Entscheidungsdatum
28.01.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W241 2193643-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zahl 1104716904/160195308/BMI-EAST_OST, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein pakistanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 08.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.2. In seiner Erstbefragung am 08.02.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi im Wesentlichen Folgendes an:
Er stamme aus XXXX in Pakistan, sei sunnitischer Moslem und ledig. Seine Eltern, vier Brüder und sechs Schwestern lebten in Pakistan. Er habe Pakistan im Oktober 2015 verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gereist.
Als Fluchtgrund gab der BF an, dass sein Vater ihn wegen einer Grundstücksstreiterei ins Ausland geschickt habe.
1.3. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF am 10.11.2015 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt worden war und am 29.01.2016 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.4. Bei seiner Einvernahme am 21.02.2018 vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Urdu, gab der BF betreffend sein Fluchtvorbringen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):
"Warum stellen Sie einen Asylantrag? Nennen Sie Ihre Fluchtgründe? Was veranlasste Sie, die Heimat zu verlassen? Bitte schildern Sie möglichst konkret und detailliert!
VP: Ich hatte Angst um mein Leben in Pakistan, deshalb bin ich hierhergekommen und jetzt lebe ich seit zwei Jahren in Österreich.
LA. Warum hatten Sie Angst um Ihr Leben?
VP: Mein Onkel väterlicherseits wurde von einigen Jat¿s umgebracht, meine zwei Cousins wurden ebenso mit dem Tod bedroht und auch getötet. Nun sind sie hinter mir her und wollen mich töten.
LA. Schildern Sie Ihr Vorbringen genauer?
VP: Es war wegen einem Grundstück. Die Mörder meines Onkels sagten, dass das Grundstück ihnen gehört, obwohl es meinen Onkel gehört hat. So kam es zu den Tötungen. Ende.
LA. Was hatten Sie damit zum tun?
VP: Wir lebten in einem Einfamilienhaus mit der ganzen Familie. Nach dem Tod meines Onkels war ich der einzige, der übrig war.
LA. Was ist mit Ihren Brüdern?
VP: Meine Eltern leben jetzt auch nicht mehr in dem Dorf, Sie leben in einer anderen Stadt so wie meine Brüder. Ich hatte Angst, deshalb bin ich geflüchtet. Ich war enger verbunden mit meinem Onkel, deshalb war das.
LA. Bitten geben Sie der Behörde die Daten der Personen bekannt, vor denen Sie Angst haben.
VP: Sie wohnen im selben Dorf (XXXX) wo ich gelebt habe. Die Personen heißen XXXXund zwei drei andere, deren Name ich nicht kenne.
LA. Wann ist Ihr Onkel und wann sind Ihre Cousins gestorben?
VP: Zwei bzw. drei Monate vor meiner Ausreise. Meine Cousins waren zu Hause und die Personen kamen plötzlich und haben alle getötet. Meinen Onkel haben Sie vor einer Polizeistation getötet. XXXXhat meinen Onkel getötet und XXXX hat meine Cousins getötet.
LA. Von wem wissen Sie, dass die Personen Ihre Verwandte umgebracht haben?
VP: Weil die Personen nach dem Mord den Weg im Dorf gegangen sind und es gibt nur einen Weg im Dorf. Und die Polizei hat den Mann festgenommen, nachdem er meinen Onkel ermordet hat. XXXX ist nun in Haft. Er ist ein mächtiger Mann und deshalb ist noch keine Entscheidung. Die zwei Mittäter waren auch in Haft und sind frei gelassen worden, das habe ich jetzt erfahren.
LA. Wann haben Sie das erfahren?
VP: Mein Dorf ist sehr klein, da sieht man so was.
LA. Ich dachte, Ihre Familie lebt nicht mehr dort?
VP: Meine Freunde meine ich, die haben mir das gesagt.
LA. Wann haben Sie das erfahren und wie?
VP: Vor ca. einem Jahr, meine Freunde haben mich darüber informiert. Vor einem Jahr ist einer rausgekommen und vor zwei Monaten der andere. Ich habe es per Telefon erfahren.
LA. Um welche Personen handelt es sich?
VP: XXXX, das waren die Mittäter.
LA. Haben Sie betreffend Ihr Vorbringen Beweismittel?
