TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/7 W221 2198300-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.2019
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Entscheidungsdatum

07.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W221 2198297-1/9E

W221 2198300-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) der XXXX , geb. XXXX und 2.) des mj. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 08.05.2018, Zlen. 1.) 1142758701-170184109 und 2.) 1142763200-170184117, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2019 zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten sowie XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer stellten am 11.02.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 12.02.2017 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Erstbeschwerdeführerin statt. Befragt, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete die Erstbeschwerdeführerin, dass sie von ihrem Mann andauernd unterdrückt, regelmäßig geschlagen und bedroht worden sei. Sie habe die Situation nicht mehr tragen. Ihr Mann habe eine Waffe, mit der er schon einmal auf sie geschossen habe. Einmal habe ihr sogar die Hand brechen wollen und sie sei auch des Öfteren gewürgt worden. Sie befürchte deiner Rückkehr von ihrem Mann getötet zu werden.

Am 22.02.2018 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er zunächst, dass ihre bisher getätigten niederschriftlichen Angaben der Wahrheit entsprechen würden. Zu ihren Fluchtgründen befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie seit zehn Jahren verheiratet sei und ihr Ehemann zwei Monate vor ihrer Ausreise versucht habe, sie zu erschießen, was aber ihr Schwager nicht zugelassen habe. Damals habe sie sich entschlossen, das Land zu verlassen. Sie habe dann trotzdem weiter bei ihm gelebt, er habe dann jedoch versucht ihre Hand zu brechen, weshalb sie ihm gesagt habe, dass sie einen Arzt aufgrund ihrer Schmerzen in Teheran aufsuchen müsse. Dann sei sie ausgereist. Sie sei bei sich zu Hause wie eine Dienerin gewesen, habe alles machen müssen, was ihre Schwiegermutter und ihr Ehemann gesagt hätten, waschen, kochen und putzen. Ihr Mann arbeite als Beamter für die iranische Revolutionsgarde und sein Vater sei beim Geheimdienst gewesen. Seit sie mit ihrem Mann zusammen lebe, sei sie von ihm geschlagen und bedroht worden. Er sei psychisch nicht normal. Sie habe kein freies Leben gehabt und habe ständig machen müssen, was erst gesagt habe. Er habe sie immer wieder geschlagen und gewürgt. Er habe ständig versucht sie zu vergewaltigen, wenn sie keinen Geschlechtsverkehr wollte, dann habe er es mit Gewalt gemacht. Sie habe sich verschleiern müssen und kein normales Kopftuch tragen dürfen. Er habe sie mit dem umbringen bedroht und gemeint, dass er für ihren Tod nur Schmerzensgeld zahlen müsse. Sie habe gesagt, dass sie die Scheidung wolle, aber er habe gesagt, dass er sie töten werde, aber sich nicht scheiden lasse. Zuletzt habe er versucht, sie mit einer Waffe zu erschießen, aber ihr Schwager habe die Waffe nach oben geschlagen, damit er sie nicht erschießen könne. Der Auslöser sei gewesen, dass ihre Haare ein bisschen unter dem Kopftuch hervorgerutscht sein. Ihr Vater, der sehr wohlhabend sei, habe dann einen Schlepper organisiert, damit sie ausreisen könne. Ihr Ehemann und Beamte hätten dann das Haus ihrer Eltern und ihre Schwester nach ihr und ihrem Sohn durchsucht. Sie habe wegen ihres Sohnes viel erduldet, aber sie hätten auch aus ihrem Sohn ein aggressives Kind gemacht und ihm gezeigt, dass er seine Mutter schlagen und an den Haaren ziehen dürfe. Ihr Mann habe sie mit seinem Gürtel geschlagen bis sie blauem ganzen Körper gewesen sei. Sie sei für ihn wertlos gewesen. Sie habe keine Anzeige erstatten können, denn ich ihr Vater sei selbst bei der Behörde gewesen und habe jeden richtig gekannt. Im Iran könne sich eine Frau nicht scheiden lassen, das könne nur der Mann.

Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.) Den Beschwerdeführern wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage im Iran, stellte die Identität der Beschwerdeführer fest und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Erstbeschwerdeführerin keine Verfolgung durch staatliche Organe oder Dritte aus einem GFK Grund vorgebracht habe. Sie habe ihre Heimat aufgrund ihres gewalttätigen Ehemannes verlassen, dazu werde ihr aufgrund ihres glaubwürdigen Auftretens und der Nachvollziehbarkeit ihres Fluchtvorbringens Glauben geschenkt. Dieses Fluchtvorbringen finde auch in den Länderfeststellungen Deckung. Hinsichtlich der häuslichen Gewalt, die keinen Konnex zu einem der GFK Fluchtgründe aufweise, sei ihr eine Unterkunftnahme in einem anderen Landesteil des Irans möglich und zumutbar, ohne dass sie befürchten müsse, Opfer ihres Ehemannes zu werden. Dem iranischen Sicherheitsapparat sei keine mangelnde Schutzleistung vorzuwerfen, da die Erstbeschwerdeführerin diesen mangels Anzeigenerstattung dazu nicht die Möglichkeit gegeben habe. Aus der von ihr vorgelegten Heiratsurkunde gehe hervor, dass sie das Recht habe, eine Scheidung einzufordern, wenn sich die Gesellschaft des Paares so verschlechtere, dass die Führung des gemeinsamen Lebens nicht mehr möglich sei. Dies wäre aufgrund der häuslichen Gewalt zutreffend und sie hätte sich somit scheiden lassen können.

Gegen die oben genannten Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 06.06.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin den Iran wegen Verfolgung aus geschlechtsspezifischen Gründen als Frau verlassen habe.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 14.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.01.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Erstbeschwerdeführerin eingehend zu ihren Fluchtgründen befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige vom Iran. Ihre Identität steht fest. Sie stammen aus Ahvaz, wo noch der Ehemann und die Eltern der Erstbeschwerdeführerin leben. Der Zweitbeschwerdeführer ist der minderjährige Sohn der Erstbeschwerdeführerin.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde Opfer von massiver häuslicher Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe durch ihren Ehemann. Ihr Ehemann ist Mitglied der Revolutionsgarde und hat somit sehr guten Kontakt zu den Behörden.

Es ist den Beschwerdeführern nicht zumutbar, sich an einem anderen Ort im Iran niederzulassen.

1.2. Zur maßgeblichen Situation im Iran, insbesondere zum Thema häusliche Gewalt wird Folgendes festgestellt:

Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen, wie häusliche Gewalt und Früh- und Zwangsverheiratungen, sind weit verbreitet und werden nicht geahndet. Geschlechtsspezifische Gewalt ist weiterhin nicht strafbar.

Der Ehemann hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich und seine Frau (Art. 1104 des iranischen Zivilgesetzbuchs, iZGB). Sie benötigt die schriftliche Einwilligung ihres Ehemannes, um einen Reisepass zu beantragen (Art. 18 III Passgesetz). Der Ehemann hat das Recht, jederzeit ohne Angabe von Gründen eine Ausreisesperre gegen seine Ehefrau zu verhängen. In einigen Städten benötigen allein reisende Frauen eine behördliche Erlaubnis, um in öffentlichen Hotels und Gästehäusern übernachten zu können. Der Ehemann einer iranischen Frau hat das Recht, der Ehefrau die Ausübung eines Berufs zu versagen, wenn dies den Interessen der Familie widerspricht und seiner Würde zuwiderläuft.

