TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/28 W235 1421390-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
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Entscheidungsdatum

28.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 1421390-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2018, Zl. 13-810862308-170947528, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte bereits erstmals am 09.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.08.2011, Zl. 11 08.623-BAT, sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen wurde.

1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.08.2013, Zl. E12 421.390-1/2011-8E, gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG als unbegründet ab. Am 20.08.2013 erwuchs dieses Erkenntnis in Rechtskraft.

2.1. In der Folge stellte der Beschwerdeführer nach neuerlicher unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2.2. Am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, dass er aus XXXX im pakistanischen Distrikt Azad Kaschmir stamme. Er spreche neben Punjabi auch Urdu und ein wenig Englisch. Ferner sei er ein Angehöriger der Volksgruppe der Punjabi sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer habe bereits einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt und sei nach der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung freiwillig nach Pakistan zurückgekehrt. In der Folge habe er sich von Juni 2013 bis Ende Juli 2017 in Pakistan aufgehalten. Am XXXX .2017 sei er unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses von Pakistan über Abu Dhabi nach Wien geflogen.

Zu seinen neuen Fluchtgründen führte er aus, er habe im Jahr 2015 seine Cousine in Pakistan heimlich geheiratet. Da ihre Familien gegen die Beziehung gewesen seien, hätten sie ca. zwei Jahre versteckt in Lahore gelebt. Als die Familie seiner Frau die beiden gefunden habe, seien sie attackiert worden. Während der Beschwerdeführer davonlaufen habe können, sei seine Frau mitgenommen und ermordet worden. Der Grund für die Ermordung sei gewesen, dass sie den Beschwerdeführer geheiratet und daher die Ehre der Familie verletzt habe. In der Folge sei er ebenso wie sie von ihrer Familie verfolgt worden, weshalb er Pakistan verlassen habe. Dies seien alle seine Fluchtgründe.

Abschließend bestätigte der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift, dass ihm die Niederschrift rückübersetzt wurde und keine Ergänzungen oder Korrekturen vorzunehmen waren.

2.3. Am 07.03.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Urdu einvernommen, wobei er eingangs der Einvernahme bestätigte, dass er im Verfahren bisher der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe und diese jeweils rückübersetzt sowie korrekt protokolliert worden seien. Ferner brachte er verfahrenswesentlich und zusammengefasst vor, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben im Asylverfahren zu machen. Er stehe weder in ärztlicher Behandlung noch nehme er Medikamente.

Zu seinem ersten Aufenthalt in Österreich gab er an, er sei im Jahr 2011, wahrscheinlich im August, erstmalig in das Bundesgebiet eingereist. Er könne sich an die damaligen Fluchtgründe nicht genau erinnern. Es habe Schwierigkeiten mit einer politischen Partei gegeben, die Probleme hätten sich jedoch gelöst, weshalb er in den Herkunftsstaat zurückgekehrt sei. Er sei im Jahr 2013 von Österreich nach Deutschland gegangen und sei von dort nach Pakistan ausgereist. Zuletzt habe er in Lahore gelebt. In der pakistanischen Provinz Punjab würden noch seine Eltern sowie seine vier Geschwister leben. Zu ihnen habe der Beschwerdeführer jedoch seit ca. drei Jahren keinen Kontakt mehr. Sein Vater finanziere den Lebensunterhalt der Familie durch seine Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer habe zehn Jahre die Grundschule in XXXX besucht, habe in Pakistan jedoch keinen Beruf erlernt. In Lahore habe er einen Handyshop gehabt. Er sei nicht vorbestraft, habe sich nie im Gefängnis oder in Polizeihaft befunden und habe nie Probleme mit den pakistanischen Behörden gehabt oder sei von ihnen gesucht worden. Teil einer bewaffneten Gruppierung sei er nie gewesen. Früher habe er einer politischen Partei angehört. Seit er hier sei, habe er jedoch keinen Kontakt mehr zu den politischen Anhängern. Er habe von sich aus eine Sicherheitsdienststelle aufgesucht, um Anzeige zu erstatten, als seine Frau verstorben sei.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, er habe seine Frau gegen den Willen ihrer beiden Familien am XXXX .2015 in Lahore geheiratet. Zwei Jahre hätten sie versteckt gelebt, bevor die Familie davon erfahren habe. Dann sei die Familie seiner Frau gekommen und habe seine Frau mitgenommen. Ihre Brüder hätten sie ermordet. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt im Handyshop gewesen und sei in der Folge von den Nachbarn informiert worden. Nunmehr seien "sie" hinter ihm her. Konkret habe sich der Vorfall am XXXX .2017 in Lahore ereignet. Auf nähere Nachfrage, wie die Familien von der Eheschließung erfahren hätten, gab der Beschwerdeführer an, er habe sie angerufen und habe ihnen davon erzählt. Ferner erklärte er auf weitere Nachfrage, seine Nachbarn hätten die Entführung seiner Frau gesehen. Der Beschwerdeführer und seine Frau hätten den Nachbarn von ihren Problemen erzählt. Daher hätten die Nachbarn gewusst, dass dies die Familie gewesen sei. Der Beschwerdeführer wisse von der Ermordung seiner Frau, da er in Lahore ihre Leiche gesehen habe. Ein Freund habe sie zu ihm gebracht, woraufhin er sie begraben habe. Er wisse, dass die Familie nach ihm gesucht habe, da es ihm Freunde aus demselben Dorf erzählt hätten.

