Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W241 2192934-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.03.2018, Zahl 1107912104-160361725, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.11.2018 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein iranischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 09.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 10.03.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi im Wesentlichen Folgendes an:
Er sei iranischer Staatsbürger und schiitischer Moslem. Er hätte vor ca. zwei Monaten sein Heimatland verlassen und wäre über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich gereist.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er zum Christentum konvertieren hätte wollen, weshalb er Probleme bekommen hätte. Er hätte dies auch vor einem Gericht zu einem Richter gesagt. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, zum Tode verurteilt zu werden.
1.3. Bei seiner Einvernahme am 06.03.2018 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi, machte der BF Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und gab an, nunmehr Mitglied der XXXX Gemeinde zu sein.
Ferner gab er im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):
"LA: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes?
VP: Ja.
LA: Waren Sie jemals politisch tätig?
VP: Nein.
LA: Waren Sie jemals in Haft?
VP: Nein.
LA: Wurden Sie aufgrund Ihrer Volksgruppen oder Religionszugehörigkeit verfolgt?
VP: Ja wegen meiner Religion.
LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
VP: Ich bin Perser.
LA: Welche Religion haben Sie?
VP: Christ. Protestant.
LA: Wer hat Sie aufgrund der Religion verfolgt?
VP: Die Regierung, ich war im Militärdienst. Während meines Militärdienstes.
LA: Können Sie genauer angeben, wer Sie verfolgt hat?
VP: Mein Offizier hat mich verklagt und weil ich über die islamische Religion schlecht gesprochen habe.
LA: Würden Sie sich selbst als religiös bezeichnen?
VP: Als ich im Iran war, habe ich kein Interesse an irgendeiner Religion gehabt. In Österreich bin ich sehr gläubig geworden.
LA: Seit wann interessieren Sie sich für das Christentum?
VP: Seitdem ich nach Österreich gekommen bin.
LA: Können Sie diese Aussage eingrenzen?
VP: Zwei Monate, nachdem ich in Österreich angekommen bin, hat mein Interesse am christlichen Glauben angefangen.
LA: Das heißt, Sie haben sich im Iran noch nicht mit dem Christentum beschäftigt?
VP: Nein. Aber ich habe mit Christen zusammengearbeitet im Beruf.
LA: Sind Sie getauft?
VP: Ja.
LA: Wann wurden Sie getauft?
VP: Das weiß ich nicht genau, aber die Taufbestätigung habe ich vorgelegt.
LA: Wann hat die Verfolgung angefangen?
VP: Im Jahr 1393 im Monat Ramazan (= Juli 2014).
LA: Erzählen Sie wie und von wem Sie verfolgt wurden. Erzählen Sie von der Verfolgungshandlung bitte.
VP: Ich wurde nicht direkt bedroht. Ich habe nur die Information von einem Kollegen, auch ein Soldat, erhalten, dass sie meinen Namen an den iranischen Geheimdienst weitergegeben haben (Etelaat). Dann bin ich sofort weggelaufen. Drei Tage später wurde unser Haus durchsucht vom Geheimdienst.
LA: Warum haben Sie den Asylantrag gestellt. Nennen Sie bitte all Ihre Fluchtgründe!
VP: Ich habe im Mai 2014 mit dem Militärdienst als Soldat begonnen. (Musterung, kein Berufssoldat). Ich habe immer wieder bei Diskussionen mit meinen Kollegen über die Religion schlecht gesprochen. Ich habe ihnen gesagt, dass das alles ein Quatsch ist, was sie uns über die Religion erzählen. Die Kollegen haben diese Information an meinen Offizier weitergegeben. Mit dem Offizier habe ich mehrmals Diskussionen gehabt. Man hat auch zwei Mal verhindert, dass ich auf Urlaub - also Entlassung - gehe. Im Fastenmonat Ramadan hat mein Offizier mit mir diskutiert, warum ich nicht faste. Die Diskussion ist immer heftiger geworden. Daraufhin habe ich den Führer und die Religion beschimpft. Er hat mich daraufhin geohrfeigt und mir gesagt "Ich werde dich ficken". Ich durfte ab dem Zeitpunkt die Kaserne nicht verlassen. Zwei, drei Tage später ist ein Freund zu mir gekommen und hat mir gesagt, mein Name wurde an den Geheimdienst weitergegeben. Am gleichen Abend bin ich von der Kaserne weggelaufen. Ich bin zu meiner Schwester nach Teheran gegangen und habe mich dort versteckt. Ich war ca. drei Tage bei meiner Schwester und bin dann zu meinem Freund gegangen. Er wohnt in der Stadt XXXX , das ist ca. 40 Minuten von Teheran entfernt. Ich war ca. drei Monate bei meinem Freund. Von meiner Mutter habe ich erfahren, dass sie das Haus mehrmals durchsucht haben, alle zwei bis drei Wochen waren sie einmal bei uns und haben nach mir gefragt. Meine Mutter hat mit einem Nachbarn gesprochen, der einen Schlepper kannte, und hat die Schleppung für mich organisiert. Ich bin zu meiner Schwester zurückgekehrt und der Schlepper hat mich von dort abgeholt. Ich bin so aus dem Iran geflüchtet.
LA: Haben Sie nun alle Fluchtgründe genannt?
VP: Ja.
LA: Was hätten Sie im Fall einer Rückkehr in den Iran zu befürchten?
VP: Sie werden mich umbringen.
