte sie, nicht danach zu fragen, er gehöre nicht zu ihren Familienangehörigen. Ab und zu überweise er Geld an ihre Mutter, auch Alimente für ihren Sohn. Zu ihrem Sohn und der Mutter habe sie Kontakt per WeChat.

Geheiratet hätte sie im Jahr 2007 und mit ihrem Ehemann in der gleichen Stadt, XXXX , gelebt. Vorgehalten, sie habe beim Bundesamt angegeben, mit ihrem Gatten in verschiedenen Orten gewohnt zu haben, erwiderte sie, er komme aus einer anderen Provinz, nämlich aus XXXX . Nachgefragt ob sie nun mit ihm woanders gelebt hätte oder nicht, erklärte sie, mit ihm an verschiedene Orte gereist zu sein, z.B. nach Thailand, Singapur, Südkorea, Japan. Ein paar Monate vor der Geburt ihres Kindes habe sie auch in XXXX gelebt.

Als ihr Sohn vier Monate alt gewesen sei, habe sie erfahren, dass ihr Ehemann bereits verheiratet gewesen wäre. Er sei oft von einer Frau angerufen worden und habe die Beschwerdeführerin zu Hause immer beschimpft. Dann hätte sie erfahren, dass er eine Frau habe. Die Person, die ihn immer angerufen habe, sei seine Schwägerin gewesen. Der Beschwerdeführerin hätte er erklärt, geschieden und kinderlos zu sein. In Wirklichkeit sei die Ehe mit ihr die dritte gewesen und er hätte schon einige Kinder gehabt.

Dies habe sie erfahren, weil einmal eine seiner Frauen angerufen habe, die in XXXX ein Restaurant besitze. Die Beschwerdeführerin habe deren Telefonnummer durch das Internet herausgefunden, diese Frau kontaktiert und von ihr gehört, dass es sich bei dieser Person sogar um die zweite Ehefrau handle.

Ca. 4 bis 5 Monate nach der Geburt ihres Kindes, somit im April oder Mai 2008, habe ihr Mann sie daraufhin das erste Mal geschlagen. Nachdem sie erfahren habe, dass er eine andere hätte, hätte sie jeden Tag die Scheidung verlangt. Ihr Mann hätte dies jedoch abgelehnt und sie jedes Mal, wenn sie darüber geredet habe, verprügelt.

Ihre Aussage vor dem Bundesamt vorgehalten, dass sie vier Monate nach der Geburt ihres Kindes von seiner Geliebten angerufen worden sei, erklärte sie, diese habe sie auch kontaktiert. Nachgefragt, warum sie nur von der früheren Ehefrau ihres Gatten gesprochen hätte, erwiderte die Beschwerdeführerin lediglich, er habe vor ihr zwei Ehefrauen gehabt.

China habe sie deswegen verlassen, weil sie von ihrem Mann geschlagen worden sei. Sie hätte sich deswegen auch an die Polizei gewandt, diese sei jedoch nicht gekommen, weil er viele Leute kenne. Da es sich um eine Familienangelegenheit handle, kümmere sich die Polizei nicht darum. Der Ehemann kenne die Polizisten. Das bedeute, wenn die Polizei bei ihnen gewesen sei, habe er versprochen, dies kein weiteres Mal mehr zu tun.

Das letzte Mal sei die Beschwerdeführerin im April oder Mai 2015 verprügelt worden, sie könne sich daran nicht mehr so richtig erinnern. Gewohnt habe sie damals bei einer Freundin. Ihre Angaben vor dem Bundesamt vorgehalten, dass sie bis zu ihrer Ausreise bei ihrer Mutter gelebt hätte, erwiderte die Beschwerdeführerin, ihr Kind bei ihrer Mutter besucht und bei einer Freundin gewohnt zu haben.