VP: Nein. Mein Cousin hatte zuvor eine Einvernahme beim BFA, er hat die Sterbeurkunde meines Onkels abgegeben.
LA. Wie ist Ihr Onkel ermordet worden?
VP. Er wurde mit der Pistole erschossen.
LA. Wer besitzt dieses Grundstück jetzt?
VP: Das Verfahren läuft jetzt bei Gericht. Das Verfahren des Grundstückes und wegen dem Mord.
LA. Wer ist der Erbe des Grundstückes?
VP: Es waren vier Brüder. Sohin hat mein Vater und seine zwei Brüder Anspruch.
LA. Haben Sie die Feinde Ihres Onkels jemals persönlich gesehen?
VP: Früher lebte ich im Dorf und habe sie gesehen und da gab es keine Probleme. Aber nach den Grundstücksstreitigkeiten musste ich mich dann verstecken. Die Leute waren hinter mir her.
LA. Von wo wissen Sie, dass die Leute hinter ihnen her waren?
VP: Eines nachts habe ich geschlafen und jemand kam vor die Tür und hat sehr stark geklopft. Es herrschte Unruhe. Ich musste dann von der Hintertür weglaufen und zwei, drei Mal kamen Sie in die Nähe von uns und haben anderen gesagt, dass ich die Probleme mache.
LA. Warum gerade Sie?
VP: Weil ich so eine gute Verbindung zu meinem Onkel hatte. Sie haben gegen meine Tür geschossen.
LA. Wer hat gegen Ihre Tür geschossen?
VP: Das war in der Nacht. Ich denke, es war XXXX und XXXX. Jänner 2015 wurde mein Onkel getötet, im sechsten Monat wurden meine Cousins getötet. Und auch im sechsten Monat war der Vorfall mit der Tür.
LA. Gab es sonst noch Vorfälle?
VP: Die Personen haben mich davor auch einmal geschlagen.
LA. Schildern Sie diesen Vorfall genauer.
VP. Das war zwei Monate vor dem Anschlag auf die Tür. Sie sind plötzlich auf mich zugekommen. Ich weiß nicht wer das ist, sie lebten mit XXXX in einem Haus und waren Freunde von ihm. Sie haben dann meine Arme gedreht und dann auf die Schultern eingeschlagen und ich war lange verletzt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich beim Arzt war, aber ich habe bis heute Probleme mit der Schulter.
LA. Warum waren Sie in Österreich noch nicht bei einem Arzt, wenn Sie Probleme haben?
VP. Ich es noch keinem erzählt davor. Ich mag es nicht, zum Arzt zu gehen.
LA. Haben Sie sich wegen der Schläge und dem Vorfall mit der Tür an die Polizei gewandt?
VP: Als der Vorfall mit der Tür war, ist die Polizei gekommen, aber sie konnte nichts machen. Beim zweiten Vorfall habe ich das meinem Vater erzählt und er hat gesagt, ich soll das Land verlassen.
LA. Sie gaben vorher an, dass der Vorfall mit der Tür vor den Schlägen geschah.
VP: Nein, zuerst gab es den Vorfall mit der Tür.
LA. Wann war der Vorfall mit den Schlägen?
VP: Im neunten Monat.
LA. Wann war der Vorfall mit der Tür?
VP. Im achten Monat.
LA: Wann wurde Ihr Onkel getötet?
VP: Im ersten Monat.
LA. Wann wurden Ihre Cousins getötet?
VP: Im sechsten Monat.
LA. Wo leben Ihre Familienmitglieder nun?
VP: In XXXX in Punjab.
LA: Pakistan verfügt über eine Fläche von 796.095 km², 207,8 Mio. Einwohner und keine Meldepflicht. Sie hätten in Pakistan jederzeit in eine andere Provinz ziehen können.
VP: Wie lange soll ich mich wo anders aufhalten, nach ein oder zwei Monaten würden Sie es vl. erfahren. Sie denken, dass ich was damit zum tun habe. Ich war immer mit meinem Onkel und deshalb haben die Leute es auf mich abgesehen. Meine anderen Brüder waren beschäftigt mit der Arbeit.
LA. Wie viele Vorfälle betreffend Sie persönlich gab es?
VP: Zwei.