LA: Wie lange dauert ein Militärdienst im Iran?
VP: Zwei Jahre.
LA: Haben Sie den Militärdienstausweis mit?
VP: Nein, den bekommt man normalerweise, wenn man den Militärdienst abgeschlossen hat, nicht währenddessen.
LA: Sie sagten eingangs, dass Sie sich vor Ihrer Einreise in Österreich nicht für die Religion interessiert hätten, wiese sprachen Sie dann schlecht über den Islam, wenn Ihnen die Religion nicht wichtig war?
VP: Weil ich gesehen habe, was sie im Namen der Religion anstellen. Es gibt viele Sachen, die ich erzählen kann. Ich weiß nicht, ob ich das erzählen soll.
LA: Was wissen Sie über den Islam, welche Sachen wollen Sie erzählen?
VP: Ich habe zum Beispiel einmal gesehen, wie die Polizei einmal einen Junge geschlagen hat, weil er Alkohol getrunken hat. Ich habe mich eingemischt und habe versucht ihn wegzuziehen. Sie haben mich auch geschlagen und verhaftet, sie haben mir elf Diebstahlsdelikte angehängt, meinen Finger und meinen Fuß gebrochen.
LA: Wann war das?
VP: Bevor ich zum Militärdienst gegangen bin, ich glaube im Jahr 1390 (2011).
LA: Sie wurden gefragt, ob Sie bereits in Haft waren und Probleme hatten, wieso haben Sie das nicht gleich erwähnt?
VP: Mit Haft habe ich Gefängnis verstanden und im Gefängnis war ich nicht, weil ich war auch nicht verurteilt, ich war nur für einen Monat verhaftet.
LA: Was können Sie über den Islam als Religion angeben?
VP: Ich habe über die iranische Regierung und ihre Regierungsmethoden schlecht gesprochen und nicht über die Religion als solche. Als ich verhaftet wurde, habe ich sie gebeten, im Namen von Mohammed Hossein, dass sie mich nicht schlagen, sie haben das ignoriert. Aus diesem Grund habe ich begonnen, die Religion zu hassen.
LA: Können Sie konkrete Angaben über die Verhaftung, die Zeit in Haft und die Körperverletzung machen?
VP: Ich wurde wie gesagt deswegen verhaftet, weil ich versuchte den Jungen zu unterstützen, der von den Polizisten geschlagen wurde. Man hat mich ca. einen Monat in der Polizeidienstelle XXXX angehalten. Die Anklage lautete auf 11 -maligen Diebstahl. Das verdanke ich dem Offizier, der bei dem Jungen, der geschlagen wurde, anwesend war. Mein Schwager ist ein großer Rechtsanwalt, er hat mit sehr großer Mühe geschafft, mich zu entlasten. Ich habe 2 Mio. Toman Strafe zahlen müssen. Als ich in Haft war, wurde ich fast jeden Tag geschlagen und gefoltert. Durch diese Schläge ist mein Ringfinger gebrochen worden und mein Fußgelenk wurde auch gebrochen.
LA: Haben Sie Unterlagen bzw. Beweismittel zu dieser Verhaftung?
VP: Nein. Mine Mutter hat mir die Dokumente nachgeschickt, sie hat aber die anderen Dokumente nicht finden können.
LA: Was haben Sie unmittelbar nach Ihrer Entlassung aus der Haft gemacht?
VP: Nichts. Ich bin zur Arbeit gegangen, ich habe auch davor gearbeitet.
LA: Können Sie konkrete Angaben über die Folter in der Haft machen?
VP: Das war im Sommer 2011, ich war einen Monat in Haft, das war kein Gefängnis.
LA: Bitte beantworten Sie die Fragen, wenn Sie können. Erzählen Sie von der Folter.
VP: Sie haben meinen Finger gebrochen und mich mehrmals mit einem Elektroschocker am Rücken geschlagen. Sie haben mir mein Fußgelenk gebrochen, ich habe sehr viele Ohrfeigen kassiert.
LA: Sie wurden verhaftet, wie lange dauerte es, bis Ihr Fußgelenk und Finger gebrochen wurden?
VP: Das war gleich die ersten paar Tage am Anfang. Ich wurde immer wieder geschlagen.
LA: Was hat man dann mit Ihnen gemacht? Hat man Sie zum Arzt gebracht?
VP: Nichts. Ich wurde nicht behandelt oder zum Arzt gebracht.
LA: Wie konnten Sie dann mit einem gebrochenen Fußgelenk arbeiten gehen und schließlich zum Militärdienst, ohne dass Sie behandelt worden sind?
VP: Ich bin erst zwei, drei Monate nach meiner Entlassung zur Arbeit gegangen und zum Militärdienst bin ich erst zwei Jahre später gegangen.
LA: Sie sagten, Ihr Offizier habe Sie verklagt. Was meinten Sie damit?
VP: Er hat meinen Namen an den Geheimdienst weitergegeben. Dass ich über die Religion lästere, dass ich nicht faste, nicht bete.
LA: Wie gesichert ist Ihre Information, dass er Sie verraten hat, sie sagten Sie hätten, davon gehört, dass man Sie verraten habe?
VP: Ein anderer Soldat, der mein Freund aus dem gleichen Bezirk ist, hat es mir mitgeteilt.
LA: Inwieweit leben Sie Ihren christlichen Glauben im Alltag aus?
VP: Ich gehe am Sonntag in die Kirche und unterstütze sie mit Geschirrwaschen und Kochen.