In XXXX habe sie mit ihrem Ehemann bei ihrer Mutter gelebt, die sich auch um das Kind gekümmert habe, weshalb der Gatte nicht ständig dort gewesen sei. Ihre Angaben vorgehalten, wonach der Ehemann lediglich ein bis zweimal im Monat bei ihr gewesen sei, meinte die Beschwerdeführerin, dass er das Kind auch bei ihrer Mutter besucht und in diesem Fall bei ihr gewohnt habe. Er habe noch andere Frauen gehabt, weshalb sie nicht ständig zusammengelebt hätten.

In China könne die Beschwerdeführerin nicht bleiben, weil er sie häufig geschlagen habe und die Nachbarn alle mitgehört hätten. Er habe sie auch stark geprügelt und ihr die Knochen gebrochen. Manchmal hätte sie bei der Polizei angerufen, was aber nichts genützt habe, weil er die Polizisten kenne. Hin und wieder seien diese gekommen und hätten gesagt, dass es sich um eine Familienangelegenheit handle und sie das Problem selber lösen sollten. Geschlagen habe sie der Ehemann deshalb, weil er sich nicht scheiden lassen habe wollen. Ihre Angaben vor dem Bundesamt vorgehalten, dass sie China deshalb verlassen hätte, weil sie fast jeden Tag von seiner Geliebten angerufen und beschimpft worden wäre, erwiderte die Beschwerdeführerin, oft verprügelt worden zu sein. Sie sei der Meinung, dass auch die Freundin betrogen worden wäre. Am Anfang hätten sie noch freundlich geplaudert, dann habe ihr diese Person eröffnet, dass sie seine Geliebte wäre.

In Österreich habe die Beschwerdeführerin Deutschkurse besucht, aber die Prüfung noch nicht abgelegt. Sie arbeite in einem Massagesalon und habe diesbezüglich einen Ausweis. Manchmal gehe sie ihrer Beschäftigung nach, mache dann eine Unterbrechung und reise in verschiedene österreichische Städte. Zwei Wochen arbeite sie in Wien, dann mache sie zwei Wochen Pause. In diesen beiden Wochen sei sie mit ihrem Partner, den sie seit zwei Jahren kenne, zusammen. Er arbeite in Salzburg und sei Chefkoch in einem näher genannten Hotel. Da er geschieden sei, wäre es kein Problem, dass sie auch in diesem Hotel wohne. Finanziell unterstütze er sie nicht. Die Beschwerdeführerin habe weder sonstige österreichische Freunde oder Freundinnen noch sei sie Mitglied in einem Verein oder ehrenamtlich tätig gewesen. Weitere Kurse würde sie nicht besuchen.

Der Beschwerdeführerin wurden die in das Verfahren eingeführten Länderfeststellungen übergeben und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt, auf die sie jedoch verzichtete. Sie würde nicht mehr zu ihrem Rechtsvertreter gehen und man könne ihr den Bescheid auch persönlich zuschicken.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, stammt aus der Stadt XXXX in der Provinz XXXX , gehört der Volksgruppe der Han an und ist ohne Bekenntnis.

In der Heimat besuchte sie von 1985 bis 1991 die Grundschule und von 1991 bis 1994 die Hauptschule. Zudem arbeitete sie selbstständig als Verkäuferin von Kinderbekleidung.

In ihrer Heimatstadt leben noch ihre Mutter und ihr minderjähriger Sohn im eigenen Einfamilienhaus. Der Kindesvater zahlt Alimente und unterstützt die Mutter der Beschwerdeführerin finanziell. Vor ihrer Ausreise bezog auch die Beschwerdeführerin Unterhalt von ihm. Zu ihrer Mutter und ihrem Sohn steht die Beschwerdeführerin in regelmäßigem Kontakt.

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner schweren Krankheit bzw. an keiner Krankheit mit längerem Rehabilitationsbedarf. Bereits in der Heimat hatte sie Gastritis, die auch dort behandelt worden war.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Heimat ernsthaft von Misshandlungen durch ihren Ehemann bedroht wäre.