LA. Warum sind Sie schlussendlich aus Ihrem Heimatland ausgereist?
VP. Es war die Entscheidung meiner Eltern. Ich hatte Angst, dass die Personen rausfinden würden wo ich mich aufhalte.
(...)
LA: Was werden Sie tun, wenn Ihr Asylantrag negativ beschieden wird? Sind Sie bereit freiwillig zurückzukehren?
VP: Ich möchte nicht zurück. Ich habe Angst um mein Leben. Wenn sie mich fragen, wo ich so lange war, was sagen sie dann. Ich habe ihnen auch gesagt, dass mein Vater verstorben ist. Ich weiß es, aber nicht wie.
LA. Was wurde Ihnen mitgeteilt?
VP. Die Familienmitglieder sagen mir nichts. Sie haben mir gesagt, dass mein Vater verstorben ist und haben mir ein Foto von seiner Leiche geschickt. An was er verstorben ist, weiß ich nicht. Das war 2016.
(...)
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?
VP: Ich bin noch der einzige, hinter denen sie her sind. Wenn sie mich nach Pakistan zurückschicken, werden sie mich ermorden. Ich habe noch 6 weitere Geschwister, was machen die dann ohne mich. Ich habe ein Problem dort und deshalb bin ich hier.
LA. Was haben Sie bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?
VP: Wenn ich dort bin, denken sie, dass ich ihnen Schaden zufügen werde. Sie denken ja jetzt schon, dass ich ihnen Schaden zugefügt habe. Wenn ich vor ihnen stehe, werden sie sicherlich die Chance nützten und mich töten.
LA. Hat Ihr Cousin auch Probleme mit den Personen?
VP: Ja.
LA. Gab es Vorfälle mit Ihrem Cousin?
VP: Mein Cousin hat Kugeln abbekommen, da er auch vor Ort war, als meine anderen Cousins umgebracht wurden."
1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 17.04.2018 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Pakistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Pakistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Pakistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.
Seine Fluchtgeschichte habe der BF aufgrund der vagen Schilderung und angesichts mehrerer unplausibler Aussagen nicht glaubhaft machen können.
In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) finde.
Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Pakistan nicht drohe. Es sei dem BF zumutbar, in Pakistan selbstständig durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus eigenen Kräften für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse aufzukommen.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde den BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.
1.6. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben vom 23.04.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
1.7. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 26.04.2018 beim BVwG ein.
1.8. Mit Schreiben vom 11.05.2018 wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
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"Discharge Slip", händisch ausgefüllt in englischer Sprache vom 05.03.2018 und lautend auf "XXXX", "son of XXXX", wonach der Patient (angeblich der Bruder des BF) wegen einer Schussverletzung in der Brust behandelt wurde
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Blutbild des "XXXX" vom 01.03.2018 in englischer Sprache
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Schreiben in Punjabi ohne Briefkopf oder Stempel, laut Vertretung des BF eine Anzeige bei der Polizei
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zwei Fotos eines Mannes in einem Krankenbett
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragung am 08.02.2016 und der Einvernahme vor dem BFA am 21.02.2018 sowie die Beschwerde vom 23.04.2018
* Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)
* Einsicht in die vorgelegten Schriftstücke.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:
3.1. Zur Person des BF:
3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX. Er ist volljährig, Staatsangehöriger von Pakistan und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Er spricht Punjabi und Urdu.
Der BF ist ledig und stammt aus XXXX in der Provinz Punjab in Pakistan. Seine Mutter und Geschwister leben weiterhin in Pakistan.
Der BF selbst hat acht Jahre eine Schule besucht.
3.1.2. Der BF ist gesund, Hinweise auf lebensbedrohende oder schwerwiegende Krankheiten haben sich keine ergeben. Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und verfügt über Schulbildung.
3.1.4. Der BF reiste über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn, wo er einen Asylantrag stellte, nach Österreich, bevor er am 08.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
3.1.5. Der BF hält sich seit Februar 2016 in Österreich auf und verfügt über keine Deutschkenntnisse. Er befindet sich seit Jänner 2017 nicht mehr in Grundversorgung, eine Erwerbstätigkeit wurde vom BF weder behauptet noch nachgewiesen. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er hat keine Verwandten oder näheren Angehörigen im Bundesgebiet.