Auf Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung führte der Beschwerdeführer aus, er habe bereits früher gesagt, dass er sich von "dieser Familie" immer ferngehalten habe. Als die Familie gekommen sei, um seine Frau zu holen, hätten die Angreifer geschrien, dass sie die Brüder seiner Frau seien. Keiner hätte etwas tun können. Folglich hätten sie seine Frau mitgenommen. Er sei zu dem Zeitpunkt nicht anwesend gewesen. Bei den Angaben in der Erstbefragung, wonach er bei der Entführung anwesend gewesen sei, handle es sich um ein Missverständnis. Er habe gesagt, er sei "dort" gewesen. Damit habe er die Stadt Lahore gemeint.

Am XXXX .2017 sei er bei der Polizei gewesen. Er habe den Vorfall geschildert und gesagt, die Angreifer seien auch hinter ihm her. Daraufhin sei die Anzeige aufgenommen worden. Konkret sei er bei der Polizeistation XXXX in Lahore gewesen. Nach der Anzeigeerstattung habe er bei einem Freund in Lahore gewohnt, habe dann sein Geschäft verkauft und sei geflüchtet. Die Polizei habe den Bruder der angreifenden Familie einen Tag nach Erstattung der Anzeige verhaftet, habe ihn jedoch nach fünf bis sechs Tagen wieder freigelassen. Es sei weiterhin ermittelt worden, aber die Familie seiner Frau gebe den Mord nicht zu. Eine andere Person sei nicht festgenommen worden. Insgesamt sei er zwei- bis dreimal bei der Polizei gewesen. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, er wisse nicht, wie oft er dort gewesen sei. Auf Vorhalt, die pakistanische Polizei habe ihn unterstützt, erklärte der Beschwerdeführer, die Polizei habe den Bruder seiner Frau entlassen, weshalb sie "gegen ihn" sei. Wenn die Familie mit seiner Frau so etwas tun könne, könne sie dies auch ihm antun.

Konkrete Vorfälle gegen seine eigene Person habe es nicht gegeben. Beweise für die Hochzeit habe er nicht. Die Anzeige könne er sich nicht nachschicken lassen, da er keinen Kontakt zu Personen in Pakistan habe. Auch zu dem Freund, bei welchem er zuletzt untergekommen sei, bestehe kein Kontakt mehr. In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass seinen Angaben zufolge seine Frau im April 2017 entführt worden sei, der Beschwerdeführer jedoch erst im August 2017 ausgereist sei und er sohin ca. vier Monate ohne weitere Vorfälle in Pakistan leben habe können. Hierzu gab er zu Protokoll, er sei Ende Juli ausgereist und der Vorfall sei Ende April gewesen. Er habe versucht, so lange wie möglich in Pakistan zu bleiben. Er wolle sich aber nicht sein ganzes Leben verstecken. Abgesehen von dem vorgebrachten Fluchtgrund habe er keine Probleme im Herkunftsstaat. Im Fall seiner Rückkehr könne "alles" mit ihm passieren. Wenn das Leben dort so einfach wäre, hätte er nicht so viel Geld ausgegeben, um hierher zu kommen.

In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderberichte zu Pakistan Einsicht zu nehmen und eine Kopie zu erhalten. Er erwiderte darauf, er brauche das nicht.