Die Beschwerdeführerin verfügt nur über sehr gering ausgeprägte Deutschkenntnisse und konnte kein Deutschzertifikat vorlegen.

Sie arbeitet phasenweise legal in einem Massagesalon, hat ihren Wohnsitz in der Nähe von Wien und lebt wochenweise mit einem Freund in Salzburg zusammen, den sie seit zwei Jahren kennt, mit dem jedoch keine wechselseitige finanzielle Abhängigkeit besteht. Weitere Freunde oder Bekannte hat sie im Bundesgebiet nicht, ist weder Mitglied in einem Verein noch ehrenamtlich tätig. Abgesehen von Deutschkursen hat sie hier keine weiteren Schulungen besucht.

Feststellungen zur Situation in der Volksrepublik China:

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).

Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).

Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).

Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).

Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).

Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).

Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).

Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).

Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 18.8.2017

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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 17.8.2017

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FH - Freedom House (1.2015a): Freedom in the World 2015 - China, http://www.ecoi.net/local_link/295269/430276_de.html, Zugriff 20.8.2015

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

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ÖB Peking (11.2014): Asylländerbericht Volksrepublik China

Sicherheitsbehörden

Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u.a. entlassene Militärangehörige in paramilitärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit beaufsichtigt alle innerstaatlichen Aktivitäten der zivilen Sicherheitsbehörden (außer derjenigen, die in die Zuständigkeit des Staatssicherheitsministeriums fallen), sowie die BVP. Konkret umfassen seine Aufgaben innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Zuständigkeit für Polizeieinsätze und Gefängnisverwaltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen. Darüber hinaus besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels freiwilliger "Blockwarte" die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB 11.2016).

Die Behörde für Staatssicherheit kann seit Mitte April 2017 Beträge zwischen 10.000 und 500.000 Yuan (etwa 68.000 Euro) für nützliche Hinweise an Informanten auszahlen, welche durch ihre Mitarbeit bei der Enttarnung von ausländischen Spionen helfen. Informationen können über eine speziell eingerichtete Hotline, Briefe oder bei einem persönlichen Besuch bei der Behörde gegeben werden. So sich die Hinweise als zweckdienlichen herausstellen, soll der Informant das Geld erhalten (FAZ 11.4.2017).

Zivile Behörden behalten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 3.3.2017). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes (AA 15.12.2016). Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4.2017a).

Für die innere Sicherheit sind zuständig sind (1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen; (2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet; (3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die für Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind; (4) Staatsschutz (Guobao) für die Beobachtung und Verfolgung politischer bzw. als potentiell staatsgefährdend wahrgenommener Aktivitäten von Bürgern und Ausländern (AA 15.12.2016).

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.12.2016).

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen 1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 9.8.2017

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (11.4.2017): Peking belohnt Bürger für Enttarnung ausländischer Spione, http://www.faz.net/aktuell/politik/china-bezahlt-buerger-fuer-enttarnung-auslaendischer-spione-14967307.html, Zugriff 14.9.2017

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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht Volksrepublik China

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 17.8.2017

Korruption

Korruption ist auf allen Ebenen weit verbreitet. Die Beamtenschaft der öffentlichen Sicherheit und der städtischen Verwaltung sind an Erpressungen, außergerichtlichen Inhaftierungen, und Übergriffen beteiligt. In vielen Fällen auch in stark von der Regierung regulierten Bereichen wie Landnutzung, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur - die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeld sind. Trotz der Bemühungen der Regierung die Korruption zu bekämpfen, bleibt diese bestehen. Die Strafverfolgung ist sehr selektiv und undurchsichtig, sodass persönliche Netzwerke und interne Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei (KP) die Ausgänge der Verfahren beeinflussen (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017).

