Entscheidungsdatum
09.11.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
L521 2207501-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde 1. XXXX und 2. XXXX, beide in 5XXXX, sowie 3. XXXX, alle vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Karolingerstraße 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.08.2018, Zl. 100 Jv 88/18z-33, betreffend Eintragungsgebühr zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die erst- und die zweibeschwerdeführende Partei erwarben mit Kaufvertrag vom 02.07.2014 von der Gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgenossenschaft XXXX die Grundstücke XXXX samt einer darauf errichteten Doppelhaushälfte.
Die drittbeschwerdeführende Partei trat dem (verbesserten) Grundbuchsgesuch vom 03.11.2014 als Pfandberechtigte bei.
Der erst- und der zweibeschwerdeführenden Partei wurde für den Erwerbsvorgang mit Erledigung der Salzburger Landesregierung vom 23.07.2014 die Gewährung eines Förderungsdarlehens, eines Zusatzdarlehens sowie von Annuitätenzuschüssen nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 1990 zugesichert.
Im Grundbuchsgesuch wurde die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984) angesprochen und die erfolgte Zusicherung in Vorlage gebracht.
2. Die im Grundbuchsgesuch vom 03.11.2014 begehrten Eintragungen, insbesondere die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der erst- und die zweibeschwerdeführende Partei sowie die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten der drittbeschwerdeführende Partei und zugunsten des an diesem Verfahren nicht beteiligten Landes Salzburg, wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 04.11.2014, XXXX, bewilligt.
Der erst- und der zweibeschwerdeführenden Partei wurde in weiterer Folge Eintragungsgebühren für die Einverleibung des Eigentumsrechts gemäß TP 9 lit. b Z. 1 GGG im Betrag von jeweils EUR 2.172,00 auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 197.372,00, insgesamt somit EUR 4.344,00 zur Zahlung vorgeschrieben und am 18.11.2014 entrichtet.
3. Mit Note vom 03.05.2018 wurden die erst- und die zweibeschwerdeführende Partei aufgefordert, zum Zweck der Beurteilung des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung die baubehördlich bewilligten Pläne sowie Lichtbilder der Räume im Keller- und im Dachgeschoss in Vorlage zu bringen.
Die erst- und die zweibeschwerdeführende Partei entsprachen diese Auftrag fristgerecht.
4. Nach erfolgloser Vorschreibung mittels Lastschriftanzeige wurden die erst- und die zweibeschwerdeführende Partei mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 20.07.2018, XXXX zur Zahlung von Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Pfandrechten zugunsten des Landes Salzburg gemäß TP 9 lit. b Z. 4 GGG und einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) in Höhe von EUR 8,00 im Gesamtbetrag von EUR 4.283,00 verhalten.
Sämtliche beschwerdeführenden Parteien wurden außerdem mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 20.07.2018, XXXX zur Zahlung von Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Pfandrechten zugunsten der drittbeschwerdeführenden Partei gemäß TP 9 lit. b Z. 4 GGG im Gesamtbetrag von EUR 2.588,00 verhalten.
Begründend wurde jeweils ausgeführt, dass die für die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung maßgebliche Nutzfläche von höchsten 130 m² überschritten worden sei.
5. Die beschwerdeführende Partei erhoben dagegen fristgerecht Vorstellung und brachten begründend im Wesentlichen vor, dass die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung maßgebliche Nutzfläche von höchsten 130 m² zum Zeitpunkt des Grundbuchsgesuchs am 03.11.2014 eingehalten worden sei, da das dritte Kind der erst- und der zweibeschwerdeführenden Partei am 20.09.2014 zu Welt gekommen sei. Erst nach der Geburt des vierten Kindes am 02.08.2016 sei in Kenntnis der Rechtslage und aufgrund des erhöhten Raumbedarfs die Nutzfläche durch Nutzbarmachung der Kellerräumlichkeiten auf 146,26 m² erhöht worden. Die bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen maßgebliche Nutzfläche von 150 m² werde nicht überschritten.
