TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/1 W247 2180763-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8 Abs2
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

Spruch

1.) W247 2180765-1/11E

2.) W247 2180763-1/11E

3.) W247 2180762-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Ukraine, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF., als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die beschwerdeführenden Parteien sind ukrainische Staatsangehörige und der ukrainischen (BF1) bzw. der polnischen (BF2) Volksgruppe und der russisch-orthodoxen Glaubensrichtung zugehörig. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der drittbeschwerdeführenden Partei (BF3). Die BF2 ist gesetzliche Vertreterin des minderjährigen BF3.

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1-BF2) reisten am 17.01.2015 legal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 26.01.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der BF1 und die BF2 am 27.01.2015 vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurden. Nach Zulassung ihrer Verfahren wurden die Genannten am 15.11.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion XXXX, jeweils im Beisein eines den Beschwerdeführern einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache Russisch niederschriftlich einvernommen. Der BF3 wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin am 23.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1. Der BF1 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, dass er in XXXX geboren und mittels eines Schengenvisums mit seiner Frau per Flugzeug über Kiew nach Österreich gereist sei. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er 2012 bis 2013 seinen Grundwehrdienst beim ukrainischen Militär abgeleistet habe. Aufgrund der politischen Lage in der Ukraine hätten mehrere seiner damaligen Kollegen beschlossen, für den Anschluss an Russland zu kämpfen. Sie hätten ihn dafür gewinnen wollen, was er jedoch nicht gewollt habe. Aus diesem Grund seien sowohl er als auch seine Frau von seinen damaligen Kollegen bedroht worden. Er sei auch ein paar Mal von ihnen geschlagen worden. Er habe in der ukrainischen Armee gegen Russland bzw. die prorussischen Kämpfer in den Krieg ziehen wollen. Seine damaligen Kollegen vom Militär hätten ihn aber bedroht. Sie hätten ihm damit gedroht, dass sie in diesem Falle seine Frau umbringen würden. Aus diesem Grund hätten seine Frau und er beschlossen, die Ukraine zu verlassen.

2.2. Die BF2 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung vor, dass sie in XXXX, Moldawien, geboren sei. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe gab sie an, dass in der Ukraine zur Zeit Krieg geführt werde. Mehrere ehemaligen Militärkollegen ihres Mannes hätten für den Anschluss der Ukraine an Russland gekämpft. Sie hätten auch von ihrem Mann verlangt, für die prorussischen Separatisten zu kämpfen. Ihr Mann habe dies aber nicht gewollt. Ihr Mann habe mit der ukrainischen Armee gegen Russland bzw. die prorussischen Kämpfer in den Krieg ziehen wollen. Seine ehemaligen Kollegen vom Militär hätten aber damit gedroht, dass sie sie (BF2) in diesem Fall umbringen würden. Sie sei sicher, dass diese Männer sie getötet hätten, wenn ihr Mann für die ukrainische Armee gekämpft hätte. Ihr Mann sei auch ein paar Mal von diesen Männern geschlagen worden. Sie seien bei der Polizei in der Ukraine gewesen und hätten diese Männer angezeigt. Bei der Polizei hätte ihnen aber niemand helfen wollen bzw. können, weil sie keine Beweise vorbringen hätten können. Sie hätten nicht gewusst, wo sich die Beschwerdeführer vor diesen Männern verstecken hätten können. Ihr Vater hätte ihnen telephonisch gesagt, dass sie nach Österreich kommen sollten, da ihnen hier geholfen werde. Aus diesem Grund hätten sie beschlossen, die Ukraine zu verlassen.

3.1. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2017 gab der BF1 auf die Frage nach seinen Fluchtgründen zusammenfassend an, dass es im Jahr 2014 begonnen habe. Er sei mit seiner Frau am 02. Mai im Stadtzentrum gewesen, wo sie einen Brand in einem Gebäude der Verwaltungsbehörde gesehen hätten. Jemand habe ihn mit seinem Vornamen angesprochen, jedoch habe er niemanden lokalisieren können. Im Juli sei er von Militärkollegen in seiner Wohnung aufgesucht worden und hätten diese ihm gesagt, dass sie ihn am 02.Mai auf dem Platz im Stadtzentrum gesehen hätten. Sie hätten zu ihm gesagt, dass er Hilfe für seine Heimat leisten und aktiv für diese werden solle. Er solle gemeinsam mit ihnen nach Donezk gehen. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass sie Interesse daran hätten, dass Donezk zu Russland gehöre und man um jeden Preis dieses Interesse verteidigen und die "Ukraine vertreiben" müsse. Er solle darüber nachdenken. Sie seien im August 2014 wiedergekommen. In der Zwischenzeit habe es keinen Kontakt mit diesen Leuten gegeben. Es habe bei ihrem Wiederkommen im August ein ganz normales Gespräch mit den Leuten gegeben. Ende August 2014 seien sie wiedergekommen und sei er hier bedrängt worden, doch endlich eine Entscheidung zu treffen. Der BF1 habe sich dabei nicht sehr angenehm gefühlt. Er sei im September mit seiner Frau zur Polizei gegangen und habe von den Belästigungen berichtet. Die Polizisten hätten jedoch gesagt, dass nichts geschehen sei, weswegen sie nichts konkret tun würden. Ende September 2014 seien diese Kollegen wiedergekommen. Der BF1 würde daher davon ausgehen, dass die Polizei etwas weitergegeben habe. Er sei schwer geschlagen worden und habe Verletzungen erlitten. Er sei damit bedroht worden, dass seine Frau getötet würde, wenn er keine Ruhe geben würde. Nachdem er sich erholt habe, seien sie zu seiner Schwiegermutter nach Moldawien gegangen. Sie seien dort ca. 6 Wochen gewesen, als diese Kollegen wieder vor ihm gestanden seien und ihn niedergeschlagen hätten. Es sei ihm wieder gedroht worden, dass seine Frau ermordet würde. Sie würden die Ermordung filmen und der BF1 würde den Film bekommen. Er habe sie dann überzeugt, dass er mit ihnen gehen würde und hätten sie ihn in Ruhe gelassen. Er sei mit seiner Frau nach XXXX zurückgekehrt und hätten sie bei einem guten Freund in XXXX Unterkunft bezogen. Dann hätten sie die Entscheidung getroffen, das Land zu verlassen.