Zu seinem Aufenthalt in Österreich gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er bestreite seinen Lebensunterhalt durch Unterstützungen der Caritas und befinde sich in der Grundversorgung. Bei seinem ersten Aufenthalt im Bundesgebiet sei er berufstätig gewesen. Nun arbeite er aber nicht. In einem Verein oder einer Organisation sei er nicht Mitglied. Zu seinem Tagesablauf gab er an, er mache nichts. In seiner Freizeit spiele er Cricket. Ausbildungen oder Kurse habe er nicht absolviert. Ferner verstehe er nur sehr wenig Deutsch. Die Sprache Urdu beherrsche er am besten. Er lebe weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Vielmehr wohne er mit Freunden zusammen. Angehörige in der Europäischen Union bzw. in Österreich habe er nicht.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe und er an keiner schwerwiegenden psychischen oder physischen Erkrankung leide. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Pakistan staatlicher Verfolgung oder Gefährdungen, vor welchen die dortigen Sicherheitsbehörden ihn nicht schützen könnten, ausgesetzt gewesen sei oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre. Ebenso wenig könne festgestellt werden, dass er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt werde oder den Verlust seiner Lebensgrundlage zu befürchten hätte. In Österreich habe der Beschwerdeführer weder Familienangehörige noch Verwandte, während er im Herkunftsstaat nach wie vor über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfüge. Eine besondere Integrationsverfestigung im Bundesgebiet habe nicht festgestellt werden können.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 15 bis 40 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels Vorlage von amtlichen Dokumenten nicht feststehe. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand würden sich aus dem Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme ergeben. Seine Angaben zur Arbeitsfähigkeit, zu den familiären Anknüpfungspunkten, zur Schulbildung, zur Berufserfahrung sowie zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich seien ebenso glaubhaft. Den Angaben zu den Problemen mit der eigenen Familie könne hingegen nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der von ihm behaupteten freiwilligen Ausreise nach rechtskräftiger Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz hielt das Bundesamt fest, dass die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er im Juni 2013 über Deutschland nach Pakistan ausgereist sei, nicht glaubhaft seien, zumal ihm am 20.08.2013 persönlich ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zugestellt worden sei. Eine Rückkehr nach Pakistan könne er nicht beweisen. Sollte er tatsächlich zurückgekehrt sein, so habe er dies erst zu einem späteren Zeitpunkt getan. Betreffend den vorgebrachten Fluchtgrund wurde nach Zusammenfassung des wesentlichen Fluchtvorbringens im Zuge der Beweiswürdigung zunächst auf den gravierenden Widerspruch zwischen den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung sowie seinen Ausführungen in der Einvernahme vor dem Bundesamt hingewiesen. So habe er im Zuge der Antragstellung angegeben, seine Frau und er hätten im Jahr 2015 nur heimlich heiraten können, da die beiden Familien gegen die Beziehung gewesen seien. Nachdem sie zwei Jahre versteckt in Lahore gelebt hätten, seien sie von der Familie seiner Frau gefunden und angegriffen worden. Während seine Frau ermordet worden sei, habe er entkommen können. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer von der Familie verfolgt worden. In der Einvernahme am 05.03.2018 habe er hingegen vorgebracht, bei der Entführung seiner Ehefrau nicht anwesend gewesen zu sein. Auf Vorhalt des Widerspruchs habe er lediglich angegeben, es handle sich um ein Missverständnis. Ein solches könne jedoch ausgeschlossen werden, da die Ausführungen des Beschwerdeführers eindeutig gewesen seien. So habe er der Erstbefragung laut Protokoll angegeben, es sei ihm gelungen "fortzulaufen", während er in der Einvernahme vorbrachte, von der Entführung nur von anderen erfahren zu haben. Ferner sei ein geeigneter Dolmetscher bei der gesamten Einvernahme anwesend gewesen, seine Angaben seien ihm rückübersetzt worden und er habe deren Richtigkeit mit seiner Unterschrift bestätigt. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt habe er überdies selbst angegeben, dass seine bisherigen Angaben der Wahrheit entsprochen hätten. Ein Protokollierungsfehler könne daher ausgeschlossen werden. Überdies sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer von vornherein ausgeschlossen habe, die von ihm erstattete Anzeige herbeizuschaffen. Seine diesbezügliche Begründung, es bestünde kein Kontakt mehr zu Personen in Pakistan, sei nicht glaubhaft, zumal er seinen Angaben zufolge vor seiner Ausreise bei einem Freund gewohnt habe und in der Einvernahme nicht näher begründen habe können, warum auch der Kontakt zu diesem Freund abgebrochen sei. Aus der fehlenden Bereitschaft zur Herbeischaffung der Anzeige müsse geschlossen werden, dass es eine solche nicht gebe und die geschilderten Fluchtgründe nicht den Tatsachen entsprächen. Von einer Verfolgung des Beschwerdeführers in Pakistan werde sohin nicht ausgegangen. Selbst unter der Annahme einer Verfolgung sei aber darauf hinzuweisen, dass in Pakistan kein funktionierendes Meldewesen existiere, sodass es ihm möglich sei, sich an einem anderen Ort in Pakistan niederzulassen. Da der Beschwerdeführer gesund sowie arbeitsfähig sei und in Pakistan seinen Lebensunterhalt bereits aus eigenen Mitteln bestritten habe, sei nicht anzunehmen, dass er bei einer Rückkehr in eine wirtschaftlich existenzbedrohende Lage geraten würde. Weder aus seinem Vorbringen noch aus den Länderinformationen ergebe sich, dass es ihm unzumutbar sei, seinen Lebensunterhalt im Fall seiner Rückkehr, notfalls auch durch Gelegenheitsarbeiten oder berufliche Umorientierung, eigenständig zu bestreiten.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe glaubhaft darzulegen. Sohin könne eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ausgeschlossen werden. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine aktuelle Bedrohung der Person des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat nicht festgestellt werden habe können. Er leide an keiner lebensbedrohlichen Krankheit und sei auch in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ausgehend von den vorliegenden Länderberichten bestehe auch kein Grund zur Annahme, dass Rückkehrer losgelöst von individuellen Merkmalen einer Gefährdung nach Art. 3 EMRK ausgesetzt wären. Die Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung seien in Pakistan gewährleistet und bestünden keine Anhaltspunkte, wonach die wirtschaftliche Lage oder die politische Situation einer Rückkehr entgegenstünde. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, welche die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens folgerte die Behörde, dass den öffentlichen Interessen an der Rückkehrentscheidung ein größeres Gewicht zukomme als dem Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer sei unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und befinde sich erst seit August 2017 in Österreich. Sein Aufenthalt sei lediglich aufgrund des verfahrensgegenständlichen Antrages legitimiert, weshalb er sich seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein habe müssen. Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung bestünden nicht, zumal er weder Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation sei und über keine berücksichtigungswürdigen familiären oder sonstigen Anknüpfungspunkte verfüge. Ferner habe der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens nicht in Österreich verbracht. Eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 3 BFA-VG sei daher zulässig. Weiters wurde festgehalten, dass sich aus den bisherigen Erwägungen keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 ergebe, eine vorläufige Maßnahme im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG vom EGMR im konkreten Fall nicht empfohlen worden sei und sohin eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, im Fall des Beschwerdeführers hätten keine Umstände der persönlichen Verhältnisse festgestellt werden können, welche die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt hätten, überwiegen würden. Das bedeute, dass er ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sei.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertreterin fristgerecht am 22.03.2018 Beschwerde wegen inhaltlich falscher Entscheidung sowie mangelhafter Verfahrensführung und beantragte (unter anderem) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde nach Wiederholung des Verfahrensgangs und des wesentlichen Fluchtvorbringens ausgeführt, die vom Beschwerdeführer logisch dargelegten Fluchtgründe würden mit der Berichtslage übereinstimmen und hätten einer genaueren Überprüfung bedurft. Eine Pauschalbegründung, wonach das Vorbringen unglaubhaft sei, sei keinesfalls ausreichend. Allgemeine Ausführungen im Länderinformationsblatt würden für eine Plausibilitätsprüfung nicht genügen, sondern seien konkrete fallbezogene Recherchen erforderlich. Hierfür biete das Vorbringen genügend Anknüpfungspunkte, zumal der Beschwerdeführer eine Fülle von persönlichen Details sowie Einzelheiten geschildert und Recherchen vor Ort zugestimmt habe. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Behörde selbst dann von ihrer Verpflichtung zur Vornahme der notwendigen Ermittlungen nicht entbunden sei, wenn die vom Beschwerdeführer dargelegte Schilderung von vornherein als kaum glaubhaft und irreal erscheine. Ferner habe eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den herangezogenen Berichten nicht stattgefunden. So seien die Angaben des Beschwerdeführers mit der Berichtslage nicht verglichen worden und würden geeignete Fragen an ihn daher gänzlich fehlen. Hinzu trete, dass sich die belangte Behörde mit der persönlichen Situation des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt habe. Die Wiederholung des Datums der Einreise sowie der Faktor der Unbescholtenheit könnten eine Abwägung im Sinne des Art. 8 EMRK nicht ersetzen. Der Beschwerdeführer sei ein arbeitsamer, freundlicher und integrationswilliger Mensch, der seine Chancen in Österreich nutzen wolle. Er arbeite als Zeitungszusteller, wohne in einer ortsüblichen Unterkunft und sei krankenversichert. In deutscher Sprache könne er sich gut verständigen. Zu seiner Identität habe er klare und richtige Angaben gemacht. Somit habe er in jeder Weise am Verfahren mitgewirkt. Folglich hätte eine Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK zu seinen Gunsten ausfallen müssen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 27.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Frist von drei Wochen aufgetragen, zum Länderinformationsblatt Pakistan vom 15.11.2018 Stellung zu nehmen, neue Flucht- oder Verfolgungsgründe unter Nennung und Vorlage von Beweismitteln darzutun, sämtliche sonstige Beweismittel vorzulegen sowie folgende Informationen bekanntzugeben:

