TE Vwgh Beschluss 2019/3/14 Ra 2018/20/0387

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Veröffentlicht am 14.03.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §57 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §6 Abs1 Z3;
AsylG 2005 §9 Abs2 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §53;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des M D, vertreten durch Dr. Norbert Wolf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 1/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2018, Zl. W103 1301758- 2/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 17. August 2004 gemeinsam mit seiner Familie erstmals einen Asylantrag.

2 Mit Bescheid vom 30. Mai 2008 wies der Unabhängige Bundesasylsenat - im administrativen Instanzenzug - diesen Antrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers in die Russische Föderation nicht zulässig sei und erteilte ihm gemäß § 15 Asylgesetz 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung, die in den folgenden Jahren wiederholt verlängert wurde. Gemäß § 75 Abs. 6 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) galt ihm deshalb der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt.

3 Im Zeitraum von Februar bis Oktober 2017 beging der Revisionswerber im Alter von 14 beziehungsweise 15 Jahren wiederholt Jugendstraftaten und wurde wegen der Vergehen des Diebstahls nach § 127 Strafgesetzbuch (StGB), des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt. Zuletzt verurteilte das Landesgericht Innsbruck den Revisionswerber mit Urteil vom 17. Jänner 2018 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB sowie der Verbrechen des minderschweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und des minderschweren Raubes als Beitragstäter nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer bedingten Zusatzfreiheitsstrafe und ordnete Bewährungshilfe an.

4 Mit Bescheid vom 12. April 2018 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ab, entzog ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Revisionswerbers in die Russische Föderation gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 9 FPG unzulässig sei, legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest, erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot und wies den Antrag des Revisionswerbers vom 9. März 2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Zur Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, "zu den Rechtsfragen zur Aberkennung eines im Familienverfahren zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten in Folge Straffälligkeit sowie die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung einer rechtskräftigen Verurteilung als Verbrechen im Sinne des § 17 StGB" liege noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

10 Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Frage wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. VwGH 9.11.2016, Ra 2016/19/0296), sodass es dem Revisionswerber mit diesen pauschalen Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht gelingt aufzuzeigen, welche konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte.

11 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird dann nicht aufgezeigt, wenn auf die in der Zulassungsbegründung angesprochenen Rechtsfragen in der Revisionsbegründung nicht mehr zurückgekommen wird (vgl. VwGH 25.1.2019, Ra 2018/20/0483; 20.05.2015, Ra 2014/19/0175). Auch das ist hier der Fall.

12 Zu dem Zulassungsvorbringen, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung einer rechtskräftigen Verurteilung als Verbrechen im Sinne des § 17 StGB vor, sei ergänzend ausgeführt, dass es auf diese Frage im vorliegenden Fall nicht ankommt, zumal das BVwG seine Entscheidung nicht auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, der auf die rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) abstellt, sondern ausschließlich auf § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 stützte. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).

13 Nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 hat eine Aberkennung stattzufinden, wenn der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose. Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0246).

14 Das BVwG prüfte fallbezogen unter Einbeziehung der Straftaten des Revisionswerbers das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 und wies die Beschwerde infolge der negativen Gefährdungsprognose ab. Die Revision vermag nicht darzulegen, inwieweit das BVwG von der dargestellten Rechtsprechung abgewichen wäre.

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

16 Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Verbesserungsverfahren hinsichtlich der fehlenden Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG).

Wien, am 14. März 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200387.L00

Im RIS seit

05.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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