6. Infolge der erhobenen Vorstellung erließ der Präsident des Landesgerichtes Salzburg den angefochtenen Bescheid, mit dem die erst- und die zweibeschwerdeführende Partei neuerlich zur Zahlung von Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Pfandrechten zugunsten des Landes Salzburg gemäß TP 9 lit. b Z. 4 GGG und einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von EUR 8,00 im Gesamtbetrag von EUR 4.283,00 und sämtliche beschwerdeführenden Parteien zur Zahlung von Eintragungsgebühren für die Einverleibung von Pfandrechten zugunsten der drittbeschwerdeführenden Partei gemäß TP 9 lit. b Z. 4 GGG und einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG im Gesamtbetrag von EUR 2.588,00 verpflichtet wurden.
Begründend wird nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die beschwerdeführenden Parteien hätten im Grundbuchsgesuch 29.10.2014 bzw. dem verbesserten Grundbuchsgesuch vom 03.11.2014 die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 angesprochen und sei diese für eine Nutzfläche von 111,24 m² bei vier im Haushalt lebenden Personen bewilligt worden. Bei der Überprüfung sei eine Nutzfläche von 146,26 m² festgestellt worden, wobei der Ausbau nach der Geburt des vierten Kindes am 02.08.2016 vorgenommen worden sei.
Da gemäß § 53 Abs. 4 WFG 1984 für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 der Zeitpunkt maßgeblich sei, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde, sei eine Nutzfläche von höchstens 130 m² einzuhalten gewesen. Die nachträgliche Erhöhung auf eine Nutzfläche von 146,26 m² führe zum Entfall der Gebührenbefreiung, da der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.10.2017, W108 2112428-1, die Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Vollzugs der Eintragungen im Grundbuch fünf Jahre lang aufrecht bleiben würden.
7. Gegen den vorstehend angeführten und am 29.08.2018 zugestellten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die rechtliche Beurteilung der Justizverwaltungsbehörde entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides weder aus dem Gesetzeswortlaut, noch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ergeben würde. Tatsächlich sie die Frage, ob im Fall einer Erhöhung der im Haushalt lebenden Personen auf sechs und ob deshalb eine höhere Wohnnutzfläche geschaffen werden dürfte, bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt.
In der Sache stütze weder eine Wortinterpretation des § 53 Abs. 4 WFG 1984, noch eine teleologische Interpretation den Standpunkt der Justizverwaltungsbehörde. Der Fünfjahresfrist des § 53 Abs. 4 WFG 1984 liege vielmehr der Zweck zugrunde, Umgehungen der Nutzflächenbegrenzung hintanzuhalten. Im gegenständlichen Fall liege allerdings keine solche Umgehung vor, da bis zur Geburt des vierten Kindes die höchstzulässige Wohnfläche von 130 m² eingehalten worden sei.
8. Die Beschwerdevorlage langte am 12.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die erstbeschwerdeführende Partei XXXX und die zweibeschwerdeführende Partei XXXX erwarben mit Kaufvertrag vom 02.07.2014 von der XXXX FN 60323k des Landesgerichtes Salzburg) die Grundstücke XXXX samt einer darauf errichteten Doppelhaushälfte mit einer Wohnnutzfläche von 111,24 m².
1.2. Der erst- und der zweibeschwerdeführenden Partei wurde für den Erwerbsvorgang mit Erledigung der Salzburger Landesregierung vom 23.07.2014 die Gewährung eines Förderungsdarlehens, eines Zusatzdarlehens sowie von Annuitätenzuschüssen nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz 1990 für eine geförderter Wohnnutzfläche von 100 m² zugesichert, wobei der Zusicherung die Wohnnutzfläche von 111,24 m² und vier im Haushalt lebende Personen zugrunde gelegt wurden.