3.2. Die BF2 gab im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2017 zusammengefasst an, dass ehemalige Kollegen ihres Mannes diesen massiv belästigt hätten und er in Gesprächen aufgefordert worden sei, mit ihnen zu kämpfen. Zuerst habe er es nicht ernst genommen. Als er aber gemerkt habe, dass sie es ernst meinen würden, habe er dies nicht gewollt. Er habe nicht an Kampfhandlungen teilnehmen wollen, er habe das Familienleben genießen und Kinder bekommen wollen und sie sollten ihn in Ruhe lassen. BF1 und BF2 seien eines Tages nach einem Spaziergang am Strand über einen großen öffentlichen Platz in XXXX spazieren gegangen, wo die Unruhen begonnen hätten und hätten sie hier einige Male gehört, wie der Vorname ihres Mannes gerufen worden wäre. Sie seien dann weitergegangen. Zwei Monate später, am 06.07.2014 seien Männer zu ihnen gekommen und hätten sie ihren Mann angesprochen. Anfangs habe es harmlos ausgesehen und sie hätten ihn gefragt, ob er bereit wäre, für die Separatisten zu kämpfen. Er habe "nein" gesagt und gemeint, dass das Thema damit beendet wäre. Die Personen seien wiedergekommen und habe man beim 2. Mal gespürt, dass der Druck mehr geworden wäre. Das darauffolgende Mal sei schlimmer gewesen, ihr Mann sei bedroht worden. Der BF1 solle Angst um seine Frau haben. Die Gespräche seien unsympathisch gewesen. Nach diesem Gespräch habe die BF2 Panikattacken bekommen und wären sie zur Polizei gegangen. Vor der Polizei seien ähnliche Angaben gemacht worden und der Polizist habe diese Angaben wahrgenommen, aber er habe in der Weise reagiert, dass die Beschwerdeführer keinerlei Beweise hätten, keine Aufnahme, auch keine Verletzungen. Der Polizist habe ihnen gesagt, dass jeder aus Wut oder Rache zur Polizei gehen könne und etwas bösartig etwas über andere Menschen erzählen könne. Nach dem Polizeibesuch sei es wieder zu einem Treffen mit den Burschen gekommen und hätten diese hierbei ihren Mann geschlagen und ihn nochmals gewarnt. Er wäre in den Augen der Männer ein Verräter gewesen und sei nochmals gewarnt worden, nichts zu erzählen. Es sei für die BF2 nicht erklärbar, dass sie offenbar gewusst hätten, dass die Beschwerdeführer bei der Polizei gewesen seien. Sie hätten niemanden davon erzählt, trotzdem schienen die Burschen gut informiert. Ihr Mann sei etwa eine Woche zu Hause gewesen, da er in diesem Zustand nichts machen habe können. Sie hätten sich dazu entschlossen, zu ihrer Mutter nach XXXX in Moldawien zu fahren. Dort hätten sich die Beschwerdeführer sehr wohl gefühlt. Sie seien aber auch dort gefunden worden und wäre ihr Mann von den Männern geschlagen worden. Sie hätten sich in einem Teufelskreis befunden und hätten sie sich nach einem Telefonat mit dem Stiefvater der BF2 dazu entschlossen, auszureisen. Zuvor seien sie nach XXXX zurückgekehrt um noch Formalitäten für die Ausreise zu erfüllen. In XXXX hätten sie in einem Studentenheim gelebt. Dann sei die Ausreise erfolgt.

Der minderjährigen BF3 wurde aufgrund seines kindlichen Alters nicht niederschriftlich einvernommen.

Es wurden seitens der Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Beschwerden geltend gemacht.

Die Beschwerdeführer brachten erstinstanzlich folgende Dokumente/Unterlage in Vorlage:

* Bescheinigung des ukrainischen XXXX vom 23.05.2016 betreffend den BF1 bezüglich des Umstandes, dass er am 01.09.2008 ein Student der XXXX geworden sei und am 01.02.2011 exmatrikulieren würde;

* Schulbesuchsbestätigung der XXXX betreffend den BF1 vom 08.11.2017;

* Bestätigung des XXXX vom 08.11.2017 betreffend die Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den BF1;

* ÖSD Zertifikat B2 des BF1 vom 17.08.2017;

* ÖSD Zertifikat A2 des BF1 vom 29.09.2015;

* ÖSD Zertifikat A2 der BF2 vom 29.09.2015;

* ÖSD Zertifikat B2 der BF2 vom 17.08.2017;

* Diplom der XXXX für die Fachrichtung Betriebswirtschaft der BF2 vom 30.06.2011;

* Heiratsurkunde vom XXXX;

4.1. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde (BFA) vom 20.11.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

4.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beschwerde in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren. Auch aus sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Überzeugung festgestellt werden können. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer an lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes leiden würden. Der BF1 habe in der Ukraine eine Schulausbildung absolviert und einige Jahre XXXX studiert. Er habe als Verkäufer, im Security-Bereich und als Autowäscher gearbeitet. Die BF2 habe ein Studium mit der Fachrichtung Fernmeldewesen/Wirtschaft in XXXX studiert und als Buchhalterin gearbeitet. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in der Ukraine einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt wären bzw. ihr Leben auf sonstiges Weise gefährdet sei. Der BF1 und die BF2 würden sich seit Jänner 2015 in Österreich aufhalten. Sie würden von der Grundversorgung leben und wäre der BF1 gemeinnützig tätig. Es sei festzustellen, dass der BF1 und die BF2 in Österreich Deutschkurse absolviert hätten. Sie seien in Österreich strafrechtlich unbescholten.

