TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/13 W102 2160559-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W102 2160559-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 17.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.11.2017 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9 FPG und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 12.11.2015 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 12.11.2015 gab der Beschwerdeführer zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen an, er habe in Afghanistan keine Arbeit gehabt und herrsche dort Krieg. Für den Iran habe er seit fünf Jahren keine Aufenthaltsberechtigung mehr und hätten dort Afghanen nicht so viele Rechte und würden ausgenützt.

I.2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.05.2017 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass sie in den Iran gegangen seien, nachdem die Taliban ihr Dorf angegriffen hätten, als der Beschwerdeführer etwa im vierten oder fünften Lebensjahr gewesen sei. Im Iran habe er ein Mädchen kennen gelernt und getroffen. Ihre Brüder hätten sie erwischt und den Beschwerdeführer beschimpft und geschlagen. Er sei dann nach Teheran geflüchtet und nach Afghanistan abgeschoben worden. Er hätte zurück in den Iran reisen wollen. Der Schlepper habe ihn vergewaltigen wollen. Dann sei er zurück in den Iran gereist, wo ihn die Brüder des Mädchens noch immer suchen würden. Also sei er ausgereist. Auch würden ihn die Taliban im Fall einer Rückkehr umbringen, weil er Schiit sei.

I.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.05.2017, zugestellt am 19.05.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Begründend führt die belangte Behörde aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers beziehe sich auf den Iran. Es stehe ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

I.4. Mit Verfahrensanordnung vom 17.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsberatungsorganisation zur Seite gestellt.

I.5. Gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2017 richtet sich die am 31.05.2017 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde, in der ausgeführt wird, dem Beschwerdeführer drohe als Rückkehrer aus dem Iran im Herkunftsstaat gravierende Diskriminierung. Außerdem drohe ihm als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara GFK-relevante Verfolgung.

I.6. Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 27.11.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter und eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme. In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat als Schiit und "Rückkehrer" verfolgt, im Wesentlichen aufrecht. Er habe dort kein Zuhause und keine Existenzgrundlage. Außerdem schilderte der Beschwerdeführer den bereits zuvor erwähnten Vergewaltigungsversuch durch den Schlepper nach seiner Abschiebung nach Afghanistan. Es bestehe auch die Gefahr, entführt, vergewaltigt und als Tanzjunge missbraucht zu werden.

I.7. Am 29.12.2017 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein, die zur Lage im Herkunftsstaat sowie zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ausführt und Länderberichte in das Verfahren einbringt. Am 09.03.2018 und am 04.10.2018 langten weitere Stellungnahmen des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein.

I.8. Mit Schreiben vom 06.12.2018 brachte das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 21.12.2018 langte die diesbezügliche Stellungnahme des Beschwerdeführers am Bundesverwaltungsgericht ein, in der umfassend zur Versorgungs- und Rückkehrsituation im Herkunftsstaat ausgeführt wird. Außerdem sei der Beschwerdeführer westlich orientiert.

I.9. Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

* Diverse Schulunterlagen

* Mehrere Empfehlungsschreiben

* Praktikanten-Arbeitsvertrag vom 21.02.2017

* Arbeitszeugnis vom 20.08.2017

* Schulzeugnisse des Beschwerdeführers

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde spätestens am XXXX in Afghanistan geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er spricht auch Farsi.

Die Identität des Beschwerdeführers steht, mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit, mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt Dara-e Suf, Provinz Samangan. Als der Beschwerdeführer etwa vier oder fünf Jahre alt war reiste die Familie in den Iran aus. Dort lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Europa. Er hat im Iran zwei Jahre die Schule besucht und als Hilfsarbeiter gearbeitet, nämlich auf Baustellen, als Tischler und als Schuhmacher.

Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern, drei minderjährigen Brüdern und zwei Schwestern (davon eine minderjährig) lebt im Iran. Zu ihnen besteht Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat keine Angehörigen im Herkunftsstaat.

Ein Cousin des Beschwerdeführers ist im Bundesgebiet aufhältig.

Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit er am 12.11.2015 seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat durchgehend im Bundesgebiet auf. Er lebt in Österreich von der Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Er hat im Bundesgebiet einige Kontakte geknüpft und hat eine Freundin. Ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht. Er besucht eine Hotelfachschule mit Pflichtschulabschluss und hat dafür auch bezahlte Praktika absolviert. Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

II.1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer verließ den Herkunftsstaat gemeinsam mit seinen Eltern als er etwa vier oder fünf Jahre alt war. Seither hat er sich abgesehen von einem kurzen Aufenthalt im Herkunftsstaat für etwa zwei bis drei Tage infolge einer Abschiebung dorthin durchgehend im Iran aufgehalten. Dort war er zuletzt illegal aufhältig.

Abseits der Sicherheitslage können keine Gründe für die Ausreise des Beschwerdeführers und seiner Eltern in den Iran festgestellt werden.

Dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit, seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" oder wegen "westlicher Orientierung" Übergriffe durch private oder staatliche Akteure drohen, ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Dass der Beschwerdeführer von der Gefahr betroffen ist, entführt, vergewaltigt und als Tanzjunge missbraucht zu werden, ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

II.1.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Samangan zählt zu den relativ ruhigen und stabilen Provinzen Nordafghanistans und ist vom innerstaatlichen bewaffneten Konflikt wenig betroffen. Aufständische versuchen allerdings, ihre Aktivitäten auszuweiten.