1.3. Mit Grundbuchsgesuch vom 29.10.2014, verbessert am 03.11.2014, wurde die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der erst- und der zweibeschwerdeführenden Partei sowie die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten der drittbeschwerdeführende Partei und zugunsten des an diesem Verfahren nicht beteiligten Landes Salzburg beantragt. Im Grundbuchsgesuch wird unter Bezugnahme auf die vorgelegte Zusicherung des Landes Salzburg die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 angesprochen.
Die begehrten Einverleibungen wurden - nebst weiteren Eintragungen - mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 04.11.2014, XXXX, bewilligt und an diesem Tag vollzogen.
1.4. Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 lebten im Haushalt XXXX nebst den beschwerdeführenden Parteien deren minderjährige Kinder XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. XXXX und XXXX, geb. XXXX, (insgesamt daher fünf Personen) wohnhaft.
1.5. Der gemeinsame Sohn XXXX, geb. 02.08.2016, gehörte dem Haushalt XXXX ab dem Tag der Geburt an (die Anmeldung des Wohnsitzes datiert auf den 11.08.2016).
1.6. Infolge des erhöhten Platzbedarfs nach der Geburt des XXXX erhöhten die beschwerdeführenden Parteien die Nutzfläche durch Ausbaumaßnahmen von 111,24 m² auf 146,26 m².
1.4. Der weitere Verfahrensgang gestaltete sich wie unter Punkt I. dieser Erledigung dargestellt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Justizverwaltungsbehörde vollständig vorgelegten Akten des justizverwaltungsbehördlichen Verfahrens 100 Jv 88/18z des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg, welcher Kopien der wesentlichen Aktenteile des zugrundeliegenden gerichtlichen Verfahrens XXXX des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg enthält.
2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig. Die beschwerdeführenden Parteien brachten im justizverwaltungsbehördlichen Verfahren schlüssig vor, dass der erfolgte Ausbau ihres Eigenheims und die damit erfolgte Erhöhung der Nutzfläche von 111,24 m² auf 146,26 m² nach der Geburt ihres vierten Kindes und dem damit verbundenen erhöhten Platzbedarf erfolgt sei. Dass die Nutzfläche zum Zeitpunkt der Überprüfung 146,26 m² betrug, wird zugestanden.
Im angefochtenen Bescheid wird darüber hinaus von der Justizverwaltungsbehörde nicht angezweifelt, dass die in Rede stehenden Ausbaumaßnahmen tatsächlich erst nach der Geburt des Sohnes XXXX erfolgten (und nicht etwa bereits zu einem früheren Zeitpunkt), sodass der Sachverhalt insgesamt keiner weiteren Klärung bedarf und die schlüssigen Angaben der beschwerdeführenden Parteien den Feststellungen zugrunde zu legen sind. Die Anzahl der im Haushalt XXXX wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes amtswegig durch Anfertigung von Auszügen aus dem Zentralen Melderegister überprüft und ergab sich seine Übereinstimmung mit den Angaben der beschwerdeführenden Parteien.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984, BGBl. Nr. 482/1984 idF BGBl. I Nr. 131/2001, sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.
§ 53 Abs. 4 WFG 1984 zufolge ist für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3.