LA: Warum sind Sie Konvertiert?
VP: Ich habe gesehen, wie glücklich, zufrieden und freundlich die Menschen hier leben. Ich gehe auch in eine XXXX Kirche.
LA: Was ist so besonders an der XXXX Kirche?
VP: Weil die XXXX besonders freundlich waren und mich respektiert haben.
LA: Haben Sie die Bibel gelesen?
VP: Nicht wirklich. Aber ich weiß ein bisschen was darüber. Manchmal versuche ich, drinnen zu lesen. Aber ich habe Interesse daran, mehr zu erfahren.
LA: Wer hat entschieden, dass Sie getauft werden können?
VP: Ich habe ca. ein Jahr die Kirche besucht, und der Pfarrer hat entschieden mich taufen zu lassen.
LA: Was haben Sie über das Christentum gelernt?
VP: (denkt nach) Sehr viele Sachen. Was wollen Sie wissen?
LA: Was sind die Grundlehren im Christentum?
VP: Soweit ich weiß, muss man die Leute lieben und gute Taten machen.
LA: Wissen Sie noch etwas über das Christentum?
VP: Nein. (denkt nach) ich kenne die Gebete.
LA: Welche Gebete kennen Sie?
VP: Vater Unser.
LA: Kennen Sie weitere?
VP: Nein, ich weiß nur noch, wer seine Schüler waren. Ich weiß auch, wann sein erstes Wunder war. Mehr weiß ich nicht.
LA: Wer waren seine Schüler?
VP: Petrus, Simon, Eskarioti, Phillipus, Thomas, Barthalömäus, (denkt nach) das wars. Wie viele sollten es sein?
LA: Das müssten Sie wissen.
VP: Ich weiß es, 12."
Anschließend beantwortete der BF verschiedene Fragen bezüglich seiner Integration in Österreich.
1.4. Vom BF wurde folgende Dokumente vorgelegt:
* Iranischer Personalausweis
* Iranische Geburtsurkunde
* Auszeichnung über den Besuch und die Absolvierung eines Integrationskurses
* Taufschein der XXXX Gemeinde in Wien vom 16.04.2017
* Bestätigung der Diakonie
* Teilnahmebestätigung der MA17
* Teilnahmebestätigungen der VHS vom 07.12.2016, 19.01.2017 und 05.04.2017
1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 08.03.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF in den Iran. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF in den Iran. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation im Iran wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Seine Fluchtgeschichte habe der BF angesichts mehrerer dargelegter Unstimmigkeiten und Widersprüche nicht glaubhaft machen können. Ferner hätte eine Änderung seiner inneren Überzeugung, sodass man von einer echten Konversion zum Christentum sprechen könnte, nicht festgestellt werden können.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage im Iran nicht drohe.
1.6. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde dem BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
1.7. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seiner gewillkürten Vertreterin vom 13.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein.
In der Beschwerdebegründung wurde erneut auf das Interesse des BF am christlichen Glauben und seine Konversion verwiesen sowie ein Deutsch-Zertifikat A1 und wiederum der Taufschein vorgelegt.
1.8. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 19.04.2018 beim BVwG ein.
1.9. Das BVwG führte am 12.11.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Farsi durch, zu der der BF im Beisein einer gewillkürten Vertreterin persönlich erschien. Zwei Vertreter der belangten Behörde nahmen ebenfalls an der Verhandlung teil.
Dabei legte der BF Folgendes vor:
* Konvolut an Integrationsunterlagen
* Besuchsbestätigung der XXXX Gemeinde in Wien vom 06.11.2018, in dem der Pfarrer bestätigt, dass der BF seit Jänner 2016 an Gottesdiensten teilnimmt und oft anwesend ist.
Daraufhin gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):
"RI [Richter]: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?
BF: Ich bin Christ.
RI: In welche Richtung?
BF: Protestantischer Christ.
RI: Es gibt auch unter den Protestanten verschiedene Richtung, welche von diesen?
BF: Das ist die XXXX Kirche in XXXX .
RI: Sind Sie verheiratet oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?
BF: Nein, ich bin ledig.
RI: Haben Sie Kinder?
BF: Nein.
RI: Geben Sie bitte die Art, die Anzahl und Aufenthaltsorte Ihrer näheren Angehörigen bekannt!
BF: Mein Vater ist verstorben, aber meine Mutter lebt. Ich habe zwei Schwestern und zwei Brüder. Sie leben im Iran in Teheran.
RI: Haben Sie Onkeln und Tanten?
BF: Ich habe drei Tanten mütterlicherseits, drei Tanten väterlicherseits, vier Onkel väterlicherseits. Sie alle, außer einem Onkel väterlicherseits, leben in Teheran. Der Onkel lebt in Mashad.
RI: Leben Ihre Schwestern bei Ihrer Mutter oder haben diese eigene Familien?
BF: Sie sind schon verheiratet und haben ihre eigene Familie.
RI: Leben diese innerhalb Teherans weit weg von Ihrer Mutter oder in der Nachbarschaft?
BF: Ja, in der Nähe von meiner Mutter.
RI: Haben Sie Kontakt zu diesen Angehörigen?
BF: Mit meinen entfernten Verwandten habe ich keinen Kontakt, aber mit meiner Mutter und meiner eigenen Familie. Bis sie von meiner Konversion erfahren haben regelmäßig und danach aber weniger.