1. Befinden sich enge Familienangehörige im Bundesgebiet?

2. Sprechen Sie deutsch und wenn ja, wie gut?

3. Haben sie Arbeit in Österreich bzw. waren Sie jemals in Österreich selbsterhaltungsfähig und nicht von Leistungen des österreichischen Staates abhängig?

4. Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

5. Haben Sie in Österreich jemals Kurse, Vereine, eine Schule oder eine Universität besucht?

6. Haben Sie einen Freundeskreis oder bisher nicht genannte Verwandte in Österreich?

7. Sind Sie legal in das Bundesgebiet eingereist?

8. Hatten Sie jemals ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich?

9. Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt?

10. Haben Sie eine andere, besondere Bindung an Österreich?

Eine Stellungnahme ist in der Folge bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Punjabi und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus der Stadt XXXX in der pakistanischen Provinz Azad Jammu und Kaschmir. Bereits am 09.08.2011 stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 31.08.2011 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 13.08.2013 rechtskräftig abgewiesen. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses zu eigenen Handen am 20.08.2013 reiste der Beschwerdeführer zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach Pakistan aus. Nach erneuter, unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet stellte er am 14.08.2017 den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist, die dem pakistanischen Staat zurechenbar ist. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten seiner Familie oder der Familie seiner angeblich verstorbenen Ehefrau, ausgesetzt ist, die asylrelevante Intensität erreicht. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers aufgrund dieser Eheschließung von ihrer eigenen Familie ermordet wurde. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Punjabi und/oder aus Gründen seines sunnitisch-moslemischen Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Pakistan aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Das Vorliegen von Erkrankungen und/oder eine Behandlungsbedürftigkeit in medizinischer, therapeutischer oder medikamentöser Hinsicht kann beim Beschwerdeführer nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und spricht neben Punjabi auch Urdu sowie ein wenig Englisch. In Pakistan betrieb der Beschwerdeführer einen Handyshop, wodurch er seinen Lebensunterhalt verdienen und seine Ausgaben bestreiten konnte. In der pakistanischen Provinz Punjab leben seine Eltern sowie seine vier Geschwister. Es kann nicht festgestellt werden, dass jeglicher Kontakt zu seiner Familie abgebrochen wurde oder eine Feindschaft zwischen ihm und seiner Kernfamilie besteht. Ferner verfügt er im Herkunftsstaat über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Der gesunde Beschwerdeführer ist sohin jung, ledig ohne Obsorgeverpflichtungen, erwerbsfähig und verfügt über Berufserfahrung sowie über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Pakistan. Folglich wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 14.08.2017 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er wohnt gemeinsam mit Freunden in einer privaten Unterkunft. Einen Deutschkurs oder weitere Aus- bzw. Weiterbildungen hat er in Österreich nicht absolviert. Er ist auch weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation tätig. Über verwandtschaftliche Beziehungen zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden verfügt er nicht. Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, liegen nicht vor.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Pakistan:

1.2.1. Neueste Ereignisse:

1.2.1.1. Integrierte Kurzinformation vom 15.11.2018:

Der Oberste Gerichtshof Pakistans hat am 31.10.2018 das Todesurteil gegen Asia Bibi wegen Gotteslästerung aufgehoben und sie von allen Vorwürfen freigesprochen (Standard 3.11.2018. vgl. Guardian 31.10.2018). nachdem Bibis Berufung gegen das Todesurteil des Lahore High Court zuletzt im Oktober 2016 ohne Anhörung vom Obersten Gericht in Islamabad vertagt wurde. da sich einer der Richter weigerte. den Fall zu verhandeln (Dawn 8.10.2018). Die Urteilsverkündung. wodurch Bibi nach neun Jahren Haft im Todestrakt freigelassen werden soll (Guardian 31.10.2018). wurde ab 8.10.2018 drei Wochen lang vorgehalten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018). da Befürworter der Blasphemiegesetze drohten. das Land lahmzulegen und die Richter zu töten. falls Bibis Todesurteil nicht aufrechterhalten werde (Guardian 31.10.2018).

