Entscheidungsdatum
10.01.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L527 2141814-3/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2018, Zl. XXXX:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 06.08.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher von der belangten Behörde mit Bescheid vom 26.03.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; des Weiteren wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Mangels Erhebung einer Beschwerde erwuchs dieser Bescheid mit Ablauf des 20.05.2016 in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer brachte am 03.10.2016 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein. Am selben Tag fand die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt, am 23.11.2016 eine Einvernahme durch die belangte Behörde. Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass er bislang nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. Er sei homosexuell und habe deshalb bereits Probleme in Pakistan gehabt. Er sei von der Familie seines Freundes mit dem Umbringen bedroht worden. In Pakistan könnte er ins Gefängnis kommen und erhängt werden.
Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde zunächst nicht zugelassen.
Mit Bescheid vom 23.11.2016 wies die belangten Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.10.2016 gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 01.03.2018 statt und behob den Bescheid gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG. Damit war das Verfahren des Beschwerdeführers zugelassen.
Im fortgesetzten Verfahren vernahm die belangte Behörde den Beschwerdeführer am 05.04.2018 ein.
Anschließend wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers erneut gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück (Bescheid vom 12.06.2018). Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 26.07.2018 statt. Es hob den Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zu Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurück (§ 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG).
Im fortgesetzten Verfahren versuchte die Behörde, den angeblichen Partner bzw. Ex-Partner des Beschwerdeführers als Zeugen zu befragen. Zu einer Einvernahme kam es aber nicht. Weiters vernahm die belangte Behörde den angeblichen neuen Partner des Beschwerdeführers als Zeugen ein (28.09.2018) und befragte den Beschwerdeführer selbst (28.09.2018).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.12.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.10.2016 auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG abermals wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und sprach aus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt V). Unter Spruchpunkt VI sprach die Behörde aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.
Mit Schriftsatz vom 23.12.2018 erhob der Beschwerdeführer dagegen die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde langte am 04.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht und samt Akt am 07.01.2019 bei der Gerichtsabteilung L527 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer begründete seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (vom 03.10.2016) mit seiner behaupteten Homosexualität. Er sei deswegen in seinem Herkunftsstaat bereits mit dem Tod und einer Anzeige bedroht worden. Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 23.11.2016 gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 01.03.2018 statt und behob den Bescheid gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG. Den in weiterer Folge erlassenen Bescheid behob das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 26.07.2018. In beiden Entscheidungen stellte das Bundesverwaltungsgericht gravierende Mängel bei der behördlichen Ermittlungstätigkeit und Beweiswürdigung fest.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 03.10.2016 abermals zurückgewiesen. Sie kam zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer sei nicht homosexuell.
1.3. Die gegenständliche Beschwerde wendet sich nicht zuletzt gegen die Beweiswürdigung durch die angefochtene Behörde und zielt im Ergebnis darauf ab, dass der Beschwerdeführer sehr wohl homosexuell sei.
1.4. Das Bundesverwaltungsgericht stellt aufgrund des im angefochtenen Bescheids herangezogenen Länderinformationsblatts der Staatendokumentation für Pakistan, Gesamtaktualisierung am 21.6.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 15.11.2018, fest, dass Homosexualität im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bei Strafe (im äußersten Fall mit bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe) verboten ist und Homosexuelle leicht Opfer von Erpressungen durch Polizeibehörden werden können. Ebenfalls aufgrund dieses Länderinformationsblatts, das allerdings insofern im angefochtenen Bescheid nicht wiedergegeben wird, stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Verhältnisse in den Gefängnissen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sehr schlecht sind. Die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, sind nicht gewahrt. Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Die medizinische Versorgung und Nahrungsversorgung in den Gefängnissen sind vielfach unzureichend.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten/Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 17 Abs1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
3.2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
3.3. Haftbedingungen im Herkunftsstaat können aus verschiedenen Gründen eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen, z. B. wegen Misshandlungen, hygienischer Bedingungen, Überbelegung von Zellen und Gefängnissen. Vgl. mwN Gachowetz/Schmidt/Simma/Urban, Aysl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA (2017), 193 ff.
3.4. Im Lichte der getroffenen Feststellungen kann ohne eingehendere Prüfung gegenwärtig nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung - und eine solche wurde mit dem angefochtenen Bescheid für zulässig befunden - eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK mit sich bringen würde. Die für eine abschließende Beurteilung gebotene sorgfältige Prüfung kann im konkreten Fall - gerade angesichts des dem angefochtenen Bescheids vorangegangenen (behördlichen) Verfahrens - nicht in der in § 17 Abs 1 BFA-VG statuierten Zeit erfolgen. Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3.5. Ungeachtet dessen, ob die Voraussetzungen für den Entfall der mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs 7 BFA-VG vorlagen, konnte das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nach Abs 6a leg cit ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; vgl. die oben zitierte Entscheidung. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Folgeantrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2141814.3.00Zuletzt aktualisiert am
08.04.2019