RI: Wann haben Sie Ihrer Familie mitgeteilt, dass Sie konvertiert sind?
BF: Seit ca. 7 oder 8 Monaten.
RI: Wann sind Sie getauft worden?
BF: Am 16.04.2017.
RI: Das heißt, Sie haben fast ein Jahr Ihrer Familie nicht erzählt, dass Sie sich einen neuen Glauben zugewandt haben?
BF: Nein, habe ich nicht.
RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?
BF: Ich habe bis zur 2. Klasse Gymnasium gelernt. (= 10. Klasse).
RI: Was haben Sie dann gemacht?
BF: Danach habe ich angefangen zu arbeiten.
RI: Können Sie bitte mehr darüber erzählen.
BF: Am Anfang habe ich als Metallarbeiter gearbeitet, ich habe für den Bau von Geräten, die in Imbissgeschäften benutzt werden, Grill und Herd-Backöfen, Elektrogeräte, gearbeitet.
RI: Später?
BF: Einige Zeit lang war ich dort beschäftigt und dann habe ich als Tischler gearbeitet. Ich habe öfters den Beruf gewechselt. Später habe ich als Schneider gearbeitet. Den letzten Beruf, den ich ausgeübt habe, war als Tischler.
RI: Was haben Sie noch gemacht?
BF: Das war mein letzter Beruf, der war Tischler und dann bin ich zum Militär.
RI: Wann sind Sie zum Militär?
BF: Das war im Jahr 1390 (= 2014).
RI: Können Sie noch einen Monat sagen?
BF: Ich glaube, dass war im Sommer.
RI: Waren Sie ein Berufssoldat? Haben Sie damit Ihren Lebensunterhalt finanziert?
BF: Es ist Gesetz dort, dass man zwei Jahre dort dienen muss, das ist die Mindestzeit.
RI: Wenn das so wie bei uns ist, warum sind Sie dann erst so spät zum Militär gegangen?
BF: Ja, verhältnismäßig gemessen an meinem Alter, bin ich spät zum Militärdienst gegangen, weil ich habe zuvor gearbeitet.
RI: Sie haben gesagt, man muss dort zwei Jahre dienen. Kann man sich aussuchen, wann man den Militärdienst antritt?
BF: Grundsätzlich muss man mit 18 Jahren antreten und wenn man aber später antritt, verlängert sich die Dienstzeit um 3 bis 6 Monate.
RI: Das heißt, Sie haben auch ein Gehalt bekommen?
BF: Ja.
RI: Sie haben mir gesagt, Ihre Schwestern sind verheiratet. Können Sie mir sagen, was die Ehegatten der Schwestern beruflich arbeiten?
BF: Der von meiner älteren Schwester ist Staatsanwalt. Und der jüngere ist tätig im Baugeschäft, Rohre herstellen und verbauen.
RI: Staatsanwalt beim Staat oder Rechtsanwalt?
BF: Nein, er ist Anwalt und nicht Staatsanwalt. Nachgefragt: Ja, er ist privat Rechtsanwalt.
RI: Wie lange übt er diesen Beruf schon aus?
BF: Schon sehr lange, er ist mittlerweile 47 oder 48 Jahre alt. Das macht er schon länger.
RI: Wie stellte sich Ihre finanzielle Situation bzw. die Ihrer Familie dar?
BF: Uns ging es nicht schlecht, finanziell ging es uns gut. Man kann sagen mittelmäßig.
RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?
BF: Nein.
RI: Wann haben Sie den Iran zuletzt genau verlassen?
BF: Ich habe es vergessen, ich weiß es nicht mehr genau. Das war glaube ich 2016, als ich das Land verlassen habe.
RI: Können Sie ungefähr sagen, wie lange Sie unterwegs waren?
BF: Ungefähr 2 1/2 Monate.
RI: Würde Jänner 2016 ungefähr passen?
BF: Kann man sagen, ja.
Zur derzeitigen Situation in Österreich:
RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?
BF: Nein.
RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.
RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?
BF: Bisschen.
RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen größtenteils nicht verstanden und auch größtenteils nicht auf Deutsch beantwortet hat.
RI: Warum können Sie noch nicht so gut Deutsch? Sie haben bereits Zertifikate vorgelegt.
BF: Ich habe in dem Heim, wo ich lebe, nicht die Möglichkeit zu lernen, denn wir sind zu sechst oder manchmal zu zehnt in einem Zimmer. Manche kommen nachts betrunken und machen Lärm und es ist schwer, sich dort zu konzentrieren und zu lernen.
RI: Haben Sie vor, in näherer Zukunft weitere Deutschkurse zu besuchen?
BF: Das möchte ich sehr gerne.
RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?
BF: Nicht regelmäßig.
RI: Was haben Sie schon gearbeitet?
BF: Ich war in XXXX Weintrauben pflücken. Und einen Monat in XXXX . Dieselbe Arbeit, Weintrauben pflücken und Blätter entfernen.
RI: Wenn Sie in Österreich bleiben dürften, welchen Beruf würden Sie gerne ergreifen?
BF: Ich würde jede Arbeit machen. Jede Arbeit, die anfällt, würde ich machen.
RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach?
BF: Ich betreibe Sport, allerdings nur mit einem Freund gemeinsam in keinem Verein oder Club. Ich gehe auch morgens laufen und betreibe Sport.
RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?
BF: Nein.
Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
RI: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Nehmen Sie sich dafür nun bitte ausreichend Zeit, alles vorzubringen.