Nach Bekanntwerden des Urteils kam es landesweit zu tagelangen Protesten durch Islamisten (Standard 3.11.2018; vgl. Dawn 3.11.2018a). Paramilitärische Sicherheitskräfte wurden in der Hauptstadt Islamabad eingesetzt. um den Obersten Gerichtshof. die Diplomatenviertel und die Wohnsiedlung der Richter zu schützen (Guardian 31.10.2018; vgl. Dawn 30.10.2018). Nach einer Einigung mit der Regierung erklärte die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik (TLP) die Massenproteste am 3.11.2018 für beendet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018). Die Demonstranten entfernten die Barrikaden in den großen Städten; Karachi. Lahore und Islamabad kehrten zur Normalität zurück. Geschäfte und Schulen waren wieder geöffnet (ORF 4.11.2018).

Nach dem Freispruch gab es Bestrebungen. Bibi so schnell wie möglich außer Landes zu bringen (Guardian 31.10.2018). Ein zwischen TLP und Regierung unterzeichnetes Fünf- Punkte-Papier sieht vor. dass sich die Regierung einem am 1.11.2018 eingebrachten Überprüfungsantrag zum Urteil (Review Petition) durch die TLP nicht entgegenstellt und Bibi die Ausreise aus Pakistan untersagt wird (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018. Express Tribune 1.11.2018. BBC 8.11.2018).

Zum derzeitigen Aufenthaltsort von Asia Bibi gab es keine offiziellen Angaben (Zeit 3.11.2018). Sie wurde am 7. November 2018 aus dem Gefängnis entlassen und befindet sich nun in Pakistan an einem geheimen Ort (BBC 8.11.2018). Pakistanische Medien haben seit dem Freispruch gemutmaßt. sie könne das Land bereits verlassen haben (BBC 8.11.2018; vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Journalisten, die dies ohne offizielle Bestätigung berichteten, wurden von Informationsminister Fawad Hussein als "äußerst verantwortungslos" bezeichnet (BBC 8.11.2018).

Der Pakistanische Informationsminister Fawad Chaudhry erklärte, von der Regierung würden alle notwendigen Schritte gesetzt, um Bibis Sicherheit zu gewährleisten (BBC 3.11.2018). Bibis Ehemann und ihre Töchter wechseln ständig ihren Aufenthaltsort (ORF 4.11.2018) und bitten in anderen Staaten um Asyl (BBC 8.11.2018, vgl. Tagesanzeiger 4.11.2018). Der Anwalt von Asia Bibi hat aus Sorge um die eigene Sicherheit wie auch dem Wohlergehen seiner Familie das Land verlassen (Standard 3.11.2018; vgl. Zeit 3.11.2018, ORF 4.11.2018, BBC 8.11.2018).

Menschenrechtler kritisierten die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Islamisten als Bankrotterklärung des Rechtsstaates (Zeit 3.11.2018), während Fawad Chaudhry erklärte, die Übereinkunft wurde getroffen, um die Proteste ohne Gewaltausübung zu beenden (BBC 3.11.2018).

Nachdem am 8.10.2018 das Urteil gegen Bibi vorgehalten wurde, wurden die Medien angehalten, über diesen Fall nicht zu berichten (Dawn 8.10.2018; vgl. Guardian 31.10.2018, Express Tribune 31.10.2018). Auch wurde eine Berichterstattung über die Proteste nach dem Freispruch von Medien vermieden (Guardian 31.10.2018). In Folge der Proteste, die teilweise von Vandalismus und Brandstiftung begleitet waren, wurden in der Provinz Punjab ca. 1.100 Personen festgenommen (Daily Pakistan 5.11.2018).

Die Spannungen in Pakistan wurden durch die Nachricht von der Ermordung des bedeutenden pakistanischen Religionsführers Sami ul-Haq verschärft, der am 2.11.2018 in seinem Haus in Rawalpindi von Unbekannten niedergestochen wurde. Ul-Haq, der auch als "Vater der Taliban" bekannt war, war ein Verbündeter der regierenden Tehreek-e-Insaf- Partei von Premierminister Imran Khan. Dieser verurteilte die Ermordung und ordnete eine Untersuchung an. Die afghanischen Taliban sprachen in einer Erklärung von "einem großen Verlust für die gesamte islamische Nation". In Ul-Haqs Koranschulen wurden spätere Taliban-Größen wie Mullah Omar und Jalaluddin Haqqani ausgebildet (Standard 3.11.2018; vgl. ORF 4.11.2018).

Quellen:

* BBC (3.11.2018): Asia Bibi: Deal to end Pakistan protests over blasphemy case, https://www.bbc.com/news/world-asia-46080067, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (3.11.2018): Live blog: Protests on Asia Bibi's acquittal, https://www.dawn.com/ live-blog/, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (30.10.2018): Supreme Court acquits Asia Bibi, orders immediate release, https://www.dawn.com/news/1442396, Zugriff 5.11.2018;

* Dawn (8.10.2018): Supreme Court reserves verdict on Asia Bibi's final appeal against execution, https://www.dawn.com/news/1437605/supreme-court-reserves-verdict-onasia-bibis-final-appeal-against-execution, Zugriff 5.11.2018;

* Express Tribune, the (1.11.2018): Review petition filed against SC verdict,

https://tribune.com.pk/story/1838656/1-review-petition-filed-aasia-bibis-acquittal/,