Im Fall einer Rückkehr nach Samangan ist es nicht wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer im Zuge von Kampfhandlungen zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften der Regierung oder durch Übergriffe Aufständischer zu Tode kommt oder misshandelt oder verletzt wird.

Die Provinz Balkh ist eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat wenige Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Die Betroffenheit vom innerstaatlichen Konflikt ist gering.

Mazar-e Sharif steht unter Regierungskontrolle und verfügt über einen Internationalen Flughafen, über den die Stadt gut und sicher erreichbar ist. Die Durchreise von Mazar-e Sharif aus durch Balkh nach Samangan ist etwa über die Hauptautobahn von Mazar-e Sharif nach Kabul, die durch die Provinz Samangan und deren Provinzhauptstadt Aybak verläuft oder von Mazar-e Sharif über die Autobahn Richtung Bamyan nach Dara-e Suf in Samangan mittels Bus oder Gemeinschaftstaxi sicher möglich.

Zugang zu medizinischer Versorgung ist im Herkunftsstaat gegeben. Die medizinische Behandlung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ist gewährleistet.

Im Fall einer Rückführung in seine Herkunftsprovinz ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wird decken können.

Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zu Name, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit und Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen gleichbleibenden und glaubwürdigen Angaben.

Das festgestellte spätestmögliche Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem widerspruchsfreien und schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachten. Diesem Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sondern wendet lediglich ein, seine Eltern hätten ihm gesagt, wie alt er sei. Das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsjahr erscheint auch insbesondere in Zusammenschau mit den Schilderungen des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgeschichte (Ausreise aus dem Herkunftsstaat, weil die Taliban das Herkunftsdorf angegriffen hätten) vor dem Hintergrund der ins Verfahren eingebrachten Länderberichte wenig plausibel. Dem mündlich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.07.2017 zur GZ W119 2143212-1 erstatteten Sachverständigengutachten von Dr. Sarajuddin RASULY ist zu entnehmen, dass der erste Angriff der Taliban auf Dara-e Suf im Jahr 1998 erfolgte und dass es bis dahin keine Bodenkämpfe mit der Zivilbevölkerung gegeben habe. Randgebiete des Distriktes seien Ende 1998 angegriffen worden. Nach dem Fall der Taliban dagegen zählte Samangan zu den relativ ruhigen und stabilen Provinzen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand:

29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 23.11.2018 [in der Folge Länderinformationsblatt], Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.29. Samangan, Abschnitt Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage). Die Erzählung des Beschwerdeführers, er sei im Alter von vier oder fünf Jahren wegen des Angriffes der Taliban auf ihr Dorf (der nach den oben zitierten Länderinformationen frühestens Ende 1998 stattgefunden haben kann) ausgereist, ist mit dem vom Beschwerdeführer angegebenen Geburtsjahr folglich nicht vereinbar und erscheint es damit sogar höchst wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer - selbst wenn man zugesteht, dass er im Ausreisezeitpunkt ein Kleinkind war, daher kaum Erinnerungen daran haben kann und seine Altersangabe für den Zeitpunkt der Ausreise damit ungenau sein muss - noch deutlich früher als festgestellt geboren wurde. Mangels Relevanz des genauen Alters des Beschwerdeführers für das Verfahren wird darauf jedoch nicht weiter eingegangen und das laut Sachverständigengutachten spätestmögliche Geburtsdatum festgestellt.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstiger Bescheinigungsmittel konnte die weitere Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Die Feststellung zu Herkunftsdistrikt- und Provinz ergibt sich aus dessen wiederholter diesbezüglichen Angabe sowohl in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.05.2017 (Einvernahmeprotokoll S. 4-5) als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2017 (Verhandlungsprotokoll S. 4).

Die Ausreise der Familie in den Iran, als der Beschwerdeführer etwa vier bis fünf Jahre alt war, wird durchgehend von diesem angegeben und erscheint vor dem Hintergrund dessen, dass der Aufenthalt zahlreicher Afghanen im Iran amtsbekannt ist, auch plausibel. Die Feststellung zu Schulbesuch und Berufstätigkeit des Beschwerdeführers im Iran sowie zum Verbleib seiner Familienangehörigen basiert ebenso auf dessen diesbezüglich gleichbleibenden Angaben.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Angehörigen im Herkunftsstaat hat, ergibt sich aus dessen Angaben, die unter Berücksichtigung der langen Abwesenheit der Familie aus dem Herkunftsstaat plausibel erscheint.

Die Feststellung zum Cousin des Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen Angaben. Die Asylantragstellung des Cousins ist auch aktenkundig.