BF: Ich habe so wie alle anderen Burschen den Militärdienst angetreten. Am Anfang war alles in Ordnung. Nach 3 Monaten Grundausbildung hat man mich dann zur weiteren Ausbildung geschickt. Und dort bin ich immer wieder gezwungen worden, von den anderen Kollegen, dass ich mit ihnen gemeinsam bete oder faste und das gefiel mir nicht. Ich wollte das nicht. Ich mag keinen Zwang. Deshalb habe ich mit meinen Kollegen dort Probleme bekommen, weil sie wollten mich dazu zwingen, aber ich glaubte nicht daran und es gefiel mir nicht.
RI: Bevor Sie zum Militär gekommen sind, haben Sie den Islam ausgeübt? War Ihnen Religion wichtig?
BF: Nein, denn ich habe auch früher mit meiner Familie diese Probleme gehabt. Wenn irgendwelche islamischen Feierlichkeiten waren und ich daran teilnehmen musste, zB in dem heiligen Monat Moharram, habe ich mich meiner Pflichten diesbezüglich entzogen. Ich lachte darüber und wollte nicht mitmachen.
RI: Was haben Ihre Verwandten dazu gesagt?
BF: Meine Mutter sagte meistens vor den Nachbarn, die zugeschaut haben, dass ich verrückt sei und lachte darüber und so konnte ich mich verdrücken.
RI: Haben Sie den Islam nicht gemocht oder waren Sie zB ein Atheist, der an Gott nicht geglaubt hat?
BF: Ich mag grundsätzlich keinen Zwang in einer Religion. Und ich glaubte nicht daran.
RI: Wenn ich das richtig verstehe, haben Sie an Allah, Gott, nicht geglaubt?
BF: Nein, ich glaubte nicht daran, weil ich so viele Dinge gesehen habe.
RI: Dann erzählen Sie bitte weiter.
BF: Nach einiger Zeit wussten bereits alle dort, dass ich nicht bete und nicht faste. Einer von meinen Kameraden, der Soldat für einen Oberst in unserer Einheit war, sagte mir eines Tages, was hast du gemacht. Deine Akte ist zur Geheimpolizei geschickt worden. Ich bekam es mit der Angst zu tun und bin in der Nacht von meiner Einheit geflüchtet, denn wir dürften nicht ohne Erlaubnis unsere Station verlassen.
RI: Bevor dieser Kamerad Ihnen dies gesagt hat, hat sich davor irgendetwas ereignet?
BF: Ja, einmal war ich bereits inhaftiert.
RI: Das war aber lange davor, vor dem Militärdienst, oder?
BF: Nein, innerhalb des Militärs bin ich inhaftiert worden.
Nachgefragt: Ja, einmal.
RI: Davon auch schon?
BF: Ja, einmal schon davor, bevor ich beim Militär war.
RI: Wann war das?
BF: Das war ca. ein oder zwei Jahre, bevor ich beim Militär eingetreten bin.
RI: Können Sie mir ungefähr ein Jahr erinnern?
BF: Ich kann mich an das Jahr nicht erinnern.
RI: Sagen Sie mir bitte ein Jahr.
BF: Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber es müsste 2011, 2012 gewesen sein.
RI: Sie sagten, dass Sie während des Militärdienstes verhaftet wurden. Wie kann ich mir das vorstellen?
BF: Ja.
RI. Wie kann ich mir das vorstellen, dass man als Soldat verhaftet wird?
BF: Ich durfte die Basis nicht verlassen, weil sie mir vorgeworfen haben, dass ich nicht bete und faste und mich nicht an die Regel halte.
RI. Das ist für Sie schon eine Verhaftung?
BF: Das heißt in dem Lager war ich inhaftiert.
RI. Sie waren aber nicht in einer Zelle eingesperrt?
BF: Nein, das war in der Einheit, in der Militärbasis.
RI: In welchem Zeitraum zwischen dieser Festhaltung im Lager und dass Ihnen Ihr Freund gesagt hat, dass Ihre Akte an die Geheimpolizei weitergegeben wurde?
BF: Ca. eine Woche, vier oder fünf Tage.
RI: Was war eigentlich das ausschlaggebende Ereignis, dass Sie die Kaserne nicht verlassen durften?
BF: Das habe ich bereits gesagt, weil ich nicht an den regelmäßigen Gebeten teilgenommen habe, nicht gefastet habe, denn warum sollte ich hungern?
RI. Können Sie mir noch sagen, diese Festhaltung in der Kaserne, wie viel Zeit ist zwischen Ihrer Ausreise und dieser Festhaltung vergangen?
BF: Ich glaube vier oder fünf Monate.
RI: Hat es sonst noch irgendetwas gegeben, dass Sie festgehalten wurden? Gab es ein Ereignis?
BF: Ich habe mich mit ihnen auseinandergesetzt. Es gab eine Auseinandersetzung, warum ich nicht essen durfte, als ich hungrig war, wegen solcher Dinge.
RI: Warum erzählen Sie mir nicht, dass Sie ein Offizier geohrfeigt hat? Das ist ein besonderes Ereignis.
BF: Nein, es gab keine Ohrfeige, auch mir nicht gegenüber. Es gab nur eine verbale Auseinandersetzung.
RI: Warum behaupten Sie das dann vor dem BFA?
