TE Vwgh Beschluss 2019/3/19 Ra 2019/16/0071

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Veröffentlicht am 19.03.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des FB in Z, vertreten durch Mag. Bernhard Schuller, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Marktgasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. Dezember 2018, LVwG-AV-490/001-2017, betreffend Kanalbenützungsgebühr nach dem NÖ Kanalgesetz 1977 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Zistersdorf), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im Instanzenzug ergangenen Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Zistersdorf über die Vorschreibung jährlicher Kanalbenützungsgebühren ab 1. Oktober 2013 und 1. Jänner 2014 als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen:

"Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, *** (Grundstück Nr. ***, KG ***). Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein zweigeschoßiges Gebäude mit einer bebauten Fläche von 174,41 m2, welches im Obergeschoß eine Wohnraumnutzung aufweist, im Erdgeschoß für den Betrieb der Buschenschank genutzt wird. Vom Erdgeschoß gelangt man in den Heizraum mit 20,81 m2. Das Buschenschanklokal stellt sich von außen als eigener eingeschoßiger Baukörper mit einer bebauten Fläche von 297,77 m2 dar. Im hinteren Bereich der Liegenschaft befindet sich die Produktionshalle mit einer bebauten Fläche von 612,56 m2. Sämtliche Gebäude sind an den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen.

....

Die Berechnungsfläche betrug 1.105,55 m2 im Jahr 2013,

1.279,96 m2 ab dem Jahr 2014.

Das Buschenschanklokal verfügt über 120 Sitzplätze und 112 Bewirtungsplätze im Freien und wurde im Jahr 2014 während 5 Monaten im Jahr (Februar, April, Juni, August und November) an 6 Tagen/Woche betrieben. Für das Jahr 2014 wurden 2 Teilzeitbedienstete sowie durchschnittlich 60 Tagegäste für den Heurigenbetrieb angegeben. Weiters wurden 21 geschlossene Gesellschaften mit durchschnittlich je 40 Gästen für das Jahr 2014 angegeben. Im Jahr 2014 waren vier Hausbewohner gemeldet. Jährlich werden durchschnittlich 22.000 Liter Weißwein auf einer Rebfläche von 4,24 ha verarbeitet. Die gebrauchten Weinflaschen werden von einem externen Flaschenservice gewaschen.

Auf Basis einer Berechnungsfläche von 1.105,55 m2 und 5,69 EGW im Verhältnis zur gesamten üblichen Vergleichsfläche in der Stadtgemeinde *** von 85,81 m2 pro EW ist ein Wert von 194,30 m2 pro EGW für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft anzusetzen. Dies führt zu einer Reduktion von 56% für das Jahr 2013.

Auf Basis einer Berechnungsfläche von 1.279,96 m2 und 19,65 EGW im Verhältnis zur gesamten üblichen Vergleichsfläche in der Stadtgemeinde *** von 85,81 m2 pro EW ist ein Wert von 65,14 m2 pro EGW für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft anzusetzen."

2 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, im Wesentlichen ergebe sich dieser Sachverhalt aus dem Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid und den Ergebnissen des nachvollziehbaren Gutachtens vom 22. November 2016.

3 Nach weiterer Zitierung der zur Anwendung gelangten Gesetzesbestimmungen führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, das Beschwerdevorbringen lasse sich auf die Fragen reduzieren,

"ob die Berücksichtigung der Härtefallregel nach § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 zu erfolgen hat.

...

Ein Härtefall iSd § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 liegt dann vor, wenn bei einer Liegenschaft mit einer Berechnungsfläche von mehr als 700 m2 ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der berechneten Höhe der Kanalbenützungsgebühr und dem Kostenaufwand für die Entsorgung der von der Liegenschaft verursachten Abwässer besteht. Diese Härten sollen durch die Bestimmung des § 5b leg.cit. vermieden werden, sodass diese Bestimmung insbesondere bei Objekten, bei denen die Nutzungsmöglichkeit aufgrund der zur Verfügung stehenden Fläche über die tatsächliche Nutzung deutlich hinausgeht und damit die tatsächliche Belastung der Kanalanlage wesentlich geringer ist als bei Objekten vergleichbarer Größe, Anwendung finden (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2000, Zl. 97/17/0460). Bei der Prüfung des Vorliegens eines Härtefalles ist die Gebühr für die Abwasserentsorgung dem tatsächlich für die Abwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand durch die Benützung der Liegenschaft gegenüberzustellen (vgl. VwGH vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0373).