3.2. § 53 Abs. 4 WFG 1984 wurde mit der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, angeführt. Die Materialien zur Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, 759 BlgNR 21. GP 42, führen zu dieser Bestimmung aus:
"Im Zusammenhang mit der - auf einer Art. 15a-B-VG-Vereinbarung fußenden und daher aufrecht bleibenden - Gerichtsgebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob die in dieser Bestimmung vorgesehene Nutzflächengrenze von 130 bzw. 150 m² im jeweils konkreten Fall eingehalten wurde. Entscheidend dafür ist häufig die weitere Frage, ob beispielsweise Keller- oder Dachbodenräumlichkeiten nach den gesetzlichen Regelungen über die Nutzfläche und der dazu ergangenen Judikatur in die Nutzflächenberechnung miteinzubeziehen sind oder nicht. Diese Frage ist aber nicht anhand der Baupläne, sondern auf Grund der tatsächlichen Ausstattung der Räumlichkeiten zu beurteilen (VwGH 24. 1. 2001, 2000/16/0009; VwGH 15. 3. 2001, 2000/16/0625). Wenn sich diese Ausstattung im Zeitverlauf ändert, kann es von entscheidender Bedeutung sein, welcher Zeitpunkt für die Prüfung dieser Frage herangezogen wird. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kommt es betreffend das Vorliegen der für die Gebührenbefreiung erforderlichen Tatbestandselemente auf den Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruchs an. Fallen nach diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer Gebührenbefreiung wieder weg, so hat dieser Umstand nach bisherigem Recht auf die Zuerkennung dieser Gebührenbefreiung keine rückwirkende Auswirkungen (VwGH 30.3.1998, 96/16/004; VwGH 7. 12. 2000, 2000/16/0061; VwGH 21. 12. 2000, 2000/16/0038; vgl. auch die Judikatur zum früheren § 53 Abs. 4 WFG 1984 sowie zum früheren § 30 Abs. 3 WGG, wiedergegeben in Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren6, 252 E 7 und 9). Demgemäß ist auch bezüglich des Nutzflächenkriteriums in zeitlicher Hinsicht auf die Ausstattung in dem Zeitpunkt abzustellen, in dem die Gebührenschuld entstanden ist oder wäre (VwGH 24. 1. 2001, 2000/16/0009; VwGH 15. 3. 2001, 2000/16/0625; eine abweichende Beurteilung wäre freilich bereits nach bisheriger Rechtslage in dem Sonderfall angezeigt, dass die Baulichkeit zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fertiggestellt ist).
Diese Rechtslage ist allerdings unbefriedigend. Sie ermöglicht durch die in der Disposition des (potentiellen) Gebührenschuldners gelegene Gestaltung des zeitlichen Verhältnisses zwischen dem für die Beurteilung der Gebührenpflicht maßgebenden Vorgang (das ist in aller Regel der Vollzug der Eintragung eines Pfandrechts zur Besicherung eines Wohnbauförderungsdarlehens) einerseits und dem Innenausbau von Keller- oder Dachbodenräumlichkeiten in einem wohnbaugeförderten Objekt andererseits, eine Gebührenpflicht für die Grundbuchseintragung auch in solchen Fällen abzuwenden, in denen die Zuerkennung der Gebührenfreiheit zumindest nach den Intentionen dieser Befreiungsbestimmung nicht zu rechtfertigen wäre. Hinzu kommt, dass eine Überprüfung der Einhaltung der Nutzflächengrenze häufig erst im Zuge einer Revision und damit erhebliche Zeit nach dem für die Beurteilung der Gebührenbefreiung maßgeblichen Zeitpunkt stattfindet; im Nachhinein ist aber die seinerzeitige Ausstattung der Räumlichkeiten kaum mehr überprüfbar.
Diesem unbefriedigenden Rechtszustand soll nun durch die Anfügung eines neuen Abs. 4 in § 53 WFG 1984 abgeholfen werden. Im ersten Satz dieser neuen Regelung wird zunächst nur der allgemein anerkannte und vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judizierte Grundsatz positiviert, dass für die Beurteilung des Vorliegens der Tatbestandselemente des § 53 Abs. 3 WFG 1984 auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem nach den Regelungen des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht - ohne die Befreiung - begründet würde. Im Fall der Gebührenpflicht für die Eingabengebühr gemäß TP 9 lit. a GGG ist dies der Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe (§ 2 Z 2 GGG), für die Gebührenpflicht hinsichtlich einer Eintragung in das Grundbuch etwa nach TP 9 lit. b Z 4 GGG der Zeitpunkt der Vornahme der Eintragung (§ 2 Z 4 GGG). Dies alles entspricht noch der bisherigen Rechtslage.