4.3. Beweiswürdigend führte das BFA in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer mit den Zeitabläufen und nachweisbaren Geschehnissen vor Ort nicht in Einklang zu bringen wäre. So hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, dass sie zu Mittag einen Brand im Gebäude gesehen hätten, wobei nachweislich erst am Abend des genannten Tages im Zuge der Unruhen im Gewerkschaftshaus Feuer ausgebrochen wäre. Auch die Angaben, wonach der Name des BF1 während ihres Aufenthaltes auf dem öffentlichen Platz gerufen worden wäre, erscheine nicht nachvollziehbar und daher unglaubwürdig, da sich etwaige anwesende prorussische Separatisten entweder klar bemerkbar gemacht oder aber gänzlich ruhig verhalten hätten. Die Behauptung, wonach er bei einem Besuch der Männer diese nicht in die Wohnung gebeten hätte, da das Gespräch für die Mitbewohner nicht angenehm gewesen wäre, entbehre jeder Logik, da nicht erklärbar sei, weshalb er schon zu Beginn des Gesprächs von dessen Inhalt wissen hätte sollen. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb drei prorussische Männer sich so lange in XXXX aufhalten sollten, wo jeder Mann in der Ostukraine zum Kampf benötigt würde, nur um einen Mann zu rekrutieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der BF1 nur die Vornamen der Männer gewusst und nicht versucht habe, über die Militärbehörde deren Nachnamen herauszufinden. Auch sei unplausibel, dass der BF1 angesichts seiner ehemaligen beruflichen Tätigkeit als Security-Mitarbeiter bei den Vorfällen und Bedrohungen durch die Männer nicht für Ruhe und Ordnung in seinem Haus sorgen hätte können. Der BF1 und die BF2 hätten schließlich auch divergierende Angaben zu den Verletzungen, die der BF1 bei einem Übergriff durch die Männer davongetragen haben soll, erstattet. Insgesamt betrachtet sei das Vorbringen der Beschwerdeführer völlig unglaubwürdig. Konkrete glaubwürdige Anhaltspunkte für persönliche oder staatliche Verfolgungshandlungen hätten dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnommen werden können. Auch sei es unglaubhaft erschienen, dass die Beschwerdeführer auf der Flucht vor prorussischen Separatisten ausgerechnet nach Moldawien, Transnistrien, begeben hätten, da ca. 1200 bis 1400 russische Soldaten dort stationiert wären, Transnistrien eine prorussische Haltung habe und der Stiefvater dort bereits eine Verfolgung behauptet habe.

4.4. Da die Beschwerdeführer nicht aus der Ostukraine stammen würden, würden diese auch keine innerstaatliche Fluchtalternative benötigen, da es in Odessa keine Auseinandersetzungen gebe. Aus den Länderfeststellungen gehe hervor, dass die Grundversorgung in der Ukraine gewährleistet sei. Die Beschwerdeführer hätten familiäre Anknüpfungspunkte in der Ukraine. Sie hätten nicht glaubhaft darlegen können, dass ihnen im Falle ihrer Rückkehr in die Ukraine die Lebensgrundlage entzogen wäre.

4.5. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätten. Es sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet der Ukraine einer realen Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte gemäß Art. 3 EMRK ausgeliefert seien.

4.6. Demnach - so die belangte Behörde - könnten die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus deren Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle ihrer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Der BF1 und die BF2 würden sich seit Jänner 2015 in Österreich aufhalten. Der BF1 hätte diverse gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet und hätten der BF1 und die BF2 Deutschkurse besucht. Eine Integration am Arbeitsmarkt bestehe nicht. Es würden keine privaten Bindungen in Österreich bestehen. Im gegenständlichen Fall sei der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich durch ihre illegale Einreise und die Stellung von - letztlich unbegründeten - Asylanträgen begründet. Die Beschwerdeführer hätten somit nie Aufenthaltstitel gehabt, die auf einen gesicherten Aufenthalt in Österreich schließen lassen hätten können. Die beabsichtigte Abschiebung der Beschwerdeführer würde nicht in ihr Familienleben untereinander eingreifen, da sie wenn gemeinsam durchgeführt würde. Weiters verfolge diese das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung. Da den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel ausberücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt würde und eine Rückkehrentscheidung zulässig sie, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 20.11.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Mit für alle Beschwerdeführer gleichlautendem Schriftsatz vom 19.12.2017 wurde durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter für alle Beschwerdeführer Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich aller Spruchpunkte eingebracht. Begründend wurde von Beschwerdeseite ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb ihrem Vorbringen keine Asylrelevanz geschenkt werde. In casu habe die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht gravierend verletzt. So habe der BF1 zusammengefasst vorgebracht, dass er den Grundwehrdienst bereits abgeleistet habe und von Freunden aufgefordert worden sei, für den Anschluss an Russland zu kämpfen. Er habe dies nicht wollen und hätte die Polizei um Hilfe ersucht, diese habe ihm jedoch nicht geholfen und wäre er mit seiner Familie schließlich geflohen. Die belangte Behörde habe zu seinem Vorbringen, wonach die Polizei nicht schutzfähig sei, nicht ermittelt, obwohl der BF1 sein Vorbringen glaubwürdig schildern habe können. Auch habe die belangte Behörde keine Ermittlungen zu Desertionsfolgen während des Kriegszustandes in der Ukraine angestellt. So gehe aus aktuellen Länderfeststellungen hervor, dass eine "Anti-Terror-Operation" der ukrainischen Streitkräfte durchgeführt werde, die zur Aufgabe hätte, nicht an der Front gelegene Gebiete zu sichern. Dabei komme es zu Freiheitsberaubung, Erpressung etc., eventuell auch zu extralegalen Tötungen. Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU leugne trotz anderslautender Erkenntnisse von UNHCR in der Konfliktregion Personen festzuhalten. Überdies werde in den Länderfeststellungen festgehalten, dass der SBU Menschen foltere, die verdächtig seien, "proseparatistisch" zu sein. Auch könnte es sich bei den Soldaten, die den BF1 aufgefordert hätten, für den Anschluss an Russland zu kämpfen, um Angehörige des SBU handeln, die ihm eine feindliche politische Gesinnung unterstellt hätten, da er als ehemaliger Gardesoldat nicht freiwillig gegen die Ukraine gekämpft habe. Dass es sich bei den Soldaten um SBU Angehörige handeln könnte, werde dadurch bestärkt, dass es sich bei den Verfolgern um ehemalige Gardesoldaten gehandelt hätte, die vom SBU bevorzugt rekrutiert würden. Hätte der BF1 den "Köder" angenommen, wäre er wahrscheinlich "verschwunden" wie auch andere Opfer des SBU. Auch würden die Länderfeststellungen hinsichtlich von Desertionsfolgen ausführen, dass bei Desertion mit mehrjährigen Haftstrafen zu rechnen sei. Jedenfalls stehe fest, dass die Ukraine männliche Staatsbürger, die sich - wie der BF1 - der Mobilisierung entzogen hätten, verfolge und zu Haftstrafen verurteile. Beim BF1 sei jedenfalls eine Prüfung wegen unterstellter feindlicher politischer Gesinnung auf Grund von Desertion während einer Mobilisierungswelle zu prüfen, da die Haftbedingungen die asylrelevante Schwelle unmenschlicher Bestrafung erreichen würden. Die Beweiswürdigung in den angefochtenen Bescheiden würde schließlich ausschließlich aus Mutmaßungen bestehen. In jedem Fall habe die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen. Weiters sei keine ordnungsgemäße Interessenabwägung durchgeführt worden, da richtigerweise die Voraussetzungen für die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG in Bezug auf die Beschwerdeführer vorliegen würden. Die Beschwerdeseite beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen und den Beschwerdeführern die Flüchtlingseigenschaft zusprechen, 2.) in eventu subsidiären Schutz gewähren, 3.) in eventu einen humanitären Aufenthaltstitel zuerkennen sowie 4.) in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und an die erste Instanz zurückverweisen.