Der Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne dass er den Scheidungsantrag begründen muss. Ebenso kann er nach einer widerrufbaren Scheidung die Ehe innerhalb von drei Monaten wiederaufnehmen. Eine Frau kann bei Geisteskrankheit und Impotenz des Ehemanns (Art. 1122, 1125 ZGB), wegen einer unerträglichen Härte im Falle der Fortführung der Ehe z.B. bei stark unislamischer Lebensführung des Ehemanns oder bei Verletzung der Unterhaltspflicht (Art. 1130 ZGB) die Scheidung beantragen. Zusätzlich zu diesen gesetzlich geregelten Fällen werden in standardisierten, notariell beurkundeten Eheverträgen oft weitere Scheidungsgründe vereinbart (z.B. für die Frau gefährliche Erkrankung, Drogenkonsum, weitere nicht abgestimmte Heirat des Ehemanns). Das Vorliegen der Scheidungsbedingungen nachzuweisen ist für die Frau sehr schwierig. Im Streitfall kann sich ein solcher Rechtsstreit über mehrere Jahre hinziehen. Die Frau hat jedoch in den meisten Fällen die Möglichkeit, dem Mann gegen die Scheidung die Morgengabe zu schenken, wobei es sich häufig um große Summen handelt. Lässt sich der Mann scheiden, muss er diese der Frau auszahlen. Die Zahl der Scheidungen im ersten Quartal des iranischen Jahres 1394 (21.3.-20.6.2015) ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17,5 % gestiegen. Einen besonders hohen Anteil stellen einvernehmliche Scheidungen dar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, insbesondere zum Thema häusliche Gewalt, stützen sich auf das Länderinformationsblatt BFA-Staatendokumentation vom 03.07.2018 und den Bericht von UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iran: Women fearing domestic abuse, September 2018, welche den Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten und nicht bestritten worden sind.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Fluchtvorbringen:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer, ihrer Herkunft und ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer und wurden auch schon vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am X, welche nicht zuletzt auch deshalb durchgeführt wurde, um sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer zu verschaffen, einen überaus glaubwürdigen Eindruck vermittelte und er keineswegs den Eindruck erweckte, gleichsam nur erfundene und auswendig gelernte Umstände anzugeben. So war auch der überaus überzeugende Gesamteindruck, den der Beschwerdeführerin im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am X hinterließ, im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung des Vorbringens entscheidend für die Bewertung, dass den Angaben des Beschwerdeführers Glaubwürdigkeit zukommt. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist glaubhaft und wurde auch vom BFA als glaubhaft erachtet.

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründen beruhen daher auf den glaubwürdigen, detaillierten und widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren und auch anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am X, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer bei eingehender Befragung zu seinen Fluchtgründen einen persönlich glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck hinterließ.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers war substantiiert, schlüssig und widersprach sich nicht. Es ist im Lichte der in den Feststellungen zu Tschetschenien enthaltenen Schilderungen zum Vorgehen des Regimes in Tschetschenien gegen die Familien von aktuell aktiven Widerstandskämpfern bzw. von Kämpfern in den Wäldern auch plausibel. Auch stellte sich der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht als persönlich glaubwürdig dar, er gab in der mündlichen Verhandlung auf alle Fragen bereitwillig Auskunft und hatte sowohl vor der mündlichen Verhandlung als auch danach durch die umgehende bzw. fristgerechte Vorlage von entsprechenden Unterlagen und Dokumenten seine Mitwirkungspflicht wahrgenommen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hält der Erstbeschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid entgegen, dass sie keine Anzeige erstattet habe. Wie sich jedoch den Länderfeststellungen entnehmen (LIB und (UK Home Office, September 2018) lässt, ist Vergewaltigung in der Ehe im Iran nicht strafbar und Gewalttaten gegen Frauen sind weit verbreitet und werden nicht geahndet. Zusätzlich braucht eine Frau zwei volljährige männliche Zeugen, die für sie vor Gericht die Misshandlungen bezeugen würden, was im vorliegenden Fall auch nicht gegeben ist. Darüber hinaus kommt im konkreten Fall noch dazu, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin Mitglied der Revolutionsgarde ist und sie daher nachvollziehbar davon ausgehen konnte, dass sie auch aufgrund seiner Verbindungen keinen staatlichen Schutz erhalten würde.

Soweit das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch ausführt, dass die Erstbeschwerdeführerin sich hätte scheiden lassen können, ist dazu auch auf die Länderfeststellungen (UK Home Office, September 2018) zu verweisen, wonach die Flucht vor häuslicher Gewalt durch eine Scheidung sehr schwierig ist. Eine Frau muss die Bedrohung ihres Lebens beweisen. Das ist schon vor dem Hintergrund der notwendigen zwei männlichen Zeugen für die Erstbeschwerdeführerin unmöglich, wird aber nach den Länderfeststellungen auch dadurch erschwert, dass das neue Familienrecht Richtern Bonusse gewährt für die Scheidungsfälle, die mit Versöhnung enden. Auch über die von der Behörde ins Treffen geführten Frauenhäuser sind nach den Länderfeststellungen für die Öffentlichkeit keine Informationen zugänglich und sie sind schlecht ausgestattet und haben ihren Fokus ebenfalls auch der Versöhnung mit dem Ehemann, was die Erstbeschwerdeführerin aber nachvollziehbar ablehnt.