Zugriff 5.11.2018;

* Express Tribune, the (31.10.2018): Aasia Bibi acquitted by Supreme Court,

https://tribune.com.pk/story/1837746/1-security-beefed-sc-prepares-announce-aasia-

bibi-verdict/, Zugriff 5.11.2018;

* Guardian (31.10.2018): Asia Bibi: Pakistan court overturns blasphemy death sentence,

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/31/asia-bibi-verdict-pakistancourt-overturns-blasphemv-death-sentence, Zugriff 5.11.2018;

* ORF (4.11.2018): Pakistan: Zukunft von Christin Asia Bibi weiter unsicher, https://religion.orf.at/stories/2945335/, Zugriff 5.11.2018;

* Standard, der (3.11.2018): Anwalt von freigesprochener Christin verließ Pakistan,

https://derstandard.at/2000090586614/Anwalt-von-freigesprochener-Christin-verliess-Pakistan, Zugriff 5.11.2018;

* Zeit (3.11.2018): : Islamisten erzwingen mögliche Berufung im Fall Bibi,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/pakistan-asia-bibi-christin-freispruch-

proteste-gotteslaesterung-islam, Zugriff 5.11.2018;

* Tagesanzeiger (4.11.2018): Ehemann von freigesprochener Christin bittet um Asyl,

https://www.tagesanzeiger.ch/news/standard/ehemann-von-freigesprochener-christin-bittet-um-asyl/story/17378032, Zugriff 5.11.2018;

* DW - Deutsche Welle (3.11.2018): Nach Blasphemie-Freispruch: Asia Bibi immer noch in Haft,

https://www.dw.com/de/nach-blasphemie-freispruch-asia-bibi-immernoch-in-haft/a-46140621, Zugriff 5.11.2018;

* Daily Pakistan (5.11.2018): Hundreds arrested for vandalism during protests against Asia Bibi's acquittal, https://en.dailypakistan.com.pk/headline/hundreds-arrested-forvandalism-during-protests-against-asia-bibis-acquittal/, Zugriff 5.11.2018 und

* BBC (8.11.2018): Pakistan blasphemy case: Asia Bibi freed from jail, https://www.bbc.com/news/world-asia-46130189. Zugriff 14.11.2018

1.2.1.2. Kommentar:

Blasphemie wird laut pakistanischem Strafgesetzbuch mit dem Tode bestraft. Bisher wurde noch kein Mensch in Pakistan wegen Blasphemie hingerichtet (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5). Jedoch wurden seit 1990 mindestens 65 Personen, die der Blasphemie bezichtigt wurden, bei Aktionen der Selbstjustiz getötet (Guardian 31.10.2018).

Der Fall gegen Bibi demonstriert, wie in Pakistan Beschuldigungen der Blasphemie verwendet werden, um persönliche Streitigkeiten auszutragen und wie Entscheidungen am Beginn des gerichtlichen Instanzenweges Angeklagte aus Angst um deren Leben nicht freisprechen möchten (Guardian 31.10.2018). Im Jahr 2011 wurden der Gouverneur der Provinz Punjab, Salmaan Taseer, sowie der Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, ermordet, nachdem sie öffentlich Asia Bibi verteidigt hatten und sich für eine Reform der Blasphemiegesetze ausgesprochen hatten (Guardian 31.10.2018; vgl. LIB Pakistan, Abschnitt 16.5).

1.2.1.3. Integrierte Kurzinformation vom 31.07.2018:

Am 25. Juli 2018 fanden in Pakistan Wahlen statt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass zwei gewählte Regierungen in Folge ihre volle Amtszeit dienen konnten (EUEOM 27.7.2018). Neben der Nationalversammlung wurden auch vier Provinzversammlungen (Punjab, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan) gewählt (NDTV 26.7.2018).

Laut offiziellem Resultat der Wahlkommission erlangte die Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) von Imran Khan 115 Sitze im Parlament in Islamabad. Die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N) unter Shehbaz Sharif folgte mit 64 Sitzen, die Partei Pakistan Peoples Party (PPP) von Bilawal Bhutto kam mit 43 auf den dritten Platz (Dawn 30.7.2018). Khan hat noch keinen Koalitionspartner. Um alleine regieren zu können, hätte die PTI 137 Sitze benötigt (NZZ 28.7.2018). Die PML-N und PPP kündigten bereits an, in der Opposition gegen Imran Khan zusammenzuarbeiten (Dawn 30.7.2018). Imran Khan begann zunächst Koalitionsgespräche mit der Partei Muttahidda Qaumi Movement (MQM) (Dawn 28.7.2018).

Die Armee hatte am Wahltag 370.000 Soldaten eingesetzt, die die Wahllokale sichern sollten (NZZ 28.7.2018; vgl. EUEOM 27.7.2018). Zusätzlich waren 450.000 Polizisten im Einsatz. Die Befugnisse des Sicherheitspersonals wurden im Vergleich zur vorigen Wahl erweitert (EUEOM 27.7.2018). Erstmals waren Soldaten nicht nur vor, sondern auch in den Wahllokalen anwesend, auch während der Auszählung der Stimmen. Der Leiter der EU- Wahlbeobachtermission, Michael Gahler, sagte am Donnerstag gegenüber lokalen Medien, dem ersten Eindruck nach hätten sich die Soldaten strikt an ihren Einsatzbefehl gehalten (NZZ 28.7.2018).

Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlkommission landesweit bei 51,7 Prozent (ECP o.D.). Etwa 106 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Neun Millionen Frauen hatten sich erstmals als Wählerinnen registrieren lassen. Obwohl es vereinzelt Beschwerden gab, dass Frauen von der Stimmabgabe abgehalten wurden, war die Wahlbeteiligung von Frauen anscheinend höher als früher. Die Wahlkommission hatte angeordnet, dass die Ergebnisse von Distrikten, in denen die Stimmen der Frauen unter 10 Prozent blieben, ungültig seien. Fast alle Parteien umwarben deshalb in diesem Jahr die Pakistanerinnen, wählen zu gehen (NZZ 28.7.2018). In den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) stieg die Zahl der Frauen, die als Wählerinnen registriert waren, um 66 Prozent gegenüber der vorhergehenden Wahl (EUEOM 27.7.2018; vgl. NZZ 28.7.2018).

Obwohl Schritte unternommen wurden, die Beteiligung von Minderheiten an den Wahlen zu sichern, blieb die Situation der Ahmadiya-Gemeinschaft unverändert. Ahmadis werden weiterhin in einem separaten Wählerverzeichnis geführt Eine Novelle des Wahlgesetzes 2017 hätte Ahmadis ins generelle Wählerverzeichnis inkludiert, diese Änderung wurde jedoch am 23.11.2017 nach Massenprotesten wieder rückgängig gemacht (EUEOM 27.7.2018).

Die Wahlverlierer prangerten auch Wahlfälschung an und erklärten, sie würden das Ergebnis nicht anerkennen. Sharif erklärte, das Militär habe die Abstimmung zugunsten Khans manipuliert. Auch Bilawal Bhutto sprach, ebenso wie Vertreter islamistischer Parteien, von Wahlfälschung (NZZ 28.7.2018). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlvorgang als transparent und gut durchgeführt ein, bemerkte jedoch Schwierigkeiten bei der Auszählung. Die Wahlhelfer hielten die Prozeduren nicht immer ein und hatten Schwierigkeiten, die Formulare für die Resultatsübermittlung korrekt auszufüllen (EUEOM 27.7.2018).

Bei der pakistanischen Wahlkommission wurden bis kurz nach Schließung der Wahllokale 654 Beschwerden registriert, die ausschließlich Verstöße gegen die Wahlordnung betreffen würden. Über das Militär habe es keine Beschwerde gegeben (Standard 26.7.2018). Durch technische Probleme im erstmals eingesetzten Result Transmission System (RTS) kam es zu Verzögerungen der Bekanntgabe von Sprengelergebnissen an die Wahlkommission (EUEOM 27.7.2018).

Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale (EUEOM 27.7.2018). Bei einem Selbstmordanschlag in Quetta kamen 31 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder und Polizisten, 35 Personen wurden verletzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich (Standard 26.7.2018; vgl Dawn 26.7.2018). In Khuzdar wurde bei einem Granatenangriff auf ein Wahllokal ein Polizist getötet (Dawn 26.7.2018; vgl. Standard 25.7.2018).

Weiters gab es regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018). Bereits im Vorfeld der Wahl waren bei mehreren Anschlägen auf Parteien und Kandidaten mehr als 180 Menschen getötet worden (Standard 25.7.2018; vgl. Kurzinformation vom 18.7.2018).

Reporter ohne Grenzen berichten von zahlreichen Einschränkungen für Journalisten während des Wahlkampfes. In den vergangenen Monaten seien unabhängige Medien wiederholt zensiert und kritische Journalisten bedroht, tätlich angegriffen und entführt worden (ROG 25.7.2018). Auch die Wahlbeobachtermission der EU sah deutliche Hinweise für Einschränkungen der Redefreiheit durch staatliche und nicht-staatliche Akteure (EUEOM 27.7.2018).

Gemäß Reporter ohne Grenzen versuchten insbesondere das Militär und die Geheimdienste eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern (ROG 25.7.2018). Weit verbreitete Selbstzensur der Berichterstatter hinderte gemäß EU-Wahlbeobachtermission Wahlberechtigte daran, eine qualifizierte Wahlentscheidung zu treffen (EUEOM 27.7.2018).

Quellen:

* Dawn (26.7.2018): 'Naya Pakistan' imminent: PTI leads in slow count of 11 th general elections vote, https://www. dawn. com/news/1421984/voting- underway-acrosspakistan-amid-tight-security-with-only-hours-left-till-polling-ends, Zugriff 30.7.2018;

* Dawn (28.7.2018): Imran starts preparations for formation of govt at Centre.

https://www.dawn.com/news/1423370/imran-starts-preparations-for-formation-of-govt-at-centre, Zugriff 30.7.2018;

* Dawn (30.7.2018): PPP. PML-N join hands to give Imran tough time. https://www.dawn.com/news/1423776/ppp-pml-n-join-hands-to-give-imran-tough-time, Zugriff 30.7.2018;

* ECP -Election Commission of Pakistan (o.D.a): Assembly Wise Voters Turnout. https://www.ecp.gov.pk/frmstats.aspx, Zugriff 30.7.2018;

* EUEOM - European Union Election Observation Mission Islamic Republic of Pakistan (27.7.2018): Preliminary Statement - Positive changes to the legal framework were overshadowed by restrictions on freedom of expression and unequal campaign opportunities. https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/eu eom pakistan 2018 - _preliminary_statement_on_25_july_elections.pdf, Zugriff 30.7.2018;

* NDTV - New Delhi Television Limited (26.7.2018): Pakistan Election Results Live Updates: "Want To Fix India-Pak Ties." Says Imran Khan.

https://www.ndtv.com/world-news/pakistan-election-result-2018-live-updates-imran-khan-on-brink-of-victory-after-millions-vote-in-pak-1889205, Zugriff 30.7.2018;