3.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
3.2.1. Der BF hat sein Vorbringen, wegen Grundstücksstreitigkeiten verfolgt zu werden, nicht glaubhaft gemacht. Aus seinem Vorbringen lässt sich weiters kein Asylgrund im Sinne der GFK ableiten. Dem BF droht im Fall einer Rückkehr nach Pakistan keine Verfolgung aus politischen Gründen, religiösen Gründen, aus Gründen der Rasse, der Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
3.2.2. Der BF wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert, ist nicht vorbestraft und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.
3.2.3. Grund für die Ausreise des BF aus seinem Herkunftsstaat war die Suche nach besseren - auch wirtschaftlichen - Lebensbedingungen im Ausland.
3.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
3.3.1. Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst bekannt geworden.
3.3.2. Dem BF ist es möglich und zumutbar, sich in seinem Heimatort, Islamabad oder Lahore niederzulassen. Als gesunder und leistungsfähiger Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf liefe der BF auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
3.3.3. Eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF nach Pakistan würde keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konflikts mit sich bringen.
3.3.4. Der BF kann die Hauptstadt Islamabad von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.
3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:
Auf Grundlage von aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat der BF getroffen:
3.4.1. Auszug aus den Länderinformationen im angefochtenen Bescheid:
KI vom 4.5.2017: Update zur Sicherheitslage: Anschlagszahlen 1. Quartal 2017 (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Update: Anschlagszahlen des 1. Quartals 2017 laut Aufzeichnungen Pakistan Institute for Peace Studies
Im Jänner 2017 war Pakistan insgesamt von 29 Terroranschlägen betroffen, bei denen 40 Personen getötet wurden. 128 Personen wurden verletzt. Die regionale Verteilung zeigt folgendes Bild: Khyber Pakhtunkhwa - 6 Anschläge mit einem Toten; Sindh - 4 Anschläge mit 3 Toten; alle in Karatschi; Belutschistan - 14 Anschläge mit 7 Toten; FATA - 3 Anschläge mit 27 Toten (PIPS 10.2.2017). Darunter fiel auch der Sprengstoffanschlag auf einen Gemüsemarkt in Parachinar / Kurram Agency, bei welchem am 21.1.2017 mindestens 25 Menschen getötet und rund 85 Personen verletzt worden sind (Dawn 22.1.2017). Die Kurram Agency ist eine mehrheitlich von Schiiten bewohnte Agency, der Verwaltungssitz Parachinar oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten (NZZ 31.3.2017). Punjab war von 2 Anschlägen mit 2 Toten betroffen. In Gilgit-Baltistan und Islamabad wurden keine Anschläge gemeldet (PIPS 10.2.2017).
Der Februar war nach einer langen Zeitspanne rückläufiger terroristischer Gewaltakte von einem starken Anstieg betroffen. In sechs aufeinanderfolgenden Selbstmordanschlägen wurden allein in weniger als einer Woche beinahe 100 Menschen getötet (BBC News 17.2.2017). Im Februar stiegen die Anschläge und Opferzahlen auf 159 Tote und 426 Verletzte in 32 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Regionale Verteilung: Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 23 Toten; Belutschistan - 8 Anschläge mit 9 Toten; Sindh - 92 Tote in 5 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Darunter finden sich auch die Opfer des Selbstmordanschlages auf den Lal Shahbaz Qalandar - Schrein des Sufismus in Sehwan vom 16.2.2017 (Dawn 17.2.2017). Drei der registrierten Anschläge fanden in Karatschi statt. Punjab war von einem Anschlag mit 16 Toten betroffen. Azad Jammu Kaschmir war von einem Anschlag mit 2 Verletzten betroffen. In der FATA wurden 10 Anschläge mit 19 Toten verübt. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 17.3.2017).
Im März ging die Zahl der Anschläge wieder zurück auf 28. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 98 verletzt. Regionale Verteilung:
Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 9 Toten; FATA - 9 Anschläge, 30 Tote. Darunter war wieder ein größerer Anschlag in Parachinar, der alleine 23 Tote forderte. In Belutschistan fanden 9 Anschläge statt, niemand wurde dabei getötet. Sindh verzeichnete 2 Anschläge ohne Tote, dabei fand kein Anschlag in Karatschi statt. Der Punjab zählte einen Anschlag mit einem Toten. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 14.4.2017).