7. Die Beschwerdevorlagen vom 20.12.2017 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 27.12.2017 ein.

8. Mit Schriftsatz vom 18.07.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern aktuelle Feststellungen zur Situation in ihrem Herkunftsstaat (Länderinformationsblatt Ukraine vom 26.07.2017) und wurde ihnen Gelegenheit eingeräumt, dazu bis 18.07.2018 einlangend Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern die Ladung für die am 17.08.2018 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

9. Am 17.08.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung eines Dolmetschers für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurden und an welcher diese auch teilnahmen.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

[...] RI: Nennen Sie mir wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort in der Ukraine an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.

BF1: Ich heiße XXXX, ich wurde am XXXX geboren in der Ukraine, in XXXX, Dorf XXXX ist die Straße. Staatsbürgerschaft: Ukraine. Vor der Ausreise haben wir in XXXX gewohnt, in XXXX.

RI: Wo war die Adresse, wo sie sich vor Ihrer Ausreise bei einem Freund aufgehalten haben?

BF1: XXXX in einem Studentenheim.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF1: Ukraine.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF1: Nein. Ich bin normal/russisch orthodox.

RI: Haben Sie Dokumente oder Unterlagen aus der Ukraine, welche Ihre Identität beweisen?

BF1: Bei der Polizei haben wir unseren Reisepass abgegeben. Wir hatten auch Dokumente, die unsere Heirat bestätigt haben und auch einen Führerschein und auch Dokumente über unsere Ausbildungen in XXXX.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF1: Ich habe 12 Jahre Grundschule abgeschlossen. Dann habe ich in XXXX an der Uni studiert. Ich habe dort das Studium nicht abgeschlossen, ich habe nur 3,5 Jahre studiert. Dann habe ich meinen Grundwehrdienst 1 Jahr lang abgeleistet.

RI: Wann war das?

BF1: 2012 und 2013. Hier in Österreich besuche ich seit 1,5 Jahren eine Abendschule, und zwar XXXX. Ich möchte jetzt wechseln und XXXX lernen.

RI: Warum wollen Sie wechseln?

BF1: Ich arbeite jetzt in einem Altersheim. Ich möchte weiterhin dort bleiben und arbeiten und zwar als Hausmeister. Dort gibt es viele Geräte. Viele Geräte brauchen XXXX Kenntnisse, deshalb möchte ich das lernen, um den Job zu sichern.

RI: Ist die Arbeit im Altersheim ehrenamtlich oder eine ordentliche Beschäftigung?

BF1: Das ist eine Gemeindearbeit. Ich bekomme 3 € pro Stunde. Ich darf als Asylwerber solche Tätigkeiten im Ausmaß von 60 Stunden pro Monat ausüben.

RI: Wie viele Stunden üben Sie jetzt aus?

BF: 60 Stunden pro Monat, seit fast drei Jahren schon.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort in der Ukraine auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF1: Bei mir zuhause habe ich noch gelebt bei den Eltern, als ich noch ein Kind war. Ein paar Monate vor der Abreise haben wir noch bei meiner Frau gelebt.

RI: Hat Ihre Frau getrennt von Ihnen gelebt?

BF1: Bitte um Entschuldigung, ich habe mich nicht richtig ausgedrückt. Nicht bei meiner Frau, sondern bei den Eltern meiner Frau.

RI: Wo leben die Eltern Ihrer Frau?

BF: Sie leben im ehemaligen Moldawien, in Transnistrien. Die Stadt heißt XXXX.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zur Zeit in der Ukraine und in welcher Stadt?

BF1: Meine Eltern leben dort. Mein älterer Bruder. Er lebt ebenfalls in XXXX im Dorf XXXX.

RI: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren in der Ukraine lebenden Verwandten? Und wenn ja, wie oft?

BF1: Mit meiner Mutter über Skype.

RI: Wie oft?

BF1: Einmal im Monat oder so.

RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb der Ukraine leben und haben Sie Kontakt zu diesen?

BF1: Verwandte? Der Vater meiner Frau.

RI: Wo lebt der?

BF1: Jetzt lebt er in Deutschland.

RI: Ist das der Vater oder Stiefvater Ihrer Frau?

BF1: Das ist kein leiblicher Vater, das ist der Stiefvater.

RI: Haben Sie Kontakt zu dem Stiefvater Ihrer Frau? Und wie oft?

BF1: Wir telefonieren miteinander oft.

RI: Was heißt oft? Einmal in der Woche oder im Monat?

BF1: Mehrere Male pro Woche.

RI: Wann haben Sie Ihre Frau geheiratet?

BF1: Am XXXX, wenn ich mich nicht irre.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF1: Am 17.01.2015, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das Datum stimmt.

RI: Sind Sie oder Mitglieder Ihrer Familie seit Ihrer Ausreise aus der Ukraine wieder einmal in der Ukraine gewesen, sei es auf Besuch oder auf Urlaub?

BF1: Nein.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

BF1: Das hat am 2. Mai 2014, glaube ich, begonnen. Ich weiß jedenfalls, dass es am 2. Mai war. Ich und meine Frau gingen vom Strand zurück. Wir gingen zum Bus. Wir sind bei einem Platz namens XXXX vorbeigekommen. Dort standen Zelte, es waren viele Leute und es war auch ziemlich laut. Als wir dort vorbeigegangen sind, hat jemand meinen Namen gerufen. Wir schauten uns zwar um, hatten aber niemanden gesehen. Also wir gingen zu der Busstation und sind dann nachhause gefahren. Dann am 6. Juli kamen meine Kollegen von der Armee zu mir nach Hause. Wir haben miteinander geredet. Sie wollten, dass ich mit ihnen nach Donetzk fahre, um mit ihnen dort zu kämpfen. Wir haben ganz normal miteinander gesprochen und sie gingen wieder weg.