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.7.2018): Imran Khan triumphiert in Pakistan, https://

www.nzz.ch/international/wahlen-in-pakistan-imran-khan-triumphiert-ld.1406380,

Zugriff 30.7.2018;

* ROG - Reporter ohne Grenzen (25.7.2018): Pakistan - Einschränkungen während Wahlkampfes, http://www.rog.at/pm/pakistan-einschraenkungen-waehrend-wahlkampfes/, Zugriff 30.7.2018;

* Standard. der (25.7.2018): Dutzende Tote in Pakistan bei Anschlag am Wahltag.

https://derstandard.at/2000084092243/Dutzende-Tote-bei-Anschlag-am-Tag-der-Parlamentswahl-in-Pakistan, Zugriff 30.7.2018 und

* Standard. der (26.7.2018): Ex-Cricketstar Imran Khan steuert auf Wahlsieg in Pakistan zu,

https://derstandard.at/2000084154112/Pakistans-Regierungspartei-PML-N-spricht-von-Wahlfaelschung, Zugriff 30.7.2018

1.2.1.4. Integrierte Kurzinformation vom 18.07.2018:

Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).

Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).

Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).

Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).

Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).

Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami National Party; Aftab Sherpao, Vorsitzender der Qaumi Watan Party; Akram Khan Durrani, Vorsitzender der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl; und Talha Saeed, Sohn von Hafiz Saeed. Weitere Bedrohungen bestünden gegen die Führungsebenen der Pakistan Peoples Party und der Pakistan Muslim League-Nawaz. Das Innenministerium wurde angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Parteiführungen zu erhöhen (Dawn 10.7.2018b). Für den Wahltag am 25.7. werden etwa 372.000 Sicherheitskräfte eingeteilt, um einen sicheren Ablauf der Wahl zu gewährleisten (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 14.7.2018).

Quellen:

* CNN (11.7.2018): Pakistani Taliban claims responsibility for deadly election suicide attack, https://edition.cnn.com/2018/07/11/asia/pakistan-peshawar-taliban-suicide-attack-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* CNN (13.7.2018): Former Pakistani Prime Minister Nawaz Sharif arrested after return,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/nawaz-maryam-sharif-return-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* CNN (16.7.2018): At least 149 killed in Pakistan terror strike targeting political rally,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/pakistan-suicide-attack-balochistan-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (10.7.2018a): TTP claims responsibility for Peshawar blast;

ANP's Haroon Bilour laid to rest, https://www.dawn.com/news/1419202, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (10.7.2018b): Nacta names six politicians under threat from terrorists, https://www.dawn.com/news/1419042, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (13.7.2018): Mastung bombing: 128 dead, over 200 injured in deadliest attack since APS, IS claims responsibility, https://www.dawn.com/news/1419812, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (13.7.2018b): Blast targets convoy of JUI-F leader Akram Khan Durrani in Bannu, 4 killed,

https://www.dawn.com/news/1419792/blast-targets-convoy-of-jui-f-leader-akram-khan-durrani-4-killed, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (7.7.2018): 7 including MMA candidate injured in Bannu blast, https://www.dawn.com/news/1418562, Zugriff 17.7.2018;

* Express Tribune, the (13.7.2018): Four die as blast targets Durrani,

https://tribune.com.pk/story/1756834/1-least-four-killed-16-injured-akram-durranis-convoy-comes-attack/, Zugriff 17.7.2018;

* Nation, the (11.7.2018): Peshawar attack: death toll rises to 22, https://nation.com.pk/11-Jul-2018/peshawar-attack-death-toll-increase-to-20, Zugriff 17.7.2018;

* Nation, the (14.7.2018): BAP candidate among 128 killed in Mastung blast,

https://nation.com.pk/14-Jul-2018/bap-candidate-among-128-killed-in-mastung-blast?show=preview/, Zugriff 17.7.2018;

* News, the (13.7.2018): Four killed in bomb attack on Akram Durrani's rally in Bannu,

https://www.thenews.com.pk/latest/341264-several-injured-in-bomb-attack-near-convoy-of-ex-kp-cm-akram-durrani, Zugriff 17.7.2018;

* ORF (13.7.2018): Anschlag in Pakistan: Zahl der Opfer steigt auf 128, http://www.orf.at//stories/2446861/, Zugriff 17.7.2018 und

* Standard, der (14.7.2018): Nach Selbstmordanschlag: Zahl der Toten steigt auf 140,

https://derstandard.at/2000083427458/Zwei-Bomben-im-pakistanischen-Wahlkampf-mindestens-20-Tote, Zugriff 17.7.2018

1.2.2. Sicherheitslage:

Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch pakistanische Großstädte wie Karatschi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge richten sich vor allem gegen Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z. B. die Sufis (AA 10.2017a). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2013 kontinuierlich zurückgegangen, wobei der Rückgang 2017 nicht so deutlich ausfiel wie im Jahr zuvor und auch nicht alle Landesteile gleich betraf. In Belutschistan und Punjab stieg 2017 die Zahl terroristischer Anschläge, die Opferzahlen gingen jedoch im Vergleich zum Vorjahr auch in diesen Provinzen zurück (PIPS 1.2018 S 21f).

Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 20.10.2017). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (ehem. Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 10.2017a).

Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess im Juni 2014, nach Beginn einer umfassenden Militäroperation in Nord-Wasiristan abgebrochen. Die Militäroperation begann am 15.4.2014 in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 10.2017a). Durch verschiedene Operationen der Sicherheitskräfte gegen Terrorgruppen in den [ehem.] Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte dort das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden. Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 20.10.2017).

Durch die Militäroperation wurden ca. 1,5 Millionen Menschen vertrieben. Die geordnete Rückführung der Binnenvertriebenen in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 20.10.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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