Ein offensichtliches Missverhältnis ist nach § 5b Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 jedenfalls dann gegeben, wenn die Schmutzfracht pro 300 m2 Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW (=EW) ist. Ein offensichtliches Missverhältnis kann aber auch in anderen Fällen, in denen die Schmutzfracht pro 300 m2 Berechnungsfläche größer oder gleich einem EGW ist, aufgrund besonderer Umstände vorliegen. Bei der Bemessung des Ausmaßes der Verminderung der Gebühr sieht § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 vor, dass auch die sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren zu beachten sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in einer Gemeinde für alle Liegenschaften Kanalbenützungsgebühren eingehoben werden können, die den jeweils anteiligen tatsächlichen Kostenaufwand überschreiten. Die Anwendung der Härtefallregelung soll also nicht zu einer Bevorzugung einer Liegenschaft gegenüber allen anderen Liegenschaften einer Gemeinde führen. Darüber hinaus darf die Verminderung aufgrund der Anwendung der Härtefallregelung höchstens 80 % betragen.

3.1.6.

Im Beschwerdefall betragen die Berechnungsflächen der Liegenschaft des Beschwerdeführers 1.105,55 m2 bzw. 1.279,96 m2, sodass diese in § 5b Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 angeführte Voraussetzung zur Anwendung der Härtefallregelung grundsätzlich erfüllt ist.

3.1.7.

Gegenüberzustellen war in der Folge die Kanalbenützungsgebühr je Einwohnergleichwert in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft einerseits, mit den im Gemeindegebiet durchschnittlich (für die Entsorgung einer der gleichen Zahl von Einwohnergleichwerten entsprechenden Schmutzfracht) entstehenden Kosten andererseits (vgl. VwGH vom 18. Oktober 2004, Zl. 2000/17/0029).

Der dem Verfahren beigezogene Sachverständige hat geprüft, ob ein offensichtliches Missverhältnis zum Nachteil des Beschwerdeführers vorliegt, so dass eine Verringerung auf die durchschnittlichen Reinigungskosten vorzunehmen wäre. Für die Ermittlung der durchschnittlichen Reinigungskosten wurde die mittlere EW-Belastung der Abwasserreinigungsanlage aus den vergangenen 3 Jahren (2013, 2014 und 2015) und die Berechnungsfläche aller anschlusspflichtigen Liegenschaften herangezogen. Es wurde hieraus der Flächenanteil pro Einwohnerwert berechnet (90,4 m2/EW). Mit dem Einheitssatz multipliziert ergibt sich der durchschnittliche Kostenaufwand, der jedem Gebührenpflichtigen für die Reinigung von einem Einwohnerwert (EUR/EW) entsteht.

Dem wurde der Flächenanteil pro Einwohnerwert (EW) des Beschwerdeführers und der auf der Liegenschaft ermittelten Schmutzwasserbelastung in Einwohnerwerten (EW) aufgrund der tatsächlichen Nutzung gegenübergestellt (14,86 EW mit dem Ansatz Weinmenge bzw. 105,95 EW mit Ansatz Rebfläche). Die Multiplikation des Flächenanteils pro Einwohnerwert (EW) mit dem Einheitswert ergibt den Kostenaufwand für den Beschwerdeführer.

Bei der Ermittlung der Schmutzwasserbelastung der Liegenschaft des Beschwerdeführers wurde die tatsächliche Nutzung des Gebäudes zugrunde gelegt. Das Obergeschoß wurde im Jahr 2014 von 4 Personen ganzjährig bewohnt und 4 Einwohnerwerte (EW) mit Faktor 1 angesetzt.