Das 1. Quartal 2017 verzeichnet mit insgesamt 89 Anschlägen bei einer Opferzahl von 239 Toten und 652 Verletzten zwar eine geringere Anzahl von Anschlägen als im Vergleichszeitraum des 1. Quartals 2016. In diesem wurden 103 Anschläge mit 285 Toten und 547 Verletzte aufgezeichnet (eigene Auswertung aus: PIPS 10.2.2017, PIPS 17.3.2017, PIPS 14.4.2017, PIPS 7.2.2016, PIPS 7.3.2016, PIPS 7.4.2016).
Quellen:
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BBC News (17.2.2017): Pakistan: IS attack on Sufi shrine in Sindh kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-38994318, Zugriff 17.2.2017
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Dawn (22.1.2017): 'Terrorists will fail in their attempt to regain lost relevance,' army chief says, http://www.dawn.com/news/1309800/terrorists-will-fail-in-their-attempt-to-regain-lost-relevance-army-chief-says, Zugriff 23.1.2017
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Dawn (17.2.2017): At least 70 dead as bomb rips through Lal Shahbaz shrine in Sehwan, Sindh, http://www.dawn.com/news/1315136/at-least-70-dead-as-bomb-rips-through-lal-shahbaz-shrine-in-sehwan-sindh, Zugriff 17.2.2017
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NZZ - Neue Züricher Zeitung(31.3.2107): Mindestens 24 Tote auf belebten Markt,
https://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/bombenanschlag-in-pakistan-mindestens-zehn-tote-auf-belebten-markt-ld.154575, Zugriff 3.5.2017
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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (10.2.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2017, Zugriff 28.4.2017
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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (17.3.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2017, Zugriff 28.4.2017
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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (14.4.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2017, Zugriff 28.4.2017
-
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.2.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2016, Zugriff 28.4.2017
-
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2016, Zugriff 28.4.2017
-
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.4.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2016, Zugriff 28.4.2017
Politische Lage
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province/NWFP) sowie den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 12.2016a).
Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2016 auf knapp unter 202 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 12.1.2017).
Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die durch die Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 12.2016a).
Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 12.2016a).
Bei den Parlamentswahlen vom 11.5.2013 wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament (AA 12.2016a).
Ebenfalls am 11.5.2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50 Prozent der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 12.2016a).
Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen war überraschend hoch (NZZ 11.5.2013). Die TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hielt die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Anschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz (DZ 11.5.2013). Im Rahmen der Vorwahlzeit und der Wahlen verübten terroristische Gruppen mehr als 150 Anschläge, bei denen ca. 170 Menschen getötet und 700 verletzt wurden (BFA 10.2014).
Am 30.7.2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9.9.2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari als Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts wurde als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Demokratie in Pakistan gewürdigt (AA 12.2016a).
Ministerpräsident Nawaz Sharif erklärte wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit. Die Regierung setzt ihren vorsichtigen Reformkurs fort (AA 12.2016a).
Katastrophen
Nach dem Erdbeben 2005 wurde die National Disaster Management Authority (NDMA) und 2010 Katastrophenmanagement-Behörden in den Distrikten und Provinzen eingerichtet, doch leiden diese an einem Mangel an ausgebildetem Personal, Koordination und finanziellen Ressourcen (IRIN 3.4.2014). In den letzten Jahren haben sich allerdings die Kapazitäten der Regierungsbehörden, der Sicherheitskräfte und der heimischen zivilgesellschaftlichen Organisationen bei der Bewältigung von Katastrophen deutlich verbessert (UNOCHA 31.1.2016).