Die Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus seinen Angaben und den im Akt einliegenden Bestätigungen. Zur Aufenthaltsdauer in Österreich ist auszuführen, dass das Datum der Asylantragstellung aktenkundig ist und Hinweise dafür, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet zwischenzeitig verlassen hätte, nicht hervorgekommen sind. Die Feststellung dazu, dass der Beschwerdeführer Kontakte geknüpft hat und eine Freundin hat, ergeben sich aus seinen Angaben und den vorgelegten Empfehlungsschreiben sowie aus der allgemeinen Lebenserfahrung, der zufolge aus dem Kontakt mit Mitmenschen beinahe zwangsläufig soziale Beziehungen irgendeiner Art entstehen. Insbesondere die Anwesenheit der Freundin des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 10.05.2017 als Vertrauensperson und bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2017 lässt plausibel erscheinen, dass der Beschwerdeführer eine Beziehung mit ihr führt. Die Feststellung, dass ein gemeinsamer Haushalt nicht besteht, basiert darauf, dass der Beschwerdeführer derartiges nicht behauptete. Der Schulbesuch des Beschwerdeführers und sein Praktikum sind durch die vorgelegten Schulzeugnisse, Schulbesuchsbestätigungen und die im Akt einliegenden Unterlagen betreffend das Praktikum belegt.

Die Feststellung zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere daraus, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, über gute Deutschkenntnisse zu verfügen. Dass diese Behauptung zutrifft, erscheint insbesondere vor dem Hintergrund des Schulbesuchs des Beschwerdeführers und seiner Absolvierung eines Praktikums im Service eines Restaurants als plausibel und hat der Beschwerdeführer auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht seine Deutschkenntnisse demonstrieren können. Mangels Vorlage eines Deutschzertifikates konnte ein bestimmtes erlangtes Niveau nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen allerdings nicht festgestellt werden.

Zur beantragten weiteren Verhandlung unter anderem zum Beweis für die intensive Integration des Beschwerdeführers in Österreich ist auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits im Zuge der mündlichen Verhandlung am 27.11.2017 einen intensiven persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer und seinen Integrationserfolgen gewinnen konnte und seine seitherigen weiteren Integrationsbemühungen, insbesondere die Fortsetzung seines Schulbesuches, seine Praktika und seine sozialen Kontakte sich umfassend aus den vorgelegten weiteren Unterlagen ergeben. Eine Änderung des Sachverhaltes seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.11.2017 in dem Sinne, dass ein weiterer Verhandlungstermin notwendig wäre, ergibt sich allerdings nicht. Insbesondere folgt das Bundesverwaltungsgericht in seinen Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich den von den vorgelegten Unterlagen untermauerten Angaben des Beschwerdeführers. Der Sachverhalt erscheint damit nicht weiter klärungsbedrüftig und ein weiterer Verhandlungstermin als nicht erforderlich.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass ein anderslautendes Vorbringen nicht erstattet und im Lauf des Verfahrens auch keine ärztlichen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers nachweisen würden.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

II.2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Die Feststellung zur Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Herkunftsstaat im Alter von etwa vier oder Fünf Jahren und zum einmaligen kurzen Aufenthalt im Herkunftsstaat beruht auf seinen diesbezüglich gleichbleibenden und plausiblen Angaben.

Die Feststellung zum illegalen Aufenthalt im Iran beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers und erscheint vor dem Hintergrund des Amtswissens über Situation von Afghanen im Iran plausibel (siehe dazu auch Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr, insbesondere Unterabschnitt Afghanische Flüchtlinge im Iran).

Die Feststellung, dass andere Gründe für die Ausreise des Beschwerdeführers und seiner Eltern in den Iran abseits der Sicherheitslage nicht festgestellt werden können, beruht darauf, dass der Beschwerdeführer keine Angaben über weitere Ausreisegründe gemacht hat. Dass die Ausreise erfolgte, weil die Taliban das Herkunftsdorf angegriffen hätten, erscheint allerdings plausibel, weswegen das Bundesverwaltungsgericht die Sicherheitslage im Herkunftsstaat als Ausreisegrund festgestellt hat.

Zum widerholten Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm drohe wegen seiner Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam bzw. wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara im Herkunftsstaat die Gefahr, Opfer von Übergriffen zu werden, ist zunächst auszuführen, dass die schiitische Religionszugehörigkeit dem Länderinformationsblatt zufolge wesentlich zum ethnischen Selbstverständnis der Hazara zählt (Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.1. Hazara) und bedingt durch diese untrennbare Verbundenheit oftmals nicht eindeutig zwischen einer Diskriminierung und Misshandlung aufgrund der Religion einerseits oder aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit andererseits unterschieden werden kann (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 [in der Folge UNHCR-Richtlinien], S. 69-70). Daher scheint in diesem Fall eine gemeinsame beweiswürdigende Betrachtung der Merkmale der Religions- und der Volksgruppenzugehörigkeit geboten.

Weder aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 15.

