TE Bvwg Beschluss 2019/1/23 W272 1425342-2

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W272 1425342-2/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2018, Zahl XXXX , beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.02.2012 unter der Aliasidentität

XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin brachte zunächst vor, dass sie in einem Einkaufszentrum, wo sie gearbeitet habe, einen Streit mit einem Ehepaar des konkurrierenden Nachbargeschäftes hatte. Eine Angestellte des Einkaufszentrums habe zu diesem Ehepaar gehalten und im Zuge der Auseinandersetzung habe sie mit einer Modellpuppe auf deren Kopf geschlagen. Aufgrund der Blutung sei die BF geflohen. Vor dem BAA gab sie weiters an, dass man ihr vorgeworfen habe, sie sei eine Drogenhändlerin und drogensüchtig und daher drohe ihr eine drakonische Gefängnisstrafe oder sogar die Todesstrafe.

Mit Bescheid vom 29.02.2012 Zahl XXXX , wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AslyG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I) und ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Volksrepublik China nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Volksrepublik China ausgewiesen (Spruchpunkt III). Gegen diesen Bescheid erhob die BF rechtzeitig Beschwerde vor dem Asylgerichtshof.

Während des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof langte eine Meldung der Landespolizeidirektion Wien vom 23.11.2013 ein, wonach die BF bei einer Einvernahm angab, dass sie XXXX heiße und am XXXX in Fangcheng, China geboren sei. Weiters sei ihre Aussage vor der Asylbehörde falsch gewesen. In China sei sie in Schlägereien verwickelt gewesen und habe Angst vor chinesischen Gefängnissen. Sie sei schließlich über Peking nach Rom geflogen und von dort nach Österreich mit dem Zug. Bei der Einvernahme vor dem BVwG gab sie ergänzend an, dass sie vergessen habe zu sagen, dass man ihr Drogendelikte unterstellt habe und sie mit der Mafia in China Probleme habe, da sie dort Schulden habe. In Österreich arbeite sie als Sexarbeiterin, habe einen Freund der deutscher Staatsangehöriger sei und sie heiraten wolle, weiters wurden die Deutschkenntnisse von der Richterin als ausreichend eingestuft.

Mit Erkenntnis vom 16.04.2015 Geschäftszahl XXXX wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides gem. §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Rückkehrentscheidung gem. § 75 Abs. 20 1. Satz, 1 Fall AsylG 2005 auf Dauer unzulässig ist.

Es wurde somit 2015 eine Interessensabwägung hinsichtlich Art. 8 EMRK zu Gunsten der BF getroffen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte seit 30.06.2015 ein Verfahren zur Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG 2005. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zur Zahl XXXX vom 22.03.2018 wurde die BF gem. § 104a Abs. 1 StGB (Verbrechen des Menschenhandels) und gem. § 116 Abs. 1 FPG (Vergehen der Ausbeutung eines Fremden) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt. Aufgrund der Anrechnung der Untersuchungshaft war diese Haftstrafe verbüßt und wurde die BF am 22.03.2018 aus der Justizhaft entlassen.

Das BFA lud die BF dreimal zu einer Verhandlung, wobei die BF nicht erschien, zweimal wegen einem gerichtlichen Termin und einmal wegen Krankheit. Ein Nachweis liegt nicht auf.

Mit Bescheid des BFA vom 05.12.2018, Zahl XXXX (ATB) wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 30.06.2015 gem. § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II) und die Abschiebung gem. § 46 FPG nach China als zulässig erklärt (Spruchpunkt III). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV). Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und ein Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG in der Dauer von 5 Jahren befristet erlassen.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz vom 27.12.2018 fristgerecht Beschwerde, wobei abermals auf eine reale Gefahr der Verletzung nach Art 8 EMRK hingewiesen wurde, da die BF gut integriert sei und hier ein Familienleben begründet habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Zuständigkeit und Verfahren

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, unter anderem über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1).

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen nicht getroffen, weswegen gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A): Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Aufgrund der Tatsache, dass im vorliegenden Fall ohne nähere Prüfung - insbesondere ohne mündlicher Verhandlung - des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei in ihr Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Bestimmungen bedeuten würde, war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,
real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W272.1425342.2.00

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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