Bei einem Erdbeben der Stärke 7,5 am 26.10.2015 kamen mindestens 248 Menschen ums Leben. Das pakistanische Militär und Zivilbehörden führten die Rettungsmaßnahmen durch (Dawn 28.10.2015). Beinahe 666.000 Menschen wurden in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa und der Agency Bajaur durch das Beben vertrieben (IDMC/NRC 5.2016). Zwischen März und Juli 2016 wurden 239 Menschen bei starken Monsoon Regenfällen in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa getötet. Die Regierung führte die Rettungs- und Suchaktionen durch, die internationale Gemeinschaft wurde nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 4.7.2016). Im April 2016 kamen 5 Menschen in Pakistan bei einem Erdbeben ums Leben, die Provincial Disaster Management Authority von Khyber Pakhtunkhwa sowie die NDMA übernahmen die Versorgung der von den Fluten Betroffenen, auch hier wurde die internationale Gemeinschaft nicht um Hilfe gebeten (UNOCHA 11.4.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Pakistan - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 18.3.2017
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BFA Staatendokumentation (10.2014): Pakistan - Challenges & Perspectives
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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 18.13.2017.
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Dawn (28.10.2015): Earthquake toll reaches 248, relief efforts continue, https://www.dawn.com/news/1215703, Zugriff 29.10.2015
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IDMC/NRC - Internal Displacement Monitoring/Norwegian Refugee Council (5.2016): GRID 2016 Global Report on Internal Displacement, http://www.internal-displacement.org/globalreport2016/pdf/2016-global-report-internal-displacement-IDMC.pdf, Zugriff 28.11.2016.
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http://www.irinnews.org/report/99880/analysis-how-effective-is-pakistan-s-disaster-authority, Zugriff 18.3.2017
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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (11.5.2013): Hohe Wahlbeteiligung in Pakistan Anschläge fordern mindestens 24 Todesopfer, http://www.nzz.ch/aktuell/international/anschlaege-islamistischer-extremisten-auf-wahllokale-fordern-mindestens-16-todesopfer-1.18079638, Zugriff 18.3.2017
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UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.1.2016): Humanitarian Bulletin Pakistan Issue 37, December 2015 - January 2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/humanitarian_bulletin_dec_jan_2016.pdf, Zugriff 18.3.2017
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UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.4.2016): Flash Update: #1 Afghanistan-Pakistan Earthquake, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/ocha_flash_update_afg_pak_earthquake_20160410_1_0.pdf, Zugriff 18.3.2017
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UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (4.7.2016): Flash Update: #2 Pakistan Rains, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/ocha_flash_update_2_pak_rains_20160704.pdf, Zugriff 18.3.2017
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DZ - Die Zeit (11.5.2013): Anschläge überschatten Wahlauftakt in Pakistan,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-05/pakistan-parlamentswahl-anschlagk, Zugriff 18.3.2017
Sicherheitslage
Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch die pakistanischen Großstädte wie Karachi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 12.2016a). Jedoch hat sich die allgemeine Sicherheitslage quer durchs Land in den letzten drei Jahren verbessert (PIPS 1.2017).
Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 30.5.2016). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 12.2016a).
Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess jedoch mit Beginn der Militäroperation in Nord-Wasiristan im Juni 2014 abgebrochen. Am 15.4.2014 begann eine umfassende Militäroperation in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 12.2016a). Die Operation bezog auch benachbarte Regionen der FATA mit ein und hatte das Ziel aufständische Gruppen und Terrorismus zu zerschlagen und die vollständige Kontrolle des Staates über die Stammesgebiete herzustellen (AA 30.5.2016). Ein erheblicher Teil der Rebellen und Terroristen wich jedoch vor der Militäroperation in andere Gebiete Pakistans oder über die Grenze nach Afghanistan aus, so dass der Anti-Terror-Kampf auf absehbare Zeit weiter eine große Herausforderung für das Land darstellen wird (AA 12.2016a).
Als Ergebnis dieser und früherer Operationen der Sicherheitskräfte in den Stammesgebieten gibt es derzeit rund 1,5 Millionen Binnenvertriebene (AA 30.5.2016). Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013; vgl. BFA 10.2014). Die geordnete Rückführung der vertriebenen Bevölkerung in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 30.5.2016).
Im Nachfeld des schweren Terrorangriffs auf eine Armeeschule in Peshawar am 16.12.2014, bei dem über 150 Menschen, darunter über 130 Schulkinder, ums Leben kamen und für den die pakistanischen Taliban die Verantwortung übernahmen, haben Regierung und Militär mit Zustimmung aller politischen Kräfte des Landes ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Terror und Extremismus beschlossen. Es umfasst u.a. die Aufhebung des seit 2008 geltenden Todesstrafenmoratoriums für Terrorismus-Straftaten, die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismusverdächtiger und Maßnahmen gegen Hassprediger, Terrorfinanzierung, etc. Ferner sind Ansätze erkennbar, konsequenter als bisher gegen extremistische Organisationen unterschiedlicher Couleur im ganzen Land vorzugehen und die staatliche Kontrolle über die zahlreichen Koranschulen (Madrassen) zu verstärken (AA 12.2016a).