Die Öffnungstage der Buschenschank wurden mit 129 angesetzt, die durchschnittliche Gästezahl pro Jahr gleichmäßig verteilt über das Kalenderjahr gerechnet. Es wurden 50 Gäste/Tag und 18 Veranstaltungen mit 40 Personen zugrunde gelegt, was eine durchschnittliche Gästezahl von 19,6 EW pro Tag ergibt. Es wurde berücksichtigt, dass das Buschenschankpersonal (2 Teilzeitangestellte) nur an den Öffnungstagen anwesend ist. Die Schmutzwasserbelastung von Gästen und Personal wurde mit dem Faktor 0,33 abgemindert, da dieser geringer sein wird, als bei ständig im Haus verweilenden Personen. Für die Ermittlung der Schmutzwasserbelastung aus der Produktionshalle wurden sowohl der mögliche Ansatz aufgrund der produzierten Weinmenge sowie der mögliche Ansatz aufgrund der Rebfläche zugrunde gelegt und bei beiden Ansätzen die ermittelte EW-Anzahl mit Faktor 0,5 wegen der externen Flaschenreinigung abgemindert.

Der Flächenanteil je EW und somit der Kostenaufwand, der dem Beschwerdeführer entsteht, liegt beim Ansatz Weinmenge in der Bandbreite des Flächenanteils je EW bzw. des Kostenaufwandes eines Gebührenpflichtigen in der Stadtgemeinde *** in den letzten drei Jahren. Der Ansatz Rebfläche zeigt, dass der Beschwerdeführer gegenüber einem Gebührenpflichtigen der Stadtgemeinde *** in Bezug auf der eingebrachten Schmutzwasserbelastung in der Kostenrechnung begünstigt werde.

Es kann daher nicht von einem offensichtlichen Missverhältnis gesprochen werden. Es wurde bei der Ermittlung der Schmutzwasserbelastung von der Liegenschaft des Beschwerdeführers immer der günstigste Ansatz gewählt und im Verfahren mit Durchschnittswerten hinsichtlich der Jahresbelastung gerechnet. Zu Gunsten des Beschwerdeführers blieb der zeitlich beschränkte/stoßweise Anfall der Weinproduktionswässer, die zu hohen Spitzenbelastungen im Kanal und bei der Abwasserreinigungsanlage und zu hohen Kosten in der Abwasserentsorgung führen, unberücksichtigt.

Wenn seitens des Beschwerdeführers die Annahme der Abgabenbehörden mit durchschnittlich 120 Tagesgästen dahingehend in Abrede gestellt werden, als die Zahl von durchschnittlich 50 Tagesgästen im Verlauf der Jahre auf durchschnittlich 40 Tagesgäste (etwa im November 2016) zurückgegangen sei, so wird einerseits übersehen, dass die gutachtlichen Berechnungen ohnedies von lediglich 50 Tagesgästen an 129 Öffnungstagen ausgegangen sind, andererseits, dass die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr ab 1. Jänner 2014 die tatsächliche Nutzung sowie betreffende Zahlenwerte der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft im Jahr 2014 zugrunde zu legen hatte. Eine Veränderung der maßgeblichen Zahlenwerte - etwa der Gästezahlen - in den darauffolgenden Jahren hatte bei der Beurteilung des allfälligen Vorliegens eines Härtefalles bzw. eines offensichtlichen Missverhältnisses zwischen der berechneten Höhe und dem verursachten Kostenaufwand bezogen auf das Jahr 2014 außer Betracht zu bleiben. Ein solches Missverhältnis wurde sachverständigenseits sogar bei 50 (vom Beschwerdeführer im Verfahren damals angegebenen) Tagesgästen ausgeschlossen. Der vom Beschwerdeführer monierte langfristige Betrieb hat bei der Beurteilung des Beobachtungszeitraumes 2014 außer Betracht zu bleiben. Gleiches gilt für die Veranstaltungen und dortigen Gästezahlen, welche sachverständigenseits entsprechend der damaligen Angaben des Beschwerdeführers angesetzt wurden. Dies gilt auch für die Angabe der Bediensteten, welche sachverständigenseits mit 2 Teilzeitangestellten laut damaliger Angabe des Beschwerdeführers in Anschlag gebracht wurden.