Religionsfreiheit, insbesondere Unterkapitel 15.1. Schiiten sowie Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.2. Hazara) noch aus den UNHCR-Richtlinien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) religiöse Minderheiten [S. 66 ff.], insbesondere Abschnitt Schiiten [S. 69 f.] und Unterkapitel

13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, Buchstabe b) Hazara [S. 106 f.]), ergibt sich, dass es systematisch zu so intensiven Übergriffen gegen schiitische Hazara kommt, dass gleichsam jeder Angehörige dieser Volksgruppe aufgrund seiner Anwesenheit im afghanischen Staatsgebiet mit Übergriffen rechnen muss. Zwar berichtet das Länderinformationsblatt von sozialen Ausgrenzungen und Diskriminierung ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag, die nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert werden und auch, dass ethnische Spannungen weiterhin zu Konflikten und Tötungen führen, gleichzeitig ist aber auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft sowie von deren Etablierung in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft die Rede. Auch berichtet wird von sozialer Diskriminierung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, physischer Misshandlung und Festnahme. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von derartigen Übergriffen wurde allerdings nicht substantiiert dargetan, während sich eine automatische Betroffenheit aller Hazara aus dem soeben zitierten Länderinformationsmaterial nicht ergibt. Daher wurde festgestellt, dass Übergriffe durch private oder staatliche Akteure gegen den Beschwerdeführer wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

Zur Feststellung, dass nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" Übergriffe durch private oder staatliche Akteure drohen, ist auszuführen, dass das Länderinformationsblatt in seinem Kapitel 23. Rückkehr keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass es im Herkunftsstaat zu systematischen Übergriffen gegen Rückkehrer kommt. Die UNHCR-Richtlinien erwähnen zwar Fälle von Rückkehrern, die von Aufständischen bedroht, gefoltert und ermordet worden seien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Riskoprofile, Unterkapitel 1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regirung und der internationalen Gemeinschaft einfschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vemeintlich unterstützen, Litera i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen [S. 52 f.]), belegen aber nicht, dass systematisch Übergriffe gegen Rückkehrer aus dem westlichen Ausland stattfinden. Die EASO, Country Guidance: Afghanistan von Juni 2018 (in der Folge: EASO-Guidance; siehe Abschnitt Common analysis:

Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 13. Individuals perceibed as "Westernised", S. 57) trifft lediglich die allgemeine Aussage, dass Rückkehrer aus dem westlichen Ausland Ziel aufständischer Gruppierungen werden können und verknüpft dieses Merkmal mit der Gefahr, als "verwestlicht" wahrgenommen zu werden. Systematische Übergriffe gegen Rückkehrer gehen allerdings auch aus dem EASO-Bericht nicht hervor. Insbesondere wird hier ausgeführt, dass Risiko für Männer, als "verwestlicht" wahrgenommen zu werden, sei minimal und von den spezifischen individuellen Umständen abhängig. Inwiefern eine konkrete Gefahr, dass sich eines der abstrakt geschilderten manche Rückkehrer treffenden Risiken gerade für den Beschwerdeführer aufgrund seiner spezifischen individuellen Umstände verwirklichen könnten, wurde allerdings nicht substantiiert dargetan und ist auch nicht ersichtlich.

Zum mit Stellungnahme vom 20.12.2018 erstatteten Vorbringen, der Beschwerdeführer sei "westlich orientiert" ist auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer zwar zugesteht, dass sich sein "Lebensstil" bedingt durch sein hauptsächliches Aufwachsen im Iran sowie seinen nunmehr etwa dreijährigen Aufenthalt in Europa von demjenigen eines im Herkunftsstaat aufgewachsenen jungen Mannes unterscheidet. Jedoch ist dem vorliegenden Länderberichtsmaterial nicht zu entnehmen, dass für Männer - im Unterschied zu Frauen, die einen am "westlichen Gesellschaftsbild" orientierten selbstbestimmten Lebensstil pflegen wollen - ein am "westlichen" Gesellschaftsbild orientierter Lebensstil bzw. eine "westliche" Geisteshaltung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe gegen die betroffene Person auslösen. Den Länderinformationen lässt sich etwa entnehmen, dass Frauen in Afghanistan aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, mit allgegenwärtiger sozialer, politischer und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert sind. Frauen, die vermeintliche soziale Normen und Sitten verletzen - dies sind zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch die Forderung nach männlicher Begleitung in der Öffentlichkeit oder Beschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten - werden stigmatisiert, diskriminiert und ihre Sicherheit ist gefährdet. Besonders gefährdet und kaum in der Lage, zu überleben, sind Frauen ohne männlichen Schutz. (siehe dazu UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe h) Frauen im öffentlichen Leben, S. 51 und Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen, S. 52 sowie Länderinformationsblatt, Kapitel 17. Frauen). Vergleichbare Einschränkungen in der Lebensführung für Männer ergeben sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht und hat der Beschwerdeführer eine damit vergleichbare Situation für Männer auch nicht behauptet. Er zeigt mit seinen Ausführungen, er wolle ein freies Leben führen, sei für die Gleichstellung von Mann und Frau, lehne den strengen Islam ab und wolle sich kleiden, wie er möchte, habe eine westliche Denkweise und westliche Umgangsformen angenommen, dass er den Gehalt eines "westlich" orientierten Lebensstiles gründlich verkennt. Dem Beschwerdeführer können etwa als Mann auch keine Übergriffe aufgrund von Verstößen gegen Frauen betreffende soziale Normen und Sitten drohen, mag er auch das westliche Frauen- und Gesellschaftsbild befürworten. Auch mag ein selbstbestimmtes Leben in Form von etwa Berufstätigkeit, Teilnahme am öffentlichen Leben und Bewegungsfreiheit fester Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers sein. Jedoch bricht er damit nicht - wie es bei Frauen der Fall wäre - mit afghanischen Sitten und Gebräuchen und können ihm aus diesem Grund auch keine Übergriffe drohen.