Im zweiten Satz des neuen Abs. 4 wird aber angeordnet, dass - trotz Erfüllung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen der Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 in dem nach dem ersten Satz maßgeblichen Zeitpunkt - die Gebührenpflicht nachträglich eintreten kann, wenn innerhalb einer Zeitspanne von fünf Jahren eine der ursprünglich vorgelegenen Befreiungsvoraussetzungen im Nachhinein wegfällt. Wenn also beispielsweise ein ursprünglich auf Grund mangelnder Eignung zu Wohnzwecken nicht zur Nutzfläche zu zählender Keller- oder Dachbodenraum innerhalb von fünf Jahren ab dem an sich maßgeblichen Stichtag so ausgestattet wird, dass er nun in die Nutzflächenberechnung einzubeziehen ist, und dadurch die Nutzflächengrenze von 130 bzw. 150 m² überschritten wird, führt dies nachträglich zum Wegfall der ursprünglich zu bejahenden Gerichtsgebührenbefreiung. Der Hauptanwendungsfall dieser Neuregelung wird voraussichtlich beim Nutzflächenkriterium des § 53 Abs. 3 WFG 1984 liegen, doch bezieht sich die Regelung auch auf alle anderen Tatbestandselemente dieser Befreiungsbestimmung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass künftig der Anspruch auf Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 nur dann dauerhaft besteht, wenn sämtliche Voraussetzungen dieser Befreiung im Zeitpunkt des (hypothetischen) Entstehens des Gebührenanspruchs des Bundes vorliegen und dann durch fünf Jahre hindurch aufrecht bleiben. Die Festsetzung der Zeitdauer der erforderlichen Aufrechterhaltung der Befreiungsvoraussetzungen mit fünf Jahren konvergiert mit der fünfjährigen Verjährungsfrist in § 8 GEG 1962.
Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass die neue Regelung des § 53 Abs. 4 zweiter Satz WFG 1984 nur den nachträglichen Wegfall einer ursprünglich vorgelegenen Befreiungsvoraussetzung behandelt, nicht aber den umgekehrten Fall des nachträglichen Eintritts einer ursprünglich fehlenden Befreiungsvoraussetzung. Wenn also zu dem nach dem ersten Satz maßgeblichen Zeitpunkt eines der Tatbestandselemente des § 53 Abs. 3 WFG 1984 fehlt, ist die Gebührenbefreiung auch dann nicht anzuerkennen, wenn diese fehlende Voraussetzung nachträglich erfüllt wird."
3.3. Im gegenständlichen Fall ist zunächst unstrittig, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 zum Zeitpunkt der Einverleibung der mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 04.11.2014, XXXX4, bewilligten Eintragungen an eben diesem Tag vorgelegen sind.
Ebenso ist unstrittig, dass innerhalb der in § 53 Abs. 4 zweiter Satz WFG 1984 genannten Frist einerseits die Nutzfläche von 111,24 m² auf 146,26 m² erhöht wurde und andererseits die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen von fünf auf sechs Personen angewachsen ist.
Die im Beschwerdeverfahren maßgebliche Rechtsfrage ist, ob dieser Erhöhung der Nutzfläche von 111,24 m² auf 146,26 m² infolge der Geburt eines weiteren Kindes befreiungsschädlich ist oder aufgrund der Anzahl von nunmehr sechs haushaltszugehörigen Personen erst mehr als 150 m² Nutzfläche befreiungsschädlich wären.
Entgegen der im angefochtenen Bescheid vertreten Auffassung war dieser Rechtsfrage bislang nicht Gegenstand einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, es liegt auch - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vor. Dem von der Justizverwaltungsbehörde zitieren Erkenntnis vom 17.10.2017, W108 2112428-1, lag in Bezug auf den Sachverhalt die Anzahl von vier im Haushalt lebenden Personen zugrunde. Gegenstand des Verfahrens war vielmehr die Frage, inwieweit Keller - und Dachbodenräume aufgrund ihrer Ausführung und Ausstattung bei der Berechnung der Nutzfläche zu berücksichtigen waren. Mit dem Verweis auf das zitierte Erkenntnis ist somit für den Beschwerdefall nichts gewonnen.
