Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des K G in L, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Jänner 2018, Zl. L515 2164182- 1/35E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger der Republik Georgien und stellte am 8. November 2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 23. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und sprach aus, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig sei.
3 Das BFA stellte unter anderem fest, dass der Revisionswerber an Depressionen und Schlafstörungen leide und näher bezeichnete Medikamente einnehme. Allerdings leide er an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen. Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers erachtete das BFA als nicht glaubwürdig.
4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er (ua.) die Durchführung einer Verhandlung beantragte.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde - ohne die beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen - gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Weiters sprache es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen eine Verletzung der Verhandlungspflicht vorgebracht. Das BVwG habe durch die Einbeziehung und Würdigung der von ihm beigeschafften Herkunftsländerberichte zu den Möglichkeiten der Behandlung psychischer Erkrankungen in Georgien die verwaltungsbehördliche Beweiswürdigung nicht bloß unwesentlich ergänzt und damit auch die von der Behörde getroffenen Feststellungen zum Gesundheitssystem in Georgien einer Ergänzung zugeführt. Eine ergänzende Beweiswürdigung habe regelmäßig erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erfolgen, die nicht durch Einräumung einer schriftlichen Stellungnahmemöglichkeit substituiert werden könne.
10 Dem ist entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).
11 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von diesen Leitlinien abgewichen wäre, zumal sich die Beschwerde lediglich pauschal gegen die Beweiswürdigung des BFA wandte, ohne jedoch einzelnen Feststellungen konkret entgegenzutreten.
12 Nach ständiger hg. Judikatur setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird; das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren -
Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 4.9.2017, Ra 2017/20/0097, 0136).
13 Die Revision zeigt nicht auf, inwiefern die aktuelle Lage in Georgien - in Bezug auf die vom BVwG nach Einräumung von Parteiengehör ergänzten Bereiche des Gesundheitssystems bzw. der Behandlungsmöglichkeiten für psychisch erkrankte Personen - im Vergleich zu den getroffenen Feststellungen des BVwG abweiche. Insofern gelingt es der Revision nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzulegen.
14 Darüber hinaus geht das BVwG - unter Verweis auf vom Revisionswerber vorgelegte medizinische Unterlagen - ohnehin davon aus, dass der Revisionswerber an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. In der rechtlichen Beurteilung kam das BVwG - auch unter Berücksichtigung der der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte zum Gesundheitssystem und den Behandlungsmöglichkeiten in Georgien - zu dem Schluss, dass dem Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Georgien keine Verletzung der in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht darzulegen, warum das BVwG in Hinblick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Revisionswerbers dazu verpflichtet gewesen wäre, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200116.L00Im RIS seit
08.04.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019