Es liegt in der Natur kleiner Gastronomiebetriebe insbesondere von Buschenschanklokalen mit jahreszeitlich stark schwankender Frequenz, dass auf die Flexibilität des Arbeitsanfalls mit entsprechender Flexibilität der Mitarbeiterzahlen kurzfristig reagiert wird. Des Weiteren muss Berücksichtigung finden, dass im Gegenstand Beschäftigungsmodelle von Vollzeit, Teilzeit mit unterschiedlichen Beschäftigungsausmaßen, Beschäftigung auf Geringfügigkeitsbasis (mit nur fallweisem Einsatz bei Bedarf) zur Anwendung gelangen. Auch starke Schwankungen der Kundenfrequenz sind evident.

Indem sachverständigenseits - unter zutreffender Anwendung der Ansätze der ÖNORMEN B 2502-1 und B 2502-2 - die Schmutzwasserbelastung von Gästen und Personal - analog zu dem gemäß ÖNORM B 2502-1 anzusetzenden Ansatz "Anfallstelle des Abwassers für Gaststätten ohne Küchenbetrieb 1 EGW pro 3 Sitzplätze" die für 2014 angegebene Gästezahl herangezogen wurde, wurde ohnehin bereits zu Gunsten des Beschwerdeführers vorgegangen.

Was die begehrte weitere Abminderung des Schmutzwasseranfalls bezüglich Weinproduktion wegen überwiegendem Gebindeverkauf betrifft, so ist auszuführen, dass ohnedies bereits beide für Winzereibetriebe relevanten Ansätze mit Faktor 0,5 wegen externer Flaschenreinigung abgemindert wurden. Weitere - nach Gutdünken vorgenommene - Reduktionen sind nicht vorzunehmen und würden die Ansätze gemäß ÖNORMEN ad absurdum führen.

Es kann daher den sachverständigen Ausführungen nicht entgegengetreten werden, der unter Heranziehung von Mittelwerten und größtmöglicher Objektivität vorgegangen ist um keine der Parteien zu bevorzugen oder zu benachteiligen.

Die Gegenüberstellung des Gebührenanteils für die Schmutzwasserentsorgung mit dem tatsächlich aufgrund der Benutzung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand hat ein offensichtliches Missverhältnis nicht offenbart (vgl. VwGH 11.12.2000, 97/17/0460; 24.5.1996, 94/17/0373) und liegt ein Härtefall im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 nicht vor.

Indem sich eine Verminderung der vorgeschriebenen Kanalbenützungsgebühr laut Abgabenbescheid vom 11. Jänner 2017 solchermaßen nicht ergibt, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend darf ausgeführt werden, dass diese Entscheidung bei maßgeblicher Änderung der relevanten Faktoren einer zukünftigen neuerlichen Prüfung, ob ein Härtefall im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt, nicht entgegensteht."

4 Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Verwaltungsgericht unter Zitierung von Art. 133 Abs. 4 B-VG damit, in Hinblick auf die obigen Ausführungen lägen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