3.4. § 53 Abs. 4 WFG 1984 stellt zunächst für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. Abs. 3 WFG 1984 auf den Zeitpunkt ab, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Die Gebühr entsteht gemäß § 2 Z. 4 GGG bei Eintragungen in die öffentlichen Bücher oder in das Schiffsregister mit der Vornahme der Eintragung mit der Vornahme der Eintragung (VwGH 31.07.2002, Zl. 2002/16/0155). § 53 Abs. 4 WFG 1984 zweiter Satz lautet wörtlich:
"Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3."
§ 53 Abs. 4 WFG 1984 enthält nun hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung keinen selbständigen normativen Inhalt, sondern verweist diesbezüglich auf § 53 Abs. 3 WFG 1984. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass wenn in § 53 Abs. 4 WFG 1984 zweiter Satz auf "dies[e] Voraussetzungen" Bezug genommen wird, die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 WFG 1984 gemeint sind.
Gemäß § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 ist bei "Wohnungen .. zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt". Eine explizite Regelung, wie im Fall eines Zuwachses der im gemeinsamem Haushalt lebenden Personen innerhalb der Frist des § 53 Abs. 4 WFG 1984 umzugehen ist, enthält § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 nicht.
Dessen ungeachtet vermag das Bundesverwaltungsgericht dem Standpunkt der Justizverwaltungsbehörde nicht beizutreten, dass den erörterten Bestimmungen der Inhalt beizulegen sei, dass eine bei der Vornahme der bücherlichen Eintragungen maßgebliche Nutzfläche von 130 m² auch bei geänderten Verhältnissen jedenfalls die gesamte in § 53 Abs. 4 WFG 1984 normierte Frist eingehalten werden muss.
Gegen den Standpunkt der Justizverwaltungsbehörde spricht zunächst der Wortlaut der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen. § 53 Abs. 4 WFG 1984 spricht allgemein nur von den "Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung" und trifft dazu wie erörtert keine selbständigen Anordnungen. § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 setzt die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung unter den Vorbehalt, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt und konstituiert somit zwei alternative Tatbestände. Dass es dem Förderungswerber bei Inanspruchnahme eines dieser Tatbestände zum Zeitpunkt der bücherlichen Eintragungen (hier: Einhaltung einer Nutzfläche von 130 m², da nicht mehr als fünf Personen im gemeinsamen Haushalt leben) verwehr sein soll, sich später - zum Zweck der weiteren Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung - auf den alternativen, gleichwertigen Tatbestand (Einhaltung einer Nutzfläche von 150 m², da nun mehr als fünf Personen im gemeinsamen Haushalt leben) zu berufen, kann § 53 Abs. 3 WFG 1984 nicht entnommen werden.
Wenn § 53 Abs. 4 WFG 1984 im Übrigen allgemein nur von den "Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung" spricht, ist evident, dass diese Voraussetzungen auch zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Justizverwaltungsbehörde vorlagen, zumal die Nutzfläche von 150 m² eingehalten wird und zum maßgeblichen Zeitpunkt sechs im gemeinsamen Haushalt lebten bzw. leben. Es liegt insbesondere kein nachträglicher Wegfall einer ursprünglich vorgelegenen Befreiungsvoraussetzung vor, zumal die gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 höchstzulässige Nutzfläche auch derzeit eingehalten wird und damit auch kein vom Gesetzgeber nicht gewollter Zustand eintritt.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind § 53 Abs. 3 und Abs. 4 WFG 1984 so auszulegen, dass innerhalb von fünf Jahren ab Begründung der Gebührenpflichtig die nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 höchstzulässige Nutzfläche eingehalten werden muss. Welche der in § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 als zulässig erachteten Alternativen dabei in Anspruch genommen wird, ist nicht relevant. In Ermangelung einer expliziten gesetzlichen Anordnung kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass im Fall einer zum Zeitpunkt der bücherlichen Eintragung maßgeblichen Nutzfläche von 130 m² diese jedenfalls innerhalb der Frist von fünf Jahren nicht überschritten werden darf, auf wenn die Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen auf über fünf Personen anwächst.