Zum mit Stellungnahme zum Vorbringensaspekt einer westlichen Orientierung in das Verfahren eingebrachten Gutachten Afghanistan für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28.03.2018 von Friederike Stahlmann ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme keinerlei spezifischen Bezug seines Vorbringens zum Gutachten herstellt und auch nicht ausführt, aus welchen Passagen des Gutachtens er welches Tatsachensubstrat für seine Behauptung gewinnen will. Eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten unter jedwedem denkmöglichen Blickwinkel, den der Beschwerdeführer gemeint haben könnte, erübrigt sich allerdings.

Bedingt durch die eben getätigten Ausführungen zu einer fehlenden Übergriffsgefahr gegen den Beschwerdeführer als Mann wegen "westlicher Orientierung" erscheint die Durchführung einer mit Stellungnahme vom 20.12.2018 beantragten weiteren Verhandlung zur Darstellung der "westlichen Lebensweise" des Beschwerdeführers als nicht erforderlich, um den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu klären.

Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer sei der Gefahr ausgesetzt, als "Bacha Bazi" missbraucht oder vergewaltigt zu werden, ist dem Länderinformationsblatt (Kapitel 17. Frauen, Unterkapitel 17.1. Kinder Abschnitt Bacha Bazi (Bacha Bazi) - Tanzjungen) zu entnehmen, dass von dieser Praxis üblicherweise Jungen zwischen zehn und 18 Jahren betroffen sind. Auch dem mit Schreiben vom 06.12.2018 durch das Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten mündlich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.07.2017 zur GZ W119 2143212-1 erstatteten Sachverständigengutachten von Dr. Sarajuddin RASULY lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer als beinahe 20-jähriger Mann dafür nicht mehr infrage kommt.

Die vom Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 20.12.2018 in das Verfahren eingebrachte ACCORD Anfragebeantwortung zu Afghanistan:

Informationen zu Vergewaltigungen von Männern/Jungen durch Männer (Umgang der Gesellschaft mit diesem Thema; Konsequenzen für den vergewaltigten Mann/Jungen; Schutzwilligkeit/-fähigkeit der Polizei in solchen Fällen) [a-9353-1] berichtet ebenso, dass der weit überwiegende Anteil der Opfer unter 18 Jahre alt ist. Es ist zwar richtig, dass eine Quelle, wie in der Stellungnahme vom 20.12.2018 berichtet, dass 13 % der Opfer zwischen 18 und 25 Jahre alt sind. Dafür, dass gerade der Beschwerdeführer zu dieser Gruppe der Betroffenen zählen sollte, obwohl er in der Vergangenheit nicht betroffen war, wird nicht substantiiert und konkret ausgeführt.

Zwar stellt der vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geschilderte Vergewaltigungsversuch durch einen Schlepper als der Beschwerdeführer etwa 14 Jahre alt war (Verhandlungsprotokoll S. 7) zweifellos ein verabscheuungswürdiges Verbrechen dar. Daraus lässt sich jedoch für die Zukunft nicht ableiten, dass dem nun volljährigen Beschwerdeführer ähnliche Vorfälle wieder drohen könnten. Insbesondere ist dem mündlich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.07.2017 zur GZ W119 2143212-1 erstatteten Sachverständigengutachten von Dr. Sarajuddin RASULY zu entnehmen, dass ein Risiko, "Bacha Bazi" zu werden, besonders dann besteht, wenn Kinder vorher öfter missbraucht und in Verruf gebracht worden sind. Der Beschwerdeführer selbst gibt allerdings an, die Täter hätten Angst gehabt, dass die Nachbarn das (den Vergewaltigungsversucht) mitbekommen würden und ihr Ruf geschädigt werden könnte (Verhandlungsprotokoll S. 7). Demnach geht auch der Beschwerdeführer nicht davon aus, dass der Vergewaltigungsversuch im Herkunftsstaat irgendwie publik geworden ist. Für erwachsene Männer wie den Beschwerdeführer ist allerdings den vorliegenden Berichten nicht zu entnehmen, dass ihnen ein spezifisches Vergewaltigungsrisiko droht. Daher konnte festgestellt werden, dass nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass der Beschwerdeführer von der Gefahr betroffen ist, entführt, vergewaltigt oder als Tanzjunge missbraucht zu werden.

Für eine Verfolgung aus anderen als den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründen haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben und sich auch keine Umstände amtsbekannt, dass in der Person des Beschwerdeführers vereinigte Merkmale im Herkunftsstaat Verfolgung nach sich ziehen.