BF: Ja, ich habe gesagt, dass ich geohrfeigt worden bin von einem Offizier, in unserem Bezirk, bei uns zu Hause und nicht beim Militär. Ich wurde hier im Verfahren immer wieder befragt und er fragte mich immer wieder zu einem anderen Anlass, das ist vertauscht worden.
RI hält dem BF die Aussagen AS59 vor. Sie haben gesagt, im Fastenmonat Ramadan hat mein Offizier mit mir diskutiert, warum ich nicht faste. Die Diskussion ist immer heftiger geworden. Daraufhin habe ich den Religionsführer und die Religion beschimpft. Er hat mich daraufhin geohrfeigt und gesagt...
BF: Nein, hat er nicht. Ich habe keine Ohrfeige erhalten. Wenn ich geohrfeigt geworden wäre, hätte ich es gesagt. Es gab eine verbale Auseinandersetzung, ich sagte, dass ich nicht daran glaube und es wurde immer heftiger.
RI: Können Sie mir sagen, wann das noch einmal, das in der Kaserne, ca. passiert ist?
BF: Das genau Datum kann ich Ihnen nicht sagen. Ich behalte die Daten nicht so genau im Kopf. Ich erinnere mich nur an das Jahr, das war 1393 (= 2014).
RI: Warum können Sie dann vor dem BFA sagen, dass es im Ramadan war und jetzt wissen Sie gar nichts.
BF: Was war im Ramadan?
RI: Das habe ich Ihnen gerade vorgelesen.
RI liest dies noch einmal vor.
Jetzt können Sie sich nicht mehr erinnern, wann das war?
BF: Es waren zwei Ereignisse, die Geschichte mit der Polizei, zur Geburt vom zweiten schiitischen Imam, und der zweite Vorfall war in der Kaserne im Ramadan.
RI: Ich habe Sie gerade vorher gefragt, wann war der Vorfall in der Kaserne war und bei mir hier sagten Sie, Sie wüssten das nicht mehr.
BF: Ich dachte, Sie meinen den Vorfall mit der Polizei.
RI: Ich habe Ihnen aber eindeutig gesagt, wann war der Vorfall, wie Sie die Kaserne nicht verlassen durften.
BF: Das weiß ich nicht, weil der Ramadan wechselt immer.
RI: Sie hätten nur Ramadan sagen könne.
BF: Ja könnte ich, aber sie haben nach dem Datum gefragt.
RI: Welche Position hatte der Freund beim Militär, der Ihnen gesagt hat, dass der Akt bei der Geheimpolizei ist?
BF: Er war auch so ein Soldat wie ich.
R: Also ein einfacher Soldat?
BF: Wir waren beide in der Ausbildung.
RI: Wie kann ein einfacher Soldat wissen, dass Ihr Akt zu der Geheimpolizei geschickt wurde?
BF: Die theoretische Ausbildung war schon beendet, aber er hat für eine Person gedient, bei dem ich aber den Rang nicht weiß.
RI: Aber das ist noch immer nicht die Antwort auf meine Frage. RI wiederholt die Frage.
BF: Ich weiß es nicht genau, aber ich weiß, dass in diesem Büro der Soldat alle Sachen, die anfallen, erledigt, dass nur er und sein Vorgesetzter sich im Zimmer befanden und er für ihn alle Arbeiten erledigen musste.
RI: Sie haben dann eigentlich fast 1 1/2 Jahre einen Militärdienst absolviert. Haben Sie kein einziges Dokument erhalten, dass Sie nachweisen können, dass Sie beim Militär waren?
BF: Es gibt vielleicht ein Schreiben, was dies bestätigt. Ich könnte versuchen, dass mir dieses Schreiben geschickt wird. Ich habe bisher nicht nachgefragt.
RI. Einen Ausweis haben Sie nicht erhalten?
BF: Nein, ich hatte keine Karte und ich konnte auch keinen Passport beantragen und deshalb bin ich illegal aus dem Land ausgereist.
RI: Sie haben erfahren, dass Ihr Akt zur Geheimpolizei geht, was haben Sie dann gemacht?
BF: Danach bin ich geflüchtet. Ich bin in der Nacht von meinem Basislager geflohen. Ich bin über die Mauer gesprungen und bin dann zu meiner Schwester gegangen. Danach hat sich meine Mutter mit meinem Schwager und mit meiner Schwester in Verbindung gesetzt. Sie haben mir geholfen, dass ich das Land verlassen konnte. Vor 8 oder 9 Monaten sagte meine Mutter, dass sowohl in Zivil-, als auch in Militärkleidung Leute dort waren, die nach mir gefragt haben und sie sagte, dass sie nicht weiß, wo ich mich befinde.
RI. Sie sind über die Mauer gesprungen? Gab es keinen Stacheldraht auf dem Zaun? Wurde diese nicht bewacht? War es so einfach von dort zu fliehen?
BF: Unser Lager hatte zwei Eingänge. Einen offiziellen Eingang, wo die Soldaten hinein und hinaus sind und einen hinteren, wo sie gerade eine Halle gebaut haben. Dort saß meistens ein Soldat, der bewachte und war eine Mauer und dahinter Gitter. Ich bin über die Mauer gesprungen, bin dann aber nicht zu Hause zu mir, sondern zu meiner Schwester geflohen.
RI: Haben Sie bei Ihrer Mutter gelebt?
BF: Ja.
RI: Wie lange waren Sie dann bei Ihrer Schwester?