5 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber in seinem Recht auf Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977, sowie im Recht auf pflichtgemäße Ermessensausübung im Hinblick auf die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, ob § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers anwendbar sei sowie in Folge, dass überhöhte Kanalgebühren vorgeschrieben würden, verletzt. Die Zulässigkeit seiner Revision begründet er damit, soweit überblickbar, sei eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 insbesondere zum Vorliegen eines Härtefalles nicht erkennbar und vermöge auch "die belangte Behörde" in diesem Zusammenhang, außer einer Standardformulierung, keine näheren Angaben zu tätigen bzw. Judikatur diesbezüglich zu zitieren. Die "belangte Behörde" bediene sich bei der Entscheidungsfindung und der Beurteilung der Bescheide der Vorinstanzen zweier Stellungnahmen der Firma k GmbH vom 10. August und 22. November 2016. Sie weise im angefochtenen Erkenntnis immer wieder darauf hin, dass es sich um gutachterliche Stellungnahmen handle, wobei für den Revisionswerber nicht erkennbar sei, dass die  Gesellschaft entsprechende gutachterliche Befugnisse zur Beurteilung habe. In diesem Zusammenhang werde das Ermessen, das der belangten Behörde bzw. Unterinstanzen eingeräumt worden sei, entsprechend den Empfehlungen in den beiden Schreiben der Gesellschaft ausgeübt, ohne sich einer tauglichen Grundlage für die Ermessensübung zu bedienen. Auch die Unterlassung von ergänzenden Beweisaufnahmen im Sinn des § 115 BAO stelle einen Verfahrensmangel dar, im Hinblick auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls die Zulässigkeit der Revision bedinge.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Rechtsausführungen, die sich auf den festgestellten Sachverhalt beziehen, vom Neuerungsverbot nicht erfasst; ihm unterliegen Rechtsausführungen allerdings dann, wenn zu deren Beurteilung zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen erforderlich wären, die aber wegen Untätigkeit der Partei im Verwaltungsverfahren unterblieben sind (VwGH 9.10.2017, Ra 2017/02/0178, mwN).

9 Soweit die vorliegende Revision versucht, die Sachverhaltsgrundlagen des angefochtenen Erkenntnisses mit einem Hinweis auf die fragliche Qualifikation des im Verwaltungsverfahren beigezogenen Sachverständigen und damit die Qualität der zugrunde gelegten Gutachten zu erschüttern, wäre es am Revisionswerber gelegen, im Rahmen der ihm im Verwaltungsverfahren zugänglich gemachten Stellungnahmen Zweifel an der Qualifikation als Sachverständiger vorzubringen, was er jedoch in seiner Stellungnahme vom 14. Dezember 2016 unterließ.

10 Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis unter unbedenklicher Verwertung der - sachverständigen -

Grundlagen und unter Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.5.1996, 94/17/0373, und 11.12.2000, 97/17/0460) mit den Voraussetzungen der Härtefallregel des § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 befasst, ihre Anwendbarkeit grundsätzlich bejaht, jedoch im Hinblick auf die - unter Zuhilfenahme der sachverständigen Stellungnahmen festgestellten - Einzelheiten des Revisionsfalles ein offensichtliches Missverhältnis im Sinn des § 5b Abs. 3 leg.cit. verneint.

11 Soweit der Revisionswerber die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 nicht zu erkennen vermag und daraus die Zulässigkeit seiner Revision ableiten möchte, ist gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnisse vom 24. Mai 1996, 94/17/0373, und vom 11. Dezember 2000, 97/17/0460, sowie auf das weitere Erkenntnis vom 31. August 2016, 2013/17/0147, und auf den Beschluss vom 30. Mai 2017, Ra 2017/16/0064, zu verweisen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner - auch vom Verwaltungsgericht beachteten - Rechtsprechung die Frage der Auslegung des Begriffs des Härtefalls nicht uneinheitlich beantwortet, sondern den Begriff des "offensichtlichen Missverhältnisses" als in § 5b Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 nicht abschließend geregelt verstanden und für eine Minderung nach § 5b Abs. 1 NÖ KanalG 1977 die Gegenüberstellung des Gebührenanteils für die Schmutzwasserentsorgung mit dem tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand anhand der jeweiligen Jahreswerte gefordert; dies hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis unter Verwertung der zitierten sachverständigen Aussagen befolgt.

Die Revision legt nicht dar, inwiefern allein schon die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 zu sich selbst in Widerspruch stünde (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/16/0107).

12 Die Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 19. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160071.L00

Im RIS seit

09.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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