II.2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel

2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellung zur relativ geringen Betroffenheit der Provinz Samangan vom innerstaatlichen Konflikt fußt insbesondere auf der Einschätzung der EASO-Guidance (siehe Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, S. 89-90), der zufolge das Gewaltniveau in Samangan so niedrig ist, dass das Risiko für Zivilisten, persönlich betroffen zu sein, äußerst gering ist. Die Präsenz Aufständischer sei sehr gering. Auch das Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.29. Samangan, insbesondere Abschnitt Allgemeine Information zur Sicherheitslage) bestätigt, dass Samangan seit dem Fall der Taliban zu den relativ ruhigen und stabilen Provinzen zählt. Es wird zwar auch von einer versuchten Destabilisierung durch Aufständische (IS, Taliban, Islamische Bewegung Usbekistan) berichtet, die in einigen Distrikten aktiv seien. Die Häufigkeit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (siehe Dazu die Grafik Sicherheitsrelevante Vorfälle im schon zitierten Kapitel 3.29. Samangan) ist allerdings dennoch sehr gering und wird insbesondere nur von Verhaftungen Aufständischer berichtet (siehe Abschnitt Militärische Operationen in Samangan). Nicht berichtet wird von Zusammenstößen zwischen Regierung und Aufständischen oder Luftangriffen. Folglich muss nicht damit gerechnet werden muss, dass gleichsam jede in der Provinz aufhältige Person mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorfall betroffen wäre und es konnte festgestellt werden, dass es im Fall einer Rückkehr nach Samangan nicht wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer im Zuge von Kampfhandlungen zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften der Regierung oder durch Übergriffe Aufständischer zu Tode kommt oder misshandelt oder verletzt wird.

Dem steht auch die vom Beschwerdeführer mit schriftlicher Stellungnahme vom 20.12.2018 ins Verfahren eingebrachten "Bericht" Jetzt (teilweise) lesen: Afghanistan-Bericht des Auswärtigen Amtes, mit Bewertung vom 27.07.2018 aus folgenden Gründen nicht entgegen:

Zunächst ist anzumerken, dass sich dieser auf einen nicht in das Verfahren eingebrachten Bericht des Auswärtigen Amtes (Deutschland) zur Asyllage in Afghanistan bezieht und diesem mangelnde Differenziertheit attestiert. Inwiefern aus der pauschalen und aus dem Zusammenhang gerissen zitierten Bewertung Ruttigs ("Dabei ist klar, dass Provinzen mit geringer Zahl an Sicherheitsvorfällen (Samangan, Bamian, Daykundi, Pandschir) so isoliert und bevölkerungsarm sind, dass sie Inseln in Feindesland darstellen und man sie kaum als sicher oder stabil ansehen kann. Zudem gibt es selbst dort (m[i]t Ausnahme Pa[d]dschirs) Distrikte mit relativ hoher Kampfintensität und sogar Taleban-Kontrolle.") für das vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachte Berichtsmaterial etwas zu gewinnen ist, ist nicht ersichtlich. Ruttig kritisiert mit der zitierten Passage insbesondere, dass im Bericht des Auswärtigen Amtes keine Angaben enthalten seien, welche Provinzen vergleichsweise stabil seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Länderinformationsblatt und die EASO-Guidance sehr wohl regional je nach Provinz stark differenzieren und provinzspezifische Angaben zur Sicherheitslage enthalten (insbesondere attestiert Ruttig selbst den Berichten von EASO viel größere Ausführlichkeit). Daher ist die verfahrensrelevanz der zitierten Kritik Ruttigs am Bericht des Auswärtigen Amtes zur Asyllage nicht ersichtlich und ist daraus für die Beurteilung der Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers nichts gewonnen.

Die Feststellung zur Sicherheitslage in und zur Konfliktbetroffenheit von Balkh ergibt sich insbesondere aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh) und finden Bestätigung in der EASO-Guidance, der zufolge das Gewaltniveau in Balkh so gering ist, dass ein Risiko persönlicher Betroffenheit für Zivilisten nicht angenommen werden kann (EASO-Guidance, Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, S. 79).

Die Feststellung, dass Mazar-e Sharif unter Regierungskontrolle steht, fußt darauf, dass in den vorliegenden Berichten von einer Einnahme der Stadt durch Aufständische nicht berichtet wird. Die Feststellung zum Flughafen in Mazar-e Sharif fußt auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Internationale Flughäfen in Afghanistan, Unterabschnitt Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif.

Die Feststellung zur Hauptautobahn ist dem Länderinformationsblatt entnommen (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.29. Samangan und Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Ring-Road, Unterabschnitt Autobahnabschnitt Baghlan-Balkh), dem zufolge der Autobahnabschnitt Baghlan-Balkh unter anderem Mazar-e Sharif mit Samangan verbindet. Es wird auch von der Fertigstellung des Autobahnabschnitts Mazar-e Sharif in den Distrikt Yakawlang in der Provinz Bamyan berichtet, der unter anderem Mazar-e Sharif mit dem Distrikt Dara-e Suf verbindet (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Ring-Road, Unterabschnitt Autobahnabschnitt Autobahnabschnitte Kabul-Bamyan und Bamyan-Mazar-e Sharif). Hierzu ist anzumerken, dass die Staatendokumentation die Informationen der zitierten Quelle offenbar falsch übernommen hat, indem gleichzeitig die Fertigstellung der Strecke von Mazar-e Sharif nach Yaklawang (die geographisch über Dara-e Suf führen muss) und dann kurz später berichtet wird, dass die Straße erst gebaut werde. Der im Länderinformationsblatt zitierten Quelle ist jedoch zu entnehmen, dass nur der Abschnitt Bamyan - Kandahar noch nicht fertig gestellt ist (Xinhua [9.1.2017]:

Chinese firm signs contract to build road in Afghanistan, http://news.xinhuanet.com/english/2017-01/09/c_135964706.htm, Zugriff durch das Bundesverwaltungsgericht am 04.02.2019). Eine Reise von Mazar-e Sharif aus Richtung Süden nach Dara-e Suf in Samangan ist demnach ebenso möglich.