RI: Wie sind Sie mit Ihren Kollegen verblieben?

BF1: Wir haben nur darüber geredet und sie haben gesagt, dass ich mir das überlegen soll, ob das für mich in Frage kommt. Dann nach ca. einem Monat kamen sie wieder. Und dann haben sie mich gefragt, ob ich mir das schon überlegt habe. Sie sagten, dass wir Brüder sind und ich zu ihnen halten soll. Aber das war nur ein Vorschlag.

RI: Kamen die Kollegen beim zweiten Mal auch zu Ihnen nach Hause?

BF1: Ja, im gleichen Monat, aber gegen Ende des Monats sind sie dann zum dritten Mal zu mir gekommen. Da haben Sie dann mir und meiner Frau gedroht. Sie sagten, dass ich mich dafür entscheiden soll, da sonst meine Frau umgebracht wird. Nach ca. einer Woche haben ich und meine Frau entschieden zur Polizei zu gehen. Wir haben bei der Polizei erklärt, was passiert ist. Der Polizist hat gesagt, dass wir keine Beweise haben und er uns deswegen nicht helfen kann. Dann sind wir wieder nach Hause gegangen. Im September haben sie bei meinem Stiegenhaus auf mich gewartet und gefragt, warum ich mich an die Polizei gewandt habe. Damals haben Sie mich das erste Mal zusammengeschlagen. Sie haben mir gedroht, dass ich mich ihnen anschließen soll, da es mir und meiner Frau sonst sehr schlecht ergehen wird. Dann, als ich ein bisschen zu mir kam, das hat schon ein paar Tage gedauert. Damals sind wir zu der Mutter meiner Frau gefahren. Wir waren dort ca. 6 Wochen. Nach 6 Wochen haben mich die Leute dort gefunden. Ich ging damals von einem Geschäft zurück und sie haben mich an einer Gasse abgepasst und haben mich sehr stark zusammengeschlagen, auch am Gesicht. Sie haben gesagt, dass sie sich meine Frau holen werden, sie vergewaltigen werden und mich dann als nächsten holen werden. Ich habe damals lügen müssen und ihnen versprochen, dass ich mich ihnen anschließen möchte und bat nur um ein bisschen Zeit, damit ich zu mir kommen kann.

RI: Wie viel Zeit wurde Ihnen gewährt?

BF1: Sie haben gesagt, dass sie mir maximal eine oder 2 Wochen geben. Als es mir dann ein bisschen besser ging, fuhren wir zu meinem Freund in ein Studentenheim nach XXXX.

RI: Wer war dieser Freund?

BF1: Das war ein Freund, der mit mir studiert hat.

RI: Wie hieß der?

BF1: XXXX. Wir sind zu ihm gefahren, weil wir gedacht haben, dass es für uns dort sicherer sein wird. Dies deswegen, weil es dort im Studentenheim einen Security gegeben hat. Ich habe vorher, als ich die Ausbildung gemacht habe, dort gelebt und ich kannte die Wachleute auch. Diese kannten auch meinen Freund. Im Dezember haben ich und meine Frau entschieden, das Land zu verlassen. Der Stiefvater meiner Frau war damals in Österreich. Er sagte, dass man uns hier helfen kann und Schutz geben kann. So haben wir das Land verlassen. Wir haben zuerst noch die Dokumente bereitgestellt. Am 16., wenn ich mich nicht irre, sind wir dann vom Heim nach Kiew und von dort mit einem Flugzeug nach Österreich.

RI: Wieso lebt der Stiefvater der Frau nicht mehr in Österreich?

BF1: Er hat hier einen negativen Bescheid bekommen, auch einen Abschiebebescheid samt einer Aufforderung zum Verlassen des Landes.

RI: Wie viele ehemalige Militärkameraden haben Sie denn unter Druck gesetzt?

BF1: Drei. Sie hießen XXXX.

RI: Sie meinten, diese Leute, die Sie zum Kampf auf Seiten Donetzk überreden wollten, wären Kameraden von Ihrem Grundwehrdienst gewesen? Stimmt das?

BF1: Ja.

RI: Wo genau und wie lange haben Sie Ihren Grundwehrdienst abgeleistet?

BF1: Das war in Kiew. Das war ein eigenes Regiment des Präsidenten der Ukraine in Kiew. Die genaue Adresse weiß ich jetzt nicht mehr, aber ich kann nachschauen.

RI: Um welchen Zeitraum geht es genau?

BF1: Ein Jahr von 2012 bis 2013. Ich glaube April oder Mai so ungefähr, aber so genau weiß ich es wirklich nicht.

RI: Aber die Jahreszahlen wissen Sie genau?

BF1: Ja. Ich habe mir dann das Foto angeschaut, als ich bei der Armee war, dort stand 2012.

RI: Die Frage, die ich stelle, geht darum um welchen Zeitraum es geht, 2012 bis 2013 oder 2011 bis 2012.

BF1: 2012 bis 2013.

RI: Haben Sie während dieser gesamten Zeit mit diesen Leuten gemeinsam ihren Grundwehrdienst versehen? Waren Sie mit diesen Leuten befreundet?

BF1: Ja. Wir waren bei einer Kompanie. Ja, weil wir gemeinsam den Grundwehrdienst abgeleistet haben, haben wir uns irgendwie angefreundet.

RI: Wissen Sie wie diese Militärkameraden mit Nachnamen heißen?

BF1: Nicht wirklich, weil wir uns immer bei Vornamen angesprochen haben. Leider.

RI: Sie können zu keinem einzigen Ihrer Militärkollegen einen Nachnamen nennen?

BF1: Ich weiß nicht ob ich mich nicht irre. Ich glaube, dass XXXX mit Nachnamen XXXX heißt, bin mir aber nicht sicher.

RI: Woher hatten diese Leute Ihre Wohnadresse?

BF1: Sie hätten meine Adresse von meinem Foto erfahren. Nach dem Grundwehrdienst haben wir unsere Adresse unter unseren Fotos aufgeschrieben. Vielleicht wussten sie die Adresse aber von einer anderen Stelle, aber ich weiß es nicht.