Seit der Übernahme der Führung der KP im Jahre 2012, verfolgte Xi Jinping eine der umfangreichsten Kampagnen zur Korruptionsbekämpfung. Gegen Parteifunktionäre und Beamte der Partei einschließlich des Sicherheits-Apparates, des Militärs, des Außenministeriums, staatlicher Unternehmen und staatlicher Medien wurden bis Ende 2016 Untersuchungen eingeleitet und Strafen verhängt (FH 1.2017a). Während des gesamten Jahres 2014 setzte der Präsident die mit großem Aufwand betriebene Kampagne zur Korruptionsbekämpfung fort, die sowohl niedere als auch ranghohe Staatsbedienstete ins Visier nahm (AI 22.2.2017).

Im Jahr 2013 langten bei der Zentralen Kommission für Disziplinaruntersuchungen 1,95 Millionen Korruptionsvorwürfe ein,

172.532 Fälle wurden untersucht und 182.038 Disziplinarverfahren verhängt (USDOS 25.6.2015). Diese Zahlen sind im Jahr 2015 auf 2,8 Millionen eingebrachte Korruptionsvorwürfe, 330.000 untersuchte Fälle und 336.000 Disziplinierungsmaßnahmen gestiegen (USDOS 3.3.2017).

Die Regierung ist bestrebt, durch den Abschluss von Rechtshilfe- und Auslieferungsabkommen in Strafsachen die Verfolgung von Tatverdächtigen im Ausland zu erleichtern. Dabei geht es der chinesischen Regierung vor allem darum, ihre Korruptionsbekämpfung im Rahmen der Aktionen "Fuchsjagd" und "Himmelsnetz" auf das Ausland auszuweiten (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 24.8.2017

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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/china, Zugriff 28.8.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 24.8.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 17.8.2017

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Reports on Human Rights Practices 2014 - China, http://www.ecoi.net/local_link/306284/443559_de.html, Zugriff 17.8.2017

Frauen

Frauen genießen denselben Rechtsstatus und dieselben Rechte wie Männer (USDOS 3.3.2017). Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1949 erklärtes politisches Ziel der Regierung. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik (AA 15.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Regierung ermutigt Frauen in den Dorfkomitees zu wählen und sich zur Wahl aufstellen zu lassen, jedoch sind nur wenige der gewählten Mitglieder Frauen. Das Wahlgesetz sieht Quoten für Frauen vor (USDOS 3.3.2017).

Reaktionen der Regierung auf diese Missstände hinsichtlich einer Gleichstellung der Geschlechter bleiben weiterhin unzureichend. Frauen sind in China einer systemisch bedingten Diskriminierung in der Hochschulausbildung und am Arbeitsplatz ebenso ausgesetzt, wie häuslicher Gewalt und sexueller Belästigung (HRW 12.1.2017).

Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 3.3.2017). In der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 15.12.2016).

Die Regierung betrachtet häusliche Gewalt gegen Frauen als ernstes Problem und ergreift Maßnahmen zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Aktivisten zufolge sind Frauen ethnischer Minderheiten häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Die Regierung unternahm Anfang März 2016 einen bedeutenden Schritt, um Frauen gesetzlich vor häuslichem Missbrauch zu schützen. Das Gesetz definiert häusliche Gewalt als Ausdruck körperlicher und geistige Gewalt zwischen Familienmitgliedern. NGOs berichten, dass infolge dieses Gesetzes mehr Frauen bereit waren, Vorfälle häuslicher Gewalt bei der Polizei zu melden. Dennoch bleibt die Umsetzung des Gesetzes im ersten Jahr uneinheitlich, was weitgehend auf mangelnde Sensibilisierung der Behörden für die Durchführungsmaßnahmen des Gesetzes zurückzuführen ist. Auch führt eine Zuordnung häuslicher Gewalt als private Angelegenheit zu Untätigkeit und folglich zu einer hohen Dunkelziffer von Fällen häuslicher Gewalt gegen Frauen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a).