2015 wurden weiterhin signifikante Anti-Terroroperationen in den Agencies Khyber und Nordwasiristan durchgeführt um "sichere Häfen" für Terroristen zu zerstören und Waffenarsenale auszuheben. Operationen von paramilitärischen und zivilen Sicherheitskräften umfassten unter anderem die Bekämpfung des Terrorismus in urbanen Gebieten und Razzien um Terrorismuspläne zu vereiteln. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten Operationen in Belutschistan, Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Punjab durch. Große Waffen- und Sprengstoffarsenale wurden ausgehoben und ausgefeilte Telekommunikationsnetzwerke entdeckt. Terroristen wurden verhaftet und Strafverfahren eingeleitet (USDOS 2.6.2016).
Die ausgefeilten rechtlichen Maßnahmen, welche der Fair Trial Act von 2012 und das NACTA den Nachrichtendiensten und Rechtsdurchsetzungsorganen bieten, waren allerdings erst im Prozess der Implementierung. Die verbesserte Gesetzgebung wird bereits angewendet. Das Justizsystem ist allerdings langsam bei der Abarbeitung von Terrorfällen, wie auch anderer Kriminalfälle (USDOS 2.6.2016).
Die verschiedenen terroristischen Gruppierungen führten 2015 625 Terrorakte in 76 Distrikten/Regionen in Pakistan durch, 48 Prozent weniger als im Jahr davor. Mindestens 1.069 Menschen verloren dabei ihr Leben, 38 Prozent weniger als 2014, 1443 wurden verletzt, 54 Prozent weniger als 2014. Unter den Todesopfern waren 630 Zivilisten, 318 Angerhörige der Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden und 121 Militante. 266 der Terrorakte (über 42 Prozent) zielten ausschließlich auf die Sicherheitskräfte oder die Rechtsdurchsetzungsbehörden, 92 der Attacken richteten sich gegen Zivilisten (15 Prozent), 41 Attacken gegen politische Akteure, 39 gegen Stammesältere, die sich in lokalen Friedenskomitees engagierten. 63 Attacken waren sektiererisch motiviert. Die Zahl der Todesopfer in sektiererischen Terrorakten stieg um 7 Prozent von 255 auf 272. Die Zahl aller sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle sank im Jahr 2015 um 48 Prozent von 2.099 im Jahr 2014 auf 1.097 im Jahr 2015, die Zahl der Todesopfer dabei von 5.308 im Jahr 2014 auf 3.503 für 2015 (PIPS 3.1.2016).
Die Situation verbesserte sich weiterhin im Jahr 2016. Dies lässt sich Großteils auf die extensiven Operationen gegen Militante durch die Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden zurückführen - von den Militäroperationen in der FATA zu den von den Rangers angeführten gezielten Eingriffen in Karatschi, den Razzien des Frontier Corps in Belutschistan und den Anti-Terrorismus Operationen der Polizeigeheimdienste in Punjab und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 1.2017).
Durch die langsame Umsetzung des Nationalen Aktionsplans kann dieser die erreichten Ziele allerdings nicht ergänzen. Außerdem fehlt die Umsetzung der im Plan vorgesehenen "soft"-Komponenten der Terrorismusbekämpfung, der Einsatz von Gewalt und Abschreckung alleine kann die Wurzeln nicht bekämpfen. Die Terrororganisationen zeigen, dass sie ihre durch die Sicherheitskräfte verursachten Verluste durch Re-Gruppierungen oder Neugründungen überwinden können. Die Präsenz von Unterstützern und Verbündeten des der Terrorgruppe Islamischer Staat (Abk. IS; auch: Islamischer Staat in Irak und Syrien, Abk. ISIS) ist eine große Herausforderung für den Staat. Sie verstehen es auch den Nexus innerhalb der Pakistanischen Terrorgruppen zu nutzen und unter