RI: Das heißt, sie wussten voneinander die Adressen, aber nicht die Nachnamen?

BF1: Die, die das wissen wollten, konnten nachschauen.

RI: Auf dem Foto?

BF1: Ich glaube, dass das ein Foto von uns allen war, wo wir den Vornamen und die Adresse aufgeschrieben haben.

RI: Woher kannten diese Kollegen die Adresse Ihrer Schwiegermutter in Moldawien?

BF1: Ich weiß es nicht genau, ich kann es nur vermuten. Wenn man die Grenze überquert, muss man ein Formular ausfüllen und schreiben, wohin man sich begibt. Die genaue Adresse muss man angeben.

RI: Dieses Formular geht an die moldawischen Behörden?

BF1: Das ist die Transnistrische Behörde, das ist das Zollamt. Vielleicht haben Sie dort irgendwelche Beziehungen, das weiß ich nicht.

RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2017 haben Sie auf Seite 8 des Protokolls angegeben, dass sie nach der körperlichen Attacke ihrer Militärkollegen Ende September 2014 gemeinsam mit Ihrer Frau zur Schwiegermutter nach Moldawien gereist sind. Nach 6 Wochen seien Sie wieder von ihren Ex-Kollegen aufgesucht und geschlagen worden. Warum sollten diese Militärkollegen diese Mühen auf sich nehmen und Ihnen sogar nach Moldawien nachreisen um sie für den Kampf in Donetzk zu werben? Was macht sie für ihre Ex-Kollegen so unentbehrlich?

BF1: Ich weiß es nicht. So haben sie entschieden. Ich weiß es wirklich nicht genau, warum sie das gemacht haben.

RI: Besitzen Sie eine besondere militärische oder militärstrategische Ausbildung?

BF1: Nein. Eigentlich nicht. Unsere Abteilung hatte mit verschiedenen Präsidenten zu tun.

RI: Besitzen Sie sonst irgendwelche außergewöhnliche Fähigkeiten, die sie für den Kampf in Donetzk besonders qualifizieren?

BF1: Ich weiß es nicht. Sie haben mich quasi für ihren "Bruder" gehalten. Sie haben gemeint, dass ich mit ihnen dort kämpfen sollte. Wir haben zusammen in einer Einrichtung für Militärangehörige gelebt und sie haben geglaubt, dass es auch meine Pflicht ist.

RI: Ich wiederhole die Frage: Wenn Sie über keine besonderen militärischen oder sonstigen Fähigkeiten verfügen, welche gerade Sie als Person für ihre Militärkameraden für den Kampf in Donetzk so unersetzlich und unentbehrlich machen, warum sollten diese Leute derartige Mühen auf sich nehmen, gerade Sie für den Kampf in Donetzk zu werben? Das erscheint völlig unlogisch. Was meinen Sie dazu?

BF1(lacht): Ich weiß es nicht genau. Wir waren gemeinsam in der Ehrenformation und wollten nach der Armee zu einer Spezialabteilung gehen. Allerdings wollte ich das dann nicht mehr, weil meine Freundin auf mich gewartet hat, bis ich von der Armee zurückkomme.

RI: Was für eine Spezialabteilung soll das gewesen sein, zu denen Ihre Freunde gehen wollten?

BF1: Das heißt XXXX. Ich weiß nicht, ob meine ehemaligen Kameraden zu dieser Abteilung gegangen sind, weil ich dann keinen Kontakt mehr zu ihnen hatte.

Die Frau D weist darauf hin, dass das Wort XXXX übersetzt "Steinadler" bedeutet.

RI: Was ist XXXX?

BF1: Das ist eine spezielle Abteilung. Ich weiß nicht, womit sich die genau beschäftigt hat. Als ich noch den Grundwehrdienst geleistet habe sind die Leute von dieser Abteilung zu uns gegangen und haben uns vorgeschlagen, dorthin zu gehen.

RI: Worauf ist diese Spezialabteilung genau spezialisiert?

BF1: Ich weiß es nicht genau.

RI: Als Sie von den Kollegen das erste Mal verprügelt worden sind Ende September 2014, haben Sie da Verletzungen davongetragen? Welcher Art waren diese Verletzungen?

BF1: Das erste Mal wurde ich am Oberkörper geschlagen. Ich hatte starke Schmerzen im Rippenbereich und hatte blaue Flecken. Am Gesicht gab es vielleicht nur rote Stellen, aber es gab keine blauen Flecken am Gesicht.

RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2017 haben Sie auf Seite 11 des Protokolls befragt nach Ihren Verletzungen angegeben, dass Sie mit Fäusten im Bauch und Brustbereich geschlagen worden seien und Blutergüsse am ganzen Körper hatten. Nachgefragt, ob Sie auch im Gesichtsbereich verletzt worden sind, haben Sie angegeben: "Da hatte ich keine Verletzungen". Ihre Frau hat vor dem BFA am 15.11.2017, befragt nach Ihren

Verletzungen bei diesen erstmaligen Misshandlungen gesagt: "Er hat auch in das Gesicht einen Schlag abbekommen. Es war am Anfang rot und geschwollen unter dem Auge". Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

BF1: Vielleicht hat das die damalige Dolmetscherin nicht richtig übersetzt. Vielleicht sind sie einfach wo angekommen am Gesicht und deswegen hatte ich eine rote Stelle, aber so richtig geschlagen wurde ich im Gesicht nicht. Es war auch nicht angeschwollen oder blau angelaufen.

RI: Wurde Ihnen das Protokoll vor dem BFA rückübersetzt?

BF1: Ja, mir hat sie es rückübersetzt.

RI: Wenn die damalige Dolmetscherin nicht richtig übersetzt hätte, hätten Sie das im Protokoll richtigstellen können.

BF1: Mir wurde das rückübersetzt und das was dort nicht richtig protokolliert wurde, habe ich auch angegeben. Mir wurden meine Aussagen rückübersetzt und nicht die Aussagen meiner Frau. Meine Frau kam nach mir und wurde nach mir einvernommen.

RI: Das heißt, Sie meinen das sich die D bei der Einvernahme Ihrer Frau geirrt hat?

