TE OGH 2019/2/20 3Ob21/19p

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Veröffentlicht am 20.02.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch MM Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Reidlinger Schatzmann Rechtsanwälte in Wien, wegen 60.137,19 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. November 2018, GZ 1 R 95/18z-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin produzierte für eine AG aus Liechtenstein Lasagne, welche sie auf die von der Beklagten gelieferten weißen, vertragsgemäß nur einseitig mit Kunststoff beschichteten Zuschnittkartons auflegte und anschließend verpackte. Die beschichtete Seite, die als „Innenseite“ des Kartons das Lebensmittel schützen soll, war für die Klägerin (optisch und haptisch) wahrnehmbar. Die Klägerin verpackte die Lasagne dennoch auf der nicht-beschichteten „Außenseite“, ohne den – sonst üblichen – Probedurchlauf durchzuführen. Bei der Produktkontrolle durch die AG stellte sich in weiterer Folge heraus, dass sich die Lasagne nicht rückstandsfrei vom Karton ablösen ließ, weshalb die Klägerin der AG kostenlose Ersatzware lieferte. Die Klägerin bezog in langjähriger Geschäftsbeziehung zur Beklagten von dieser auch bisher schon nur einseitig beschichtete Kartons für Lebensmittel.

Mit dem Vorwurf, die Beklagte habe nicht über die bloß einseitige Beschichtung der Kartons und die verwendbare Seite aufgeklärt, begehrt die Klägerin den Ersatz des Schadens, der ihr durch die Rücknahme der an die AG gelieferten Ware entstanden sei. Sie stützt ihren Anspruch auf die Verletzung von vertraglichen Aufklärungspflichten und auf das PHG.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht verneinte die Anwendbarkeit des PHG, weil die beschädigte Sache für den gewerblichen Gebrauch bestimmt gewesen sei. Nur ein Konsument falle bei Sachschäden in den Schutzbereich des PHG. Eine Verletzung von Aufklärungspflichten liege nicht vor, weil die Beklagte nach dem Vertrag – wie schon bei früheren Aufträgen – unbedruckte, einseitig beschichtete Kartons liefern sollte und der Klagsseite bekannt gewesen sei, dass es sich bei der beschichteten Seite um die Innenseite der Kartons handle, die mit dem Lebensmittel in Berührung kommen sollte. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revison mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine erheblichen Rechtsfragen auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach gesicherter Rechtsprechung soll bei Sachschäden nicht „jedermann“ in den Schutzbereich des PHG fallen; vielmehr sind davon nur Verbraucher umfasst (RIS-Justiz RS0117224). Die Klägerin stützt die Zulässigkeit ihrer Revision auf den Umstand, dass die beschädigte Ware dazu bestimmt gewesen sei, an Endkunden weiterverkauft zu werden. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 2 Z 1 PHG, ist der Schaden durch die Beschädigung einer Sache nur zu ersetzen, wenn ihn nicht ein Unternehmer erlitten hat, der die Sache überwiegend in seinem Unternehmen verwendet hat. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auch zur Weiterveräußerung an Dritte bestimmte Waren (Lebensmittel) im Sinn des § 2 Z 1 PHG vom geschädigten Unternehmer in seinem Unternehmen verwendet werden (6 Ob 104/06x [beschädigte Winterzwiebel von Landwirten]). Die Verneinung des PHG als Grundlage der geltend gemachten Schadenersatzforderung bedarf daher keiner Korrektur.

2. Auch der behauptete Verstoß gegen vertragliche Aufklärungspflichten begründet keine erhebliche Rechtsfrage. Art und Ausmaß der Anleitungspflicht des Verkäufers richten sich nach der Beschaffenheit und Funktionsweise des Kaufgegenstandes und nach dem vorauszusetzenden Wissensstand des Käufers, somit nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0020063 [T4]; vgl auch RS00443481). Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Beklagte aufgrund der festgestellten Umstände keine Verletzung von Aufklärungspflichten trifft, ist daher nicht geeignet die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu begründen.

3. Das Berufungsgericht hat unter Verweis auf das Neuerungsverbot einen Verstoß der Beklagten gegen die Verordnung (EG) Nr 1935/2004 vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, nicht näher geprüft. Dem vom Berufungsgericht bejahten Verstoß gegen das Neuerungsverbot tritt das Rechtsmittel nicht entgegen. Die in der Revision zur genannten Verordnung aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich daher schon wegen dieses Verstoßes nicht (4 Ob 240/17y mwN).

4. Die behauptete Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

4.1 Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge der Klägerin und der erstgerichtlichen Beweiswürdigung ausführlich befasst. Das Berufungsgericht ist nicht verpflichtet, sich im Rahmen der Überprüfung der vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit jedem einzelnen Beweisergebnis beziehungsweise mit jedem einzelnen Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0043162).

4.2 Nach dem Berufungsgericht gestand die Klägerin im Verfahren zu, ihr sei bekannt, dass die bedruckte (nicht beschichtete) Seite die Außenseite und die beschichtete Seite die (für das Lebensmittel bestimmte) Innenseite sei. Die Revision sieht hier eine Aktenwidrigkeit bzw eine Mangelhaftigkeit wegen Verstoßes gegen die Unmittelbarkeit.

Fragen der Auslegung des Parteivorbringens haben aber grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS-Justiz RS0042828 [T31]). Diese Voraussetzungen zeigt die Klägerin nicht auf, weil sich – entgegen den Ausführungen in der Revision – schon aus ihrem Vorbringen tatsächlich ergibt, dass ihr der richtige Einsatz eines nur einseitig beschichteten Kartons bekannt war.

Textnummer

E124453

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00021.19P.0220.000

Im RIS seit

04.04.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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