Es besteht sohin kein Rechtsgrund für eine Nachforderung von Gerichtsgebühren.
3.5. Dieses Ergebnis ist auch unter teleologischen Gesichtspunkten sachgerecht. Die Beschwerdeführer bringen zutreffend vor, dass § 53 Abs. 4 WFG 1984 der Hintanhaltung von Missbrauch dient. Die Materialien sprechen in diesem Zusammenhang vom Innenausbau von Keller- oder Dachbodenräumlichkeiten, was dazu führen könne, eine Gebührenpflicht für die Grundbuchseintragung auch in solchen Fällen abzuwenden, in denen die Zuerkennung der Gebührenfreiheit zumindest nach den Intentionen dieser Befreiungsbestimmung nicht zu rechtfertigen wäre.
§ 53 Abs. 3 und Abs. 4 WFG 1984 verfolgten damit das Ziel, dass nicht schon beim Innenausbau von Keller- oder Dachbodenräumlichkeiten in einem wohnbaugeförderten Objekt die Nutzflächenbeschränkung - durch einen anderen Ausbau als zunächst zum Zweck der Erlangung der Gebührenbefreiung dargestellt - umgangen wird. Im gegenständlichen Fall liegt jedoch keine solche Umgehung der Intention der Befreiungsbestimmung vor, zumal der Gesetzgeber Haushalten mit mehr als fünf Personen explizit eine Nutzfläche von höchsten 150 m² zugesteht.
Den Materialen zufolge soll der Anspruch auf Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 nur dann dauerhaft bestehen, wenn sämtliche Voraussetzungen der Befreiung im Zeitpunkt des (hypothetischen) Entstehens des Gebührenanspruchs des Bundes vorliegen und dann durch fünf Jahre hindurch aufrecht bleiben. Im gegenständlichen Fall waren die Voraussetzungen der Befreiung immer aufrecht, zumal ausweislich der Feststellungen nie ein § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 widerstreitender Zustand eingetreten ist und damit das Nutzflächenkriterium immer eingehalten wurde.
Ausgehend von letzter Wertung ist es auch sachlich gerechtfertigt, im Fall eines Anwachsens der im Haushalt lebenden Personen auf über fünf Personen von einer höheren zulässigen Nutzfläche auszugehen, auch wenn der Bedarf erst nachträglich eintritt. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass bei sechs oder mehr Haushaltsmitgliedern ein vermehrter Flächenbedarf gegeben ist und deshalb höchstens 150 m² Nutzfläche anstatt nur 130 m² Nutzfläche zugestanden werden. Dass dies im Fall des nachträglichen Anwachsens der Zahl der im Haushalt lebenden Personen infolge der Geburt eigener Kinder nicht so sein soll, wäre sachlich nicht begründbar und würde darauf hinauslaufen, ungleiches gleich zu behandeln. Eine solche Auslegung der § 53 Abs. 3 und 4 WFG 1984 wäre somit auch im Kontext des Gleichheitssatzes nicht zulässig (VfSlg. 13.965/1994; 6410/1971, beide zum Verbot ungleiches unsachlicher Weise gleich zu behandeln).
3.6. Der Beschwerde ist demnach Folge zu geben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 3 und 4 WFG 1984 ersatzlos zu beheben.
3.7. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, Zl. 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen), sodass von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG schon deshalb zulässig, da es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier gegenständlichen Rechtsfrage fehlt, nämlich ob eine nachträgliche Steigerung der Nutzfläche auf über 130 m² auch dann gemäß § 53 Abs. 4 WFG 1984 befreiungsschädlich ist, wenn gleichzeitig die Anzahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen auf mehr als fünf Personen anwächst und die Nutzfläche von 150 m² eingehalten wird. Der Lösung der hier gegenständlichen Rechtsfrage kommt damit grundsätzliche Bedeutung zu und ist die Revision deshalb zuzulassen.
Schlagworte
Eintragungsgebühr, ersatzlose Behebung, Familienangehöriger,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L521.2207501.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.04.2019