BF1: Das kann sein, allerdings kann es auch sein, dass sich auch meine Frau geirrt hat. Sie stand damals unter großem Stress. Wissen sie, ich selbst kann jetzt auch nicht genau angeben, welche Verletzungen ich wann erlitten habe.

RI: Sind Sie nach den ersten Misshandlungen Ende September 2014 zum Arzt oder der Polizei gegangen?

BF1: Nein. Das war nach dem ersten Mal, als ich das erste Mal geschlagen wurde. Man hat mich davor gewarnt zur Polizei oder ins Krankenhaus zu gehen. Man hat mir gesagt, dass dann meiner Frau etwas passieren wird und wir hatten Angst, uns dorthin zu wenden. Ich traute mich auch nicht zum Arzt zu gehen, weil ich vermutet habe, dass der Arzt dann eine Meldung bei der Polizei erstatten wird, weil ich ja zusammengeschlagen wurde. Wir hatten Angst, dass die Leute erfahren, dass wir bei der Polizei waren. Bei uns herrscht leider eine große Korruption. Für meine ehemaligen Kameraden wäre es leicht gewesen sich freizukaufen. Und wenn sie dann in der Freizeit sind, was hätte ich dann machen können.

RI: Sind Sie nach den Misshandlungen in Moldawien zur dortigen Polizei oder dort zum Arzt gegangen? Schließlich konnten Sie nicht davon ausgehen, dass die moldawische Polizei auch mit Ihren Militärkameraden in Kontakt stehen würden oder?

BF1: Ich weiß nicht, ob sie dort Verbindungen hatten oder nicht. Aber wir hatten damals eine sehr große Angst und waren praktisch in einem fremden Land. Deswegen haben wir das nicht gemacht, weil wir auch Angst hatten. Wir wussten nicht was später passieren wird, vielleicht etwas Schlimmes.

RI: Warum gingen Sie nach den Misshandlungen in Moldawien nach XXXX zurück und nicht etwa nach Kiew oder in einen anderen Landesteil?

BF1: Weil wir sonst nirgends Bekannte hatten. Wir hatten Angst, dass man uns dort finden wird. Deswegen sind wir zuerst zu meinem Freund gefahren, um zu überlegen, was zu tun ist.

RI: Aber die Wahrscheinlichkeit in XXXX gefunden zu werden ist doch größer, als in Kiew gefunden zu werden?

BF1: Wir wollten zuerst überlegen, was wir tun können. Deswegen haben wir beschlossen, zuerst zu meinem Freund zu fahren. Wir hatten Angst, dass man uns wo anders finden und einfach umbringen wird. Der Stiefvater hat uns dann telefonisch gesagt, dass man uns hier einen Schutz geben kann und das die Korruption hier nicht so groß ist, wie in der Ukraine. Wir dachten, dass wir hier in Sicherheit sein werden.

RI: Haben bei der Auswahl von Österreich als Zielland auch wirtschaftliche Interessen eine wesentliche Rolle gespielt?

BF1: Nein, wir haben dort normal gelebt. Sowohl ich, als auch meine Frau haben gearbeitet. Wir haben das Land verlassen, weil wir um unsere Sicherheit, um unser Leben gefürchtet haben.

RI: Ist Ihre Frau Ihren Militärkollegen irgendwann begegnet?

BF1: Sie hat sie nicht gesehen, als sie gekommen sind. Wissen Sie, als ich den Eid abgeleistet habe und sie gekommen ist, hat sie sie wahrscheinlich auch nicht gesehen, weil wir so eine große Gruppe gewesen sind. Das hat vielleicht eine halbe Stunde gedauert. Wir haben nur den Eid geschworen. Zu dem Zeitpunkt habe ich die Leute auch nicht so gut gekannt.

RI: Woher wussten diese dann, dass Sie überhaupt verheiratet sind? Schließlich haben Sie angegeben, dass Ihre Kollegen auch Ihre Frau bedroht haben sollen?

BF1: Sie sind ja zu mir nach Hause gekommen. Ich habe gesagt, dass ich nicht allein bin. Ich sagte, dass wir runtergehen sollen, um in Ruhe sprechen zu können, weil meine Frau zu Hause ist.

RI: Wieso sind Sie am 02.Mai 2014 in XXXX mitten durch eine Demonstration spaziert, als Sie bereits sahen, dass Gebäude in Flammen standen (so geschildert im BFA-Protokoll vom 15.11.2017 auf Seite 7)? Waren Sie sich der Gefahr dieses Spazierganges nicht bewusst?

BF1: Das hat man nicht richtig protokolliert. Bei der Rückübersetzung habe ich auch darauf aufmerksam gemacht. Das sollte korrigiert werden. Wir sind zu Mittag vorbeigegangen und zu dem Zeitpunkt haben sich die Leute dort erst versammelt. Damals gab es noch keinen Brand. Die Flammen haben wir erst im Fernsehen am Abend gesehen. Wir haben das im Fernsehen und nicht persönlich gesehen.

RI: Wo wurden Sie im Moldawien von ihren Ex-Kollegen aufgehalten und geschlagen? War das in der Nähe des Hauses Ihrer Schwiegermutter?

BF1: Ja, in der Nähe des Hauses meiner Schwiegermutter. Ich ging vom Geschäft zurück nach Hause und dort hat man mich abgepasst.

RI: Warum ist Ihnen da niemand zur Hilfe gekommen? Haben Sie um Hilfe gerufen?

BF1: Das ist so schnell vor sich gegangen. Das waren drei große Männer, die sofort auf mich eingeschlagen haben. Zum Schreien hat es keine Zeit mehr gegeben. Ich glaube auch, dass mir niemand zur Hilfe gekommen wäre, auch wenn ich um Hilfe geschrien hätte, weil sich die Leute vor den drei kräftigen Männern gefürchtet hätten.

RI: War das am Tag oder bei Nacht?

BF1: Am Abend.

RI: VORHALTUNG: Bei Ihrer Ersteinvernahme am 27.01.2015 haben Sie befragt nach Ihrem Fluchtgrund u.a. auf Seite 5 angegeben: "...Ich wollte in der ukrainischen Armee gegen Russland bzw. die prorussischen Kämpfer in den Krieg ziehen. Meine damaligen Kollegen vom Militär haben mich aber bedroht...". Vor dem BFA am 15.11.2017 haben Sie hingegen keinerlei Intention angegeben gegen Russland in den Krieg zu ziehen. Vielmehr hätten Sie ihren Kollegen in Moldawien sogar zugesagt mit Ihnen zu gehen. Wieso weichen Sie dbzgl von Ihren Angaben bei der Ersteinvernahme ab?