Zur Möglichkeit einer sicheren Durchreise von Mazare- Sharif aus durch Balkh nach Samangan ist zunächst auszuführen, dass das afghanische Transportwesen zunächst als verhältnismäßig gut gilt und es regelmäßige Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte gibt. Insbesondere von Busverbindungen zwischen Mazar-e Sharif und Kabul sowie Bamiyan wird berichtet, die also auf den oben beschriebenen Straßen durch Samangan verkehren. Auch Gemeinschaftstaxis stünden zur Verfügung (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Transportwesen). Demnach ist die Erreichbarkeit grundsätzlich gegeben. Zur Sicherheit ist auszuführen, dass sich den jeweiligen Statistiken Sicherheitsrelevante Vorfälle für die Provinzen Balkh und Samangan (Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.5. Balkh und 3.29. Samangan) jeweils ergibt, dass Busbahnhöfe, Bussicherheit und busbezogene Vorfälle sowie Angriffe auf Logistik nicht verzeichnet sind. Demnach stellt die Präsenz Aufständischer entlang einiger Straßenabschnitte für die konkrete Route, die der Beschwerdeführer befahren müsste, kein maßgebliches Problem dar. Insbesondere sind auch die betreffenden Straßenabschnitte nicht als besonders gefährdet aufgezählt (Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheit, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit).

Die Feststellung zum Zugang zu medizinischer Versorgung im Herkunftsstaat ist dem Länderinformationsblatt entnommen (Kapitel 22. Medizinische Versorgung), demzufolge es in den letzten Jahren zu einer Zunahme der Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung gekommen ist, auch wenn Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung stark variieren und nicht alle Einwohner (uneingeschränkten) Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben. Die Behandelbarkeit leichter und saisonbedingter Krankheiten sowie medizinscher Notfälle in den öffentlichen Krankenhäusern größerer Städte ist allerdings gewährleistet (Kapitel 22. Medizinische Versorgung, Unterkapitel 22.1. Krankenhäuser in Afghanistan). Nachdem der Beschwerdeführer an spezifischen Erkrankungen nicht leidet, erscheint seine medizinische Versorgung damit gewährleistet.

Zu Armut und Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass sich aus dem Länderinformationsblatt ergibt, dass Armut und Arbeitslosigkeit in ganz Afghanistan hoch sind, jedoch auch, dass beim Wiederaufbau Fortschritte erzielt werden können (Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft).

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob der Beschwerdeführer sich im Fall einer Rückkehr in die Herkunftsprovinz eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122). Zweifellos handelt es sich beim Beschwerdeführer um einen jungen, gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter ohne zusätzliche Verantwortung für andere Personen. Der Beschwerdeführer verfügt über im Iran erworbene Berufserfahrung und konnte dadurch, dass er in Österreich Bildungsangebote wahrgenommen hat, sein Ausbildungsniveau und damit seine Chancen auf Erwerbstätigkeit zweifellos signifikant verbessern, sodass er zumindest durch Gelegenheitsjobs und seine Teilnahme am informellen Arbeitsmarkt allenfalls nach einer anfänglichen Orientierungsphase sein Auskommen wird erwirtschaften können. Bedingt durch seine Sozialisation in einem islamischen Land und dadurch, dass er im Iran in seinem afghanischen Familienverband aufgewachsen ist, konnten seine Eltern ihm das notwendige Wissen über die afghanische Kultur und Tradition vermitteln. Insbesondere hat der Beschwerdeführer Kontakt zu seinen Eltern und kann zumindest auf deren beratende Unterstützung zurückgreifen. Daher hat er den Bezug zum Herkunftsstaat nicht gänzlich verloren, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass er sein Überleben nach eventuellen anfänglichen Startschwierigkeiten wird sichern können. Er spricht mit Dari eine der Landessprachen und wird sich damit im Herkunftsstaat verständigen können. Insbesondere ist eine anfängliche Unterstützung des Beschwerdeführers eventuelle durch seine im Iran aufhältigen Verwandten über die Landesgrenzen hinweg oder durch eine der angebotenen Reintegrationsmaßnahmen - bis der Beschwerdeführer sich eine selbstständige Existenzgrundlage aufbauen kann - durchaus möglich. Hierbei ist anzumerken, dass es dem Beschwerdeführer auch freisteht, seine Rückkehr und Reintegration bereits von Österreich aus vorzubereiten und so besser an den angebotenen Maßnahmen partizipieren zu können.

Zur Dürre im Herkunftsstaat, die auch in der Stellungnahme vom 20.12.2018 thematisiert wird, ist auszuführen, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers nicht zu den besonders betroffenen Provinzen zählt (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 3. Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative in afghanischen Städten, S.125-126) und die Ernährungslage für die Herkunftsprovinz mit Phase 2 "angespannt" eingeschätzt wird (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Afghanistan, Versorgungslage Mazar-e Sharif im Zeitverlauf 2010-2018 vom 19.11.2018, S. 42 v.a. Abb. 11). Demnach ist die Ernährungslage minimal ausreichend (Ebd. S. 43). Von einer Hungersnot für die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers wird nicht berichtet.