Die Verfolgung durch ihren Ehemann beruht daher auf einem Konventionsgrund und die Behörden im Iran sind nicht bereit, Schutz zu gewähren.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geht im angefochtenen Bescheid auch noch von einer innerstaatlichen Fluchtalternative aus. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass alleinstehende, nicht geschiedene Frauen Schwierigkeiten haben, selbständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen. Sie sind auch in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil es für Reisen die Zustimmung des Ehemanns bedarf, ebenso wie für die Arbeitsaufnahme. Bei dem Bild, das die Erstbeschwerdeführerin glaubhaft von ihrem Ehemann gezeichnet hat, ist auch davon auszugehen, dass er sie nicht alleine irgendwohin ziehen lassen und auf seine Eherechte bestehen wird. Dass es irgendeinen Ort im Iran gibt, wo er sie nicht findet, ist nicht hervorgekommen, noch dazu weil die Erstbeschwerdeführerin nachvollziehbar ausführte, dass sie sich überall ausweisen müsste und ihr Ehemann als Mitglied der Revolutionsgarde sie dadurch überall finden könnte.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative in eine Stadt, in welche die Erstbeschwerdeführerin auch über keine Familie verfügt, da ihre Eltern in derselben Stadt wie ihr Ehemann leben, ist daher nicht zumutbar.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Aufgrund der oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellten Erwägungen ist es dem Beschwerdeführer gelungen, glaubhaft zu machen, dass der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist. Ein Beweis desselben ist dagegen nicht erforderlich. Diesem herabgesetzten Maßstab ist der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen bei Abwägung der Gesamtumstände gerecht geworden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. etwa VwGH 21.04.2011, 2011/01/0100 mwN). Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH 13.11.2011, 2000/01/0098; im gleichen Sinne auch Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU - Statusrichtlinie; VwGH 28.01.2015, Ra 2014/181/0112).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen Fälle der häuslichen Gewalt im Spannungsfeld zwischen einer Verfolgung wegen des Geschlechts oder der Zugehörigkeit zur Familie des Verfolgers (jeweils unter dem Gesichtspunkt des Konventionsgrundes der Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe") einerseits und rein kriminellen, keinem Konventionsgrund zuordenbaren Bedrohungen andererseits. (zB VwGH 24.03.2011, 2008/23/1290 mwN).

Ausgehend vom Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin liegt der Grund ihrer Verfolgung durch ihren Ehemann darin, dass dieser sie als Teil seiner Familie ansieht und sich daher das Recht anmaßt, durch Anwendung von massiver (auch geschlechtsspezifischer) Gewalt und Drohungen die Erstbeschwerdeführerin gefügig zu machen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. etwa VwGH 21.04.2011, 2011/01/0100 mwN). Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. etwa VwGH 13.11.2011, 2000/01/0098; im gleichen Sinne auch Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU - Statusrichtlinie; VwGH 28.01.2015, Ra 2014/181/0112).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehen Fälle der häuslichen Gewalt im Spannungsfeld zwischen einer Verfolgung wegen des Geschlechts oder der Zugehörigkeit zur Familie des Verfolgers (jeweils unter dem Gesichtspunkt des Konventionsgrundes der Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe") einerseits und rein kriminellen, keinem Konventionsgrund zuordenbaren Bedrohungen andererseits. (zB VwGH 24.03.2011, 2008/23/1290 mwN).

Ausgehend vom Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin liegt der Grund ihrer Verfolgung durch ihren Ehemann darin, dass dieser sie als Teil seiner Familie ansieht und sich daher das Recht anmaßt, durch Anwendung von massiver (auch geschlechtsspezifischer) Gewalt und Drohungen die Erstbeschwerdeführerin gefügig zu machen.

Die Erstbeschwerdeführerin konnte somit glaubhaft machen, dass ihr im Herkunftsstaat insbesondere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Gegenständlich liegt ein Familienverfahren vor: Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweitbeschwerdeführers, welcher noch minderjährig ist.

Da der Erstbeschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen ist, ist gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 auch dem Zweitbeschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal keine Sachverhaltselemente, die unter einen der Tatbestände des § 34 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 zu subsumieren wären, erkennbar sind.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Beschwerde ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattzugeben und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz am 13.02.2017 gestellt wurden, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall bereits Anwendung finden.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu. Diese Aufenthaltsberechtigung verlängert sich kraft Gesetzes nach Ablauf dieser Zeit auf eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Aberkennungsverfahrens nicht vorliegen oder ein Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Dementsprechend verfügen die Beschwerdeführer nun über eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W221.2198300.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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