BF1: Ich möchte überhaupt nicht kämpfen. Ich möchte einfach ein ganz normales Leben mit meiner Frau führen. Vielleicht wurde es nicht richtig übersetzt.

RI: Ist Ihnen das Protokoll der Ersteinvernahme rückübersetzt worden?

BF1: Ich kann mich nicht erinnern. Ich glaube, dass das Pflicht ist, aber vielleicht stand ich einfach unter Stress.

RI gibt an, dass auf Seite 6 des Ersteinvernahmeprotokolls vermerkt ist, dass das Protokoll rückübersetzt worden ist und unterschrieben wurde.

RI: Insgesamt wie oft standen Sie in Kontakt mit diesen Kollegen? Wie oft wurden Sie bedroht? Und wie oft wurden Sie konkret körperlich misshandelt?

BF1: Zweimal geschlagen.

RI: Wie oft sind Sie den Kollegen nach der Zeit der Armee noch begegnet?

BF1: Bis zum 6. Juli habe ich sie kein einziges Mal gesehen.

RI: Danach insgesamt wie oft?

BF1: Ca. 5 Mal.

RI: Woher stammten diese Kollegen? Aus welcher Stadt kamen Sie?

BF1: Ich weiß nur von einem, aus welcher Stadt er kommt. XXXX war aus XXXX. Was die anderen anbelangt, kann ich es nicht genau sagen.

RI: Gibt es noch andere Fluchtgründe als die von Ihnen Geschilderten?

BF1: Als wir hierhergekommen sind, sind nach ca. einem Monat Ladungen bekommen. Diese Ladungen betrafen eine Mobilisierung.

RI: Wohin sind diese Ladungen gekommen?

BF1: Dort wo ich angemeldet war. Bei meiner Mutter. Vor ca. einem halben Jahr ist der Bezirksinspektor zu meiner Mutter gekommen und hat gefragt, wo ich mich befinde. Deswegen habe ich Angst vor einer Inhaftierung im Falle meiner Rückkehr, da ich einer Mobilisierung entkommen wollte.

RI: Was stand in der Ladung genau drinnen?

BF1: Ich weiß nicht, was dort genau gestanden ist.

RI: Woher wissen Sie von der Ladung?

BF1: Die Ladungen sind zu meiner Mutter gekommen und sie hat die Ladungen gesehen.

RI: Da wird Ihnen die Mutter gesagt haben, was drinnen steht?

BF1: Dass ich in Kiew zwecks Mobilisierung erscheinen soll. Dort ist auch das Datum und die Uhrzeit gestanden, aber ich kann diese Daten nicht mehr genau nennen.

RI: Das heißt, sie sollten zum Heer eingezogen werden?

BF1: Ja, das war eine Aufforderung zur Mobilisierung. In der Ukraine wird ein Strafverfahren eingeleitet, wenn man sich vor einer Mobilisierung drückt.

RI: Wenn Sie nicht im Land sind?

BF1: Ich weiß nicht, wie das dann aussieht.

RI: War die Ukraine damals im Kriegszustand?

BF1: Ich weiß es jetzt nicht genau, aber ich bin sicher, dass eine Mobilisierung stattgefunden hat.

RI: Haben Ihre Frau und Ihr Kind einen eigenen Fluchtgrund bzw. einen anderen Fluchtgrund als den von Ihnen Geschilderten?

BF1: Sie sind meinetwegen gekommen.

RI: Hatten Sie in der Ukraine jemals Probleme aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Ethnie, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Gesinnung? Hatten Sie Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland?

BF1: Nein.

RI: Was befürchten Sie konkret im Fall einer Rückkehr in die Ukraine?

BF1: Erstens habe ich Angst, dass mich meine ehemaligen Kollegen finden können. Die zweite Befürchtung bezieht sich auf die Mobilisierung. Man wird mich gleich nach meiner Ankunft inhaftieren.

RI: Sind Ihre ehemaligen Kollegen jemals bei Ihren Eltern oder bei ihren Brüdern aufgetaucht?

BF1: Zu meiner Mutter sind sie gekommen. Ein paar Mal.

RI: Wann war das?

BF1: Sie hat mir das letzte Mal vor dem letzten Jahreswechsel 2017 vor dem neuen Jahr berichtet.

RI: Wann haben Sie konkret den Entschluss gefasst, die Ukraine in Richtung Europa zu verlassen?

BF1: Als ich das zweite Mal geschlagen wurde und wir zu meinem Freund in das Heim übersiedelt sind. Das war im Dezember, da haben wir mit dem Stiefvater meiner Frau telefoniert. Er hat gesagt, dass er uns helfen möchte, dann haben wir beschlossen, das Land zu verlassen.

RI: Warum sind Sie nicht in eine andere Provinz der Ukraine geflüchtet, wo es für Sie und Ihre Familie sicherer gewesen wäre?

BF1: Weil ich Angst um mein Leben habe und um das Leben meiner Frau.

RI: War Österreich von Anfang an das Ziel Ihrer Reise?

BF1: Wir hatten kein Ziel. Aber als wir mit dem Stiefvater gesprochen hatten und ihm das Problem besprochen haben, hat er uns gesagt, dass man uns in Österreich helfen kann. Wir wussten damals nicht, was wir tun sollen.

RI: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder einem Klub in Österreich?

BF1: Welche Gesellschaft oder Organisation meinen Sie jetzt?

Fragewiederholung:

BF1: Nein.

RI: Haben Sie österreichische Freunde?

BF1: Ja. Ich habe auch Bekannte. Ich habe auch die diesbezüglichen Dokumente mitgebracht.

RI: Haben Sie in Österreich Sprachkurse besucht?

BF1: A2 und B2. Ich und meine Frau haben gemeinsam diese Kurse besucht und abgeschlossen.

RI: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

BF1: Ich möchte meine Ausbildung abschließen. Ich möchte arbeiten und in Sicherheit leben, so wie alle anderen. Ich möchte meine Kinder großziehen.

RI: Haben Sie in Österreich einen Beruf legal ausgeübt?

BF1: Ich arbeite in einem Altersheim, sonst nicht. Ich weiß nicht, ob das als eine legale Arbeit angesehen wird.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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