Insbesondere ist den vorliegenden Informationen zur Herkunftsprovinz auch nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser, Lebensmitteln, Unterkunft und Gesundheitsversorgung grundsätzlich nicht gewährleistet oder zusammengebrochen wäre (Länderinformationsblatt Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.29. Samangan)

Eine spezifische Vulnerabilität oder konkrete Gefährdungsmomente hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert dargetan. Insbesondere gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Daher sind besondere exzeptionelle Umstände, die dazu führen könnten, dass der Beschwerdeführer sich in der Herkunftsprovinz keine Lebensgrundlage wird aufbauen können, nicht ersichtlich.

Die Feststellung zur Rückkehrhilfe ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

II.3.1. Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person unter anderem, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist für den Flüchtlingsbegriff der GFK entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199).

"Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (zuletzt VwGH 31.07.2018 mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

II.3.1.1. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089 mwN).

Der Beschwerdeführer konnte wie festgestellt seine Zugehörigkeit zur Gruppe der schiitischen Hazara glaubhaft machen.

Der Verwaltungsgerichthof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048; VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0377; VwGH 20.04.2018, Ra 2018/18/0194 sowie jüngst VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0164).

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Da eine Gruppenverfolgung - in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.

II.3.1.2. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der "Rückkehrer"-Eigenschaft des Beschwerdeführers

Da es wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt im Herkunftsstaat nicht gleichsam systematisch zu Übergriffen gegen Personen kommt, die - wie es auch beim Beschwerdeführer der Fall wäre - aus dem westlichen Ausland bzw. dem Iran nach Afghanistan zurückkehren, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm Aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" automatisch Verfolgung droht. Eine konkrete und individuelle Betroffenheit des Beschwerdeführers von Übergriffen, wie sie gegen manche "Rückkehrer" vorkommen können, konnte dieser - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - nicht glaubhaft machen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen GFK-Gesichtspunkt die behauptete Verfolgungsgefahr allenfalls zu subsumieren wäre, erübrigt sich damit.

II.3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen "westlicher Orientierung"

Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen (zuletzt VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0357).

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seiner bisherigen Judikatur die Asylgewährung aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils auf Frauen beschränkt hat (Vgl. auch VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329). Weiter ist zum Gehalt der "westlichen" Orientierung auszuführen, dass diese vor allem eine selbstbestimmte Lebensweise umfasst, insbesondere Zugang zu Bildung und Ausbildung, Berufstätigkeit (ohne männliche Zustimmung), selbstständige Lebensführung auch außer Haus, Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung, Entscheidungshoheit über die eigene Lebensführung, etc. Dass dem Beschwerdeführer als Mann aufgrund einer solchen eine mögliche "westliche" Orientierung ausdrückenden Lebensstils Übergriffe drohen, konnte - wie beweiswürdigend ausgeführt - nicht glaubhaft gemacht werden, weswegen auch eine daraus resultierende Verfolgungsgefahr zu verneinen ist.

II.3.1.4. Zur behaupteten möglichen Betroffenheit des Beschwerdeführers als Bacha Bazi Vergewaltigung

Die Frage, ob eine Verfolgungsgefahr durch staatliche oder private Stellen aufgrund eines Missbrauches als "Bacha Bazi" (Tanzjunge) bei einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention - allenfalls unter dem Anknüpfungspunkt der sozialen Gruppe der (ehemaligen) Tanzjungen - darstellt, wurde bereits mehrmals an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen. Bisher hat der Verwaltungsgerichtshof eine Auseinandersetzung damit, ob es sich bei der Gruppe der (ehemaligen) Tanzjungen um eine soziale Gruppe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention handelt, unterlassen. Begründend verweist er stets auf einen mangelnden kausalen Zusammenhang zwischen der behaupteten (ehemaligen) Zugehörigkeit zu dieser Gruppe mit einer Verfolgung, wenn nach Erreichen der Volljährigkeit keine weitere Verfolgung drohe (zuletzt VwGH 03.05.2018, Ra 2018/19/0171).

Nachdem der Beschwerdeführer wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht glaubhaft machen konnte, dass ihm als volljähriger Mann im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat die Gefahr droht, als "Bacha Bazi" missbraucht zu werden, kann im Sinne der obigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mangels kausalem Zusammenhang zu einer möglichen Verfolgung dahingestellt bleiben, unter welchen GFK-Fluchtgrund das Vorbringen allenfalls zu subsumieren wäre. Eine Verfolgungsgefahr aus diesem Fluchtvorbringen ist damit in jedem Fall zu verneinen.

II.3.1.5. Zum auf den Iran bezogenen Fluchtvorbringen

Soweit sich das Vorbringen des Beschwerdeführers auf die schwierigen Lebensumstände im Iran aufhältiger Afghanen und auf eine Verfolgungsgefahr durch die Brüder eines Mädchens, das der Beschwerdeführer im Iran getroffen hat, bezieht, ist ihm entgegen zu halten, dass § 3 Abs. 1 AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auf Grund der afghanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit das Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

II.3.2. Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG führt jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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