Berichten zufolge kommt es in mindestens einem Viertel der Familien zu häuslicher Gewalt, mehr als 85 Prozent der Opfer sind Frauen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a). Die All China Women's Federation berichtete im Jahr 2013 von jährlich 70.000 Beschwerden. Laut der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2008 gibt es landesweit bei der Polizei 12.000 spezielle Kabinen für Anzeigen von häuslicher Gewalt, 400 Schutzhäuser für Gewaltopfer und 350 medizinische Untersuchungszentren für Frauen, die Anzeige erstatten (USDOS 25.6.2015). Einige Gerichte bieten Schutz für die Opfer durch Verhängung einstweiliger Verfügungen an, welche Täter von einer Kontaktaufnahme mit dem Opfer abhalten sollen. Dennoch erreichte die offizielle Unterstützung nicht immer die Opfer. Auch wird häusliche Gewalt durch die öffentlichen Sicherheitskräfte oftmals ignoriert (USDOS 3.3.2017).

Vergewaltigung ist illegal, Strafen für Vergewaltigung reichen von drei Jahren Gefängnis bis zur Hinrichtung. Manche Fälle von Vergewaltigung werden durch private Vergleiche beendet. Von 2013 bis 2015 wurden von den Gerichten 66.736 Vergewaltigungsfälle behandelt. In 62.551 Fällen wurden die Angeklagten strafrechtlich verurteilt. Einige Personen, welche wegen Vergewaltigung verurteilt wurden, sind hingerichtet worden. Das Gesetz wird bei Vergewaltigung in der Ehe nicht angewendet (USDOS 3.3.2017).

Zwangsprostitution und Menschenhandel werden strafrechtlich verfolgt. Prostitution ist keine Straftat, aber ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der mit Administrativhaft geahndet wird. Mitte 2014 gab es 116 Umerziehungslager, in denen ca. 118.000 Frauen einsaßen und zu fabrikähnlicher Arbeit gezwungen wurden. Es gibt glaubhafte Berichte, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen Prostitution ausgeübt wird, beteiligt sind. Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen (AA 15.12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 25.8.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 25.8.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 28.8.2017

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Reports on Human Rights Practices 2014 - China, http://www.ecoi.net/local_link/306284/443559_de.html, Zugriff 25.8.2017

Grundversorgung und Wirtschaft

China ist seit 2010 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA, seit 2014 nach Kaufkraft sogar die größte. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt China im Jahr 2016 mit rund

8.261 USD auf Platz 75 im weltweiten Vergleich. Zudem hält China die weltweit höchsten Devisenreserven. Innerhalb des Landes gibt es enorme regionale und soziale Unterschiede (AA 4.2017b). Die chinesische Gesellschaft hat durch die soziale Dynamik, die durch die wirtschaftlichen Reformen ausgelöst wurde, in den letzten drei Jahrzehnten insgesamt an Offenheit gewonnen. Die Lebensbedingungen haben sich für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung deutlich verbessert und erlauben im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich ein höheres Maß an persönlicher Freiheit (AA. 4.2017a).

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln bzw. Gegenständen des täglichen Bedarfs ist trotz starker Disparitäten zwischen Stadt und Land bzw. Ost und West grundsätzlich gegeben. In den letzten Jahren kam es zu einem rasanten Anstieg der Immobilien- und Nahrungsmittelpreise. Viele Städte in China gehören heute im Vergleich zum Einkommen zu den teuersten Immobilienmärkten der Welt (ÖB 11.2016). Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit (AA 15.12.2016).

Eine andauernde Gefährdung für den sozialen Frieden in der chinesischen Gesellschaft stellt die rasche Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und die daraus resultierende Wohlstandsverteilung dar. Besonders gravierend zeigen sich die Unterschiede im Vergleich von (vergleichsweise wohlhabender) Stadt- und (vergleichsweise armer) Landbevölkerung, regulärer Arbeit und Wanderarbeit sowie jüngerer und älterer Menschen. Nur minimal hat sich der Gini-Koeffizient - der Maßstab für die Einkommensungleichverteilung verbessert. Er ist von seinem Höchststand 2008 von 0,49 langsam aber beständig auf 0,462 in 2015 gesunken - allerdings im Ja

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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