BF: Ca. zwei Monate. Zwei Monate war ich bei meiner Schwester und anschließend hatte ich Angst und bin zu einem Freund außerhalb von Teheran gezogen.
RI: Wie lange waren Sie bei diesem Freund?
BF: Ca. 6 oder 7 Monate war ich bei meinem Freund.
RI: Können Sie die Stadt noch sagen, wo dieser wohnte?
BF: Das war außerhalb von Teheran. Ca. halbe Stunde von Teheran entfernt. Das war in XXXX .
RI. Sie waren zwei Monate bei der Schwester und 6 bis 7 Monate bei Ihrem Freund. Das würde 8 bis 9 Monate zwischen dem Vorfall der Kaserne und Ihrer Ausreise ergeben-?
BF: Ja.
RI. Vorher haben Sie gesagt, dass dieser Vorfall in der Kaserne vier oder fünf Monate vor Ihrer Ausreise passiert sei. Das wäre eine Differenz von zwei Monaten. Können Sie mir dies erklären?
BF: Ich weiß es nicht. Ich habe nicht gelogen. Ich weiß nicht, was vorher in meiner Akte geschrieben wurde.
RI: Das haben Sie heute gesagt!
BF: Was habe ich gesagt?
RI: Sie haben vier bis fünf Monate gesagt.
BF: Vier oder fünf Monate danach?
RI erläutert noch einmal die zeitlichen Differenzen.
BF: Ich bin nach dem religiösen Monat Moharram aus dem Land geflüchtet. Ich habe die Daten nicht genau im Kopf.
RI hält vor: Sie haben hier gesagt, sie waren zwei Monate bei Ihrer Schwester und vor dem BFA haben Sie gesagt, Sie waren drei Tage bei Ihrer Schwester. Wie erklären Sie sich diesen Unterschied?
BF: Das habe ich nie gesagt, drei Tage.
RI: Dann haben Sie auch nie gesagt, dass Sie ca. drei Monate bei diesem Freund waren? Jetzt sagen Sie, Sie waren 7 bis 8 Monate bei diesem Freund.
BF: Nein, ich war zwei Monate bei meiner Schwester.
RI: Warum sagen Sie dann, dass dieser Freund in der Stadt XXXX lebt und beim BFA sagten Sie XXXX ?
BF: Das sind beides islamische Städte. XXXX und XXXX sind dieselben Städte. Diese zwei Orte liegen nebeneinander.
RI sucht die zwei Orte auf Google Maps und stellt fest, dass XXXX , auch XXXX , ein Vorort von Teheran ist. Während XXXX eine Gegend innerhalb Teherans darstellt. Diese zwei Gegenden sind ca. 30 km voneinander entfernt. Die Fahrzeit mit dem Auto wird ca. mit einer Stunde angegeben.
BF: Das sind eine halbe Stunde Unterschied.
RI: Wenn ich eine halbe Stunde mit dem Auto wo hinfahre, liegt dies nicht mehr nebeneinander.
BF: Es ist sehr weit von mir zu Hause und für mich war es immer das gleiche. Weil XXXX bekannter ist als XXXX , deshalb habe ich es so angegeben. Mit dem Motorrad bin ich 20 Minuten, halbe Stunde gefahren. Und ich sagte XXXX , weil dieser Name bekannter ist.
RI: Wann haben Sie dann Kontakt mit Ihrer Mutter aufgenommen? Waren Sie in diesen mehreren Monaten immer in Kontakt mit Ihrer Mutter?
BF: Ja, mit meiner Schwester und mit meiner Mutter war ich in Verbindung. Meine Mutter hat auch mir geholfen.
RI: Jetzt sind Sie von der Kaserne geflüchtet. Wurden Sie gesucht, hat Ihnen Ihre Mutter erzählt, dass jemand bei Ihnen zu Hause war?
BF: Ja, meine Mutter kontaktierte meine Schwester und sagte ihr, dass sie nach mir suchen, dass sie bei uns zu Hause waren. Da meine Mutter Angst hatte und die Tür nicht öffnete, waren sie sogar über den Nachbarn zu uns gekommen und haben nach mir gefragt.
RI: Haben diese auch das Haus Ihrer Mutter durchsucht?
BF: Ich war nicht dabei, ich kann es ihnen nicht genau sagen. Aber sofern ich es von meiner Mutter weiß, sagte sie ja, sie waren bei mir zu Hause und haben nach mir gesucht und meine Mutter sagte, sie weiß nicht, wo ich bin.
RI: Wie lange seit Ihrer Flucht aus der Kaserne hat es gedauert, dass Sie gesucht wurden und nach Ihnen gefragt wurde?
BF: Ich glaube ca. 7 Tage, eine Woche.
RI: Wie oft waren zwischen Ihrer Flucht aus der Kaserne und der Flucht nach Österreich Beamte bei Ihnen und haben nach Ihnen gesucht?
BF: Ich war ja nicht zu hause. Meine Mutter informierte mich wieder. Bis heute vielleicht drei Mal. Wenn Sie wollen, kann ich meine Mutter anrufen und fragen.
RI: War das letzte Mal vor 8 oder 9 Monaten, dass jemand vorbeigeschaut hat?
BF: Ich weiß nicht mehr genau, wann das war. Ich kann mich erinnern, dass ich hier in Österreich war, als meine Mutter mir sagte, dass sie bei ihr zu Hause waren.
RI: Jetzt sind Sie zwei Monate bei Ihrer Schwester und es war kein einziges Mal jemand bei Ihrer Schwester und hat nach Ihnen gesucht?
BF: Nein, sie wussten von meiner Schwester nicht, wo sie wohnt.
RI: Das sind aber schlecht informierte Behörden. Sie haben ja Ihre Adresse auch gehabt. Wenn ich Sie als Behörde suchen würde, würde ich als erstes die näheren Angehörigen aufsuchen und nach Ihnen schauen. Ihre Schwester hat sogar in der Nähe Ihrer Mutter gewohnt.
BF: Meine Mutter sagte, sie wisse nicht, wo ich sei und hat keine Ahnung. Sie haben meine Mutter schon gefragt über mich. Ich sagte auch das letzte Mal meiner Mutter, sie solle diese Personen, wenn sie wiederkommen, fotografieren, damit ich etwas in der Hand habe und Ihnen vorlegen kann.
RI. Verstehe ich das richtig, dass ihre Mutter diese fotografieren soll, damit ich etwas in der Hand habe?
BF: Damit ich beweisen kann, dass sie nach mir suchen.
RI: Was ist bei dem Vorfall im Jahr 2011 passiert?
BF: Das war Geburtstag von den 12. Imam und ich habe in der Nacht gesehen, wie ein Polizist einen jungen Mann, der alkoholisiert war, geschlagen hat. Das war vor der Polizeistation. Es ist im Iran nicht üblich, dass, wenn man so etwas beobachtet, hingehen kann und dort Fragen stellt. Alle gehen vorbei. Ich jedoch bin hingegangen und habe den Polizisten gefragt, warum schlägst du ihn. Ich war mir sicher, denn ich wusste, dass mein Schwager ein Anwalt ist und ich einigermaßen Unterstützung habe, deshalb habe ich ihn gefragt, warum schlagen sie ihn. Dann haben sie angefangen, auch mich zu schlagen und sagten mir, wer bist du und das geht dich nichts an. Sie haben mich geschlagen, dann haben sie bei mir zu Hause angerufen. Meine Familie und mein Schwager sind dann gekommen, haben alles für mich gemacht und ich wurde freigelassen.
RI: Gleich am selben Tag sind Sie wieder freigelassen worden?
BF: Am nächsten Tag habe ich meine Familie angerufen, sie sind gekommen und haben mir geholfen, dass ich freigekommen bin.
RI: Das war das einzige Mal, dass Sie verhaftet worden sind, außer das in der Kaserne?
BF: Danach habe ich noch weitere Probleme bekommen. Mein Bein ist gebrochen, mein Finger wurde gebrochen.
RI: Beim dem Vorfall, als Sie dem Jungen geholfen haben, wurde Ihnen dann alles gebrochen?
BF: Ja, das war alles ein Vorfall.
RI: Bei dem Vorfall, als Sie bei dem Jungen geholfen haben, wurden Sie von den Polizisten geschlagen, dabei wurde Ihnen das Bein und der Finger gebrochen?
BF: Ja, sie haben mich dann dort zusammengeschlagen und für mich eine Akte hergestellt. In 11 Fällen, dass ich eine Akte habe bereits, und mich zur Kriminalpolizei geschickt.
RI wiederholt die Frage und erklärt diese nochmals. Wann wurden Ihnen diese Verletzungen zugefügt?
BF: Sowohl als sie mich dort festgenommen haben und als sie mich später zur Kriminalpolizei geschickt haben, beide Male haben sie mit geschlagen.
RI: Am selben Tag wurden Sie noch zur Kriminalpolizei geschickt?
BF: In der Nacht war ich in der Zelle und am nächsten Tag wurde ich zur Staatsanwaltschaft und dann zur Kriminalpolizei überstellt. Am ersten Abend bin ich zur Polizeistation gekommen.
RI. Wie hieß diese?
BF: Das war die Station XXXX in XXXX .
RI: So hieß diese auch?
BF. Ja.
RI: Wie hieß die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei?
BF: XXXX war die Staatsanwaltschaft und XXXX war die Kriminalpolizei.
RI: Von dieser Kriminalpolizeistelle wurden Sie von Ihrem Schwager besucht und dann freigelassen?
BF: Nicht am selben Tag.
RI: Wann dann?
BF: Ich bin dort aufgehalten worden und geschlagen worden. Am nächsten Tag ließen sie aber nicht zu, dass meine Familie zu mir kommt. Ich war ca. ein Monat dort in dieser XXXX Station aufgehalten worden. Sie haben für mich eine Akte in 11 Fällen Raub und Diebstahl angelegt.
RI: Warum?
BF: Mein Schwager kam zu der Polizeistation und fragte, warum sie mich festgehalten haben. Sie sagten wegen Diebstahl und Raubüberfall. Dann war ich einen Monat bei der Kriminalpolizei und wurde dort geschlagen. Dort habe ich den Zuständigen gesagt, dass ich unschuldig bin.
RI: Wie sind Sie dann freigekommen?
BF: Meine Mutter und mein Schwager waren dahinter. Sie haben mein Foto auf so einem Zettel ausgedruckt und fragten zwei andere Personen, und diese beschuldigten mich wegen Diebstahl.
RI: Aber ich habe Sie gefragt, wie Sie freigekommen sind.
BF: Zwei Personen beschuldigten mich wegen Diebstahl. Vor der Verhandlung hat meine Mutter gesehen, wie diese Personen, die mich beschuldigt